Kapitel 11
Kisames Blick war steinhart. Sakura sah ihm in die Augen und zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er dachte wohl, sie würde unter seiner Bedrohlichkeit zusammenknicken, aber sie hatte schon weitaus Angst einflößendere Dinge gesehen, als einen ungeduldigen Hai.
"Du wirst also nichts sagen?", schlussfolgerte Kisame aus ihrem Schweigen.
Sie saßen nun schon seit geschlagenen fünfzehn Minuten in diesem ekeligen, kalten 'Verhörraum' und die beiden Akatsuki Mitglieder versuchten irgendwie herauszufinden, was Sakura alles wusste.
Natürlich wussten sie, dass Sakura vieles wusste, immerhin war sie Sakura Haruno, Schülerin von Tsunade und Kakashi, engste Verbündete von Naruto Uzumaki, diejenige, die Sasori bezwungen hatte. Sie wussten aber auch, dass Sakura verdammt dickköpfig und äußerst unkooperativ sein konnte.
Also hatte sie sich mit verschränkten Armen auf ihrem Stuhl zurückgelehnt und starrte die beiden Männer auf der anderen Seite des Metalltisches emotionslos an.
"Ich weiß auch nicht. Irgendwie fühle ich mich heute nicht so nach reden." Sakura zuckte mit den Schultern. Sie verwandelte dieses Verhör schon seit besagten geschlagenen fünfzehn Minuten in eine nette Plauderrunde, die für zwei Shinobis wie Sasuke und Kisame nur Zeitverschwendung gewesen wäre, wenn sie nicht so dringend etwas aus Sakura herausbekommen wollen würden.
Es lag auf der Hand, wer hier wen an der Leine hatte. Die beiden Jungs fingen schon an, rot zu werden — nun ja, Sasuke jedenfalls — weil Sakuras Gleichgültigkeit sie an den Rand des Wahnsinns zu treiben schien. Gut so.
Und weil Sasuke Uchiha nicht anders konnte, musste er natürlich im nächsten Schritt zur Gewalt greifen.
"Müssen wir dir wirklich erst weh tun?!", drohte er und Sakura hätte fast belustigt geschnaubt, wenn sie nicht so tun würde, als wäre sie heute das genervte, trotzige Mädchen, dass sie an ihre Unfähigkeit erinnerte.
"Oh, bitte, Sasuke." Sakura verdrehte ihre Augen und seufzte. "Wenn du mir den Kopf immer wieder an irgendwelche Wände schlägst hilft dir das auch nicht. Stell dir vor nächstes mal hab ich eine Gehirnerschütterung. Was machst du dann?"
"Warten, bis du dich geheilt hast und dann wiederhole ich das ganze, bis du mir sagst, was ich wissen will", erwiderte er mit einer Kälte in der Stimme, die Sakura fast einen Schauer über den Rücken gejagt hätte. Aber nur fast. Sie wusste immerhin, dass das hier ein Raum voller Lügner und Schauspieler war.
Jede knallharte Fassade, jeder bedrohliche Blick, jede kalte Drohung — es war alles nur gespielt. Sie brauchten Sakura lebend und Sakura versuchte nur ihr unterschwelliges Unbehagen zu überspielen. Selbstverständlich hatte sie Angst. Sie saß mit zwei der gefährlichsten Männern der Welt an einem Tisch. Wer keine Angst hätte war ein überheblicher Idiot.
Aber die Gefahr zu erkennen war nur der erste Schritt, Sakura musste natürlich auch wissen, wie sie am besten damit umging. Es ging also wieder in die Psychologie. Sie kannte die Schwächen mindestens einer der beiden Männer vor ihr. Der andere war nur eine zweitrangige Bedrohung.
"So viel Zeit hast du nicht", sagte sie an Sasuke gewandt.
"Ich kann ziemlich geduldig sein."
Es sagte eine Menge über die Wahrheit dieser Aussage aus, dass beide, Sakura und Kisame, zur gleichen Zeit schnaubten.
"Tut mir leid. Fragt morgen nochmal, vielleicht bin ich dann gesprächiger", entgegnete Sakura. Sie zuckte mit den Schultern und schlug die Füße unter dem Tisch übereinander.
