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Im Klassenzimmer ließ ich mich wie jeden Tag auf meinen Stuhl fallen und holte meine Englischsachen heraus. Gott sei Dank saß Layla gleich neben mir, so dass wir immer miteinander reden konnten. Ohne sie würde ich diese Schule aber auch wirklich nicht überleben. Es gab Regeln und Hierarchien, in die man sich einzuordnen hatte, und wer das nicht schaffte... Na, der hatte eben Pech. Wie immer kam Mister Finlay, unser Englischlehrer, pünktlich auf die Sekunde in der der Gong ertönte ins Klassenzimmer und ließ seine Tasche mit einem Peng auf den Tisch fallen. Wie immer trug er diese komischen Pullover, von denen man glauben könnte, dass sie nur Santa Claus besitzt.
Alle setzten sich hin, bis auf Sophie, meine Erzfeindin und zugleich Laylas Konkurrentin in fast allem. Sie war das inoffizielle Oberhaupt der Schule, könnte man so sagen. Und ein Biest. Aber leider ein Biest mit Hirn, sonst hätte ich schon längst ihre Facebook-Seite hacken können und ihrer Biestherrschaft ein Ende bereiten können, vor allem nachdem sie Lay im letzten Jahr als Schlampe mit einer Zuneigung zu Machos bezeichnet hatte. Aber sie hatte ihr Passwort mit einem Bildcode verstärkt, den ich damals noch nicht in der Lage zu knacken gewesen war. Ich bin mir sicher dass ich es heute könnte, aber mal ehrlich, was würde mir das bringen? Nein, diese Zicke hatte schon eine besondere Behandlung verdient. Was, das würde ich mir noch überlegen.
„Sophie Besson, wenn ich sage, dass ihr euch hinsetzen sollt meine ich damit auch dich!" Mister F's Stimme holte mich zurück in die Realität. Alle Augen der Klasse waren auf Sophie gerichtet, die das anscheinend genoss wie ein scheinheiliges Lämmchen. „Miss Besson!" Unschuldig lächelte sie den Lehrer an und schwang ihre blond gefärbten Haare über die Schulter.
„Aber Mister Finlay, sie haben doch gesagt, ich soll für meine Kandidatur als Schülersprecherin Werbung machen und genau das tue ich gerade." Alle kicherten. Keiner wagte es sonst, so mit Mr.Finlay zu reden. Aber Sophie war schon immer so gewesen, sie ließ sich von niemandem etwas sagen, schon gar nicht von Lehrern. Und doch schaffte sie es immer, sich mit einem Augenaufschlag aus der heiklen Situation zu retten. Leider kannte ich sie schon seit der Grundschule und sie war die Zicke, vor der ich Layla an ihrem ersten Schultag verteidigt hatte. Seitdem hatte Lay ihr den Kampf angekündigt und da ich Lays beste Freundin war, schien Sophie zu denken, das galt für mich ebenso. Ich war da irgendwie reingerutscht und seitdem hasste mich Sophie Besson.
„Aber nicht in meiner Stunde, Miss Besson!", Mister Finlay war angefressen, das merkte man ihm an. Aber diese Ansage war wohl mehr als deutlich sogar für Sophie, denn sie setzte sich beleidigt auf ihren Platz. „Holt bitte alle den Aufsatz über euch heraus, den ihr aufhattet! Miss Santiago, wären sie wohl so freundlich uns vorzulesen, was sie geschrieben haben?" Seufzend sah ich zu Lay.
„Bitte weck mich wieder auf, wenn dieser Alptraum vorbei ist!"
Als wir in der Mittagspause in der Kantine saßen, regte ich mich immer noch über Mister Finlay auf, der meinen Aufsatz (der übrigens sehr gut geworden war!) als Beispiel jugendlichen Ironismus abgestempelt hatte. „Ach Mar, der versteht doch wirklich nichts von jugendlichem Ironismus.", versuchte Lay mich aufzumuntern.
„Haha. Schmeckt dir dieses Zeug?" Ich sah bedeutungsvoll auf unsere Teller hinab. Man konnte normalerweise wirklich nichts gegen unser Kantinenessen sagen, aber heute war es einfach nur scheußlich.
„Es schmeckt wie schon mal vorher durchgekaut. Und was soll das hier bitte sein?!" Sie hielt vorwurfsvoll ihre Gabel hoch, an deren Ende ein länglicher grüner Faden hing.
„Komm, lass uns rüber zur Bäckerei gehen und uns da was kaufen!" Ich stimmte ihr zu und schob meinen Stuhl zurück. Wir schlängelten uns durch die Schlange vor der Essensausgabe, bis hin zur Eingangstür. Gerade als ich die Tür mit Schwung nach außen aufstieß, hörte ich, wie auf der anderen Seite der Tür ein Schmerzensschrei ertönte. Ach du Scheiße. Hatte ich schon erzählt dass ich sehr tollpatschig war? Bei meiner Erziehung, in der ich von meinen Eltern darauf getrimmt worden war, zur Superagentin zu werden, eigentlich kein Wunder. Irgendwo musste ja auch ich meine Fehler haben.
