Kapitel 1
October 2009
CBI, Sacramento, CA
Viereckig, rot, unspektakulär – mein neuer Arbeitsplatz hatte weder etwas unfassbar Interessantes an sich noch etwas Außergewöhnliches. Umzäunt von einem Gartenzaun sah es aus wie ein gewöhnliches Haus, wären die Sicherheitsmänner an den Eingängen nicht gewesen.
Bedauerte ich es?
In keiner Weise.
Hallo, neues Zuhause, ich bin Kate, schoss es mir durch den Kopf, während ich mit einer braunen Pappkartonkiste auf das Gebäude zulief und mir von einem Agent den Weg zeigen ließ. Ich fuhr mit dem Fahrstuhl hoch. Bis auf mir waren nur der Agent und eine rothaarige Frau hier drinnen, die mir einen kurzen Blick zuwarf, es aber unterließ, nachzufragen.
Als ich die richtige Etage erreichte, deutete der Agent auf eine Tür und ließ mich alleine. Der Flur war nicht sonderlich groß und auch nicht besonders lang. Es gab zwei Biegungen, die ins Unbekannte führten, während sich rechts Büroräume befanden, die wie provisorisch aufgebaut wirkten. Die Wände reichten nicht einmal hoch bis zur Decke. In jeden Raum konnte man durch intern eingesetzte Fensterscheiben gucken, deren Einblick nur durch Jalousien verdeckt werden konnte.
Ein paar Leute liefen an mir vorbei und warfen mir denselben rätselnden Blick zu wie die rothaarige Frau zuvor. Tief atmete ich durch, bevor ich auf das Büro zulief, auf welches der Mann gezeigt hatte.
»Senior Agent Teresa Lisbon« stand in schwarzen Lettern daraufgeschrieben. Das war es also – das Büro meines neuen Bosses, die Tür, die mich auf einen neuen Weg führen würde.
Ich hob unbeholfen die Hand, mit der ich zuvor noch meinen Karton festgehalten hatte, und wollte gerade klopfen, als eine Stimme hinter mir erklang:
»Kann ich Ihnen helfen?«
Erschrocken wirbelte ich herum, hätte dabei fast meinen Karton mit all meinen Sachen fallengelassen, und versuchte mich seltsam windend, damit dieser nicht das Gleichgewicht verlor, wieder aufzurichten.
»Ich suche Teresa Lisbon«, brachte ich hinter zusammengebissenen Zähnen hervor, während die Frau mit den braun-schwarzen Haaren, den graublauen Augen und den schmalen Lippen mir half, den Karton zurück in meine Arme zu drücken, obwohl sie selbst einen Kaffeebecher festhielt.
»Das bin ich«, sagte sie, »und Sie sind dann SSA Kaitlyn Moore.«
»Genau«, sagte ich und richtete mich abrupt auf. »Ich würde Ihnen gerne die Hand reichen, Agent Lisbon, ist aber etwas – schwierig.«
Mit einem Grinsen winkte sie ab. »Kein Problem. Komm, stellen Sie Ihre Sachen ab, dann können wir uns unterhalten.« Sie öffnete Tür und trat als Erstes ein, während ich ihr folgte und dann nach ihrem Fingerzeig meine Sachen auf ihrer alte, bereits an manchen Stellen zerfetzte Couch abstellte.
»Setzte Sie sich«, forderte sie mich ab, so dass ich mich auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch niederließ.
Ich richtete mein zerknittertes Oberteil, während sie eine Akte öffnete.
»Ich denke 'SSA' steht nicht für Senior Special Agent, oder?«, fragte sie. Ihre Augen überflogen die Berichte in ihrer Akte, die höchstwahrscheinlich von mir handelten.
