I'M YOURS TO TAME
Er hatte es bis zum Ende behalten.
Das Fernglas.
Tarians Fernglas.
Er hatte es nicht losgelassen.
Er würde es nie wieder loslassen.
Ray war tot.
Er hatte sich das Leben genommen.
366 Tage nach Tarian.
Oder eben 8.784 Stunden.
527.040 Minuten.
31.622.400 Sekunden.
31.622.400.000 Millisekunden.
263.520.000 Herzschläge.
Nach 263.520.000 Herzschlägen war er endlich wieder mit Tarian vereint.
Tarian.
Ray schlug die Augen auf. Wo war er? Er sah nichts und gleichzeitig alles.
Seine Umgebung wirkte wie ein riesiger, dunkler Raum.
So dunkel, dass Ray nichts sah und gleichzeitig taghell.
Passierte das, wenn man starb? Und wo war dieses warme, einladende Licht, von dem die Menschen mit Nahtot Erfahrungen immer sprachen?
Er setzte sich auf. Stand auf. Drehte sich um sich selbst.
Nichts.
Wo bin ich?
„Ray?"
Eine helle, vertraute Stimme durchbrach die Stille. Ray drehte sich um und stand vor der Person, von der er ein Jahr und einen Tag getrennt war.
„Tarian." Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. So viele Emotionen strömten gerade durch Rays Körper, Emotionen, die er ein ganzes Jahr lang nicht gespürt hatte. Dort stand xier.
Tarian.
Die platinblonden Haare zerzaust wie immer, eine Strähne nach wie vor schwarz gefärbt, ein Strahlen in den hellblauen Augen, Sommersprossen, die das hübsche Gesicht zierten, ein leichter Rotschimmer auf den Wangen.
Tarian wirkte jetzt lebendiger als xier es lebend getan hatte. Xiens Unterarme waren frei von sämtlichen Narben, xiens Gesicht war endlich wieder ohne Schrammen oder blauen Flecken.
„Ray", murmelte Tarian ungläubig und ging einen Schritt auf den Jüngeren zu.
„Tarian", antwortete dieser und näherte sich ebenfalls ein Stück. Eine Weile standen sie sich einfach nur gegenüber, unfähig irgendetwas zu tun oder zu sagen. Freude, Liebe, Trauer und tausende andere Gefühle spiegelten sich in ihren Augen wieder.
Es war Ray, der den ersten Schritt machte. Er hob vorsichtig seine Hand und streckte sie nach Tarian aus.
Tarian zögerte nicht lange, legte xiens Hand in Rays und zog ihn in eine feste Umarmung. Ray erwiderte diese sofort, legte seine Arm vorsichtig um Tarian, als könnte er xien zerbrechen.
„Ich hab dich so vermisst", murmelte er in die Schulter des etwas größeren Blonden.
„Ich dich doch auch", flüsterte Tarian, „aber du solltest noch nicht hier sein. Du solltest doch weiterleben."
„Also bin ich tot."
Tarian nickte vorsichtig.
Ray löste sich aus der Umarmung, sah Tarian fest in die warmen, blauen Augen und sagte leise aber entschlossen:
„Ich kann ohne dich nicht weiterleben. Ich liebe dich viel zu sehr."
Tarian wirkte ein wenig überrascht, lächelte dann aber und küsste xiens Gegenüber. Es war ein sanfter, zärtlicher Kuss voller Liebe und Freude, vorsichtig und doch gefühlvoll.
„Ich liebe dich auch", flüsterte Tarian, nachdem sie sich gelöst hatten. Ray grinste und küsste seinen Partner erneut, wenn auch nur kurz.
„Was wird jetzt passieren?", fragte er, obwohl es ihn relativ wenig interessierte. Er wollte am liebsten einfach hier bleiben, genau hier, in diesem Moment, und Zeit mit Tarian verbringen. Die verpassten Tage wieder aufholen.
Tarian nahm seine Hand.
„Wir gehen zu den Sternen."
. . .
Ray wurde am nächsten Morgen gefunden, genau an der selben Stelle, an der man Tarian ein Jahr und zwei Tage vorher gefunden hatte, ein schwarzes Fernglas fest in seiner Hand.
Sein Grab war später neben Tarians, in seinen Grabstein wurde ebenfalls das Sternbild der Cassiopeia eingeritzt.
Noah, der Tröstende, war für seine beste Freundin Hannah da.
Jetzt, zehn Jahre später, sind sie glücklich verheiratet und Hannah erwartet ihr erstes Kind.
Tarian starb am 4.10.2020, Ray am 5.10.2021, nur sieben Tage vor seinem 18. Geburtstag.
Und angeblich strahlen die Sterne der Cassiopeia in diesen zwei Nächten besonders hell.
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