Ihre Gleichgültigkeit traf genau den Nerv, den sie hatte treffen wollen. Sakuras Reaktion auf Sasuke war ihm von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen, doch nun vor Kisame, dem ehemaligen Partner seines Bruders, war Sasuke noch reizbarer.
Er stand so abrupt auf, dass sein Stuhl fast nach hinten übergekippt war. Seine Hände schlugen auf die Metallplatte des Tisches auf und als er sah, dass Sakura nicht mal geblinzelt hatte, verfestigte sich seine Wut.
"Vielleicht frage ich einfach nächsten Monat nochmal, dann bist du ganz sicher gesprächiger."
Er wollte es also erneut mit Isolationshaft versuchen. Gut, dass Sakura dieses Spiel auch spielen konnte.
"Du willst also wirklich noch ein paar alte Lieder hören, was?"
"Was ich hören will, sind Informationen über Naruto."
"Wie schon gesagt, damit kann ich nicht dienen, hab ihn eine ganze Weile nicht mehr gesehen." Sie zuckte erneut mit den Schultern.
"Vielleicht sollten wir dich einfach verhungern lassen", zischte Sasuke und lehnte sich noch weiter über den Tisch. Wenn sie gerade sitzen würde, könnten ihre Nasenspitzen sich nun berühren.
"Wenn ich tot bin, kann ich dir auch nichts mehr erzählen. Und du bekommst es mit so ziemlich jeder Person aus Konoha und einigen ziemlich wütenden Freunden aus anderen Dörfern zu tun."
"Und warum sind all deine Freunde dann nicht schon längst hier, um dich zu retten?"
Sakura setzte sich auf und stoppte ihren Kopf nur Zentimeter von Sasukes entfernt. "Weil sie darauf vertrauen können, dass ich zu ihnen zurückkomme."
Die beiden starrten sich für eine halbe Ewigkeit schweigend an. Es war die nächste Runde in ihrem stillen Machtkampf. Sasuke lehnte noch immer ein klein wenig über Sakura, sodass sie ihren Kopf leicht in den Nacken legen musste, damit ihre Augen sich trafen.
Sie hatte das leichte Zucken in seinen Augen gesehen, dass er nun durch seinen zornigen Blick zu verstecken versuchte.
Ihr letzter Satz hatte voll ins Schwarze getroffen, aber er hatte auch viel über Sakura selbst verraten. Über ihre Bitterkeit, ihre Verletztheit in dieser Nacht vor all den Jahren. Das kleine Mädchen, das er damals zurückgelassen hatte, war noch immer irgendwo in ihr und manchmal stahl sie sich aus ihrem gut behüteten Versteck, tief in Sakuras Verstand, und ließ ihn ihre Enttäuschung spüren.
"Ich unterbreche eure kleine Diskussion, so unterhaltsam sie auch sein mag, ja nur ungern, aber ich muss heute auch noch woanders hin", ertönte plötzliches Kisames Stimme und katapultierte Sakura und Sasuke wieder zurück in den moderigen Kellerraum.
Sie ließen sich gleichzeitig nach hinten fallen, als hätte ihre Nähe ihnen einen plötzlichen Stromschlag verpasst. Sakuras Herz raste, ihre Hände war ein wenig zitterig, sodass sie sie in ihrem Schoß verstecken musste, aber Sasukes Unbehagen war doch der Höhepunkt dieses Verhörs.
"Oh, bitte. Lass dich von mir nicht aufhalten", wand Sakura sich an Kisame, ihr Blick verließ Sasuke jedoch nicht, der nun an der Wand neben der Tür lehnte und aussah, als wolle er am liebsten im Stein versinken. So viel Abstand zwischen ihnen wie möglich.
"Du sagst also wirklich nichts?" Kisame versuchte es noch ein letztes Mal und erntete ein desinteressiertes Schulterzucken von Sakura. Welchen Grund hatte sie schon, ihnen auch nur Narutos Lieblingsfarbe zu verraten? Sie hatten nichts gegen sie in der Hand.
