Von Gutenachtgeschichten, Musikinstrumenten und grünen Augen
Passend zu dem neuen Cover, kommt heute auch noch einmal ein neues Kapitel. Die männliche Sicht fällt mir immer etwas schwerer, deswegen entschuldige ich mich schon einmal im Voraus dafür, wenn ich Dinge nicht richtig vermitteln kann. Ich bin auch nicht hundertprozentig zufrieden, aber ich dachte, dass ich es euch trotzdem nicht vorenthalten möchte. Und jetzt viel Spaß beim lesen.
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Elijah point of view
Okay, okay. Konnte ich bitte noch einmal ein Stück zurückspulen? Denn ich verstand überhaupt nicht, wie das hatte passieren können. Nachdem ich den Rotschopf offensichtlich mit meinen Worten verletzt hatte und so den kurzen schönen Moment, der sich zwischen uns angebahnt hatte, sofort wieder zerstört hatte, war wieder eisiges Schweigen zwischen uns gewesen. Anhand der Seitenblicke die ich Leya immer wieder heimlich in unbeobachteten Momenten zugeworfen hatte, konnte ich feststellen, dass sie in einen sehr intensiven Gedankengang vertieft gewesen war. Sie hatte immer wieder die Stirn in Falten gelegt und auch sonst ein sehr abwechslungsreiches Mienenspiel zur Schau gestellt. Als mir irgendwann der Magen in den Knien gehangen hatte und ich es wirklich nicht mehr aushalten konnte, hatte ich es schließlich gewagt das angespannte Schweigen zwischen uns zu brechen und Leya eine Pause vorzuschlagen. Okay, ich hätte vielleicht etwas höflicher sein können, aber der Rotschopf hatte das Ganze ja auch nicht auf sich sitzen lassen und mir ordentlich Kontra gegeben. Dann hatten wir das zum Glück nicht ganz so abnormale Essen ausgepackt und hatten uns dabei von Sissys nervigen Geplapper beschallen lassen müssen. Zugegeben, dass was sie uns erzählt hatte mag vielleicht nicht ganz uninteressant gewesen sein, aber von der Stimme und ihrem Lispeln bekam ich Kopfschmerzen. Und dann waren wir an der Stelle angelangt, an der ich den Überblick verloren hatte. Die Hologrammbotschaft die wir von Elias und Tamara zugespielt bekommen hatten. Ich hatte meinen Ohren zuerst nicht trauen können, als ich verstanden hatte was Leya da kaum wahrnehmbar neben mir gehaucht hatte, als der Gefangene hereingebracht worden war. Ich meine, wer sollte auch erwarten, dass sie ihn nicht nur kannte, sondern ihm auch noch so nahestand. Klar, aus der Sicht von Cara und Marc machte es sicherlich Sinn uns beide, bzw. eigentlich ja nur Leya mithilfe von emotionalem Druck zu erpressen, aber der Mann sah nicht so aus, als säße er erst seit gestern da unten. Aber wir beide waren erst seit gestern unterwegs, also wie sollte dieser Mann, der aussah als wäre er schon ewig nicht mehr an der frischen Luft gewesen ihr Vater sein? Mal abgesehen davon, war er offensichtlich wahnsinnig geworden – anders konnte ich mir den zusammenhangslosen Unsinn, der da seinen Mund verlassen hatte nicht erklären. Welcher Vater erzählte seiner Tochter denn so einen Unsinn, wenn er die Möglichkeit hatte ihr irgendeine Botschaft zuzukommen lassen? Gut, wäre mein Vater an dieser Stelle gewesen, hätte er mir wahrscheinlich nur gesagt, was für ein nutzloser Bastard ich wäre, aber das war ja nicht die Regel. Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass sich gar nicht mitbekommen hatte, was um mich herum passierte. Leya schien so etwas wie einen Nervenzusammenbruch zu haben, denn sie hatte sich ganz klein gemacht und wiegte sich hin und her. Ihr Atem ging hektisch und abgehackt und ihre Augen waren auf etwas in weiter Ferne gerichtet. Hilflos sah ich sie an. Verdammt! Ich hatte keinerlei Erfahrung mit sowas. Sollte ich ihr tröstend über den Rücken streichen, wie ich es bei meiner kleinen Schwester tat, wenn sie mal wieder einen schlechten Tag hatte? Oder irgendwas Beruhigendes sagen? Fluchend zwickte ich mir einmal in die Nase. Diese Unentschlossenheit und Unsicherheit konnte sie jetzt auf jeden Fall nicht brauchen. „Leya?