Die Verbindung
Erneut verspürte Sasuke dieses seltsame Kribbeln, was ihn neuerdings öfter überkam. Es war wie eine unsichtbare Macht, welche Besitz von ihm ergriff. Er blickte vom Boden auf und er konnte nicht glauben, was er da sah. Dort stand Sakura, nicht unweit von ihm entfernt. Vollkommen irritiert und überrascht starrte er sie einfach nur an. Im Bruchteil einer Sekunde blieb sein Herz stehen, bevor es aufgeregt und schnell weiter schlug. Sakura hielt ein Glas in Händen. Als sich ihre Blicke trafen, rutschte es ihr aus den Fingern, um auf dem Boden in tausend kleine Splitter zu zerbersten. Sie öffnete den Mund, ohne das ein Wort daraus hervorkam. Es schien beinah so, als wäre sie genauso fassungslos, wie er.
Nun sah sich Sasuke Sakura genauer an. Er erkannte sofort, sie wirkte schwach und erschöpft. Ihr Haar war zerzaust und ihre Augen erschienen müde. Langsam begann Sorge über ihren Zustand in ihm aufzukeimen. Es konnten höchstens drei Tage vergangen sein, seit er sie zuletzt gesehen hatte.
,,Wie? Warum? Wie kann es sein, dass ich dich sehe, doch deine Umgebung nicht. Ich sehe nur dich. Kannst du meine Umgebung sehen?" Die Fragen sprudelten nur so aus Sakura heraus, wobei sie nun veränstigt wirkte.
Völlig verwundert antwortete Sasuke: ,,Ich weiß es nicht."
Wie versteinert blieb er, wo er war. Keinen Schritt wagte er sich näher. Nun nahm er all seinen Mut zusammen und sagte: ,,Sakura, ich habe dich vermisst. Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen."
Etwas in ihren Augen blitzte auf und Tränen sammelten sich darin. ,,Sasuke, wir können so nicht weitermachen. Was du getan hast, kann ich nicht vergessen! Was du vorhast kann ich nicht unterstützen!"
Ein Blitz fuhr ihm Mitten ins Herz, denn ihre Worte waren wie Messerstiche. Er wollte seine grenzenlose Wut unterdrücken, sie vom Gegenteil überzeugen, doch er stimmte zu: ,,Du hast Recht."
Einen Augenblick sahen sie einander noch an, bevor Sakura so schnell wie sie aufgetaucht war, auch schon wieder verblasste. Gequält von all dem schloss Sasuke die Augen, um sie einen Moment später blitzschnell wieder aufzureißen. In voller Hoffnung, Sakura wäre wieder da. Doch da war nichts, nur der endlose Wald lag vor seinen Augen. Wie und warum tauchte sie plötzlich vor ihm auf?
Vollkommen ausgelaugt sank Sakura auf einen Stuhl. Ihr Gesicht verbarg sie in den Händen. Der Schmerz ihn wiederzusehen traf sie mit einer Wucht, die ihren Körper erzittern ließ. Erst jetzt wurde sie sich ihrer schlechten körperlichen Verfassung bewusst. Seit ihrer Rückkehr nach Konoha hatte Sakura kaum geschlafen, obwohl ihr Körper um ein paar Stunden Schlaf flehte. Doch ihr Herz fand einfach keine Ruhe. Selbst das Essen war ihr schwer gefallen. Und nun das. Sie wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte, dass Sasuke einfach so vor ihr aufgetaucht war. Es hatte sie nachdenklich gestimmt. Etwas musste während ihrer Entführung passiert sein. Und da waren noch seine Stimmungen. In einem Moment war er sanft, doch im nächsten wieder eiskalt. Sakura wusste nicht, woran sie bei ihm war.
Es quälte sie so sehr, dass sie mit jemandem darüber reden musste. Und es gab nur eine Person, die dafür in Frage kam, der sie genug vertraute.
Dennoch hatte es Sakura einiges an Überwindung gekostet, nun vor ihrer Mentorin zu sitzen. Eine Weile saß sie nun schon vor dem Schreibtisch des Hokages, wobei sie den Blick gesenkt hielt und nervös mit ihren Händen Rang. Unruhig rutschte sie auf dem Stuhl hin und her. Ihr Mund fühlte sich staubtrocken an und der Mut zu offenbaren, weswegen sie gekommen war, fehlte ihr. Eigentlich hätte Tsunade sie schon längst rausschmeißen können, doch noch immer wartete sie geduldig, dass Sakura sprach.