Kisame rappelte sich ächzend von seinem Stuhl hoch und nickte Sakura zum Abschied zu. "Schön, dann sehen wir uns morgen wieder. Anders als Sasuke bin ich nämlich wirklich sehr geduldig."
Mit fünf langen Schritten hatte er seinen Stuhl umrundet und stand nun neben Sasuke, um die dicke Stahltür zum Flur zu öffnen. Sakura überlegte, wie sie den beiden Idioten hier wohl am besten vermitteln könnte, dass sie hier nicht die Zügel in den Händen hielten.
Sakura mochte ihre Gefangene sein, doch im Grunde sollten sie nicht vergessen, wen sie hier vor sich hatten und dass sie freiwillig in diesem feuchten, mit Flecken verdreckten Raum saß.
"Sie waren wegen dir in Konoha, nicht war?"
Sasuke horchte auf. Kisame, der den Türgriff schon in der Hand hatte, drehte sich schlagartig um. "Was?"
"Dein Schwert", erklärte Sakura. "Man sagte, du wärst tot, aber anscheinend bist du es nicht. Ich weiß einiges über den menschlichen Körper und konnte es mir nicht erklären, aber... mit seinem Schwert zu verschmelzen ist eine wirklich gute Tarnung."
Ihre Reaktionen hätten fast Sakuras Fassade fallen lassen. Sasuke stieß sich von der Wand ab, als würde er erst jetzt die Gefahr erkennen, die er vor sich hatte. Kisame versuchte seine Emotionen im Griff zu behalten, doch es war eindeutig, dass sie ihn beeindruckt hatte.
"Woher wusstest du es?", wollte Kisame wissen.
"Deine Haut. Und dein Chakra. Ich habe viele Stunden über diesem Ding gehangen, um es zu analysieren und deine Haut zeigt noch immer Spuren von der Textur. Das mit dem Chakra werde ich gar nicht erst versuchen zu erklären, das versteht ihr sowieso nicht", erklärte sie mit gelangweiltem Unterton. Sasuke war schon immer ein talentierter und fähiger Ninja gewesen, doch Sakura hatte schon immer das bessere theoretische Verständnis von Macht gehabt. Das eine, das sie mit den anderen beiden Mitgliedern von Team 7 auf eine Stufe gehoben hatte, selbst vor ihrem Training unter Tsunade.
Kisame entfuhr ein belustigtes Schnauben. Er sah erst für einen Moment auf die Tischplatte, dann sah er zwischen Sasuke und Sakura hin und her, als würde er nach einer Verbindung suchen, die man mit blossem Auge nicht sehen konnte.
Dann schnaubte er erneut und blieb beim Verlassen des Raumes noch einmal neben Sasuke stehen. "Du solltest ihren Kopf vielleicht wirklich nicht mehr gegen Wände schlagen." Sein Blick ruhte ein letztes Mal auf Sakura. "Sie ist verdammt brillant."
Und mit diesen Worten fiel die Tür hinter ihm zu und ließ die beiden allein in dem schummerigen Licht mit einem dünnen, kleinen Metalltisch zwischen ihnen zurück.
"Nur weil du diesen Nichtsnutz am Harken hast, macht dich das noch lange nicht brillant", murmelte Sasuke von seinem Platz neben der geschlossenen Tür aus.
Sakuras Augenbrauen schossen hoch. Sie dachte, sie wäre dumm und lebensmüde, doch das hätte nicht einmal sie sich in seiner Position getraut. Kisame würde sich eine Beleidigung dieser Art von einer Feindin oder Gefangenen vielleicht noch gefallen lassen, doch von einem zweitklassigen Aushilfsmitglied, der nur wegen dem Ruf seines Bruders hier mitmachen durfte? Gefährlich.
"Wenn du so über deine Freunde redest, wie redest du dann erst über deine Feinde?", gab Sakura zurück. Ihre Arme waren erneut vor ihrer Brust verschränkt und sie hatte nicht das Bedürfnis, sich angesichts der Machtverhältnisse in diesem Raum auch nur das kleinste bisschen eingeschüchtert zu zeigen.
