Kapitel 1
Der Mond schien in seiner vollen Gänze am dunklen Nachthimmel, während Sakura und Naruto müde seufzten und sich die Augen rieben.
Die Straßen waren so gut wie leer, so lange hatte ihr Treffen mit Kakashi und Tsunade gedauert. Es brannten nur noch vereinzelt Lichter in Fenstern und Laternen. Wenn kein Vollmond wäre, hätten sie sicher ihre eigenen Füße nicht gesehen.
Es herrschte eine angespannte Stille zwischen Sakura und Naruto. Sie wollte auf keinen Fall die erste sein, die etwas sagte, doch er schien noch nicht die richtigen Worte gefunden zu haben, um das, was sie auf ihrer letzten Mission erlebt hatten, zu beschreiben.
Ihre Schuhe knirschten weiter auf der ruhigen Straße, eine Eule und Grillen waren das einzige, dass ihr Schweigen durchbrach. Irgendwann seufzte Naruto und drehte den Kopf leicht zu seiner Teamkollegin. "Meinst du echt, er hätte Karin erledigt, wenn du nicht da gewesen wärst?" Seine Stimme war leise und dünn. Vollkommen unnatürlich für Naruto Uzumaki, doch sie konnte es ihm nicht verübeln.
"Ich weiß nicht, was ich noch denken soll", gestand sie und seufzte.
Natürlich war es auch für Sakura ein Schock gewesen, Sasuke in diesem Zustand zu sehen. Er war so von Wut und Rache zerfressen gewesen, dass sie ihn fast nicht wiedererkannt hätte. Doch es hatte sie nicht komplett überrascht. Nicht so wie Naruto. Irgendwie bekam er es auch nach allem, was passiert war, immer noch hin, das beste in Sasuke zu sehen.
Er schüttelte vehement den Kopf. "Das klingt nicht nach Sasuke. Das würde er nicht tun. Das weiß ich ganz genau."
Sakura nahm einen tiefen Atemzug und sah hoch zu den Sternen. Es klang ziemlich genau nach Sasuke, wenn man ehrlich war. Manchmal war sie sich nicht sicher wie gesund es für Naruto war, dass er sich so sehr an dieses veraltete Bild seines Freundes klammerte.
Der Junge, der sie damals zurückgelassen hatte war nun zu einem jungen Mann herangewachsen, der nichts mehr mit seinem jüngeren Ich zu tun hatte. Er war im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen gegangen, um der zu werden, der er heute war.
"Du hast ihn doch selbst gehört, er will sich rächen. Und wenn Akatsuki ihm dafür die beste Möglichkeit gibt..."
Naruto blieb abrupt stehen und sah sie an, als hätte Sakura ihm ins Gesicht geschlagen. "Sag sowas nicht! Er würde doch nie-"
"Er hat seinen eigenen Bruder umgebracht!", rief sie. Wenn er nicht von selbst aufwachte, musste sie ihn halt dazu zwingen. "Und Danzō! Und vergiss nicht, was bei dem Treffen der fünf Kage war. Wer weiß wie viele ihm noch zum Opfer gefallen sind, von denen wir nichts wissen."
"Willst du etwa sagen, wir sollen ihn aufgeben? Wir sollen ihn einfach behandeln wie jeden anderen Kriminellen? Er ist unser Freund!"
Ein Licht ging in dem Haus an, vor dem sie stritten. Sakura beäugte es mit einem Seitenblick und biss dann die Zähne zusammen. Es brachte gar nichts nachts mitten auf der Straße herumzuschreien. Sie würden nur die Bewohner dieser Straße aus dem Schlaf reißen.
"Naruto, ich sage nur, dass du langsam mal aufwachen solltest! Wer sagt, dass du nicht wie Killer B oder Gaara endest, wenn du ihm das nächste Mal begegnest? Er wollte uns umbringen. Und nicht nur einmal", zischte sie zurück.
