Kapitel 11
Hätte mir am vorigen Abend jemand erzählt, dass ich innerhalb der ersten zwanzig Minuten an meiner neuen Schule eine potenzielle beste Freundin finden würden, hätte ich ihn vermutlich für verrückt erklärt - oder ich hätte ihm Wodka auf den Hals gehetzt. Ich meine, ich und eine beste Freundin? So etwas befand sich außerhalb meiner Vorstellungskraft, immerhin war ich sehr zurückgezogen, wenn nicht extrem zurückgezogen. Doch als mich am Montag Morgen vor dem Schultor ein Mädchen, das sogar noch kleiner war als ich selbst, aus Versehen anrempelte, schien mein Schicksal eine Wendung zu nehmen. "Entschuldige!", qieckte das Mädchen, nachdem sie mir die Tasche von den Schultern geworfen hatte. "Wie ungeschickt von mir", brabbelte sie sofort drauf los. Ich hob indessen die Tasche auf und warf sie mir wieder auf den Rücken. "Kein Problem."
Ich musterte sie unauffällig - natürlich, ohne ihre Augen genauer zu betrachten. Sie war recht hübsch. Ihre Haare hatten dieselbe haselnussbraune Farbe wie meine, mit dem Unterschied, dass sie ihr in Wellen über die Schultern fielen. Ihre Haut schien gebräunt, aber nicht Solarium-, sondern Sommer-Sonne-Strand-mäßig. Neidisch starrte ich mein Handgelenk an, das von beinahe keiner Farbe war. "Ich bin Corine", seufzte sie schließlich. Ihre Entschuldigungstirade hatte ich überhört. "Ehm...Ruby." Mein Instinkt riet mir, lieber vorsichtig mit den Leuten hier umzugehen. Corines Instinkt schien ihr anscheinend nichts derartiges zu raten, denn sie packte mich am Arm und zog mich mit sich in das riesige Gebäude, alias Schule. Ich hatte eigentlich auf Daizy warten sollen, weil diese mir ja die Schule zeigen wollte. Da ich darauf sowieso keine Lust hatte, ließ ich mich mitziehen. "Kannst du mir vielleicht zeigen, wo das Lehrerzimmer liegt?", fragte sie mich, als wir in einer ruhigen Ecke angelangt waren, die ausnahmsweise nicht von anderen Schülern besetzt wurde. Sie wusste es nicht? "Bist du etwa auch neu hier?" Ich rückte meine Sonnenbrille zurecht. Zum Glück hatte GGG mir nicht verboten, sie aufzusetzen. Corine lachte ein glockenhelles Lachen, ehe sie erneut anfing zu quasseln. "Du auch? Hach, ist das toll! Ich hatte schon befürchtet, mich alleine dadurch zwengen zu müssen. Lass uns gemeinsam versuchen, das Lehrerzimmer zu finden. Einverstanden?" Sie wartete nicht erst ab, ob ich tatsächlich einverstanden war, zog mich viel mehr erneut mit sich in irgendeine willkürlich gewählte Richtung. Das konnte heiter werden. Trotzdem war ich Corine irgendwie dankbar. Keine Ahnung, zumindest hatte ich angenommen, die Leute hier würden mich abstoßen und mies behandeln, weil ich neu war. Doch in Corine sah ich einen Lichtblick. Vielleicht würde alles gut verlaufen.
Wir fanden wirklich ein Lehrerzimmer, meldeten uns bei der Direktorin und suchten unseren ersten Unterricht, den wir - gottseidank - gemeinsam hatten. Die ganze Zeit über erzählte mir Corine Dinge über sich. Über die Stadt, in der sie bis vor kurzem gelebt hatte. Über ihren Ex-Freund, der keine Fernbeziehung hatte führen wollen. Und über ihre Katze Mitzi, die selbst die größten Hunde in die Flucht schlagen konnte. Dabei war sie so aufgeregt und fröhlich, dass ich es nicht über mich brachte, sie in eigendeiner Art und Weise zu unterbrechen. Aufhören tat sie selbst im Unterricht nicht, weswegen Mr. Connor (senior), unser neuer Englischlehrer, sie dazu auffordern musste. Mir war das ganze mehr als peinlich, doch alles in allem hätte diese erste Stunde nicht besser laufen können. Die weiteren Schulstunden zogen sich zwar, aber ich fühlte mich beflügelt und fand Interesse an verschiedenen Dingen - meistens Dingen, die wenig mit dem Unterricht zutun hatten. Beispielsweise dem Schulhof, den ich in der ditten Stunde vom Fenster aus beobachten konnte oder Nialls Rücken, der mir in der Vierten die Sicht zur Lehrerin versperrte. Er ignorierte mich, wie sollte es anders sein.
