Kapitel 5
Es dämmerte bereits, als ich den schönen Teil der Stadt verlies. Ein Schauer lief mir über den Rücken.
Überall waren schwarze Schatten, die mich zu beobachten schienen. Sie trieben mich an schneller und schneller zu laufen, so lange, bis ich begann zu rennen.
Die Gassen wurden dunkler und schon bald hatte ich die Orientierung verloren.
Ich konnte nicht mehr.
Immer wieder schürfte ich mir meine Arme auf, wenn ich gegen eine Steinwand taumelte.
Ein widerlicher Eisengeschmack dominierte meine Sinne und ich merkte, wie meine Kräfte schwanden. Ich keuchte vor Anstrengung.
Woher kam jetzt der verdammte Nebel?
Ich stolperte - und prallte gegen eine Wand. Eine Sackgasse! Ich fluchte und drehte mich um. Schwarzer, dichter Rauch kroch unaufhörlich auf mich zu. War das nicht eben noch Nebel gewesen?!
Ich wich noch ein wenig zurück. Meine eiskalten Hände krallten sich in die Mauer hinter meinem Rücken.
Bildete ich mir das nur ein, oder nahm der schwarze Rauch immer mehr Form an? Die Form - eines Menschen?!
Es wirkte fast so.
Panisch schrie ich auf, und sah mich nach einem Fluchtweg um. Da war eine Tür! Ich stürzte darauf zu und rüttelte daran. Doch ich wurde ignoriert, es ertönte nur ein hämisches Lachen, ähnlich dem meines Onkels.
Ich merkte, wie die konstante Panik mich den Verstand verlieren lies.
Die Schattengestalt drängte sich näher und näher, mein Rücken stieß gegen einen Stein und ich spürte, wie die Wunden erneut aufrissen. Erneut schrie ich schmerzvoll auf, Hände streckten sich nach mir aus, kamen immer näher ...
,,Sam!"
{pw}
Pock Pock, ein schüchternes Klopfen lies mich genervt von meinem Buch aufsehen. Wer störte mich denn noch um diese Uhrzeit?!
Ich seufzte und stand auf, lief zur Tür und versuchte, nicht ganz so unfreundlich auszusehen.
Überrascht blickte ich auf ein kleines Menschlein, wohl einer der neuen Erstklässler, mit verwuschelten Haaren und einem Quidditch Schlafanzug.
Ich zog eine Augenbraue hoch.
,,Wie kann ich dir helfen?"
Das Mädchen näselte an ihren braunen Haaren herum und sagte:
,,Tut mir Leid, Sie zu stören ... aber Samantha Smith aus meinem Zimmer ... naja, ich glaube sie hat einen ganz schlimmen Albtraum. Ich habe versucht, sie zu wecken, aber es hat nicht geklappt. Und ...", sie stockte kurz. ,,Sie blutet ganz stark."
,,Ich komme."
Mit einem Schlenker des Zauberstabs löschte sich das Licht in meiner Wohnung und folgte der jungen Schülerin zum Schlafzimmer der Erstklässler aus Slytherin.
Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit. Was war mit Samantha?
[TW]
Doch egal, was ich mir vorgestellt hatte, das hatte ich nicht erwartet. Smith zuckte unruhig in ihrem Bett, das Laken hatte einige rote Flecken, die im fahlen Mondlicht, das durch das Fenster schien, gut sichtbar waren. Auf der Stirn des Mädchens standen Schweißperlen.
Einen Moment stand ich wie vom Donner gerührt da und starrte auf das Spektakel, das sich mir bot. Dann ging ich langsam zu ihr.
Meine Gedanken rasten, ich versuchte die nächsten Schritte zu planen.
Am besten wäre es wohl, wenn ich die Krankenschwester weckte und herführte. Am angenehmsten für das Mädchen, nicht von ihrem Lehrer behandelt zu werden.
Auf der anderen Seite sah sie wahrlich nicht gut aus, Samantha brauchte so schnell es ging eine Behandlung - und bis Madam Pomfrey hier eingetroffen war würde einiges an Zeit verstreichen.
Zeit, die wir nicht hatten.
Innerlich seufzte ich und fokussierte mich erneut auf das Problem. Erst einmal musste die Schülerin aufwachen und einen beruhigungs- wie Schmerztrank einnehmen. Dann die Wunde(n?) reinigen und heilen.
,,Hole einen nassen Waschlappen", wies ich ihre blasse Freundin an. Diese eilte sofort los, offensichtlich froh, das Zimmer verlassen zu können.
Ich rüttelte sanft an der Schulter des Mädchens, vergeblich.
,,Miss Smith", sprach ich sie an, doch auch darauf reagierte sie nicht.
