Kapitel 12
February 4, 2010
Zenith Motors, Marin County, CA
Rote Teppiche, gleißendes Licht, goldene Letter an den Wänden und teure Autos mit glänzendem Lack - das hier war definitiv nicht der Ort, an dem ich mich gerne aufhielt. Nachdem ich wir den Fall für Ann-Marie Keason gelöst hatten, hatte Lisbon mich wieder in den aktiven Dienst gelassen. Allerdings gab es momentan nur wenige Fälle zu lösen, was gut war, denn das bedeutete, dass es weniger Böses in den Straßen Kaliforniens gab - oder zumindest weniger auffälliges Böses.
Vor einigen Wochen war ein Kamerateam zum CBI gekommen, welches eine Doku über das Team hatte drehen wollen. Anfänglich war Jane nicht besonders begeistert davon gewesen. Im Nachhinein hatte ich verstanden, wieso - er hatte Red John im Fernsehen provoziert und das hatte dazu geführt, dass dieser Janes Frau und Kind ermordete.
Ich hatte die Kameras ebenso sehr gemieden. Ich wollte nicht im Fernsehen auftauchen. Ich konnte nicht im Fernsehen auftauchen. Ich wusste, dass Leute es sehen würden, die es besser nicht sehen sollten, deswegen wollte ich es verhindern.
Abgesehen davon war das Highlight sowieso gewesen, dass der Chefredakteur ein Mörder gewesen war, weswegen sich diese nervige Doku-Sache doch noch irgendwie für mich gelohnt hatte.
Doch dieser Fall war nun abgeschlossen und nun ging es für mich an den nächsten. Ich war weiterhin eine Profilerin von der BAU, die für das CBI arbeitete. Keine Ahnung, wie lange meine Probezeit noch anhielt, aber mittlerweile gewöhnte ich mich an den Gedanken, mit dem CBI-Team zusammenzuarbeiten.
»Agent Rigsby, was haben Sie?«, verlangte Lisbon zu wissen, als sie, Jane und ich wenige Zeit später zum Tatort kamen.
»Hey, Boss«, begrüßte der Agent sie, während er uns zu einem Wagen mit offenem Kofferraum führte. »Liselle Douglas. Sie war hier Autoverkäuferin. 28 Jahre alt. Stumpfe Gewalteinwirkung, diverse Prellungen, eventuell Schädelfraktur.«
Eine tote Frau lag im Kofferraum. Sie trug ein schlichtes, schwarzes Business-Kleid. Ihr Gesicht zeigte, wie Rigsby gesagt hatte, Prellungen auf. Weder ihre Hände noch ihre Füße waren gefesselt.
»Ihre Kleidung ist intakt«, fügte Cho hinzu, »kein Hinweis auf eine Vergewaltigung.«
Geräuschvoll atmete Jane ein. »Neuwagengeruch - ich liebe ihn.«
Lisbon warf ihm nur einen mahnenden Blick zu, sagte jedoch nichts. Dafür wandte sie sich an Van Pelt. »Und der Todeszeitpunkt?«
»Sie war gestern Abend noch lange hier«, erklärte die Agentin. »Der Sicherheitsdienst stellte gegen Mitternacht fest, dass die Alarmanlage nicht aktiviert war. Allerdings gab es keine Hinweise auf einen Raubmord. Laut dem Gerichtsmediziner war Liselle zu Mitternacht schon längst tot.«
»Lassen wir die Leiche abholen«, wies Lisbon an. »Vielleicht finden wir noch etwas.«
Rigsby nickte. »In Ordnung.« Damit verschwand er.
Lisbon, Jane und Cho stellten sich vor das Auto und betrachteten es aufmerksam.
»Er muss ziemlich teuer sein«; bemerkte die Frau.
»Rund dreihunderttausend«, sagte Cho. »Jetzt gibt's den sicher billiger.« Mit ausdrucksloser Miene folgte er Rigsby und kurz darauf lief auch Lisbon ihnen hinterher.
»Hätten Sie Interesse?«, fragte Jane mich und deutete auf den Wagen.
»Ich halte nicht viel von Autos«, gab ich zurück und schloss zu Cho auf, der mit den Mitarbeitern des Autohauses sprach.