“, fragte ich zaghaft. Doch sie reagierte nicht auf mich – sie schien mich noch nicht einmal wahrzunehmen. Meine Unruhe stieg, doch ich ignorierte sie und versuchte mich nicht von ihr beeinflussen zu lassen. „Hey, Leya, sieh mich an“, versuchte ich es noch einmal - dieses Mal mit deutlich kräftiger, doch sie reagierte immer noch nicht. Okay, scheiß auf keine Panik, das war echt unheimlich. „Leya, verdammt noch mal! Sieh mich an“, rief ich panisch und endlich bekam ich eine Reaktion. Sie wandte ihren Kopf in meine Richtung, doch sie sah mich immer noch nicht richtig an. In ihren Augen lag ein leerer, stumpfer Ausdruck, den ich so noch nie an ihr gesehen hatte. Ich kannte sie wütend, berechnend, kalt, verletzt, beherrscht oder abweisend Aber das hier war nichts von allem. Sie sah irgendwie kaputt aus. Und das machte mir eine Heidenangst. „Scheiße, was ist los mit dir?“, rutschte es mir heraus und ich könnte mich in den Hintern treten dafür. Wieso funktionierte die Verbindung zwischen Gehirn und Mund bei mir eigentlich nie? Doch an Leyas Ausdruck änderte sich rein gar nichts. Nicht der Hauch irgendeines Etwas flackerte in ihren Augen auf. Ich war schon drauf und dran in wirkliche Panik zu geraten, als plötzlich in mir etwas Klick machte und ich mit einem Mal ganz ruhig wurde. Plötzlich wusste ich was ich zu tun hatte. „Okay, Leya. Du bist gerade irgendwo, wo du feststeckst. Ich werde versuchen dich dort herauszuholen. Konzentrier dich einfach auf meine Stimme, okay? Wenn du mich hören kannst, nicke bitte einmal“. Meine Stimme klang ruhig, aber eindringlich und auch wenn ich mich wunderte, wo diese Worte herkamen – ein Teil von mir schien es für ganz natürlich zu halten, als wäre das etwas, das zu mir gehören würde. Leyas Körper war immer noch angespannt und zusammengekauert und auch ihr Blick ging noch ins Leere, aber trotzdem war eine Kopfbewegung erkennbar, die man als Nicken deuten konnte, also beschloss ich weiterzumachen und dem Teil meines Körpers, der zu wissen schien, was er zu tun hatte, die Führung zu überlassen. „Gut. Konzentriere dich auf deine Atmung, befahl ich ihr. Komm wir atmen jetzt zusammen. Ein und aus. Ein und aus“. Unter normalen Umständen wäre ich mir in diesem Moment wahrscheinlich ziemlich bescheuert vorgekommen, aber gerade zählte einfach nur, dass ich wieder irgendetwas in Leyas Augen sehen wollte, um mich zu vergewissern, dass sie wieder bei mir war. Ich merkte wie sich ihre Atmung langsam wieder regulierte, aber ihre Hände hatten sich immer noch in ihre Arme gekrallt und sie sah mich immer noch an ohne mich zu sehen. „Leya, gib mir deine Hand“, forderte ich sie mit möglichst sanfter Stimme auf und streckte ihr meine Hand entgegen. Vielleicht würde es ihr ja helfen wieder im Hier und Jetzt anzukommen, wenn sie sich an etwas realem hier festklammern konnte. An etwas das im Kontrast zu ihren Gedanken stand. Als Leya allerdings nicht auf meine Bitte reagierte, kam wieder die Unsicherheit in mir hoch. Sollte ich ihre Hand einfach trotzdem nehmen? In Anbetracht der Tatsache, dass sie vor jeglicher Berührung von mir bisher zurückgezuckt war, schien mir das nicht die schlauste Idee zu sein. Allerdings fiel mir auf die Schnelle keine andere bessere Idee ein, wie ich sie am besten wieder aus ihren Gedanken zurückholen konnte. Ich musste es versuchen! „Ich werde jetzt deine Hand nehmen“, informierte ich sie, um sie wenigstens vorzuwarnen. Als meine warmen Finger ihre kalten berührten, die immer noch in ihren Arm gekrallt waren, zuckte sie zusammen, aber sie rutschte nicht weg oder verhinderte sonst irgendwie diese Berührung. Möglichst behutsam löste ich nacheinander ihre Finger von ihrem Arm und nahm ihre Hand dann in meine. Ihre Finger waren kalt und