»Nein«, sagte ich mit einem Lächeln. »Supervisory Special Agent.«
»Der Rang eines FBI-Agents«, sagte Agent Lisbon und hob ihren Blick. Sie erwiderte mein Lächeln. »Das CBI spielt immer etwas anders. Sie wären hier nur Special Agent.«
Ich winkte ab. »Damit kann ich leben.«
Lisbon nickte und legte ihre Hände ineinander verschlossen auf ihren Tisch. Eine ernste Miene zierte nun ihr Gesicht. »Agent Moore, wie abgesprochen, werden Sie zunächst auf Probe bei uns arbeiten. Sie werden uns bei Fällen als Profiler zur Seite stehen.«
»Ich weiß«, sagte ich, »und auch damit kann ich leben.« Weiterhin lächelnd sah ich sie an, und da schlug sie die Akte zu und erhob sich mit einem leichten Schmunzeln.
»Gut, dann werde ich Sie nun mit dem Team bekannt machen.« Sie öffnete die Tür und blieb darin stehen, bis ich meine Sachen geholt hatte.
»Übrigens«, sagte sie, bevor wir losliefen, »ich will Sie im Vorfeld warnen, dass einer von ihnen etwas schwierig sein kann.«
»Und wer ist das?«, wollte ich wissen.
Ein gequältes Lächeln erschien auf ihren Lippen. »Am besten sollten Sie das selbst sehen.«
Ich folgte ihr in den Nebenraum, in welchem einige Schreibtische und Computer standen. Er war nicht besonders groß, eher sehr schmal und in die Länge gezogen. Durch die Fensterreihe hatte man einen Blick auf Sacramento.
»Rigsby, Cho, Van Pelt, das ist Agent Moore«, stellte Lisbon mich vor und deutete der Reihe nach auf die Leute, wobei es sich bei Agent Van Pelt um die rothaarige Frau aus dem Fahrstuhl handelte.
Agent Rigsby hingegen, der direkt neben mir von seinem Schreibtisch aufgesprungen war, als Lisbon und ich erschienen waren, war ein dunkelhaariger breitschultriger Mann. Während Lisbon genauso groß war wie ich, maß dieser Mann weitaus mehr Köpfe. Agent Cho war ein Mann mit strenger Miene, etwas kleiner als Rigsby und von asiatischer Abstammung.
Nacheinander reichte ich den drei Agents die Hand.
»Agent Moore ist Profilerin und wird ein paar Wochen mit uns arbeiten«, sprach Lisbon weiter.
»Keine Sorge, ist erst mal nur auf Probe«, sagte ich sofort, als ich wieder neben sie trat. »Sie brauchen keine Angst haben, dass ich sofort Ihre Gruppe aufmische.«
Auf Van Pelts Gesicht erschien ein Lächeln, auch Rigsby sah mich freundlich an. Cho zeigte keinerlei Emotionen.
»Meinten Sie nicht, dass es jemanden gibt, der etwas ... schwierig ist?«, raunte ich Lisbon zu.
»Ach, ja, das ist -«
»Patrick Jane.« Der Mann war so plötzlich und mit solch einer Leichtigkeit von dem braunen Ledersofa in der Ecke aufgesprungen, dass ich ihn für einen Moment erschrocken ansah. Ich hatte ihn zuvor überhaupt nicht gesehen, und nun, wie er so vor mir stand, mit den blond-gekräuselten, verwegenen Haaren, der aufrechten, galanten Haltung, der dunkelblauen Weste und dem breiten Grinsen ahnte ich, was die Frau meinte.
»Ich dachte, Sie haben mich vergessen, Lisbon«, sagte der Mann, während er auf mich zuging und mir die Hand reichte.
»Wie könnte ich Sie vergessen?«, hörte ich Lisbon leise murmeln, die ein genervtes Seufzen ausstieß.
»Kaitlyn Moore, richtig?«, fragte Patrick Jane mich.
»Woher wissen Sie -«, setzte ich an.
Augenblicklich ließ der Mann mich los und deutete auf Lisbon. »Ach, ich habe gehört, wie Lisbon mit Minelli über Sie gesprochen hat.«
»Sie haben mir nachspioniert?«, rief Lisbon aufgebracht und fassungslos zugleich.