,,Ich habe mit ihm gesprochen", sprach Sakura nun endlich, wobei sie schwer schluckte. ,,Mit Sasuke. Wir waren irgendwie verbunden und sind es auch jetzt noch, glaube ich." Verschämt blickte sie zu Boden, weil es ihr unangenehm war, darüber zu sprechen. ,,Ich hoffe Sie halten mich jetzt nicht für verrückt."
Tsunade begann zu lachen, was Sakura Aufsehen ließ.
,,Ich weiß", kam es unvermittelt von Tsunade.
Überrascht riss Sakura die Augen auf. Diese Reaktion hatte sie nicht erwartet. Sie wusste es. Mit einem Mal wurde ihr wieder bewusst, wie stark Tsunade eigentlich wirklich war. Nicht nur körperlich, sondern auch mental. In der selben Sekunde durchflutete Sakura Erleichterung, dass sie vielleicht mit ihrem Kummer nicht gänzlich alleine war.
,,Wie?", fragte Sakura in ihrer Verwirrung.
,,Etwas, ich würde sagen ein Hauch einer besonderen Magie haftet dir an. Ich habe es bereits bei deiner Rückkehr bemerkt. Dieser Art Magie bin ich bis jetzt erst einmal begegnet."
Magie? Warum hatte sie nichts gesagt?
Plötzlich beschlich Sakura ein ungutes Gefühl.
Nun umrundete Tsunade den Tisch, um sich auf die Tischkante zu setzen. Mit ernster Miene sah sie auf Sakura hinab.
,,Es ist eine gefährliche, dunkle
Magie, sehr riskant. Orochimaru hatte vor vielen Jahren begonnen diese zu erforschen, aber selbst er war davorzurückgeschreckt. Du solltest es erforschen, um herauszufinden, was es mit dieser Verbindung auf sich hat."
Ausgelöst duch Tsunades warnende Worte begannen bei Sakura alle Alarmglocken zu schrillen. Vielleicht war diese Magie, von der Tsunade sprach, auch der Grund für ihren instabilen Gesundheitszustand. Das diese Verbindung an ihren Kräften zerrte. Es ging ihr erst so miserabel, seit ihrer Rückkehr nach den Entführungen. Enttäuschung machte sich in ihr breit. Tsunade konnte ihr also nicht helfen.
Wie betäubt schob Sakura ihren Stuhl zurück, um sich zum Gehen zu wenden, doch Tsunades Stimme ließ sie noch einmal innehalten.
,,Naruto sollte dich auf deiner Reise begleiten."
Naruto?
,,Aber Naruto ist doch noch nicht wieder einsatzfähig", begann Sakura verwirrt.
Ein Lächeln umspielte nun Tsunades Mundwinkel. ,,Du wirst überrascht sein, wie zäh Naruto in manchen Belangen sein kann."
Diese Aussage entlockte Sakura ein Schmunzeln. Ihre Gedanken begannen zu Naruto abzuschweifen, während sie sich in Bewegung setzte.
Anfangs war Naruto für sie ein Idiot, der ihr nur auf die Nerven ging. Aber heute hatte sie diese Beleidigungen gegen Naruto abgelegt, da sie bemerkte, dass Naruto immer stärker wurde und sich ihren Respekt immer mehr verdiente. Naruto war der wohl ehrgeizigste Charakter von allen, da ihm kein Ziel zu weit gesteckt und keine Hürde zu hoch erscheint. Naruto war im Grunde ein herzensguter Junge, da er aber immer frei heraus sagte, was er dachte, eckte er damit des öfteren bei Leuten an. Narutos wichtigste Eigenschaft war aber wohl, nie aufzugeben und nie von seinem Wort zurückzutreten: Er würde nie ein Versprechen brechen. Endlich begann sie wieder etwas Hoffnung zu schöpfen. Mit diesem Gefühl und einer Leichtigkeit im Herzen machte sie sich auf zum Konoha Krankenhaus.
Sasuke öffnete seine Augen. Er lag auf der Seite, seine Arme hingen schlaff von seinem Bett herunter. Mit schmerzenden Augen setzte er sich auf. Er rieb sich über die Lider, die Schläfen und versuchte zu verstehen, was passiert war. Die Erinnerung an ihr Gesicht kam zurück. Ihre Müdigkeit und ihre Erschöpfung. Einen Moment setzte sein Herz aus. Ruckartig fuhr etwas durch seinen Kopf. Er sah dichten Nebel, Bäume, einen Wald und grüne Schlingpflanzen. Ein modriger Geruch stieg ihm in die Nase. Wirr blickte er hin und her. Das Dickicht des Nebels schien sich an einer kleinen Stelle zu lösen, ein heller Punkt war zu sehen, er wurde größer. Das Licht begann ihn zu blenden. Bis er abrupt wieder in der Dunkelheit seines Zimmers saß. Ein paarmal blinzelte er heftig, doch die Bilder kehrten nicht zurück. Eine seltsame Wärme durchdrang nun jeden Winkel seines Körpers.