schweißig, aber trotzdem kam ich nicht umhin zu bemerken wie perfekt ihre Hand in meine passte. Und endlich bekam ich eine richtige Reaktion von Leya. Ein Ruck lief durch ihren Körper und eine deutlich sichtbare Gänsehaut lief ihren Arm hoch. Entgeistert starrte sie auf unsere miteinander verschränkten Hände, ganz so als fragte sie sich, wie ihre Hand in meine gelangt war. Dann wanderte ihr Blick wieder hoch zu meinem Gesicht und sie betrachtete mich forschend. Unter ihrem prüfenden Blick fühlte ich mich unwohl und wandte meinen Blick ab. „Alles wieder in Ordnung bei dir?“ , fragte ich ohne sie anzusehen. Erst als ich merkte wie sie ihren Blick ebenfalls wieder abwandte, traute ich mich sie wieder richtig anzusehen. Sie räusperte sich, aber trotzdem klang ihre Stimme ein wenig belegt, als sie mir antwortete. „Ja, ich... es geht schon wieder“, murmelte sie und ließ ihre eine Hand nach oben wandern um eine ihrer Locken um ihren Finger zu wickeln. Ein Räuspern, das von irgendwo unten kam, ließ uns beide zusammenfahren und ertappt auseinandersprengen, wobei sich unsere Hände auseinander lösten. Es war Elias, dessen Hologramm immer noch aus dem Teiki in die Höhe ragte. Verdammt! Hatte er etwa alles mitbekommen? „Ich will euch beide ja wirklich nicht stören, aber wir müssen dringend besprechen, was wir in dieser Sache unternehmen wollen“. Irrte ich mich oder hatten gerade eben ganz kurz seine Mundwinkel gezuckt, bevor er zu den ernsten Sachen übergegangen war? Ich sah zu Leya hinüber, doch sie hatte ein Pokerface aufgesetzt und ließ sich absolut nicht anmerken, was sie dachte. „Wir müssen meinen Vater da rausholen!“, sagte sie entschlossen. Ich schnaubte. „Und wie stellst du dir das Ganze vor? Wir marschieren da – wo auch immer das sein mag – einfach hin und verlangen, dass man uns ihr Druckmittel gibt oder was?“. Leya funkelte mich böse an. „Natürlich nicht. Ich habe ja selbst keine Ahnung okay? Aber feststeht, dass wir meinen Vater schnellstmöglich befreien müssen. Wer weiß, wie lange er diese Exmagikadingsbums noch durchhält!“. „Exmagikasitation“, korrigierte Elias sie und fügte hinzu: „Eine der schlimmsten Foltermethoden überhaupt in dieser Welt. Dabei wird das Zentrum, in welchem die Magie ihren Ursprung hat angezapft und die Magie wird entzogen. Das ist sowohl körperlich als auch seelisch extrem schmerzhaft und über einen längeren Zeitraum hinweg kann es auch lebensbedrohlich werden. Man muss schon extrem grausam sein, um jemanden mit dieser Methode zu foltern“. Elias verzog das Gesicht zu einer Grimasse und schüttelte sich, als wollte er den Gedanken daran von sich weisen. Leya neben mir war ganz blass geworden und hielt sich ihre Hand vor ihren Mund und ich unterdrückte einen Fluch. Super! „Absolut das Beste was du hättest sagen können, um Leya zu überzeugen, dass es nicht die beste Idee ist ohne jeglichen Plan blindlings eine Befreiungsaktion zu starten“, sagte ich mit einer ordentlichen Portion Ironie in der Stimme. Ganz ehrlich? Ich mochte diesen Typen nicht. Er war mir schon unsympathisch gewesen, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Ich hatte es gerade eben erst geschafft, Leya wieder zu beruhigen und dann platzte er mit sowas heraus. Außerdem hatte er uns eben subtil unterstellt, dass wir etwas miteinander hätten. Also bitte, Leya und ich? Wie sollte das zusammengehen? Das war in etwa so sinnvoll wie ein brennendes Streichholz in ein Pulverfass zu werfen und dann zu erwarten, dass dieses nicht hochging. Doch Leya, die anscheinend schon wieder ganz ihre Fassung zurückgewonnen haben schien, warf mir einen eisigen Blick zu und erklärte mit schneidender Stimme: „Was gut für mich ist, entscheide ja immer noch ich. Und ich sage, dass es besser für mich ist zu wissen was wirklich passiert, anstatt mich hinter einem vielleicht angenehmeren Schleier der Unwissenheit geschützt zu fühlen! Damit habe ich schon genug schlechte Erfahrungen gemacht!