»Ich habe zufälligerweise ein Gespräch aufgeschnappt, Lisbon. Sie müssen nicht gleich so laut werden.«
Ich sah, wie Van Pelt hinter Jane versuchte, ihr belustigtes Grinsen zu verstecken.
»Sie sind also Profilerin?«, fragte der Mann mich.
»Ja«, sagte ich, »und Sie sind?«
»Er ist Berater«, erklärte Lisbon, bevor Jane etwas sagen konnte. »Er verfügt über Fähigkeiten, die uns sehr nützlich sind. Manchmal.«
»Manchmal?«, rief Jane entrüstet. »Wie viele Fälle haben Sie dank mir gelöst, Lisbon? Seit ich hier bin, hat sich Ihre Quote deutlich verbessert.«
»Und was für Fähigkeiten sind das, wenn ich fragen dürfte?«, unterbrach ich das hitzige Gefecht, bevor es noch mehr ausartete.
»Ich sehe Menschen in die Augen und finde heraus, ob Sie Mörder sind«, erklärte Jane mit gefasster Stimme und sah nun mich mit einem durchdringenden Blick an.
Ich ließ mich davon nicht beirren und setzte ein leichtes Lächeln auf. »Dann sind wir uns sehr ähnlich. Ich sehe Opfer an und finde heraus, wer ihre Mörder sind.«
»Nein, Sie erstellen ein Profil«, sagte Jane und wandte sich ab. »Das ist etwas anderes. Sie glauben nur, zu wissen, wer der Mörder ist.« Er ließ sich wieder auf seiner Couch nieder.
»Und Sie wissen sofort bei jedem Menschen, ob er der Mörder ist oder nicht?«, hakte ich nach.
»Ja«, sagte Jane, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Sie sind sehr von sich überzeugt«, stellte ich fest.
»Das meinte ich mit schwierig«, sagte Lisbon an mich gewandt, bevor Jane antworten konnte. Dann trat sie hervor und deutete auf den Schreibtisch, der im Gegensatz zu den anderen in der Mitte stand und nicht rechts oder links an der Seite. »Das wird vorerst Ihr Arbeitsplatz sein. Jane, bitte räumen Sie Ihre Sachen zur Seite.«
»Das ist mein Schreibtisch!«, rief der Angesprochene sofort zum Protest.
»Sie sitzen kaum daran«, entgegnete Lisbon kopfschüttelnd.
»Ich kann auch woanders arbeiten«, sagte ich.
»Nein, Sie arbeiten hier«, beharrte die Frau und mit einem ernsten Blick, den wahrscheinlich jeden in die Knie gezwungen hätte, sah sie Jane an. »Wegräumen! Jetzt!«
Wahrscheinlich jeden, bis auf Patrick Jane, schoss es mir durch den Kopf.
»Wir teilen ihn uns«, sagte Jane, und Lisbon, die sich bereits zum Gehen umgewandt hatte, wirbelte herum.
»Sie teilen nie.«
»Heute schon.« Er erhob sich und schob einige Sachen zur Seite. »Ihre Hälfte, meine Hälfte. Sie dürfen einen eigenen Laptop benutzen und Ihre Tasse abstellen.«
»Oh, wie bescheiden«, sagte ich ironisch, aber schmunzelnd, und stellte meinen Karton auf die freie Fläche. »Danke.«
»Ah«, machte Jane nur und winkte ab. »Ich bin heute nur gut drauf.«
»Sonst nie?«, fragte ich und verzog verwundert das Gesicht.
»Hängt vom Tag ab«, erwiderte Jane und ließ sich auf sein Sofa fallen.
»Wie bei jedem.«
Jane grinste nur und beobachtete, wie ich meine Sachen ausräumte.
»Sie haben nichts Persönliches dabei. Kein Foto, keine Figur oder ein Stift mit besonderer Gravur.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung – und er hatte recht. Ich hatte nichts Persönliches bei mir.