»Hat einer von Ihnen die Leiche gefunden?«, wollte Cho von den Männern wissen.
»Ja, James Kinsey«, sagte einer, »ich glaube, er ist gerade zur Toilette gegangen.«
»Und wer sind Sie?«, wollte ich wissen.
»Brad Elias, Ma'am.« Er hielt mir seine Hand entgegen und ich schüttelte sie.
»Ich bin keine Ma'am«, entgegnete ich. »Ich bin Agent Moore von der BAU. Ich arbeite mit dem CBI zusammen an diesem Fall.«
»Oh, und was machen Sie genau?«, wollte der Mann wissen.
»Ich bin Profilerin. Ich erstelle Profile von Tätern.«
Verstehend nickte der Mann - ein langsames Nicken, als würde er entweder nicht verstehen, was ich tat oder warum ich es tat.
»Können Sie sich vorstellen, wer das war?«, wollte Cho von Brad Elias wissen, während er mit seinem Block und einem Stift vor ihm stand.
Heftig schüttelte der Mann mit dem Kopf. »Nein, gar nicht. Es ist einfach furchtbar! Eine Tragödie! Wir sind hier wie eine Familie.«
»Ha, Familie«, wiederholte Jane mit einem belustigten Glucksen, »wie rührend.«
Brad Elias sah ihn mit entsetzter Miene an. »Wie bitte?«
Jane trat hervor. Sein Grinsen verschwand augenblicklich. »Arbeiten Sie hier auf Provision?«
»Ja, klar?«
»Dann sind Sie keine Familie«, entgegnete Jane, »sondern Sie sind ein Haufen von Gladiatoren. Ein Haufen voller Missfallen und Feindseligkeit.«
»Entschuldigen Sie meinen Kollegen«, sagte ich sofort und schob mich etwas vor Jane. »Er wollte Sie nicht beleidigen.«
»Wir respektieren uns«, sagte Elias, der nur Jane ansah, »stimmt's, Jungs?«
Sofort folgte einstimmiges Nicken.
Jane wirkte jedoch noch nicht überzeugt. »Sie sind hier bestimmt der Alphawolf des Rudels, doch die Frage ist, wer kann am schnellsten laufen? Liselles Kunden werden einen neuen Verkaufsberater brauchen, und ich glaube, mein Kollege Agent Cho hat oben ihre Kundenliste vergessen, in Ihrem Pausenraum. Es ist vielleicht ein bisschen pietätlos, Sie sich sofort zu schnappen, aber einer von Ihnen wird Sie sich sicherlich bei Gelegenheit unter den Nagel -«
Jane brauchte gar nicht weitersprechen, denn da lief Elias bereits los - gefolgt von seinen Kollegen. Auf der Treppe begann ein furchtbares Gerangel, und verständnislos sah ich Jane an.
»Musste das sein?«
Der Mann zog entschuldigend die Achseln hoch, und während ich ihm einen finsteren Blick zuwarf, grinste er nur.
»Ich hab die Liste hier, sie ist ein Beweisstück«, sagte Cho, der sich an Jane wandte. »Was sollte das eben?«
»Ich wollte mit diesem Mann sprechen.« Jane deutete auf den einzig zurückgebliebenen Verkäufer, der seelenruhig vor uns stand. Er hatte eine dunkle Haut, trug wie jeder andere hier einen Anzug und wirkte vollkommen gelassen, während sich die anderen weiterhin auf der Treppe schubsten. »Er ist zu ehrlich, um von einem Mord zu profitieren, richtig?«
Der Mann nickte zustimmend. »Richtig.«
»Hey, hören Sie auf!«, rief Cho, der auf die Männer auf der Treppe zulief. »Da oben finden Sie die Liste nicht!«
»Oder aber«, sagte Jane und trat auf den zurückgebliebenen Mann zu, »Sie sind gerissen und arbeiten mit einem doppelten Bluff.« Er kniff die Augen zusammen, musterte ihn eindringlich und schüttelte schließlich den Kopf. »Nein, so einer sind Sie nicht.« Mit diesen Worten ging Jane davon.
Genervt seufzte ich auf. »Danke für Ihre Zeit, Ser«, sagte ich noch an den Verkäufer gewandt, ehe ich dem Berater folgte.
