Kapitel 97
Hunahuna pausierte ein weiteres Mal, als nach einigen Minuten immer noch nichts anderes passierte, als das der Korb in die Mitte des Sees trieb. Das Baby, also ich, schrie. "Was denkst du?", wollte Hunahuna wissen. Ich kniff die Augen zusammen und fixierte den Bildschirm. "Mein Dad hat irgendwas da rein geschüttet, das die Monster getötet hat." "Richtig." Er klang erstaunt. Anscheinend dachte er, ich sei dumm. "Allerdings darfst du nicht vergessen, was er sonst noch getan hat." Was denn? Ich überlegte. "Er hat die Konsistenz des Sees verfeinert. Du hättest sinken müssen." Aber konnten Babys nicht von Natur aus schwimmen? "Ich verstehe nicht..." Hunahuna unterbrach mich. "Du denkst zu logisch." Ich dachte zu logisch? Wie konnte man bitte zu logisch denken? "Normalerweise zieht der See seine Opfer in die Tiefe. Egal, ob du schwimmen kannst oder nicht. Er ist so programmiert." Das war ja einfach. Sie machten sich das alles ziemlich einfach! "Ist mein Vater gestorben?", wechselte ich das Thema. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich Humbalumba die Schultern zucken. Er wusste es nicht. "Wichtiger ist doch, dass du überlebt hast. Denkst du, das war Zufall?" Schnaubend wandt ich ihm den Kopf zu. "Ich denke zu logisch, nicht wahr?" Natürlich war es Zufall. Ich hätte damals ertrinken müssen. Oder gefressen werden müssen. Irgendwie hätte mich der Tod holen sollen. Doch er kam nicht. Hunahuna überging meinen Einwurf: "Das ist der Punkt. Du findest dein Leben unfair. Allerdings solltest du dich wahrlich glücklich schätzen. Es gibt nur wenige deiner Sorte, denen es gestattet wird zu leben." Ha, ich fühlte mich ja so geehrt. Wirklich, in wenigen Stunden hatte er vor mich zu erschießen. Was spielte es da für eine Rolle, ob ich auserwählt worden war, dem Leben einen Besuch abzustatten?
"Haben sie davon gewusst, dass mein Dad den See manipulieren wollte?", fragte ich um mich von meinen ganzen anderen Fragen abzulenken. Gleichzeitig schüttelte er den Kopf und nickte. "Wir hatten eine Art Vereinbarung. Diesen Trank bekommt einer der unsrigen nicht ohne Grund." "Aber...was hat er unter der Oberfläche getan? Und wieso kam er blutspuckend wieder heraus?" Allmählich wuchs Verzweiflung in mir. Ich konnte nicht damit leben, dass mein Dad sich geopfert haben sollte, damit ich lebte. "Das weißt du, Cherubyn", sagte Hunahuna. "Er hat die Monster..." Weiter sprach ich nicht. "Zum Schweigen gebracht." Au Weiha. "Da du deine wahre Geschichte nun kennst, gehe ich davon aus, dass wir eine Lösung für unser Problem finden werden, die beide Seiten befriedigt." Wie bitte? Ich glaubte mich verhört zu haben. Er wollte eine Lösung finden. Das bedeutete, dass er mich nicht töten würde, oder? "Werden sie die Pistole benutzen?" Meine Stimme bebte leicht, da ich Angst vor seiner Antwort hatte. Und tatsächlich bestätigte sich meine Vermutung. "Nicht an dir, nein."
Aber an Niall. Er hatte die Idee nicht verworfen. Niall würde den Tod finden. "Dann werden wir zu keiner Einigung kommen." Ich besiegelte meinen Untergang - unseren - dem war ich mir vollstens bewusst. Doch wenn Niall starb, starb ich auch. "Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass dein Leben kein Zufall ist?" Zufall hin oder her. Was spielte das schon für eine Rolle? Ohne Niall würde gar nichts laufen. Diesmal zuckte ich mit den Schultern. Was wollte er überhaupt von mir? Hatte er nicht höchstpersönlich gesagt, ich würde den Weltuntergang herbeirufen? Sollte ich eine Sklavin werden wie der Togatyp? Alles, nur das nicht. Sogar den Tod nahm ich lieber in Kauf. "Einverstanden."
