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Weglaufen oder bleiben

Leifs Stimme dröhnt in meinen Ohren und nichts daran ist noch unauffällig. Sie ist kommandierend und sie lässt mir keine Wahl.

Nicht, dass ich nicht trotzdem versuchen würde, dagegen anzukämpfen. Tränen laufen mir über die Wangen und jetzt verstehe ich, wie das Bild von geisterhaften schwarzen Witwen zustande kam.

„Bring mich weg von hier!", schreie ich Leif an. „Ich will hier nicht bleiben, ich wollte das alles gar nicht wissen, ich will hier weg!"

„Du kannst hier nicht weg!" Seine Stimme übertönt meine mühelos. „Du hast dich darauf eingelassen, als du in meinen Wagen eingestiegen bist, du bist einen Handel eingegangen, Miriam. Du kannst dich ihm nicht entziehen, weil dir gerade nicht mehr danach ist, weil es ein bisschen unbequem geworden ist!"

Er streckt die Hand aus und deutet auf das Gebäude.

„Geh wieder da rein und stelle dich dem, was du erfahren wolltest!"

Ich weine immer noch, aber ich gehorche. Ich stolpere rückwärts und behalte Leif im Auge, vielleicht, weil ich Angst habe, dass er mir folgt. Mein Instinkt sagt mir, dass ich ihm gerade nicht den Rücken zukehren darf.

Aber ich kann nicht zurück gehen, kann das Zimmer meiner Mörderin nicht noch einmal betreten. Stattdessen taumele ich in Noahs Raum.

Der Junge, der mir einmal alles bedeutet hat, ist nicht da, wo ich ihn erwartet hätte. Stattdessen sitzt er direkt hinter der Tür, die Knie an die Brust gezogen und den Kopf gegen den Türrahmen gelehnt.

Jetzt geht mir auf, dass er wahrscheinlich versucht hat, zu Sina zu kommen, als er sie hat schreien hören. Als ich ihr Zimmer in seine Einzelteile zerlegt habe. Blöd für ihn, dass ich die Türen verriegelt hatte.

Ich trete an Noah heran und mustere ihn. Ihm kann ich noch vertrauen. Immerhin kann er mich nicht auch ermordet haben.

Die Wut zieht aus meinem Körper, als wäre sie zum Trocknen in die Sonne gelegt worden.

Ich frage mich, ob er spürt, dass ich da bin.

Vorsichtig strecke ich die Hand nach Noah aus, aber jetzt, wo er wach ist, kann ich ihn nicht mehr berühren. Es sind die Gesetze der Geisterwelt. Wenn ich mehr will, müsste ich zu einem Echo werden.

Eines von der Art, wie es sich noch immer in diesem Haus aufhält. Aber ich bin ja da. 

Echte Stille kehrt ein.

Noah und ich starren uns an. Er hat den Kopf zur Seite gedreht und ich weiß, dass er mich nicht sehen kann. Aber vielleicht kann er mich spüren und der Gedanke lässt eine Wärme in mir aufsteigen, die zumindest in meinem Geisterdasein unbekannt für mich war. Vielleicht kann ich hierbleiben. Wenigstens für heute Nacht.

„Hi", flüstere ich ein zweites Mal, in der Hoffnung, dieses Mal mehr Glück damit zu haben, mich an einen der Lebenden zu binden.

Noah antwortet allerdings nicht. Natürlich nicht. Einen weiteren Kommunikationsversuch unternehme ich nicht. Das hat sich als zu kompliziert herausgestellt. Stattdessen versuche ich ein weiteres Mal, die Hand nach Noah auszustrecken, aber wieder stoße ich auf die unsichtbare Wand, die die Welt der Lebenden von den Toten trennt.

Ich bin dennoch so konzentriert auf diesen Versuch, dass es mich unerwartet erwischt, als Noah aufsteht. Ungelenk rappele ich mich auf. Wo will er hin? Solange er hier ist, kann ich wenigstens versuchen, ihn vor dem Echo zu beschützen.

Noah öffnet die Tür und schleicht über den Flur, direkt zu Sinas Zimmer. Ich bleibe wie angewurzelt im Rahmen stehen. Ich kann da nicht wieder rein. Unter gar keinen Umständen.

Aber noch weniger kann ich Noah gerade allein lassen – oder auch mich selbst – also folge ich ihm.

Sina packt gerade mit zitternden Händen etwas von dem Chaos zusammen, das ich hinterlassen habe. Wein klebt an ihren Händen wie Blut. Ihr Anblick lässt meine Geistergliedmaßen taub werden vor Wut, lässt mich am Türrahmen innehalten und sie mit meinen Blicken durchbohren.

Ihre Augen sind tränenrot, als sie aufblickt und Noah erkennt. Sie erstarrt und senkt dann nach einer Weile den Kopf wieder.

„Was ist passiert?", fragt er.