"Er weiß nicht, was er da tut-"
"Du auch nicht!", gab sie zurück. Es war, als hätte Naruto eine Augenbinde auf wenn es um Sasuke ging — und die könnte ihm schnell zum Verhängnis werden. "Du bist naiv, wenn du ihn unterschätzt. Ja, vielleicht können wir ihn irgendwann wieder zurückholen. Aber bis dahin ist er eine Gefahr!"
"Er würde uns nicht ernsthaft verletzen. Er belügt sich selbst", sagte Naruto und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sakura schüttelte den Kopf und setzte sich wieder in Bewegung. Es brachte nichts ihn zu zwingen, auf sich selbst aufzupassen. Naruto war noch nie besonders gut darin gewesen, auf andere zu hören.
"Das werden wir wahrscheinlich früh genug herausfinden", murmelte sie schließlich.
Sie hörte Narutos Schritte hinter sich her trotten und ging erneut in sich. Schon seit Tagen — seit ihrem letzten Aufeinandertreffen mit Sasuke — hatte sie ein beklemmendes Gefühl in ihrer Brust, das heute Nacht nach der Einsatzbesprechung nur noch schlimmer wurde. Egal, wie sie es drehte und wendete, diese Stille gefiel ihr nicht.
Nicht nur die zwischen ihr und Naruto, sondern die Ruhe der letzten Tage in der gesamten Stadt. Sie hatte schon versucht mit Kakashi zu sprechen, mit Shikamaru — der es ähnlich sah wie sie — und Yamato. Doch bevor nichts passierte, konnten sie auch nichts tun. Sie konnten sich einzig gut vorbereiten und abwarten.
Schließlich drehte sich Sakura doch wieder zu Naruto und sah ihm ernst in seine blauen Augen. "Mir gefällt das alles nicht. Er schmeißt mit Drohungen herum und dann geschieht nichts? Wenn er sich etwas in den Kopf setzt, schiebt er es normalerweise nicht auf."
Der Kampf nach Danzōs Tod spielte sich in Dauerschleife in ihrem Kopf ab. Jedes kleinste Detail, jedes Wort und jede Bewegung, die Sasuke gemacht hatte. Er wollte Rache für seine Familie, für seinen Bruder. Und diese richtete sich eindeutig gegen Konoha.
Seine Immunität gegen Gift, das Mangekyō Sharingan, seine Bereitschaft zu töten — wäre Sakura an diesem Tag nicht rechtzeitig gekommen, hätte er Karin getötet. Nur um es ihr hinterher abzuverlangen.
"Vielleicht hat er es sich anders überlegt", seufzte Naruto.
Sasuke geriet außer Kontrolle. Sakura war schon immer die rationalste in Team 7 gewesen, doch das musste sogar Naruto langsam merken. Sie war bereit ihm eine Menge zu verzeihen, eine Menge Verständnis aufzubringen, doch selbst Sakuras Vergebung war begrenzt. Und genauso Kakashis. Ab einem gewissen Zeitpunkt würde er seinen ehemaligen Schüler nicht mehr einfach so durchwinken und es auf die Trauer schieben.
Sakuras Meinung nach hätte das schon viel früher geschehen müssen — spätestens nach der fünf Kage Konferenz —, doch Danzōs Tod hätte endgültig den Geduldsfaden reißen lassen müssen.
Der Gedanke gefiel ihr nicht, aber vielleicht hatte Sakura darauf gehofft, dass Kakashi endlich richtig durchgreifen würde. Wenn sie ehrlich mit sich war hatte sie ihr Limit langsam erreicht, doch es war schwierig sich gegen Sasuke auszusprechen, wenn beide, Naruto und Kakashi, immer noch seinem Geist hinterher jagten.
Wenn Kakashi derjenige war, der den ersten Schritt gegen Sasuke unternahm, konnte sie nicht mehr die böse sein.
Während sie sich anschwiegen kamen Naruto und Sakura an zig Plätzen vorbei, die uralte Erinnerungen wachriefen. Der Frau in diesem Haus hatten sie Medikamente aus dem nächsten Dorf abgeholt. Dem Kind aus diesem Haus war einmal die Katze entwischt und sie hatten sie finden müssen.