»Liselle kam gestern nicht zur Arbeit. Das fand ich seltsam, war gar nicht ihre Art«, erklärte der Chef des Autohauses, Oliver Westhoff, während er Jane, Cho und mich zwischen den teuren Autos herumführte.
»Waren Sie beunruhigt?«, wollte Cho wissen.
»Ich war sauer. Sie war für die Organisation der Party zuständig. Ein Glück, dass Kinsey für sie eingesprungen ist.«
»Glauben Sie, dass Kinsey ihr etwas hätte antun können?«, fragte ich. »Ein Mord aus Eifersucht oder weil er Liselles Stelle haben wollte?«
»Nein, auf keinen Fall«, sagte Westhoff. »Dieser Job ist ein Job für Sieger, ja, aber ein Mord? Ich bitte Sie.«
»Wäre nicht das erste Mal, dass so was passiert«, meinte ich.
Westhoff blieb im Hauptraum stehen und wandte sich uns mit unruhiger Miene zu. »Entschuldigen Sie, Agents, ich will nicht taktlos erscheinen, aber wann, denken Sie, kann ich das Autohaus wieder eröffnen? Was soll ich meinen Kunden sagen?«
»Dass eine Frau ermordet wurde«, meinte Cho tonlos.
Verstehend nickte der Mann. »Und das ist furchtbar. Aber das ist ein Dienstleistungsunternehmen.«
»Und das hier«, ich deutete um mich, »ist eine Mordermittlung. Wenn Sie uns unsere Arbeit machen lassen, werden wir vielleicht bald den Mörder finden. Bis dahin werden Sie Ihr Autohaus schließen müssen.« Ich lächelte dem Mann zu, während dieser es nur gezwungen erwiderte. Dann führte er uns ohne ein weiteres Wort in den Pausenraum, wo wir auf James Kinsey trafen.
»Mr. Westhoff sagt, Sie hätten mit Liselle am Abend Ihres Verschwindens zusammengearbeitet«, sagte Cho, der sich an den Tisch setzte und seinen Block sowie seinen Stift herausholte. Ich ließ mich neben ihm nieder.
Kinsey nickte. »Die Vorbereitung der Party, ja. Ich fuhr hier so gegen acht, halb neun weg.«
»War sie irgendwie anders als sonst?«
»Ich glaube nicht. Vielleicht etwas angespannt. Die Vorbereitung der Party war stressig. Hey!« Kinsey deutete an uns vorbei auf Jane, der eine Büchse mit einem seltsam aussehenden Inhalt aus dem Kühlschrank holte. »Das gehört mir!«
»Okay.« Ohne zu zögern, stellte Jane es zurück.
»Welche Beziehung pflegten Sie zu Liselle?«, fragte ich Kinsey. »Wie haben Sie sich verstanden?«
Kinsey zuckte mit den Achseln. »Gut.«
»Gut?«, wiederholte Jane. »Sie hatten doch was gegen sie.«
»Nein?«
»Doch!« Jane lief auf ihn zu. »Aber wie kam das? Sie war doch nur Mittelfeld der Meute«, er deutete auf die Tabelle hinter Kinsey, auf welcher der Punktestand der Verkäufer verzeichnet worden war, »also kein Problem für Sie.«
»Liselle schlug sich hervorragend für ihr Alter«, sagte Westhoff.
»Weil sie hübsch war, schlug sie sich hervorragend«, meinte Jane, »und das hielten Sie für unfair.«
Kinsey beugte sich mir erster Miene vor. »Hören Sie, Liselle war als Verkäuferin nur viertklassig. Mit 'ner Decke über dem Kopf hätte sie nichts verkauft.«
»Hatten Sie Gefühle für sie?«, verlangte ich zu wissen.
Kinsey nickte nach kurzem Zögern. »Ja.«
»Wollten Sie mit ihr ausgehen?«
»Sie hat Nein gesagt.«
»Eine schmerzvolle Antwort«, bemerkte ich.
»Nein, in keinster Weise«, wehrte der Mann ab. »Ich hab sie gefragt, sie hat Nein gesagt - das war in Ordnung für mich. Außerdem hat sie eh einen Freund. So einen Musiker. Jeff ... Jeff - schieß mich tot. Keine Ahnung, wie er heißt. Sie ist ständig über ihn hergezogen. Es war ein einziges Drama zwischen den beiden.«
Verstehend nickte ich, während Cho sich alles notierte.