Jedenfalls verlief der Vormittag ziemlich arg gut, bis es in die Cafeteria zum Mittagessen ging. Ich wollte Corine gerade auf den Fisch aufmerksam machen, da stellte Daizy sich uns in den Weg. Ihr Lächeln wirkte gezwungen und gar nicht mehr so sympatisch wie gestern. "Ruby, hey. Wo steckst du denn die ganze Zeit? Ich wollte dir doch die Schule zeigen!" Corine hinter mir drehte den Kopf zu uns, schwieg jedoch das erste Mal innerhalb von mehreren Stunden. "Tut mir leid. Ich habe dich total vergessen", antwortete ich wahrheitsgemäß. Das gefiel ihr ganz eindeutig nicht. Dennoch hielt sie ihr Lächeln aufrecht. "Ihr kennt euch?", wollte Corine wissen. Ich wusste, dass sie die Nase rümpfte. Daizy war das absolute Gegenteil von Corine. Während sie irgendwie keine eigene Persönlichkeit, oder Meinung, zu haben schien, strahlte Corine eine Autorität aus, die mich baff machte. "Wollt ihr euch zu uns setzen?" Daizy überging Corines Frage einfach. Ich biss mir auf die Lippe. Von Wollen konnte nicht die Rede sein. "Klar", sagte Corine an meiner Stelle. Daizy deutete auf einen Tisch in der hinteren Ecke des Raumes. Dort saßen bereits zwei weitere Mädchen und Niall, sowie ein weiterer Kerl in unserem Alter. Ich hätte mir gleich denken können, dass Daizy auch mit Niall befreundet war, schließlich kannte sie Kimberley. "Kann nicht schaden, Bekanntschaften zu schließen", wisperte Corine mir zu. Wir besorgten uns was zu essen und folgten Daizy dann zum Tisch.
Die beiden Mädchen stellten sich als Sandra und Barbara vor, der Unbekannte hieß Tschad. Niall seufzte als wir uns setzten. Ich ignorierte ihn. Seele hin oder her, er benahm sich wie ein totales Arschloch mir gegenüber. Dabei hatte ich ihm nichts getan, außer vorgeschlagen, die Jogginghose in die Wäsche zu werfen! "Ihr seid also "die Neuen"?", fragte Tschad und wakelte vielsagend mit den Augenbrauen. Daizy klatschte in die Hände. Die schwarzhaarige Barbara im bunten Hippiekleid grinste. "Das wird der Wahnsinn", bemerkte sie mit einem leichten Akzent. Wovon sprachen die drei? Corine biss in ihr Sandwich und sagte mit vollem Mund: "Was soll das bedeuten?" Sie redete mit mir, aber Niall nahm sich das Recht ihr zu antworten. "An unserer Schule pflegt man die Tradition, Neue einzuweihen." Ich schluckte einen Bissen meines eigenen Sandwichs im Ganzen runter. Das kannte ich aus Filmen. In keinem Film endete so ein Einweihungsritual positiv. "Und wie werden wir eingeweiht?" Niall drehte seinen Kopf in meine Richtung. Zum ersten Mal fiel ihm meine Anwesenheit wirklich auf. Ich senkte den Blick. Vor allem weil ich nicht vorhatte, vor neuen Leuten als Verrückte darzustehen, nur weil ich mal eben einen Abstecher in Nialls - nicht vorhandene - Seele machte. "Das wird noch entschieden. Ihr werdet es als letzte erfahren." Dann quatschten Tschad und er über das neuste Auto auf dem Markt. Niall konnte tatsächlich auch lächeln! Corine und ich tauschten einen Blick - jedenfalls in der Art. In diesem Moment wusste ich, dass ich in Corine wirklich eine Freundin fangen würde. Grant hatte unrecht. Man konnte Freundschaften schließen!
Das ist jetzt nicht das beste Kapitel, sorry for that. Aber erster Entwurf unso, I'm not perfect. Any comments? Sagt mir, was ich verbessern kann, bitte. Habt ihr auch das Gefühl, dass es ein bisschen schnell geht? xxx
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