Mein Blick glitt über ihren Körper, auf der Suche nach ihrer Wunde. Ich wurde zu schnell fündig. Eine rote Spur zog sich über ihr T-Shirt, an ihren Armen konnte ich etliche Narben und wieder aufgeplatzte Verletzungen sehen. Das arme Kind ...
[TW Ende]
,,Professor, hier ist der Waschlappen."
Ich nickte wortlos und legte den kühlen Stoff auf die glühende Stirn. Samantha zuckte kurz zusammen, erwachte jedoch nicht.
,,Miss Smith", rief ich sie zum wiederholten male, noch immer ohne Reaktion.
,,Samantha!" Langsam wurde ich verzweifelt.
,,Sam!"
Schlagartig öffnete sie die Augen.
Sturmblau.
Ich kannte diese Augen. Nur ... woher?
Sie sahen hektisch aus, verletzt.
Forsch schob ich meine Gedanken zur Seite, sie waren in diesem Moment völlig belanglos.
,,W-wo bin ich?", fragte sie mit zitternder Stimme.
,,In Hogwarts. Du hattest einen schlimmen Albtraum ... ", antwortete das Mädchen neben mir. Ich ärgerte mich, dass ich ihren Namen vergessen hatte.
Smith rieb sich die Stirn, als hielte sie der Traum noch immer in seinen Fängen und sie könne ihn dadurch vertreiben.
Als sie ihre Hand wieder sinken lies, zuckte sie zusammen.
Ich muss ihre Wunden versorgen.
Also stand ich auf und sagte: ,,Wartet kurz, ich hole etwas für deine Wunden."
{pw}
Als Professor Snape gegangen war, seufzte ich und lehnte mich wieder zurück. Na toll. Jetzt war eingetreten, was ich unbedingt hatte verhindern wollen: Die Ersten wussten von meinem wahren Zustand. Dem psychischen wie dem physischen.
Richtig toll gemacht, Sam.
Warte.
Hatte Snape mich nicht gerade eben nicht auch Sam gerufen? Woher kannte er meinen Spitznamen?!
,,Hey ...", begann Ari in diesem Moment und unterbrach meine wilden Gedanken. Ich sah auf. Meine Freundin kaute auf ihrer Unterlippe und sah mit ihren aufgerissenen Augen ein wenig wie ein aufgeschrecktes Reh aus. Und ich war dafür verantwortlich.
Ich nickte und schüttelte den Kopf zugleich.
,,Schon ok." Ich versuchte ein Lächeln.
Ari sah so unsicher aus.
Und nichts war ok.
Aber daran hatte ich mich bereits gewöhnt. Sie musste sich also keine Sorgen machen.
Ich komme schon klar, sagte ich mir. Auch, wenn ich tief in mir wusste, dass das nicht stimmte.
Doch Ari nickte verstehend. Ich wollte nicht darüber sprechen.
Noch nicht.
So saßen wir schweigend da, hingen unseren Gedanken nach und warteten.
Als Professor Snape wiederkehrte, hatte er viele Phiolen dabei, in denen ich Heiltränke vermutete.
Er sah mich an und ich seufzte leise. Ich warf einen hilfesuchenden Blick zu Ari, doch sie verzog das Gesicht und formte mit den Lippen; ,Sorry'.
Laut sagte sie: ,,Ich kann kein Blut sehen."
Na toll.
Sie stand auf, warf mir einen entschuldigenden Blick zu und verlies das Zimmer. Jetzt war ich alleine mit Snape.
Der hob seinen Zauberstab und augenblicklich war mein Schlafanzug sowie mein Bettzeug wieder rein.
,,Darf ich deine Wunden behandeln?"
Innerlich wand ich mich. Doch andererseits mussten die Wunden ja verheilen. Also gut. Vorsichtig nickte ich und zog mir mein Oberteil über den Kopf. Ich sah dem Professor nicht in die Augen, ich wollte den Schock nicht sehen.
Ich wusste genau, was er nun sah: ein zu dünnes Mädchen, bei dem die Rippen rausstachen, Narben und Wunden in allen Größen über den Körper verteilt. Scham überkam mich.
Doch der Lehrer wendete sich wortlos den Heiltränken zu. Diese stellte er auf das Nachtschränkchen ab.
Als erstes gab er mir eine kleine Phiole. ,,Gegen die Schmerzen", fügte er erklärend hinzu. Ich nahm sie ihm ab und trank sie in wenigen Zügen aus.
Die Wirkung kam sofort. Meine Muskeln entspannten sich und das schmerzhafte Brennen am Rücken lies nach.
Stattdessen kehrte die Müdigkeit mit aller Macht zurück und ich schloss erschöpft die Augen.