»Danke für Ihre Zeit, Mr. Kinsey«, sagte der Agent schließlich und erhob sich. Zusammen verließen wir das Autohaus und liefen über den Parkplatz zu unserem Wagen.
»Was ist eigentlich mit Rigsby und Van Pelt los?«, fragte ich, während die kalifornische Sonne in mein Gesicht schien. »Irgendwie benehmen sich die beiden in letzter Zeit komisch, oder?«
»Das ist Ihnen auch schon aufgefallen?«, gab Cho zurück und wenn ich es richtig heraushörte, war dies seine Art des Sarkasmus.
Verwundert hob ich eine Augenbraue.
»Wären Sie letztens im Büro gewesen, als wir unsere Pizza gegessen haben, hätten Sie gewusst, dass Rigsby und Van Pelt ein Paar sind«, sagte der Mann mit ausdrucksloser Miene.
Überrascht öffnete ich den Mund, doch wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte.
»Sie können vielleicht Profile von Mördern erstellen«, sagte Cho, »aber in der Einschätzung von Menschen sind Sie schlecht.«
»Ich kann Menschen gut einschätzen«, entgegnete ich sofort, »nur habe ich das zwischen Rigsby und Van Pelt nicht bemerkt.«
»Bitte«, sagte Jane leicht spöttisch, »das hat man doch sofort gesehen - bis auf Sie und Lisbon.«
Abwehrend schüttelte ich den Kopf. »Nein.«
»Doch«, sagte Cho, »wenn Sie sich einfach mehr mit dem Team anfreunden würden.« Mittlerweile hatten wir den schwarzen SUV des CBIs erreicht. Der Mann öffnete die Tür, stieg jedoch nicht ein, sondern sagte an mich gewandt: »Wenn Sie hier wirklich arbeiten wollen, sollten Sie sich mehr um Ihre Beziehung zu den anderen kümmern.« Damit schien das Gespräch für ihn beendet und er stieg ein.
Ratlos sah ich zu Jane, der nur die Schultern hochzog. Cho hatte recht. Wenn ich wirklich eine Festanstellung erhalten sollte, konnte ich nicht erst dann damit beginnen, mich mit den anderen anzufreunden.
»Was ist das eigentlich mit der Pizza immer?«, fragte ich, als auch ich und Jane eingestiegen waren.
»Wenn wir einen Fall gelöst haben, gibt es eine Pizza«, sagte Cho, der den Motor startete. »Waren Sie nie im Büro, wenn wir eine Pizza gegessen haben?«
Ich schüttelte den Kopf, auch wenn er das nicht sah. »Nein.«
»Wie haben Sie denn mit Ihrem letzten Team zusammengearbeitet?«, fragte Cho verständnislos, allerdings war es keine Frage, auf die er eine Antwort wollte. Kurz darauf fuhren wir los, während ich auf dem Rücksitz meinen Arm am Fenster aufstützte und meinen Kopf gegen meine Hand lehnte.
Mein letztes Team war ein gutes Team gewesen. Wir waren wie eine Familie gewesen - und ich war der Grund, warum alles kaputt gegangen war.
CBI HQ, Sacramento, CA
Konzentriert beobachtete ich meine Kollegen, während sie an ihren Schreibtischen saßen und ihre Arbeit machten. Auch wenn Van Pelt und Rigsby nicht sprachen, sah ich, dass sie etwas bedrückte. Ich konnte nur erahnen, was es war. Bevor ich hier angefangen hatte, hatte ich mir natürlich die Vorschriften des CBIs durchgelesen, und darin stand festgeschrieben, dass Beziehungen zwischen Kollegen ausdrücklich verboten waren. Wenn Rigsby und Van Pelt ihre Beziehung nun öffentlich gemacht hatten, wusste nun auch Lisbon davon - und als Special Agent in Charge musste sie dafür die volle Verantwortung übernehmen.
Lisbon und Jane waren unterwegs zu dem Freund von Liselle. Uns anderen hatte der Boss Papierkram und Recherchearbeit angeordnet. Ich jedoch sollte mir eigentlich ein genaueres Bild vom Täter machen, doch hing mein Kopf gerade woanders fest.
