Epilog
Als Sakura an diesem Tag den Weg nach Hause bestritt, hatte sie noch nicht die geringste Ahnung von dem, was sie in den nächsten Wochen und Monaten erwarten würde.
Etwas großes hatte er es genannt. Ein Krieg. Er erschütterte die gesamte Welt, verlangte seinen Tribut von jedem und endete erst, als auch die Stärksten und Mächtigsten zitternd vor Erschöpfung zu Boden gingen.
Als Sasuke zum ersten Mal vor ihr auftauchte, sank Sakuras Herz in ihren Bauch. Bei dem Gedanken, sie müsste ihr Kunai erneut gegen ihn erheben, schossen ihr heiße, bittere Tränen in die Augen, doch sie versiegten schnell. Seine Augen suchten ihre, als wollte er ihr schließlich, nach all den Monaten, doch noch recht geben. Das hier war sein wahres Ich.
Er ließ sich von ihr in den Wahnsinn treiben, beschützte sie vor sich selbst und am Ende kam er immer zurück zu ihr.
Doch als der finale Kampf endlich ausgefochten war, die Bestien besiegt, die Geister vertrieben, die Zukunft gesichert, blieben nur noch sie selbst sich als größter Feind.
Sakura musste ihm nur eine Sekunde in die Augen sehen und wusste, dass er in sein eigenes Verderben rannte. Und Narutos. Ihre zwei liebsten Menschen — aber Naruto durfte das natürlich niemals wissen — und sie würden sich gegenseitig zerfetzen.
Ihre ehrlichen Gefühle sollten an diesem Tag ihre letzte Waffe sein, doch wie ein stumpfes Messer prallten sie einfach an Sasuke ab. Sie bereute ihre Worte nicht. Nicht mal als Sasuke sich zu ihr umdrehte, Mundwinkel leicht nach oben, müde Augen, gebrochenes Herz, und ihr die Besinnung raubte.
Im ersten Moment nach ihrem Erwachen hatte sie ihn umbringen wollen. Wie konnte er sie nach allem, was sie gemeinsam überlebt hatten, was sie für ihn getan hatte, immer noch so behandeln? Doch als Kakashi ihre schlimmste Befürchtung bestätigte und sie mit rasendem Herzen und ohne weiteren Gedanken zu verlieren zu ihnen rannte, dämmerte ihr sein Grund. Er hatte sie gut genug gekannt, um zu wissen, sie wäre ihnen gefolgt. Sie würde ihnen überallhin folgen.
Und als sie sie dort gesehen hatte, beide halb tot, nicht nur vor Erschöpfung, sondern wegen der Wunden, die sie sich gegenseitig zugefügt hatten, wäre sie fast schluchzend in die Knie gegangen.
Sie musste jedoch stark sein. Sie musste sie retten. Kein anderer würde es tun. So war es immer gewesen, so würde es immer sein. Es gab nicht vieles auf dieser Welt, auf das sie sich alle drei verlassen konnten, doch eines gab es: Team 7 würde am Ende immer wieder zueinander finden. Denn kein Orochimaru, kein Gott und kein Schicksal war stark genug, um sie ewig voneinander zu trennen.
Sakuras Augen flatterten auf und sie sah sich fast panisch im Dunkeln um. Ihre Hand ertastete einen harten Untergrund neben ihr und mit einem Mal beruhigte sich ihr Atem wieder.
Ihre ruckartige Bewegung hatte ein verschlafenes Knurren zur Folge und plötzlich spürte sie fünf weiche, sanfte Finger auf ihrem Handrücken.
"Warum bist du wach?", krächzte er in die Nacht hinein. Er war wahrscheinlich noch nicht wach genug, um sich am nächsten Morgen überhaupt an dieses Gespräch erinnern zu können.
"Ich hatte Angst, du wärst weg", flüsterte sie zurück.
Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, da Wahrheiten immer verheerendere Folgen hatten, als Lügen. Sich ihm so offen dazulegen war ein Vorschuss an Vertrauen, den sie nicht jedem gegeben hätte.
Die Finger verschwanden von ihrer Hand und stattdessen ertönte ein Rascheln. Sakura wurde sanft nach vorn gedrückt, bis sie halb auf ihm lag, Gesicht auf seiner Brust, Beine ineinander verschlungen. Sein noch verbliebener Arm legte sich fest um ihre Schultern und seine Finger geisterten auf ihrem bloßen Oberarm auf und ab, als würde er sie zum ersten Mal berühren.
"Ich werde niemals wieder gehen, ohne dir vorher Bescheid zu geben, versprochen", sagte er schließlich nah an ihrem Kopf.
Natürlich würde er gehen müssen, so wie sie auch. Der Krieg hatte so viel Schaden angerichtet, dass sie mit Aufträgen wortwörtlich überhäuft wurden. Sie würde ihn niemals aufhalten und er sie dafür auch nicht. Ein unausgesprochener Packt, der ihr Zusammenleben so viel einfacher machte.