Diese Aussage gerade machte es nur umso offensichtlicher für Sakura, dass auch Sasukes Selbsterhaltungstrieb sich mehr und mehr zurückentwickelte. Niemand, der einhundertprozentig an seinem Leben hing, würde so unachtsam damit umgehen, wie Sakura und Sasuke. Mit dem Unterschied, dass Sakura lieber sterben würde, als ihre Freunde oder ihr zuhause zu verraten und Sasuke einfach nur lieber sterben würde.
Ein einleuchtender, aber auch sehr schwerer Gedanke. Eine Erklärung für viele seiner Entscheidung.
"Du hörst dich selbst sehr gern reden, oder?" Sasukes Stimme war nur noch ein müdes Krächzen.
"Besser mich als dich", antwortete Sakura wahrheitsgemäß. "Alles, was du jemals zu mir sagst sind irgendwelche Drohungen."
Es brach erneut Schweigen zwischen ihnen aus, eine gefährliche und überaus unschöne Gewohnheit, die sie sich da angewöhnt hatten.
Jedes Mal, wenn Sasuke aufhörte zu reden, verwandelten Sakuras Gedanken sich in ein Karussell aus Vermutungen und Mutmaßungen. Sie wollte unbedingt wissen, was in seinem Kopf vor sich ging. Es war zum Haare raufen, wie wenig sie wirklich über ihn herausfinden konnte.
Das einzige, was sie mit Sicherheit wusste war, dass nach jedem Schweigen etwas geschah, als hätte Sasuke einen mentalen Kampf ausgefochten und war seinen Gedanken schließlich doch erlegen.
Sakura fragte sich, wie sich das ganze wohl in seinem Kopf abspielte. Gab es zwei Seiten, die ständig aneinander gerieten? Debattierten sie über Sakuras Zukunft oder ihre Vergangenheit? Und wer gewann wohl, wenn Sasuke schließlich wieder den Mund öffnete und etwas sagte wie:
"Ich könnte dich mit einer Bewegung töten."
War es die gute Seite, die ein 'werde' in ein 'könnte' verwandelte? Oder war es die böse Seite, die ununterbrochen nur über Sakuras Tod sinnierte?
Sie hatte diese Drohung nun schon viel zu oft gehört, als auch nur mit einem Seufzer zu reagieren.
"Ich werde dich nicht aufhalten", entgegnete sie stattdessen mit einem standhaften Blick in seine müden Augen.
Der mentale Kampf forderte noch immer eine Menge von ihm. So viel, dass er es noch immer nicht über sich bringen konnte.
Sasuke stieß sich also von der Wand ab, machte ein paar Schritte auf den Tisch zu und platzierte erneut seine Hände auf die Tischplatte. Diesmal gewollt distanziert von Sakura.
"Steh auf. Wir gehen zurück."
Doch so einfach würde Sakura ihn noch nicht vom Harken lassen. Eine letzte Frage hatte sie noch, auf dessen Reaktion sie schon die ganze Zeit gespannt war. Sie selbst hätte nämlich keine Antwort darauf.
"Wieso?", fragte sie und lehnte sich ihm ein wenig entgegen. "Hältst du es hier allein mit mir nicht aus?"
Sasukes Kiefer zuckte, als würde ihm die Antwort schon auf der Zunge liegen, doch statt sie zu äußern, verließ er sich erneut auf seine effektivste Taktik. Stille.
Und das war alles, was Sakura wissen musste.
"Schon gut, für heute bin ich fertig." Mit einem Ächzen stand sie auf und ließ sich von Suigetsu zurück auf ihr Zimmer bringen.
Das beruhigende Gefühl von Befriedigung sollte sie nach diesem Gespräch für die nächsten Tage nicht mehr loslassen.
•
Hey meine Lieben,
Eigentlich bin ich gerade mitten in der Klausurphase, aber dann bin ich heute morgen mit Fieber aufgewacht, also kann ich die nächsten beiden Klausuren nächste Woche so ziemlich vergessen.
Pech für mich, gut für euch. Jetzt hatte ich nämlich endlich Zeit ein Kapitel zu schreiben.
Ich hoffe, euch geht's gut und euch gefällt die ff soweit.
Love you,
cxrxlnxx22
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