Das Orakel der Drei
Erzähler Point of view
Rote Lichter tanzten durch die saalartige Höhle und der Geruch nach verbranntem Fleisch und einer feinen Note von Schwefel lag in der Luft. In der Mitte stand die schwarzhaarige Frau, welche ihre Augen geschlossen war. Vor ihr, auf de Boden lag eine mit schwarzem Samt ausgekleidete Kiste, aus der ein weißes Schimmern nach außen vordrang. Unablässig wirbelte sie einen Stab in der Luft herum. Rote Schlieren kamen aus diesem hervor und bildeten komplizierte, funkelnde Muster, die wie Fäden langsam in die Kiste hinabsegelten und dort verschwanden. Langsam veränderte sich das Schimmern, welches aus der Box kam und verfärbte sich rötlich. Irgendwann ließ die Frau die Hände sinken und sah zu wie die letzten Fäden ihren Weg in die mit Samt ausgekleidete Kiste fanden. Dann hob sie die Kiste auf und warf einen Blick hinein. In der Kiste lag wie die Perle einer Auster, eine Kugel eingebettet. Hatte die Kugel vor der Prozedur noch strahlend weiß geleuchtet, schimmerte sie jetzt in einem satten Blutrot. Mark!, rief sie mit einer Stimme wie eine mit Samt umhüllte Klinge. Aus einem der zahlreichen Gänge, die spiralförmig von der glitzernden Höhle abgingen kam ein Mann geeilt. Sein schwarzer Umhang wehte hinter ihm her. Wie meistens hatte er seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen und nur hin und wieder sah man seine grauen Augen darunter aufblitzen. Doch ein Blick von der Frau in seine Richtung reichte, damit er sie absetzte. Enthülle deine Geburtsmale!, befahl sie ihm. Seine Augen weiteten sich und ein Ausdruck von blankem Entsetzen huschte ihm über das Gesicht. Aber wenn ich das mache, verliere ich womöglich. Ich habe gesagt, du sollst sie enthüllen!, unterbrach sie ihn und intensivierte ihren Blick. Der Mann schnappte entsetzt nach Luft und Resignation spiegelte sich in seinen Gesichtszügen wider. Er schloss die Augen und legte seine Hände an sein Gesicht. Die verschnörkelten Zeichen und Muster auf seinen Händen begannen sich zu bewegen und wechselten rasend schnell ihre Plätze. Zwischendurch verschwanden auch einige von ihnen und ersetzten sich durch neue. Das Ganze ging eine Weile so, bis sie schließlich mit einem Mal zum Stillstand kamen. Die Haut im Gesicht von dem Mann bekam Risse, hinter denen etwas leuchtendes zu stecken schien, was nun mit aller Macht nach draußen drängte. Die Züge des Mannes verzogen sich schmerzerfüllt und ein grauenhafter Schrei verließ seinen Mund. Sein ganzes Gesicht war mittlerweile von einem leuchtendem Rissgeflecht durchzogen. Es sah auf eine bizarre Art und Weise schön aus. Schließlich öffnete der Mann seine Augen. Das Grau war vollkommen silbern geworden und die Pupillen waren aus der Iris verschwunden. Als er seine Stimme erhob, schien es als würden tausende von Stimmen sich vereinen und das in einem so völligen Einklang, dass es sich trotzdem wie eine Einheit anhörte. Ihr habt das Orakel des allmächtigen Kreises der drei in dieses Gefäß gerufen. Was ist euer Begehr?, dröhnten die Stimmen. Die komplette Haltung des Mannes hatte sich verändert. Hatte er eben noch die Schultern hängen lassen und ein wenig vornübergebeugt gestanden, stand er jetzt stolz aufgerichtet, ja fast ein wenig gebieterisch da. Er schien gewachsen zu sein und seine Präsenz erfüllte die ganze Höhle, genauso wie die Stimmen, die tausendfach von den Wänden zurückgeworfen worden. All das hätte einen normalen Menschen- wenn er sich nicht bereits in die Hose gemacht hätte oder abgehauen wäre - in die Knie gezwungen, doch nicht so die Frau. Sie stand weiterhin da, als wäre sie dazu geboren die Welt zu regieren. Mit ihrem Stab deutete sie auf die Kugel, was diese direkt in ihre Hand hüpfen ließ. Orakel der drei, ich habe das ultimative Gefäß erschaffen und kann euch somit befehlen euch meiner Gewalt zu unterwerfen. Ich befehle euch euer jetziges Gefäß zu verlassen und in das einzukehren, das ihr ab heute euer Zuhause nennen könnt. Auch wenn ihre Stimme nicht so eindrucksvoll durch andere Stimmen verstärkt wurde, schwang etwas darin mit, was ihren Worten die nötige Glaubwürdigkeit und Herrschaftlichkeit verlieh.
Für den Moment müssen wir zwar euren Befehlen Gehör schenken,
doch vergesst niemals an die lang prophezeite Weisung zu denken.
Euer Plan wird scheitern, wenn das Lied beginnt,
dessen Töne allein nur der Retter kennt.
Die Melodie wird finden deinen tiefsten Kern
Und der dunklen Magie die Wege sperrn.
Zahlen wirst du den höchsten Preis
Und mit den liebenden Herzen schließt sich der Kreis.
Licht und Schatten werden sich finden
Und im ewigen Tanz aneinanderbinden.