„Nichts, das du mir glauben würdest", erwidert sie kühl. „Geh wieder schlafen."

„Ich habe mir Sorgen gemacht."

Sina hält bei ihren Aufräumbemühungen inne. Langsam hebt sie den Blick wieder, die Augen leer. „Hast du nicht. Du hast doch höchstens gehofft, mich vielleicht bald los zu sein."

Noah presst die Lippen zusammen.

Ich warte einfach auf der Türschwelle. Nach dem, was ich vorher in Sinas Zimmer erfahren habe, erscheint mir Noahs Reserviertheit seiner Schwester gegenüber in einem neuen Licht. Wie muss es sein, mit derjenigen zusammen zu wohnen, die schuld am Tod der Freundin ist?

„Das habe ich nicht", erwidert Noah jetzt. Eine Weile starren sich die Geschwister an. „Lass mich dir helfen", fügt er schließlich hinzu.

Nein. Nein, das ist das Letzte, was er jetzt tun sollte. Er sollte wieder zurück in sein Zimmer gehen, dorthin, wo ich mir sicher war, ihn beinahe erreichen zu können. Sina hat seine Aufmerksamkeit nicht verdient. Ich brauche ihn gerade mehr als sie.

Aber ich kann mich nicht rühren, kann dem Ganzen keinen Einhalt gebieten, so gerne ich es auch möchte.

Noah bleibt nicht lange, richtet den Notenständer auf und ordnet einige Hefte auf Sinas Tisch, bevor er sich wieder in sein Zimmer zurückzieht.

Meine Gefühle sind in Aufruhr. Ich glaube, ich habe gerade den Beginn einer Versöhnung erlebt. Aber wenn sie sich versöhnen, was ist dann mit mir? Ich bin doch immer noch hier.

Noah drückt die Tür hinter sich ins Schloss und lässt sich mit einem tiefen Seufzen auf sein Bett sinken. Er starrt auf den Türknauf und auf einmal verstehe ich, was geschehen ist. In dem Moment, als er Sina schreien hörte, ohne, dass er zu seiner Schwester gekonnt hätte ... da hatte er verstanden, was er noch verlieren könnte.

Es ist also meine Schuld, wenn sie anfangen, die Schlucht zu überbrücken, die mein Tod zwischen ihnen aufgerissen hat. Ich lasse mich an der Tür zu Boden rutschen, in die gleiche Position, in der ich Noah zu Beginn angetroffen habe. Er wird mich so schnell nicht loswerden. Ich bin hier, um zu bleiben.

Die Weltkarte an der Wand raschelt.

Ich weiß nicht, ob ich unbewusst wieder einmal einen Windstoß heraufbeschworen habe oder ob an der Stelle des Hauses einfach ein bisschen Durchzug herrscht, aber es reicht, um Noahs Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Er wendet den Blick von der Tür ab und geht zu der Wand hinüber, die von unseren gemeinsamen Träumen eingenommen wird.

Noah hebt die Hand und fährt mit den Fingern die Linien ab, als hätte er ihre Form beinahe schon vergessen, aber doch nicht ganz. Als hätte seine Hand die Linien eigentlich in felsenfester Erinnerung, so wie man sich immer an die Form der Wohnung erinnert, in der man aufgewachsen ist.

Ich trete neben Noah und lege meine Hand ebenfalls auf die Karte. Ich glaube nicht, dass ich weinen kann. Ein tieferes Gefühl der Trauer hat von mir Besitz ergriffen, eines, das ich nicht genau benennen kann, aber ich glaube nicht, dass ich bei ihm mit einigen Tränen Abhilfe verschaffen kann. Es nistet sich in meinem Bauch ein und ich fürchte, es ist gekommen, um zu bleiben.

Als ich nun in Noahs Gesicht blicke, eine Hand noch immer auf der Karte, kann ich in seinen Augen noch einen Hauch dessen erahnen, was mich damals von einer Zukunft hat träumen lassen. Die Lebensfreude, die Erwartung, dass die Welt keinem von uns etwas anhaben kann, weil wir jung und stark sind und uns niemals kleinkriegen lassen. Wie haben wir uns so täuschen können? Wie konnte es passieren, dass wir auf so brutale Weise eines Besseren belehrt werden mussten?

Ich wünschte, ich könnte Noah in die Arme schließen, ihm noch einmal sagen, was er mir bedeutet, und doch weiß ich gleichzeitig, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist. Ich habe eben gesehen, was mich erwartet, wenn ich versuche, Kontakt zu der Welt der Lebenden aufzunehmen.

Dann wendet sich Noah mir zu. Er schaut mich direkt an und ich bin mir fast sicher, dass er mich sieht, dass er spürt, wie sehr ich mich nach ihm sehne, der Sicherheit, die er mir immer gegeben hat. Wie seit dem ersten Mal, als wir uns gesehen haben.

Schließlich blickt er wieder nach vorne. Streckt sich und hängt die Weltkarte ab.


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