»Kann ich Ihnen helfen, Agent Moore?«, erklang auf einmal Rigsbys fragende Stimme. Der Mann hatte aufgesehen und nachdenklich musterte er mich.
»Nein, nein, alles bestens«, winkte ich sofort ab. »Ich war nur in Gedanken.« Danach versuchte ich mich ernsthaft an meine Aufgabe zu setzen.
Einige Zeit später rief Lisbon an mit einem Hinweis zu einem Bild, von dem Van Pelt den Ursprung herausfinden sollte. Kurz darauf rief die rothaarige Agentin zurück. Ich hörte nur, wie sie sagte, dass der Druck von einem Mann namens Walter Mashburn ersteigert worden war, welcher der Gründer von der Firma Mashburn Avionics war. Diese hatte er vor ein paar Jahren für ein paar Millionen verkauft. Ich kannte den Namen des Mannes nur aus den Medien, ansonsten hatte ich kein Bild von ihm.
Dieses gab allerdings Lisbon uns, als sie zurück ins Büro kam - und dabei schien sie nicht sonderlich begeistert von Walter Mashburn zu sein.
»Mashburn hat null Vorstrafen«, erklärte sie, während sie im Büro auf und ab ging, »aber gegen ihn wurde wegen einiger obskurer Geschäfte ermittelt.«
Rigsby und ich saßen an dem Konferenztisch, Jane wie üblich auf seiner Couch. Rigsby blätterte durch die Akte von Mashburn. Seine Augenbrauen waren vor Skepsis zusammengezogen.
»Er wurde nie verknackt«, sagte er beinahe beeindruckt. »Hier steht, er war ein Unternehmergenie.«
Lisbon lief zu ihm und warf einen Blick über seine Schulter auf die Akte.
»Nein, er hält sich nur für ein Genie«, brummte sie missgelaunt.
»Sagen Sie mal«, begann ich und nachdenklich sah ich sie an, »was ist vorhin zwischen Ihnen und Mashburn vorgefallen, dass so schlecht drauf sind?«
»Zwischen mir und Mashburn?«, wiederholte Lisbon fassungslos. »Rein gar nichts!«
Ich kniff die Augen zusammen. Skeptisch musterte ich sie. »Er hat mit Ihnen geflirtet, oder? Mashburn steht auf Sie!«
»Was? Nein!«, rief Lisbon sofort, doch ich hörte die Lüge in ihrer Stimme heraus.
»Ich finde, Sie hätten darauf eingehen sollen«, meinte Jane, der unbekümmert ein Stück Papier in seinem Schoß faltete. Daraufhin musste Lisbon leicht schmunzeln, doch ehe sie sich zu sehr in Gedanken verlor, wandte sie sich an Rigsby:
»Rigsby, wie wär's, wenn Sie sein Alibi befragen? Das Bademoden-Model.«
Rigsby nickte. »Natürlich. Kein Problem.«
»Das Alibi ist wasserdicht«, meinte Jane, »ob er's war oder nicht.«
»Ich hab was«, erklang auf einmal Chos Stimme in meinem Rücken und leicht wandte ich meinen Kopf, damit ich ihn sehen konnte. »Westhoff, der Chef von Zenith Motors, hat in der Mordnacht gemeldet, ein Ferrari sei aus der Werkstatt verschwunden. Eine Stunde später hat er noch mal beim Sheriff angerufen und alles zurückgenommen.«
»War das Auto wieder da?«, wollte Lisbon wissen.
Cho lehnte sich an die Tischkante neben mir. »Das hat er nicht gesagt.«
»Das müssen wir rauskriegen«, hörten wir Van Pelt sagen, die im Türrahmen erschienen war. »Ich hab den Autopsie-Bericht. Liselle starb an einem Schädelhirntrauma nach einem harten Aufprall auf dem Straßenpflaster. Das weist zusammen mit Knochenbrüchen und Hautabschürfungen darauf hin -«
»Dass sie überfahren wurde«, sagte ich nickend.