Deine Seele wird erfahren das höchste Gericht,
ehe dessen Feuerglut ganz erlischt.
Erkenne was deine Augen nicht sehen,
denn sonst wirst du immer weiter am Abgrund stehen.
Liebe wird überflügeln die Zeit,
wenn eines der Herzen dem Tode geweiht.
Wenn diese Worte in Erfüllung gehen,
werden überall auf der Welt Wunder geschehen.
Das Orakel verstummte und für einen Moment war es still. Dann begann der Körper des Mannes zu beben und zu leuchten. Ein Licht so gleißend hell, dass niemand es angucken konnte, ohne zu erblinden verließ ihn und schwebte für einen Moment im Raum, bevor es mit einem Plopp in der Kugel verschwand, welche sich prompt auf etwa die zehnfache Größe ausdehnte. Der Mann fiel ohnmächtig zu Boden. Seine Haut war immer noch mit Rissen durchzogen, auch wenn diese nicht mehr strahlten und auch die Augen hatten noch einen silbrigen Schimmer. Die schwarzhaarige Frau, welche nun die überdimensionale Kugel in beiden Händen hielt, wandte sich in Richtung des am Boden liegenden Körpers und für eine Moment huschte so etwas wie eine Emotion über ihr Gesicht, doch die Maske saß so schnell wieder dass es auch nur eine Sinnestäuschung gewesen sein konnte. Mit zügigen Schritten durchmaß sie die Höhle, bis sie vor dem offenem, in Stein gehauenen Kamin stehen blieb, über dessen Feuer ein Kessel hing. Dort drin blubberte eine goldene Flüssigkeit vor sich hin, die immer mal wieder schimmernde Blasen warf, welche mit kleinen Glitzerexplosionen wieder zerplatzten. Mit ihrem Stab rührte sie ein paar Mal um und nahm den Kessel dann vom Feuer. Auf einem kleinen gläsernen Tischchen, standen einige Utensilien bereit, nach denen die Frau jetzt griff. Ein Glas das aus den gleichen Kristallen gefertigt war, welche die Höhle so glitzern ließen, eine Schöpfkelle und eine Spritze die mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt war. Mit der Schöpfkelle entnahm sie dem Kessel etwas des golden glitzernden Gemischs und füllte es in das Glas. Dann nahm sie die Spritze zur Hand und verteilte seinen Inhalt in kreisenden, ausladenden Handbewegungen in dem Glas. Dort wo sich die Flüssigkeiten trafen und vermischten, leuchtete das Gemisch auf und so entstand ein runenähnliches Muster auf der Oberfläche. Ohne Hast schlenderte de Frau mit dem Glas in der eine Hand zurück zu dem immer noch am Boden liegenden Mannes. Das Rissgeflecht hatte begonnen, sich auf seinem Körper immer weiter auszubreiten. Es pulsierte schwarz auf seiner Haut und wirkte, als hätte es ein Eigenleben entwickelt. Mit einem letzten Schlenker des Glases, kniete die Frau sich hin und setzte das Glas an den leicht geöffneten Lippen des Mannes an. Vorsichtig kippte sie es und flößte ihm die ersten paar Tropfen davon ein. Das schwarze Rissgeflecht hörte auf zu pulsieren und begann sich wieder zurückzuziehen, doch es verschwand nicht ganz. Es zog sich in hauchfeinen Linien über sein Gesicht und ließ es aussehen wie eine gesprungene und dann in mühseliger Arbeit wieder zusammengeklebte Vase. Doch hinter diesen Rissen schien etwas zu lauern. Etwas, dass in der Vase eingesperrt war und versuchte sich seinen Weg durch die Risse nach draußen zu bahnen. Und eins war klar, irgendwann würde der Kleber die Teile nicht mehr zusammenhalten können. Und was dann entfliehen würde vermochte man sich nicht mal vorzustellen. Als der Mann seine Augen öffnete, waren die Pupillen wieder zu sehen, aber der silbrige Schimmer war geblieben. Auch an der Ausstrahlung des Mannes hatte sich etwas verändert. Etwas Düstereres, Endgültigeres strahlte jetzt von ihm ab. Etwas in seinem Inneren hatte sich unwiderruflich verschoben und ein Teil seiner Selbst war ersetzt worden. Bist du bereit für deine Aufgabe?, fragte die Frau mit kalter Stimme. Der Mann stand in einer einzigen eleganten Bewegung auf und klopfte seinen Umhang ab. Worauf du dich verlassen kannst, erwiderte er und in seiner Stimme hallten tausend unausgesprochene dunkle Versprechen mit.
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Leute, ich bin ja echt nicht so der Fan von meinem Geschreibsel, aber Kapitel wie diese hier liebe ich. Die Stimmung, die Sachen die ich mir ausdenken kann, die Charaktere... Hach😍
Okay, sorry. Ich hör ja schon auf 😅
Das Orakel der Drei hat ja nen weisen Spruch abgelassen! Was damit wohl gemeint ist? 🤔
Der arme Marc. Manchmal tut er mir ein bisschen leid. Aber andererseits finde ich ihn auch richtig cool zu schreiben 😂.
Gibt es irgendeine Stelle die euch besonders gefallen hat?
Ach ja und dann wollte ich mich noch dafür entschuldigen, dass dieses Kapitel so spät kommt obwohl ich es schon ne Weile fertig habe. Ich... Naja ich habe es schlicht und ergreifend vergessen 😂
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