»Sie auch nicht«, sagte ich und deutete auf seine Gegenstände. »Weder ein Foto noch eine Figur noch einen Stift mit besonderer Gravur.«
Jane kniff die Augen zusammen und musterte mich prüfend. »Sie versuchen etwas aus Ihrer Vergangenheit zu verdrängen, deswegen haben Sie nichts mitgebracht.«
»Oder aber ich trenne Privatleben und Arbeit bewusst auf«, erwiderte ich locker.
»Nein«, meinte Jane selbstsicher, »Sie sind nicht der Typ für dieses strenge 'Ich trenne Privatleben und Arbeit'.« Während er das sagte, hob er die Hände und verstellte um ein paar Tonlagen nach oben, als wäre es etwas Lächerliches.
»Stimmt«, sagte ich, »denn ich habe gar kein Privatleben.« Ich grinste keck und ließ mich an meinem neuen Arbeitsplatz nieder. Den leeren Karton stellte ich neben mir auf den Boden. »Damit es fair bleibt«, ich sah ihn an, »Sie haben keine persönlichen Dinge hier zu stehen, weil Sie in Ihrer Vergangenheit einen schwerwiegenden Verlust erleben mussten.«
Augenblicklich erstarb Janes Lächeln und mit ernster Miene sah er mich an. »Das müssen Sie nicht anhand meiner Sachen ablesen. Sie müssen nur meinen Namen im Internet eingeben und Sie wissen, was passiert ist.«
»Das werde ich heute Abend tun«, sagte ich ebenso ernst, »aber glauben Sie, wenn ich Ihnen sage, dass ich Ihren Namen noch nie zuvor gehört habe.«
Jane kniff die Augen zusammen. »Ich glaube Ihnen«, er erhob sich, »aber nur, weil Sie nicht älter als fünfundzwanzig sind und in Ihrer Vergangenheit Ihre Zeit mit Ihren eigenen Problemen verbracht haben, als sie mit meinen zu verschwenden.«
Ohne den Blick von mir zu wenden, umrundete er den Tisch und lief auf den Ausgang zu. »Wollen Sie einen Tee?«
»Nein, danke«, sagte ich zerknirscht und da wandte er sich ab und ging ohne ein weiteres Wort davon.
Ich wusste, dass er seinen Triumph, mich mit seinen Worten getroffen zu haben, genoss.
Lisbon hatte recht. Er war schwierig – und es würde noch schwieriger werden, das wusste ich bereits jetzt.
1839 Wörter
Hey, Leute! Lange wurde danach gefragt und nun ist es endlich da - das erste Kapitel zum zweiten Teil meiner Criminal-Minds-FF. Als ich die Serie "The Mentalist" geguckt habe, habe ich beschlossen, mehrere dieser Krimi-Serien in ein Universum zu packen. Keine Sorge, die BAU wird nicht in Vergessenheit geraten!
Ich hoffe, euch gefällt das erste Kapitel! Was haltet ihr von dem Aufeinandertreffen von Kate und Jane? Ein Mentalist und ein Profiler - das kann ja was werden. Was, denkt ihr, wird die beiden erwarten?
Ich werde gleich noch ein Kapitel hochladen, ansonsten werde ich wahrscheinlich im Wochen-Takt uploaden.
Für alle, die sich wundern - ich habe Kates Alter geändert. Sie ist mittlerweile schon 26. Es hat sich so ergeben, weil sonst alles mit der Ausbildung usw. keinen Sinn ergeben hätte. Außerdem habe ich mich mehr mit dem FBI usw. im Rahmen meiner eigenen Story "Wenn das Schicksal Schach spielt" damit auseinandergesetzt, weswegen das so nun logischer ist. Falls ihr Lust auf eine Krimi-Story habt, könnt ihr sie auf meinem Zweitaccount @ jule_writer lesen.
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