Trotzdem war es wie kühlende Salbe auf einer brennenden Wunde, dieses Versprechen von ihm zu bekommen.
"Versprich mir auch, dass du immer wieder zurückkehrst", murmelte sie in den Stoff seines Oberteils.
"Das weißt du doch", gab er verschlafen zurück.
"Versprich es mir trotzdem."
"Versprochen."
"Ich liebe dich." Die Worte wanderten durch den Raum wie Blätter im Wind. Sie hatte sie nicht mehr gesagt, nachdem er sie das letzten Mal so lästig gefunden hatte, dass er ihr tatsächlich das Bewusstsein geraubt hatte. Es mochte im Großen und Ganzen nur zu ihrem eigenen Schutz gewesen sein, doch seine allzu vertrauten Worte nach ihrem Bekenntnis hatten trotzdem einen dunklen Fleck auf ihrem Herzen hinterlassen, der ihr nun das Atmen erschwerte.
Da war eine Angst in ihrem Hinterkopf, dass er ihre Liebe niemals würde haben wollen. Dass er sie in der nächsten Sekunde loslassen würde, seufzen würde und ihr ihre hartnäckige Naivität vorhalten würde.
Doch nichts von alldem geschah. Stattdessen nahm er einen tiefen Atemzug, sodass ihr Kopf auf seiner Brust sich hob und senkte und das langsame Pochen unter ihrer Wange nahm an Geschwindigkeit zu.
"Sag es nochmal", flüsterte er.
Sakura hob den Kopf und stellte ihr Kinn auf seiner Brust ab. Sie hatte durch den grellen Mond und eine wolkenlose Nacht die perfekte Sicht auf sein wunderschönes Gesicht. "Ich liebe dich", wiederholte sie und ein Lächeln zuckte über seine Gesichtszüge, das ein flatteriges Gefühl in ihrem Bauch hinterließ.
Seine Augen öffneten sich schließlich und er hob den Kopf so, dass ihre Blicke sich trafen. Für einen Moment studierte er einfach schweigend jeden Zentimeter ihres Gesichts und sie ließ es zu. Stille musste nicht immer angespannt und unangenehm sein, manchmal war sie so friedlich wie eine Nacht voller Sterne am Himmel.
"Ich hab gelogen", murmelte Sasuke und der Friede löste sich vor Sakuras Augen in nichts als blanke Panik auf. Diese Intimität zwischen ihnen war noch so frisch, so fragil, jedes Wort würde sie zerstören können und gelogen war wie ein Hammer im Porzellanladen.
In seinem Blick lag jedoch nichts als pure Bewunderung für jeden einzelnen Zug ihres Gesichts. Manchmal sah er sie an, als hätte er sie noch niemals vorher gesehen und jedes Mal breitete sich in ihrem ganzen Körper eine wohlige Wärme aus. Diesmal war es nicht anders. Was auch immer er ihr gleich eröffnen würde, es war nichts, worüber er sich allzu große Sorgen zu machen schien.
"Egal, wie oft ich sage, du bist nervig, es ist immer eine Lüge. Deine Worte sind das einzige, was mich bei Verstand hält." Nichts auf dieser Welt konnte wohl jemals so schön klingen, wie seine verschlafene, gefühlvolle Stimme, die ihr mitten in der Nacht solche wunderbaren Sachen gestand.
Sakuras Mund formte sich zu einem zufriedenen Grinsen und sie legte ihren Kopf wieder auf seiner Brust ab. Sein Arm um ihrer Schulter drückte einmal fest zu und sie rutschte noch ein wenig näher an ihn heran.
Er fühlte sich so gut an, jeder Teil von ihm, von Kopf bis Fuß. Sie passten zueinander, als wären sie genau hierfür gemacht worden. Sakura liebte alles an ihm, sogar seine Lügen, die sie ab jetzt immer würde durchschauen können.
"Ich liebe dich, Sasuke", flüsterte sie erneut und wartete gespannt darauf, wie sein Körper reagierte.
Es würde wohl noch seine Zeit dauern, bis er die Worte selbst würde aussprechen können, doch sein Herz konnte nicht lügen. Sakura schloss die Augen und hörte mit einem Prickeln auf der Haut dabei zu, wie es fast die doppelte Geschwindigkeit annahm, als sie die Worte aussprach.
Sein Arm drückte sie erneut höher zu sich und sie spürte zwei weiche Lippen auf ihrer Stirn, die ihr ein Gefühl von Geborgenheit boten, wie nichts anderes auf dieser Welt.
Mit dem Kopf auf Sasukes Brust, seinem Arm um ihren Schultern und seinem Puls in ihrem Ohr schlief Sakura wieder ein. Es war das letzte Mal, dass sie nachts aufschreckte und ihn suchte. Von dieser Nacht an musste sie nie wieder Angst davor haben, er könnte einfach verschwunden sein.
Und selbst als er kurze Zeit später das Dorf wieder verließ, klang sein Versprechen noch immer nach. Er würde immer zu ihr zurückkehren.
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