Er stieß ein Seufzen aus, so laut und verärgert, dass ich unwillkürlich zusammen zuckte. "Einverstanden?" Ich hatte mich doch verhört. "Ja. Ich werde Niall nicht töten - vorerst. Aber ich verlange, dass ihr euch nicht mehr nähert als auf zwei Meter." Tränen glitzerten in meinen Augen. Vor Erleichterung...und vor Schmerz. Niall würde leben. Ich hatte sein Leben erhandelt. Aber wir würden...Niemals zusammen sein. Es sei denn wir brachen die Abmachung, die ich gleich darauf mit Hunahuna traf. "Also. Wieso war es kein Zufall, dass man mich überleben ließ?" Meine Stimme zitterte nur noch leicht. Ich war mir sicher, dass Hunahuna das Zittern dennoch bemerkte. Er ließ den Monitor verschwinden und ich widmete mich ganz dem, was er zu sagen hatte.
"Du hast eine unglaubliche Gabe, die du uns vorhin sehr schön präsentiert hast. Wie du bestimmt erkannt hast, ist auch Kalag ein Roter. Er ist der höchste in deinen Reihen, arbeitet jedoch als mein Untertan. Ihr seid von enormen Wert für mich. Ich kann das Aussehen eines anderen nämlich nicht verändern." Das hatte ich bereits herausgefunden. "Und was soll ich nun tun?" Er sollte auf den Punkt kommen. Wenn ich dafür schon mein nicht-existierendes Verhältnis zu Niall aufgeben musste, sollte wenigstens etwas dabei rausspringen. Mein Herz verkrampfte sich, als ich an ihn dachte. Vermutlich würde ich nie die Chance haben, seine wunderschönen Haare zu berühren. Eine Grausamkeit. "Ich möchte, dass du für mich arbeitest." Aha. Das klang wenig vielversprechend. "Wozu?", platzte es aus mir heraus. Er lächelte, fast so als habe er diese Reaktion erwartet. "Wir entwickeln seit einiger Zeit Systeme um unsere eigene Welt zu erschaffen. Eine Welt, ein Universum, das viel größer ist, als du es dir vorstellen kannst. Einige deinesgleichen, die das Schicksal auserwählt hat, unterstützen uns bereits. Aber nicht genügend. Jeder von euch bringt uns weiter."
Ihre eigene Welt. Die spinnten doch. Aber ich schwieg. Immer noch stellte sich mir die Frage, was ich davon bekam. Einen Orden? Eine Medaille? Ich wollte etwas nützliches. "Nun, Cherubyn. Es liegt in deinen Händen." Was lag in meinen Händen? "Was passiert, wenn ich Nein sage?", hakte ich nach. Hoffentlich erpresste er mich nicht. Hunahuna kramte in seiner Kommode. "Ich könnte sagen, dass du stirbst. Aber davor fürchtest du dich nicht." Eigentlich fürchtete ich mich sogar sehr davor, ermordet zu werden. "Drehen wir die Frage doch um. Was würde es dir erleichtern, einzusteigen?" Niall, schoss es mir durch den Kopf. Doch bevor ich seinen Namen nannte, ploppte ein anderes Feld in meinen Gedanken auf. Eines, das mein Herz erwärmte, das mich viel neugieriger machte und mir viel mehr Schmerzen bereitete.
"Finden sie heraus, ob mein Vater am Leben ist. Dann bin ich dabei." Hunahuna grinste. "Ich hätte nichts anderes von dir erwartet." Ich versuchte ausnahmsweise nicht, hinter seine Worte zu blicken. "Ich schätze, unser Gespräch ist hiermit beendet. Unterzeichne diesen Vertrag." Er holte ein Blatt Papier aus der Kommode. "Ich sende dir ein Paket per Post. Darin wirst du alles andere finden."
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