Die Welt um mich herum wankte und eine Gänsehaut lag auf meinem gesamten Körper.
Da, wo der Zauberstab entlangfuhr, kribbelte es, als sich die Wunden zusammenzogen. Die Heilsprüche, die Snape dabei murmelte klangen kompliziert und ich fragte mich, wo man solche lernen konnte.
Aber irgendwie interessierte mich die Antwort doch nicht, sie verschwand im Hintergrund und im nächsten Moment hatte ich sie vergessen. Mein Kopf war leer, irgendwie schien alles gerade unwichtig zu sein ...
Nach einiger Zeit, ich konnte nicht sagen, ob es sich um Minuten oder Stunden handelte, schraubte Snape eine Salbe zu und räusperte sich.
Während der Behandlung hatte er kaum ein Wort gesagt, was ich ihm nicht verübelte. Im Gegenteil - ich hatte erwartet, dass er mich schon eher auf meine Narben angesprochen hatte. Doch zu meiner großen Verwunderung (und Freude) tat er es auch jetzt nicht.
Stattdessen stand er auf und sagte: ,,Wenn du nicht darüber reden möchtest, Samantha, musst du nicht. Wenn aber wieder etwas sein sollte, zögere nicht, zu mir zu kommen. Gute Nacht."
Er schritt zur Tür und öffnete diese.
,,Danke."
Meine Stimme klang kratzig und heiser, als hätte ich ewig nichts mehr gesagt. Doch ich meinte es von Herzen.
Der Lehrer hielt inne und ich könnte schwören, dass er lächelte.
Dann lies ich mich zurück in mein Bett fallen und war schon im nächsten Moment eingeschlafen.
{pw}
Obwohl ich todmüde war, konnte ich keine Ruhe finden. Ich wälzte mich in meinem Bett hin und her, versuchte, das eben erlebte zu verarbeiten.
Doch meine Gedanken zu ordnen war mir heute unmöglich.
Wie konnte ein so unschuldiges Kind wie Sam nur so zugerichtet sein? Woher kamen all diese Narben?
Und ohne, dass ich etwas dagegen tun konnte, kamen Bilder in mir hoch.
Bilder, die ich seit langer Zeit erfolgreich unterdrückt hatte.
[TW]
,,Komm sofort her, Bastard!"
Das war die Stimme von Tobias Snape, die dumpf von den staubigen Wänden des kleinen Hauses widerhallten. Mein früheres Ich zitterte unkontrolliert, als es einen Fuß vor den anderen setzte, den verhassten und doch so vertrauten dunklen Flur entlang schlich, eine Hand in seinen Pulli gekrallt.
Es kostete ihn einiges an Überwindung, die Tür zum Wohnzimmer zu öffnen. Die Panik machte seine Sicht verschwommen, er fühlte sich, als würde er die Hölle betreten. Und trotzdem ging er weiter, trat ein in das Zimmer. das Zimmer.
Es war nur spärlich beleuchtet, eine einzige, schmierige Öllampe spendete ein wenig Licht in der trostlosen Finsternis.
Nur schemenhaft erkannte ich meinen Vater in einem Sessel sitzen, eine angebrochene Flasche Conac in der Hand.
Seine Mum stand neben der Tür, legte ihm ihre kühle Hand auf die Schulter. Er konnte ihr die Angst und Verzweiflung ansehen. Unter ihren Augen lagen tiefe Schatten, ihre Wangenknochen stachen markant heraus und über ihrer eingefallenen Wange erkannte er eine Tränenspur.
Er hob seinen Kopf und blickte zu seinem Vater, der ihn feindselig ansah. Wie in Zeitlupe stand er auf, kam auf ihn zu getorkelt. Er konnte seine Alkoholfahne immer besser riechen, musste den Impuls unterdrücken den Kopf abzuwenden oder gar die Nase zuzuhalten. Er hob die Hand -
[TW Ende]
Mit aller Gewalt öffnete ich die Augen, mein Herz schlug rasend schnell.
Mit geweiteten Augen starrte ich an die Decke, versuchte, meine Atmung wieder in den Griff zu bekommen. War es möglich, dass Samanthas Vater sie auch misshandelte?
Ich drehte mich auf die andere Seite. Dort, vom Nachttisch aus, sah mich das Bild von Katherina mit sanftem Blick an. Meine Katherina.
,,Oh Kathy", wisperte ich. Was sollte ich nur machen?
Hello Friends,
ich hoffe ihr seid nicht allzu getriggert?
Ich gebe zu das war ein ... schwieriges Kapitel. Auch für mich zu schreiben, aber es hat mir trotzdem irgendwie Spaß gemacht xD
Das nächste Kapitel bleibt dafür wieder recht ruhig und friedlich :)
Bis dann <3
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