“. Ihre Augen weiteten sich erschrocken und sie wandte ihren Blick ab, ganz so als wäre ihr gerade bewusst geworden, dass sie mehr von sich preisgegeben hatte, als sie ursprünglich vorgehabt hatte. Ich verstand dieses Mädchen nicht. Ihre Stimmungen schlugen schneller um als bei einer schwangeren Frau in ihrer Midlifecrisis. Die meisten Mädchen mit denen ich bisher so zu tun gehabt hatte, waren sehr einfach gestrickt gewesen und es war geradezu lächerlich simpel gewesen, sie einordnen zu können. Aber der Rotschopf passte einfach in keines meiner bewährten Muster hinein. Immer wenn ich dachte, zumindest einen kleinen Teil ihrer komplizierten Persönlichkeit verstanden zu haben, sagte oder tat sie etwas, das meine Meinung wieder in eine komplett andere Richtung lenkte. „Wie auch immer“, schaltete Elias sich wieder ein. „Leya, es wäre sehr wichtig, dass du uns mehr über deinen Vater erzählst. Je mehr wir wissen, desto besser. Gibt es irgendetwas im Zusammenhang mit deinem Vater, was ihn hiermit verbinden könnte außer dir? Oder sonst etwas, das dich stutzig gemacht hat und uns vielleicht weiterhelfen könnte?“. Seine Stimme war ruhig und sachlich, vermutlich in der Hoffnung, dass die Ruhe sich auf Leya übertrug. „Wenn ich ehrlich bin gibt es Einiges, das mir im Nachhinein auffällt“ . Sie stieß ein bitter klingendes Lachen aus. „Ich hätte nur ein wenig besser hinsehen müssen. Mein Vater ist vor etwa einem Jahr von einem Tag auf den anderen aus meinem Leben verschwunden. Einfach weg. Das Einzige, was er uns dagelassen hatte, war ein Brief, in dem er uns erklärte, dass er sich in eine andere Frau verliebt hatte und er gegangen war um den Abschied zu erleichtern. Es ist eindeutig seine Handschrift, aber die Art wie er den Brief geschrieben hatte und überhaupt sein abruptes Verschwinden war so dermaßen untypisch für ihn, dass ich es erst für kompletten Unsinn hielt. Monate vergingen und ich bekam nicht ein einziges Lebenszeichen oder überhaupt etwas von ihm, dass mir zeigte, dass ich ihm wichtig war oder er überhaupt noch wusste, dass er eine Tochter hatte. Ich habe ihn mit der Zeit für ein ziemliches Arschloch gehalten und habe mich gefragt, wie ich mich so in ihm hatte täuschen können. Denn in meiner Kindheit ist er mir der beste Vater gewesen, den ich überhaupt hätte haben können. Er hat mit mir Kissenburgen gebaut, für mich Schokolade stibitzt und mit mir zusammen Musik gemacht“. Ihr Blick schien auf etwas in weiter Ferne gerichtet zu sein, während sie von einer Kindheit vorschwärmte, von der ich immer nur hatte träumen zu können. Doch plötzlich klarten ihre Augen auf und sie schien sich wieder daran zu erinnern, wo sie sich gerade befand. Ich wünschte sie hätte es nicht getan. Denn dieser Ausdruck der in ihren Augen gestanden hatte und alles an ihr ganz weich hatte werden lassen, ließ mich wünschen, mehr davon zu erleben. Doch schnell verbannte sie wieder die Wehmut aus ihrer Stimme. „Aber vor allem hat er mir immer Geschichten erzählt. Von fernen Ländern wundersamen Wesen und Menschen mit seltsamen Fähigkeiten. Von Orten, an denen die Unterschiede zwischen Menschen keinen Unterschied spielen und die Dunkelheit keine Möglichkeit hat das Licht zu verschlucken. Der Grund warum ich euch davon erzähle ist der, dass ich einiges aus diesen Geschichten wiedererkenne“. Ihr Blick fiel auf Sisty und sie fügte hinzu: „Und mittlerweile glaube ich, dass mein Vater mir viel mehr Wahrheiten mitgegeben hat, die ich jetzt für mich nutzen kann, als wundersame Märchen, die mein kleines Kinderherz erfreuen sollten“. Abwechselnd ließ ich meinen Blick von Sisty zu Leya wandern, bis bei mir der Groschen fiel. „Ernsthaft? Du hast Sisty wegen einer dämlichen Gutenachtgeschichte als ungefährlich eingeschätzt? Willst du mich verarschen?