Kapitel 15
Letzten Endes gab ich nach. Unten gabelten wir Kim auf, der mindestens so beschissen aussah wie ich mich fühlte. "Wie es aussieht haben heute alle eine schlimme Nacht gehabt", kommentierte Grant unsere Leidesmienen. Die gesamte Fahrt über fragte ich mich, aus welchem Grund Niall bei uns hatte übernachten müssen anstatt bei seinem best buddy. Nachdem wir Kim an seiner Schule, einem riesigen Hochhaus, das viel mehr an eine Bank erinnerte, rausgelassen hatten und Grant auch mich und Niall genau vor unser Schultor gefahren hatte, beschloss ich, das ganze nicht länger auf mir sitzen zu lassen. Ich schnappte Niall am Ellenbogen und zog ihn, genau wie Corine tags zuvor mit mir, hinter mir her in die ruhige Ecke. Einige Schüler blickten uns verwirrt oder dreckig nach. Davon ließ ich mich nicht ablenken. Sollten sie denken, worauf sie Lust hatten. Ich stieß Niall in die Ecke, hielt ihn eine Hand breit von mir weg - woher ich diese Kraft oder den Mut besaß, keine Ahnung. Niall zog die Augenbrauen fragend in die Höhe, wie ich aus dem Augenwinkel erkennen konnte.
"Erklär's mir", murrte ich. Jemand rannte mit lauten Sohlen an uns vorbei. Der Unterricht fing jede Sekunde an. "Was soll ich dir erklären?" Seine Stimme war eine Mischung aus Spott und...Leere. Himmel, kannte der Idiot keine Emotionen? Es gab so viele Dinge, die er mir erklären sollte. Beispielsweise seine nicht-vorhandene Seele oder das Licht in seinem Seelenraum. Wie wäre es mit der Tatsache, dass er mich von alleine gestern dort hin geschickt hatte? "Fang einfach bei deinem Bein an", sagte ich. Die verschwundene Wunde hatte er gut unter seinem Hosenbein versteckt, andernfalls hätte ich nun wild darauf deuten können. "Ruby, ist alles gut bei dir?" Am liebsten hätte ich ihm eine runter gehauen. Aber selbst dann hätte er vermutlich so getan, als sei nichts gewesen. "Alles bestens. Danke der Nachfrage." Er wollte an mir vorbei gehen, doch ich stellte mich ihm in den Weg und verschrenkte die Arme vor der Brust. "Erst, wenn du sagst, wohin die riesige blutige Wunde von gestern Nacht verschwunden ist", sagte ich. Schnaubend äffte er meine Position nach. Aha. Er war in der Lage zu schnauben. Sollte ich das rot im Kalender vermerken? "Soll ich dich zum Schulpsychologen bringen?", fragte er todernst. Beinahe schrie ich ihn an. Möglich, dass ich zu wenig Schlaf bekommen hatte. Doch das änderte nichts daran. Seine Wunde, das ganze Blut. Ich hatte mir sowas nicht eingebildet. "Im Ernst, du wirkst leicht wahnsinnig", redete er weiter. Wie bitte? Ich und wahnsinnig? Tickte er noch ganz richtig? Wer war hier wahnsinnig?
"Hör gefälligst auf mit mir zu reden wie mit einer Verrückten. Ich weiß, was ich gesehen habe!" Kopfschüttelnd stieß er mich zur Seite. "Ich weiß ja nicht, aber du solltest nicht so viel lesen. Deine Einbildungskraft ist ziemlich groß!" Woher kamen all diese Worte? Seit wann redete er so viel? Mit mir? "Lesen fördert", konterte ich. "Mag sein." Er hatte mir immer noch nicht geantwortet. Allerdings schien ihn das wenig zu interessieren. Anstatt noch eine Sekunde länger bei mir zu bleiben, ging er davon. Mit langsamen Schritten, als wüsste er genau, dass ich ihm hinterher blickte und mich fragte, wie jemand so einen knackigen... Herrje. Mich schüttelte es. Ohne weiter nachzudenken rannte ich ihm hinterher. "Antworte mir", befahl ich. "Das habe ich." Seine Stimme nahm wieder den gewohnt leeren Ton an. Keine Emotionen. "Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich habe Unterricht." Er legte einen Zahn zu und ließ mich entgültig stehen. Ich wollte erneut losstürmen, ewig auf ihn einreden. Aber er würde mir ja doch nicht die Wahrheit sagen.
Einen Moment stand ich reglos und alleine im Gang. Natürlich war ich nicht wirklich alleine, um mich herum stolperten Teenager verschiedenen Alters durch den Flur. Doch ich fühlte mich alleine. So alleine, wie damals im Waisenhaus. Als es schließlich gongte, eilte ich zu meinem Spind um mir die nötigen Bücher und Unterlagen zu holen. Beim Öffnen des Spindes fiel ein Blatt zu Boden. Gleich darauf zwei weitere. Ich starrte in den Spind. Tausende Blätter lagen zerstreut darin und freuten sich darauf, von mir entfernt zu werden. Ich griff mir eines und...erschrak. Abgebildet waren Niall und ich und zwischen uns ein Staubsauger. Mich hatte man gestern in der Cafeteria abgeknipst, als ich Niall gerade feindselig anstarrte. Großer Gott. Als Überschrift hatte jemand "Die Staubsaugeraffäre", gewählt. Einfallsreicher ging's wohl nicht. Hatte Corine...? Nein, niemals.
Ich stopfte die auf dem Boden liegenden Blätter zurück in den Spind - darum würde ich mich nachher kümmern -, packte meine Bücher und rannte zum nächsten Unterrichtsraum. Gerade rechtzeitig, denn hinter mir erschien eine Frau im Türrahmen - erwachsen, groß, blond und wunderschön. Sie schloss die Tür hinter mir. "Auf eure Plätze, bitte", sagte sie, so autoritär, dass der Großteil des Kurses auf der Stelle aufsprang und sich setzte. Ich entdeckte Corine im hinteren Berreich und ließ mich neben sie plumpsen. "Bitte, sag mir, dass das nicht du warst", seufzte ich und hielt ihr den Zettel von Niall und mir und dem Staubsauger vor die Nase. Zuerst spiegelte sich Überraschung und Schock, dann Belustigung in ihrem Blick wider. Sie musste sich zusammen reißen um nicht laut loszuprusten, das sah man ihr an. "Ich verspreche dir hoch und heilig, dass ich das nicht war", sagte sie. Erleichtert packte ich abermals meine Stifte aus und sortierte sie. "Gut." Oder auch nicht. Wer hatte uns gestern zugehört und diesen Zettel erstellt? Und warum? Vor allem aber grauste mir eines. Niall musste den Zettel auch zugesteckt bekommen haben. Er ging damit womöglich weniger belustigt um wie Corine. Wobei, eigentlich konnte ich von ihm gar keine Reaktion erwarten. Mr. IchbinmirzuschadefürEmotionen würde keinen Wert darauf legen. Dachte ich.
Ich weiß nicht, ob es jemandem aufgefallen ist, aber ich habe gestern nichts hochgeladen. Das ist eig nicht schlimm, aber mir kommt es wie ein Verbrechen vor, seit ich angefangen habe täglich Kapitel zu produzieren. Das hat eine einfache Erklärung, ich bin krank und liege den ganzen Tag im Bett. Ich schwöre hoch und heilig, dass mein Leben noch nie ätzender war wie in diesem Moment hahaha. Also ja, hier das nächste Kapitel, leicht unter meiner normalen Qualität, aber ich bin kein profi und ich hatte Bock zu schreiben und here we are. #sorrynotsorry xxx
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro