20. Nightmare
„Leute, sind wir hier im Kindergarten?"
Kazé stemmte die Hände in die Hüften und funkelte die beiden Streithähne an.
Doch Hikari und Char ignorierten sie völlig und warfen sich weiter Beleidigungen an den Kopf.
Kazé konnte förmlich spüren, wie ihr Puls stieg.
„Es reicht langsam!"
Ihre Stimme hallte durch den Hof, und augenblicklich verstummten die beiden.
„Ihr nervt. Es geht mir einfach nur auf den Sack, euch zuzuhören."
Sie sah Hikari an.
„Ich bin ja sehr dankbar, dass du hergekommen bist. Ich weiß nicht, ob du es extra getan hast, weil du gesehen hast, was dieser Dummkopf vorhatte, oder ob es nur Zufall war. Aber trotzdem danke."
Dann drehte sie sich zu Char.
„Und du... hör auf, ohne meine Erlaubnis einfach so etwas zu machen! Das hätte auch ein ganz anderes Ende nehmen können."
Kazé machte eine kurze Pause, um sich zu beruhigen, dann fuhr sie fort:
„Jetzt noch eine Nachricht an euch beide. Ich weiß, dass ihr euch nicht abkönnt, aber ihn als stinkenden Köter zu beleidigen, beleidigt nicht nur ihn, sondern eigentlich alle Hunde auf dieser Welt. Sie als stinkenden Vampir zu bezeichnen, macht die Lage auch nicht besser."
Sie sah die beiden streng an.
„Versucht euch einfach zu vertragen. Zumindest, solange ich in der Nähe bin. Okay?"
Weder Char noch Hikari sagten etwas.
Kazé seufzte tief.
„Ich bin dann mal auf meinem Zimmer. Und Char... wage es nicht, in mein Zimmer zu kommen."
Sie wirbelte herum und verschwand in ihrem Gemach.
Hikari und Char standen schweigend da.
Dann grinste Hikari schief.
„Wow. Ich habe schon lange nicht mehr gesehen, dass Kazé so ausgerastet ist. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir ohne Verletzungen aus diesem Konflikt rausgekommen sind. Was denkst du?"
Char lehnte sich gegen einen Pfeiler und verschränkte die Arme.
„Ich glaube, ich bin ausnahmsweise mal deiner Meinung."
Hikari schmunzelte.
„Unheimlich."
Nächtliche Schatten
Kazé lag in ihrem Bett.
Obwohl sie erschöpft war, wollte der Schlaf sie nicht finden.
Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, drangen düstere Bilder in ihren Geist.
Schreie.
Blut.
Der Geruch von verbrannter Haut.
Ihr eigenes Lachen.
Kazé zuckte zusammen und drehte sich auf die Seite.
„Es ist nur ein Traum..."
Doch es fühlte sich so real an.
Ihre Finger gruben sich in die Bettdecke, als ein plötzlicher Schmerz durch ihren Kopf zuckte.
„Nein... ich will das nicht sehen..."
Ihre Atmung wurde schneller.
Dann—
Ein Eindringling in der Nacht
Char hatte sich in seinem eigenen Zimmer hingelegt, doch irgendetwas ließ ihn nicht schlafen.
Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihm aus.
Dann hörte er es.
Ein leises Wimmern.
„Kazé?"
Er sprang auf.
Er folgte dem Geräusch, bis er vor ihrer Tür stand.
Dann, ohne zu zögern, öffnete er sie und trat ein.
„Kazé, wach auf!"
Er griff nach ihren Schultern und schüttelte sie leicht.
Doch sie reagierte nicht sofort.
Stattdessen sog sie scharf die Luft ein, als würde sie in einen Albtraum gezogen.
„Kazé!"
Plötzlich riss sie die Augen auf.
Ein erstickter Schrei entkam ihrer Kehle.
Ihre Augen leuchteten unheilvoll rot.
Die normalerweise sanften, kirschblütenfarbenen Streifen auf ihren Wangen waren verzerrt und unruhig.
Char wusste sofort, was das bedeutete.
Sie war kurz davor, die Kontrolle zu verlieren.
Er zögerte keinen Moment.
Er zog sie fest in seine Arme.
„Ganz ruhig, ich bin hier."
Kazé zitterte.
„Char..."
Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
„Ich... habe Angst."
Seine Arme um sie wurden fester.
„Wovor?"
Stille.
Dann, mit gebrochener Stimme:
„Vor mir selbst."
Char runzelte die Stirn.
„Was meinst du?"
Kazé schloss die Augen und klammerte sich an ihn.
„Ich... habe geträumt, dass ich alle getötet habe. Jeden, der mir etwas bedeutet. Es war so real. Ich konnte das Blut riechen. Ich konnte die Angst in ihren Augen sehen..."
Ihre Stimme zitterte.
„Ich weiß, dass ich dazu fähig bin. Das ist es, was mir am meisten Angst macht."
Char schloss die Augen.
Er wusste genau, was sie meinte.
Er kannte dieses Gefühl.
Die Furcht, das eigene Wesen zu verlieren.
Die Angst, dass die eigene Kraft alles zerstören könnte.
Doch er ließ sie nicht los.
„Ich werde dich nicht verlieren lassen."
Er zog sie noch fester an sich.
„Ich werde dafür sorgen, dass so etwas niemals passiert."
Sein Griff wurde sanfter, aber seine Entschlossenheit blieb.
„Du bist nicht allein, Kazé."
Langsam, ganz langsam, beruhigte sich ihre Atmung.
Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter und ließ die Wärme seiner Berührung auf sich wirken.
„Danke, Char..."
Er strich ihr sanft über den Rücken.
„Schlaf. Ich bleibe hier."
Kazé nickte schwach.
Und diesmal, als sie die Augen schloss, fand der Schlaf sie endlich.
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