“, fragte ich ungläubig. Sofort blitzte in ihren Augen wieder dieser stolze Funke auf und sie sah mich mit einem kämpferischen Ausdruck an. „Die 'Gutenachtgeschichte' “, wiederholte sie und setzte dabei die Worte in Anführungszeichen, „ist überhaupt nicht dämlich und weist außerdem eine sehr hohe Übereinstimmung mit der Realität auf“. Mit vor der Brust verschränkten Armen wandte sie sich wieder Elias Hologramm zu und sagte herausfordernd: „Hör zu und du wirst sehen. Also Elias, liege ich recht mit der Annahme, dass es hier Wesen gibt, die man Anjins nennt und die man in unserer Welt wahrscheinlich als Einhörner bezeichnen würde, da unsere Sicht auf das beschränkt ist, woran wir noch am ehesten glauben können?“. Elias warf seinen geflochtenen Zopf nach hinten und zog erstaunt eine Augenbraue in die Höhe. „Ja, das ist richtig. Anjins sind die Hüter dieser Welt und sorgen dafür, dass die Zeiten, wenn sie sich mit anderen überschneiden nicht miteinander vermischen. Stellt euch einmal das Chaos vor, wenn bei euch auf einmal Pegasuse durch die Straßen fliegen würde, oder einige Menschen auf einmal ganz woanders landen würden. Das will ich mir gar nicht ausmalen. Deswegen ist es auch so wichtig, dass die Menschen nicht wirklich an das glauben, was ihre Augen ihnen übermitteln". Und schon wandte sich Leya wieder an mich und etwas triumphierendes lag in ihren Augen. Normalerweise hätte ich mich jetzt wahrscheinlich darüber aufgeregt, aber gerade war ich einfach nur unglaublich erleichtert, dass das Ganze sie anscheinend so weit abgelenkt hatte, dass sie nicht mehr an diese Sache mit ihrem Vater denken musste. Doch leider hatte ich da die Rechnung nicht mit dem blöden Typ samt seinem dämlichen Zopf gemacht, der Leya prompt wieder daran erinnern musste, indem er meinte: „Kannst du eigentlich etwas mit dem anfangen, was dein Vater am Ende zu dir gesagt hat? Für mich hat sich das sehr nach einer geheimen Botschaft angehört. Aber keiner der mir bekannten Schlüssel passt darauf. Aber so wie er es gesagt hat, schien er ziemlich fest davon überzeugt zu sein, dass du verstehen würdest, was er uns damit mitteilen will. Das ist wirklich wichtig“. Sofort legte sich wieder ein trauriger Glanz über Leyas Augen und ich hätte Elias am liebsten böse angefunkelt, ließ es dann aber bleiben, weil das wahrscheinlich seltsam rübergekommen wäre. Vor allem, was hätte ich damit bezwecken wollen? Und noch viel wichtiger wieso? Ich schüttelte den Kopf um die Gedanken zu vertreiben. Ich musste zugeben, dass der Rotschopf irgendeinen seltsamen Effekt auf mich hatte und das bereitete mir Unbehagen. „Ja, damit kann ich sehr gut etwas anfangen“, unterbrach da auch schon ihre Stimme meine Gedanken. Ich runzelte die Stirn. Wie wollte man dem Blödsinn, den der Typ da zusammengefaselt hatte irgendetwas Sinnvolles entnehmen? „Mein Vater und ich haben schon früh angefangen uns mit Botschaften dieser Art gegenseitig auf die Probe zu stellen. Es ist ein bisschen kompliziert zu erklären und beruht auf Dingen, die uns beide persönlich verbindet und ist deshalb für alle Außenstehenden fast unmöglich zu entschlüsseln“, erklärte sie, während sie gedankenverloren mit ihren Finger Kreise auf der Rinde des toten Baumstammes zeichneten, auf dem wir saßen. Meine Augen folgten ihren Fingern und sahen dabei zu, wie ihre Finger die kompliziertesten Muster zeichneten, ohne dass sie sich über das Tun ihrer Finger bewusst zu sein schien. „Okay, wenn du damit vertraut bist, wie lange denkst du brauchst du um zu entschlüsseln, was dein Vater uns mitteilen wollte?