Hier hatten sie zusammen Mittag gegessen. Dort hatten sie einmal fast zwei Stunden auf ihren Sensei gewartet.
Sie blieben vor einer Bank stehen und sahen auf das verwitterte Holz hinunter. Ganz im Anfang von Team 7, als eine C-Mission noch die größte Aufregung der Woche gewesen war, hatten sie sich morgens manchmal hier getroffen, um noch ein paar Stunden zu trainieren bis Kakashi endlich auftauchte.
Ein Schniefen riss Sakura aus ihrer tiefen Erinnerung. Sie drehte den Kopf leicht nach rechts und schaute einer Träne dabei zu, wie sie Narutos Kinn heruntertropfte.
"Ich mach mir was vor, oder? Er kommt nicht mehr zurück", flüsterte er.
Was hätte sie darauf antworten sollen? Die Wahrheit war, dass sie genau das glaubte. Schon seit Monaten. Deswegen hatte sie auch mit dem Gedanken gespielt, sich ihm anzuschließen, vielleicht wäre sie so irgendwann zu ihm durchgedrungen. Von allein würde er sicher nicht mehr den Weg zurückfinden.
Doch ihren besten Freund so verzweifelt zu sehen machte ihr das Herz schwer. Sie konnte ihm nicht sagen, dass sie schon vor Monaten innerlich die Hoffnung verloren hatte. Ihn anzulügen war jedoch auch keine Lösung.
"Manchmal sind die besten Absichten der Welt einfach nicht genug", erwiderte sie schließlich. Sie konnten um ihn kämpfen so lange sie wollten, doch wenn Sasuke es nicht zuließ, dass sie ihn retteten, hatten sie einfach keine Chance. Man konnte niemanden zwingen sich helfen zu lassen.
Naruto drehte sich ruckartig von der Bank weg und wischte sich energisch die Tränen weg. "Das ist doch alles Zeitverschwendung!", sagte er. "Fast vier Jahre laufe ich einer Erinnerung hinterher und merke einfach nicht, wann ich verloren habe!"
"Freundschaft und Hoffnung sind niemals Zeitverschwendung, Naruto. Vergiss das nicht." Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter.
Es mochte ein wenig heuchlerisch klingen, doch für Zeitverschwendung hielt Sakura das ganze wirklich nicht. Sie persönlich hätte nur einfach schon viel früher aufgegeben. Und wer wusste das schon genau? Vielleicht war es richtig von Naruto, immer noch weiterzukämpfen wo andere sich schon längst zurückgezogen hätten.
Naruto drehte sich zurück zu Sakura und sah sie mit einem Blick an, den sie nur sehr selten auf seinem Gesicht sah. Verzweiflung. Trauer. Hilflosigkeit.
"Aber wie soll ich ihn dazu bringen wieder nach Hause zu kommen? Egal, was wir sagen, er hört einfach nicht zu."
"Er will nicht zuhören. Für ihn ist es leichter uns zu hassen, als sich der Wahrheit zu stellen", sagte Sakura. Sie blickte hinunter auf ihre Schuhe. "Ich denke, dass er furchtbar einsam ist."
"Dann muss er doch erst recht wieder zurückkommen." Naruto klang so unsagbar niedergeschlagen, dass Sakura am liebsten mitgeweint hätte. Seine Stimme war nur ein Flüstern.
Sie sah wieder hoch zum Mond. Diese Nacht hatte eine seltsam vertraute melancholische Atmosphäre. Etwas sehr trauriges lag in der Luft. Die Nacht, in der er sie verlassen hatte...
"Man kann niemanden dazu zwingen, Liebe zuzulassen", flüsterte Sakura.
Sie schwiegen wieder. Naruto merkte wohl auch, dass sie an einen Punkt gelangt waren, der sie heute Nacht nicht mehr weiterbringen würde. Trübsal zu blasen würde Sasuke weder zurückbringen, noch seine Pläne offenbaren.