„Scheiße, Lay, ich glaube da wollte gerade jemand reingehen." Panisch zog ich an der Tür, die man witzigerweise zu beiden Seiten hin öffnen konnte auf und sah... eine wütende Sophie am Boden, die sich die Nase hielt. Ihre beiden Freundinnen standen hilflos neben ihr. Sie funkelte uns an.
„Wer von euch war das?! Ihr bekommt von meinem Anwalt zu hören!" Sie stützte sich auf ihre Freundin mit und kam auf uns zu. „Dafür werdet ihr bezahlen!", keifte sie. Es sollte wohl gefährlich klingen, dummerweise hatte die keifende Sophie aber eine große Ähnlichkeit mit einer zischelnden Schlange. Ich versuchte noch, das Kichern für mich zu behalten, doch als sie dann auch noch. „Versucht bloß nicht, mich reinzulegen!" zischte, war es um mich geschehen, ich prustete los und Lay gleich mit mir. Sophie sah es uns erst einen Moment verdutzt an und drehte sich dann mit einem Schnauben um und stöckelte auf ihren 10-Zentimeter Highheels davon. Die ebenfalls pink waren, genau wie ihr etwas zu weit ausgeschnittenes hellrosanes Kleid, das nun hinter ihr her flatterte, bevor sie um eine Ecke bog. Ich lachte immer noch und hatte Mühe, mich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Als Lay und ich wieder Luft bekamen, fragte ich sie.
„Was war das denn bitte? Princess Sophie als Ihr-bekommt-von-meinem-Anwalt-zu-hören-Bitch in Teenager von heute?!" Ich zog Lay lachend davon. „Jetzt lass uns aber losgehen, ich bin schon halb verhungert."
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Als ich nach einem schier endlos langen Schultag nach Hause kam, schmiss ich wie immer meine Tasche in die eine Ecke meines Zimmers, ließ mich auf mein Bett fallen und griff nach meinem Handy. Ich checkte meine Nachrichten (2 von Lay, die mir zwei lustige Katzenvideos schickte und die anderen auf Gruppenchats, die mich eh nicht interessierten). Gerade als ich meinen Computer hochfahren wollte, um ein bisschen im Internet zu surfen, kam Mum ins Zimmer.
„Hey Schatz, hast du mal eine Minute?", sie lehnte sich in den Türrahmen und strich sich eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr.
„Klar, komm rein. Um was geht's? Oh, warte... falls du glaubst, ich habe was angestellt 1. ich war's nicht und 2. es war ein Versehen." Sie sah mich verwirrt an. „Von was redest du?"
„Oh, egal, ich dachte, dass du dachtest, dass ich etwas angestellt hätte..."Sie runzelte die Stirn.
„Nein... aber worauf ich eigentlich hinaus wollte..."
„Ja?" Ich sah sie fragend an. Sie kam durch das Zimmer auf mich zu und setze sich neben mir auf mein Bett.
„Ich weiß, wir haben dich gestern damit, dass wir dich heraushalten wollen gekränkt und das tut mir Leid."
„Oh Mum, es tut mir auch leid..., aber ich bin damit aufgewachsen und jetzt erzählt ihr mir auf einmal nichts mehr? Das ist echt ein bisschen schwer zu verdauen..."
Sie strich mir über mein Haar und nahm mich in den Arm. "Es tut mir auch leid, Schatz. Mal abgesehen davon, dein Vater und ich haben heute Abend noch einen Termin..." Damit meinte sie natürlich einen GESCHÄFTLICHEN Termin... Jetzt war ich es, die verwirrt war.
„Ich dachte, ihr wolltet mich aus solchen Dingen heraushalten?!" Ich sah sie vorwurfsvoll an.
„Lass es mich kurz erklären, Schatz,...Eigentlich hatten wir Larry, einen Kollegen deines Vaters für heute Abend fest eingeplant, aber er hat kurzzeitig abgesagt. Magen-Darm-Grippe." Sie verzog das Gesicht.
„Keine Details bitte, Mum." Sie erklärte weiter.
„Er sollte nur assistieren, nichts Schwieriges. Und... dein Vater meinte, also, ich bin voll dagegen, aber er meinte, wir sollten dich fragen, ob du aushelfen willst. Wie gesagt, ich bin dagegen, du musst das nicht tun!" Ich war fassungslos.
„Was? Am einen Tag schimpft ihr mich dafür, dass ich es auch nur wage zu fragen, wie es in der Arbeit läuft und am nächsten soll ich gleich mitmachen? Davon abgesehen war ich das letzte Mal 10 Jahre alt und du weißt, was damals passiert ist!"
„Gut, ich dachte schon, du sagst allen Ernstes zu." Sie wollte schon aufstehen, als ich noch etwas hinzufügte.
„Das heißt allerdings nicht, dass ich es nicht mache."
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Das neue Kapitel ist jetzt doch schon früher da *yeah!*
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