Ein Gedanke begann in seinem Kopf zu reifen. Er musste diesen Ort finden. Und zwar jetzt! Irgendetwas hatte er zu bedeuten. Rasch richtete er sich auf, um das Zimmer zu verlassen. Schnell und bestimmt lief er zu dem Raum, den sein Team, als Recherche Raum nutzte. Er betrat ihn mit solch einer Wucht und Energie, die ihm seit dem Kampf mit Naruto gefehlt hatte, dass die Anwesenden erstarrten.
Karin fand zu erst ihre Sprache wieder: ,,Sasuke, bist du heute Morgen aufgewacht und hast bemerkt, dass wir hier eine Menge zu tun haben?"
Sasuke hob die Hand. ,,Nein, ich habe etwas dringendes zu erledigen."
,,Dringender als Itachi?", fragte Suigetsu mit erhobenen Brauen.
Anscheinend hatten sie ihn durchschaut. Sein Auftritt war auch alles andere als normal gewesen. Er handelte zu impulsiv. Sasuke hasste sich dafür, doch er konnte nicht anders.
,,Im Moment ist es mir tatsächlich wichtiger", gab er zurück, wobei er sich bereits zum Gehen wandte. Irgendetwas in ihm warnte ihn davor, diesen Weg einzuschlagen, doch Sasuke ignorierte es. Seine Schritte waren schnell, gleichmäßig, fast rhythmisch. Er wollte unbedingt wissen, warum er Sakura sehen konnte, obwohl sie meilenweit weg in Konoha war.
Doch weit kam er nicht. Erneut ergriff ihn dieses kribblige Gefühl, welches ihre vertraute Präsenz ankündigte. Einen Moment nahm er sich Zeit, bevor er schroff zu sprechen begann, ohne überhaupt sicher zu sein, ob sie da war. ,,Es ist gerade unpassend."
Er hörte sie schnauben, was er weitestgehend versuchte zu ignorieren, als er sich in Bewegung setzte. Er hatte keine Zeit.
,,Als ob ich diese seltsamen Treffen planen würde." Mit einem unergründlichen Seitenblick betrachtete Sakura ihn einige Sekunden. ,,Ich weiß nicht, wie du dich im Moment fühlst, aber ich bin etwas überfordert mit all dem, was gerade passiert", gab sie ehrlich zu.
Abrupt blieb nun auch Sasuke stehen. Rang sichtlich nach Worten, die dieser seltsamen Situation gerecht wurden. ,,Weißt du Sakura, ich dachte; ich würde dich nie wiedersehen und nun stehst du vor mir. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, wie das möglich sein kann."
Langsam drehte er sich nun zu ihr um. Den Bruchteil einer Sekunde verschmolzen ihre Blicke sehnsuchtsvoll, bis er den Blick senkte.
Tränen benetzten nun ihre Wangen. ,,Was hast du dir erhofft, wenn ich mich dazu entschieden hätte dich zu begleiten?"
Diese Frage stand nun wie eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen. Er kannte keine Hoffnung. Jegliche Hoffnung, die er je empfunden hatte, war vor vielen Jahren gestorben. Das Gefühl etwas zu erhoffen, zu ersehnen, war ihm fremd geworden. Zu viele Male wurden seine Erwartungen und Wünsche schmerzlich enttäuscht. Doch nun kitzelte es in seiner Brust und er wusste, dass es an ihr lag. Er hoffte. Sein Herz füllte sich mit einem Gefühl, welches er nicht beschreiben konnte. Wann immer sie in seine Nähe kam.
,,Ich weiß es nicht." Das erste Mal, seit einer Weile sprach er die Wahrheit.
,,Dein Hass und deine Wut sind sinnlos." Sie schluckte schwer, bevor sie weiter sprach: ,,Alles, was dich noch retten kann ... ist Liebe."
Jede Faser seines Körpers begann zu zittern, seine Augen blinzelten ein paarmal, als er ihre Worte vernahm. Er betrachtete ihre Tränen, konnte das Salz förmlich riechen. Der Hauch ihrer Stimme in seinem Ohr und die Worte, die sie sprach, trafen ihn im Innersten seiner Seele. Erst jetzt bemerkte er, dass sie fort war.
Liebe hatte sie gesagt, doch dieses Gefühl war ihm genauso fremd geworden, wie das Hoffen. Nachdenklich setzte er sich wieder in Bewegung, um sein Ziel voranzutreiben.
Welches auch immer, das sein mochte.
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