Sakura setzte sich wieder in Bewegung, weg von der Bank und den Erinnerungen, die sie runterzogen. Kurz darauf folgte Naruto ihr.
Nach einer Weile seufzte er und sprach erneut. Diesmal klang er nicht mehr tief traurig, sondern als würde er fast panisch eine Lösung finden wollen. "Ich wünschte nur, einer von uns würde zu ihm durchdringen", sagte er.
Naruto war nicht hilflos. Er wusste nicht, wie man verlor. Für ihn musste immer ein Grund oder eine Lektion in allem stecken. Bis er diese nicht gefunden hatte, konnte er auch nicht abschließen.
Manchmal bewunderte Sakura diese Eigenschaft, heute Nacht war sie einfach nur müde und wollte nicht mehr weiter über Sasuke Uchiha diskutieren.
"Ich glaube, dafür bräuchten wir mehr Zeit als die paar Minuten bei einem Kampf", erwiderte sie und ließ den Blick wieder zu ihren Schuhen schweifen.
Plötzlich hörten die Schritte hinter ihr auf. Sakura blieb stehen und drehte sich mit zusammengezogenen Augenbrauen um.
Naruto sah ihr in die Augen, während er sprach. "Wie kannst du nur so stark bleiben?"
Sakura schnaubte. Sollte das witzig sein? Sein Gesicht ließ nicht darauf schließen, dass er spaßte, doch ernst konnte er diese Frage nicht meinen. "Ich? Stark? Bei unserer letzten Begegnung hab ich gezittert wie ein Blatt im Wind", sagte sie. Sie erinnerte sich nicht gerne an diesen schwachen Moment zurück. "Du musstest mich erst retten kommen."
"Meinst du, er hätte dir etwas getan?"
Hätte er? Ihr erster Gedanke war ein klares Ja, doch glaubte sie das wirklich? Oder war sie nur wütend und verletzt? Was auch immer es war, sie konnte auch nicht mit voller Überzeugung Nein sagen. In seinem Zustand traute sie Sasuke tatsächlich alles zu. Sogar sie zu vernichten. "Ich weiß es nicht. Und um ehrlich zu sein, ich will es nicht rausfinden", sagte sie schließlich.
Sie kamen an einer Kreuzung an, die ihre Wege für heute Nacht trennen würde. Naruto legte freundschaftlich seine Hand auf ihre Schulter. Das breite Grinsen auf seinem Gesicht zauberte auch ihr ein kleines Lächeln auf die Lippen. Das war der Naruto, den sie kannte.
"Dann sollten wir ihm nächstes Mal gemeinsam gegenübertreten, echt jetzt!" Er drückte Sakuras Schulter und plötzlich überkam sie das starke Verlangen, ihn in ihre Arme zu schließen. Sie hatten es beide nötig.
Sakura legte ihre Arme um seinen Oberkörper und drückte ihn für einen kurzen Moment so fast an dich, dass er ein kleines Husten von sich gab. Das war ihr Zeichen, ihn wieder loszulassen. Manchmal war es schwierig ihre Stärke unter Kontrolle zu behalten.
Trotzdem lächelte Naruto immer noch, als sie sich wieder in die Augen sahen.
"Gute Nacht, Naruto", verabschiedete Sakura sich.
Er winkte ihr ein letztes Mal zu und machte sich dann auf den Weg nach Hause. "Wir sehen uns morgen beim Training", rief er über seine Schulter.
•
Hey hey meine Lieben,
Guess who's back??
Ihr seht richtig, ich bin wieder da und hab euch eine neue Fanfiction mitgebracht.
Nachdem ich covid hatte und auch noch die Treppe runtergefallen bin, hatte ich eine Menge Zeit diese Geschichte auszuarbeiten und schon ein wenig für euch zu schreiben.
Ich hoffe, euch gefällt diese Story und sie wird so gut wie sie im Moment in meinem Kopf klingt.
Bleibt gespannt auf weitere Kapitel und habt alle eine schöne Woche xx
cxrxlnxx22
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