»Das heißt, wenn das Auto die Tatwaffe ist«, begann Rigsby, »dann wird sich DNA und Blut daran befinden, auch wenn es gewaschen wurde.«
»Reden Sie mit Westhoff«, wies Lisbon an. »DNA-Spuren halten nicht ewig.«
Cho nickte. »Gut.«
Nun wandte Lisbon sich an mich. »Und Sie, Moore? Haben Sie schon ein Profil zum Täter erstellt?«
Mit der Rückseite meines Kugelschreibers tippte ich auf mein Papier, mein Blick war jedoch auf Lisbon gerichtet. »Mit den neuen Hinweisen wird für mich der Tathergang immer deutlicher, das Motiv steht noch etwas im Dunkeln. Liselle wurde von jemanden angefahren. Da nur die Verkäufer über die Autoschlüssel der Fahrzeuge im Autohaus verfügen, wird einer der Mitarbeiter der Täter sein. Vielleicht war es der Wettkampf zwischen den Verkäufern oder Eifersucht, das den Mörder dazu gebracht hat, Liselle zu töten.«
Verstehend nickte Lisbon. »Gut. Wenn Sie noch etwas haben, sagen Sie Bescheid.«
Auch ich nickte. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Jane einen Papierflieger warf, der auf Van Pelts Schreibtisch landete. Lisbon schüttelte genervt den Kopf. Alle anderen beachteten den Mann nicht, welcher begeistert grinste. Cho vollführte eine Handbewegung, die Jane anwies, ihm zu folgen, und kurz darauf verließen die beiden Männer das Gebäude, um mit Westhoff zu sprechen. Van Pelt und Rigsby trafen sich mit dem Bademoden-Model, so dass nur noch Lisbon und ich im Büro blieben.
»Lisbon?«, fragte ich, als die Frau gerade gehen wollte. Verwundert wandte sie sich mir zu und ich erhob mich, so dass ich ihr gegenüberstand. »Ich wollte Sie fragen«, seltsamerweise begann ich unruhig an den Ärmeln meines Oberteils zu zupfen; sonst war ich nie nervös, »ob Sie heute Abend Zeit hätten?«
Überrascht hob Lisbon eine Augenbraue. »Ich, äh ... Tut mir leid, ich stehe auf Männer ...«
»Was?« Entrüstet starrte ich sie an. »Was? Nein! Das war keine Frage nach einem Date. Ich wollte mich nur mit Ihnen unterhalten. Ein Treffen unter Arbeitskollegen, in einer Bar oder so ...«
»Ah«, machte Lisbon und nickte verstehend. »Ja, ich ... ich habe immer viel zu tun, deswegen kann ich Ihnen noch nicht zusagen. Aber wenn ich Zeit habe, sag ich Ihnen Bescheid.« Sie wandte sich erneut zum Gehen und lief einige Schritte vor, doch dann drehte sie sich noch einmal zu mir um. »Sie leisten eine gute Arbeit, Agent Moore. Ich weiß, dass es schwierig sein kann, als ein neues Mitglied in ein Team zu kommen, vor allem wenn Sie zuvor ein bereits sehr gutes Team hatten. Falls Sie irgendetwas brauchen, lassen Sie es mich wissen.«
Langsam nickte ich. »Danke.«
Lisbon setzte ein leichtes, aufmunterndes Lächeln auf, ehe sie wirklich ging. Auch wenn wir anfänglich Startschwierigkeiten gehabt hatten, so glaubte ich fest daran, dass wir beide uns noch besser verstehen werden. Es brauchte seine Zeit, auch wenn bereits einige Monate vergangen waren. Doch Lisbon hatte recht - es war schwieriger, von einem alten Team loszukommen und sich in ein neues einzufinden, als vollkommen neu anzufangen.
Das war das Problem, warum ich solche Schwierigkeiten hatte, mich in dieses Team zu integrieren.
3086 Wörter
Meine Klausuren liegen jetzt alle hinter mir und ich habe Semesterferien. Ich hoffe, ich kann jetzt regelmäßiger updaten.
Heute gibt es mal wieder einen Fall aus der Serie. Erinnert ihr euch noch an ihn? Wenn ja, bitte keine Spoiler in die Kommentare schreiben! Anderweitig könnt ihr natürlich mitraten, wer der Täter sein könnte!
Was haltet ihr von Chos Ansprache an Kate, dass sie sich kaum ins Team integriert? Hat er in euren Augen recht?
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