“, fragte Elias und sorgte mit seinen Worten dafür, dass ihre Finger verharrten und regungslos an einer Stelle anhielten. „Ich kann nicht entschlüsseln, was er uns damit sagen wollte, solange ich nicht in Besitz einer Gitarre, den Noten von einem bestimmten Musikstück aus unserer Zeit und noch ein paar anderen Dingen bin. Außerdem verstehe ich nicht was das bringen soll. Dieser Code ist nur dafür geeignet, bestimmte Melodien zu übermitteln und nicht irgendwelche anderen Dinge. Das war immer nur so eine Spielerei zwischen mir und meinem Vater und nicht wirklich ein System um echte Geheimbotschaften zu übermitteln“, bekannte Leya seufzend und rieb sich mit einer erschöpften Geste über ihre Nasenwurzel. Und in dem Moment beschloss ich einzugreifen, denn auch wenn ich den Rotschopf nicht sonderlich mochte konnte jeder Blinde sehen wie müde und überfordert sie war, was auch kein Wunder war angesichts der Reizüberflutung, die den Tag über stattgefunden hatte. Selbst ich wusste gerade nicht so recht wie ich mit den ganzen neuen Informationen umgehen sollte und ich hatte nicht gerade erfahren, dass mein Vater nicht das Arschloch war für das ich ihn gehalten hatte. Also sagte ich bestimmend: „Da ich nicht davon ausgehe, dass sich in unseren großen Rucksäcken irgendeines dieser Dinge versteckt, würde ich vorschlagen, dass wir jetzt erst einmal unsere Zelte hier aufschlagen und eine Nacht darüber schlafen, bevor wir dann morgen darüber reden wie wir jetzt weiter vorgehen wollen“. Elias klappte den Mund auf und schien widersprechen zu wollen, aber dann fiel sein Blick auf Leya, die in sich zusammengesunken auf dem Baumstamm saß und gar nichts mehr mit der Eiskönigin gemein hatte, die ich kennengelernt hatte und er schloss wieder den Mund. „Das klingt vernünftig. Doch wir sollten auf jeden Fall Morgen reden, bevor ihr losgeht“. Leya schien schon geistig nicht mehr ganz bei dem Gespräch zu sein, weswegen ich für uns beide antwortete: „Einverstanden. Dann sollten wir uns jetzt verabschieden. Es wird schon langsam dämmrig und wir müssen gucken, dass wir unser Zelt nicht im Dunklen aufbauen“. Das stimmte tatsächlich. Über die ganze Aufregung hatte ich gar nicht bemerkt, wie weit die Sonne schon am Horizont heruntergeklettert war. Und auch wenn der Rotschopf ein Naturtalent im Aufbauen von Zelten war und es wahrscheinlich auch im Dunklen schaffen würde, ich war es nicht. Und da ich bezweifelte, dass sie heute noch zu irgendetwas Sinnvollem in der Lage war, würden wir uns beeilen müssen. Andererseits war mir auch jede Ausrede recht um Elias so schnell wie möglich abzuwürgen. Mit einem letzten Seufzer verabschiedete er sich und das Hologramm zog sich in das Teiki zurück. Leya schien immer noch in einem lethargischen Zustand versunken, aber trotzdem bildete ich mir ein kurz so etwas wie Dankbarkeit in ihren Augen aufblitzen zu sehen. Und dieser dankbare Ausdruck brannte sich in meiner Netzhaut ein und hinterließ ein warmes Gefühl in meinem Bauch, wie man es hat direkt nachdem man eine warme Schokolade getrunken hat, an einem kalten Wintertag. Das Letzte was ich sah, bevor ich in dieser Nacht die Augen schloss, waren ihre grünen Augen.
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Uff, das ist wieder länger geworden als geplant 😅.
Sorry 👀
Ihr habt wieder einiges an Input bekommen. Versteckte Easter Eggs, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgelöst oder wichtig werden und Hibtergrundgeschichte. Außerdem noch ein Einblick in Elijah's Gedankenwelt.
Langsam schleicht Leya sich in seine Gedanken...
Was sagt ihr dazu? 👀
Na, hoppla. Auf einmal musste Elijah den Psychologen spielen. Woher diese Fähigkeiten wohl kommen...?
Na, findet ihr Elias auch unsympathisch wie Elijah oder denkt ihr Elias kann nichts dafür, dass Elijah ihn hasst?
Im nächsten Kapitel hab ich einige Dinge geplant, auf die ich mich schon lange freue - obwohl sie eigentlich nicht sehr schön sind 😁. Seid gespannt.
Ach und ich stehe übrigens kurz vor den Vierzigtausend Wörtern.
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