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Beyla OS: Ein Brief Für Ben 2

Oder auch, wie Ben an den Brief von Leyla kommt und wie er damit umgeht.

Dieser OS ist fantasiezitierend gewippmet. Und zwar nicht grundlos. Wir haben am vor vorletzten Dienstag fast 1h über Ben geredet und das hat diesem OS sehr geholfen! Also, Danke!

Eine kleine Info: Dieser OS ist, auch nochmal, als "Kurzgeschichte", als Buch veröffentlicht, da es hier jetzt 8479 Wörter sind und man laut meinem Computer um die 32 Minuten braucht, um ihn komplett zu lesen. Falls euch, das nicht stört könnt ihr ihn gerne hier lesen, sonst könnt ihr in dann in dem Buch so lesen, dass ihr zwischen den Kapiteln besser Pause machen könnt. Also für die, die etwas Zeit mitgebracht haben, ist dieser OS hier wohl besser, für die, die nicht all zu viel haben, ist das Buch, welches ab heute auf meinem Account zu finden ist, wohl besser, da ihr da zwischen drinnen besser Pause machen könnt.

Fortsetzung zu „Ein Brief für Ben"

Sicht Ben

Am letzten Freitag vor meinem ersten freien Wochenende in der Klinik meiner Eltern, erschien ich einigermaßen gut gelaunt zum Dienst. Heute Abend würde Julia kommen und über das Wochenende bleiben und ich freute mich schon unfassbar auf meine beste Freundin. In der Zeit hier in Hamburg hatte ich zwar auch eine Vertraute gefunden, aber mit Julia zu reden war dann doch etwas anderes. Obwohl ich mir nicht mal sicher war, ob ich reden wollte. Es gäbe so viel, aber es tat immer noch so weh. Vor meinem inneren Auge blitzte, wie auf Kommando ein Bild auf. Ein Bild, welches ich schon so lange zu verdrängen versuchte, aber welches sich einfach nicht verdrängen ließ. Leyla küssend mit Martin im Auswaschraum des OPs... . Jede Einzelheit schien sich in mein Gehirn, aber vor allem auch in mein Herz gebrannt zu haben, wie früher im Westen ein Brandmal auf den dazugehörigen Pferden.

Dazugehören(...) . Gehörte ich dazu? Wenn ja wozu? In das Team des JTKs? Ja bestimmt. Als ewiger Assistenzarzt. Zu meiner Familie? Zu meiner Mutter und meinem Vater? Ich wusste es nicht. Trotz der Zeit hier hatten wir nie wirklich über all das geredet. Und entgegen meiner Erwartungen fande ich es nicht einmal schlimm. Es tat gut einfach mal nur da zu sein. Es bedarf vieler Worte, aber momentan war nicht der richtige Zeitpunkt. Ich war emotional schon so durch den Wind, dass es wahrscheinlich nicht mal schlecht war, dass ich jetzt nicht mit noch mehr konfrontiert wurde. Es gab gerade wirklich genug, um das ich mir den Kopf zerbrach. Erneut blitzte das wunderschöne Gesicht von Leyla vor meinem inneren Auge auf und versetzte mir einen schmerzhaften Stich ins Herz. Wie sie lachend, mit diesem Dr. Stein durch den Park des JTK's lief. Es tat weh. Jedes Mal aufs Neue.

,,Benjamin!'' Der Ruf meines Vaters hallte leise durch die langen Gänge seines Klinikums. Im Gegensatz zum JTK gab es hier wenig, was die Patienten von der Tatsache ablenkte, dass dies hier ein Klinikum war. Die Meisten kamen hier, auch im Gegensatz zum JTK, auch freiwillig her. Es war schließlich eine Klinik, die davon lebte, dass irgendwelche Menschen sich die Nase gerade biegen wollten. Ich drehte mich um. Immer darauf bedacht keinen falschen Schritt zu machen. Heute Nacht hatte ich das erste Mal seit langem wieder richtig durchgeschlafen und diese Tatsache schien besonders meinem Stumpf und meiner sonst nicht ganz so guten Laune zu gefallen. Besonders über das Erste war ich mehr als glücklich. Doch ich wusste, ein falscher Schritt und dieses Privileg war schneller weg, als es gekommen war. ,,Ich muss in den OP, was gibt's denn?'' Es stimmte, ich musste in den OP. Das erste Mal, seit meiner Zeit hier in Hamburg unter der Obhut meiner Mutter. Wenn ich ehrlich war, ließ mich diese Tatsache schon ein wenig nervös werden. Mit meinem Vater hatte ich hier und auch in Erfurt schon des Öfteren operiert. Mit meiner Mutter nicht. Es war also so etwas wie eine Premiere. ,,Ja. Ich weiß. Ich will Dich auch gar nicht lange aufhalten.'' Mein Vater hatte inzwischen zu mir aufgeschlossen. In seinen Händen hielt er, wie ich gerade sah, einen Umschlag. Um genau zu sein einen Briefumschlag.

Mit einem Nicken, hoffte ich meinem eben verstummen Vater, der seither den Mund nicht wieder aufgemacht hatte zu signalisieren, dass er doch bitte weiter reden sollte. ,,Hier ist ein... Ein Brief für dich angekommen.'' Mein Vater hab den Briefumschlag in seiner rechten Hand ein kleines bisschen höher, doch einen Blick auf den Absender, der mich wirklich brennend interessierte, konnte ich trotzdem nicht werfen, da die Schrift allesamt zu ihm zeigte oder von seiner Hand verdeckt war. Mein Vater wirkte auf einmal ziemlich nervös. Wenn ich genauer darüber nachdachte, eigentlich schon seit er vor mir stande. ,,Als ich vorher gekommen bin, ist er mir ins Auge gefallen. Ich wollte ihn dir lieber persönlich geben.'' Seine Worte verunsicherten auch mich. Warum wollte er ihn mir lieber persönlich geben? Eigentlich erwartete ich keine weiter schlimme Nachricht, erst Recht nicht per Post und auch vom JTK konnte dieser Brief eigentlich nicht sein. Wenn Leyla oder Raya etwas passiert wäre, hätte man mich telefonisch probiert zu erreichen. Unwillkürlich hatte ich das Bedürfnis nach meinem Handy zu greifen und zu schauen, ob bei den beiden auch wirklich alles okay war. ,,Ja... Warum das? Ich hätte ihn doch auch so gekriegt.'' Mein Vater nickte nur langsam. Umso leiser fing er an zu sprechen. ,,Er ist von Leyla...'' Meine Eltern wussten etwa über die Situation mit Leyla Bescheid, Leyla hatte meinen Vater ja sogar informiert. Trotzdem fande ich es erschreckend und süß zugleich, dass mein Vater sich das Thema, als, nennen wir es erstmal, kritisch gemerkt hatte. Doch in diesem Moment konnte ich mich nicht auf diese Tatsache konzentrieren. Mein Herz schlug fast schon unangenehm in meiner Brust. Ich konnte es förmlich spüren. Außerdem hatte ich das Gefühl auf und in meinem ganzen Körper würden kleine Ameisen herumrennen, was nicht gerade angenehm war. Doch es kam wahrscheinlicher von dem komischen Gefühl aus Anspannung, Nervosität ein bisschen Freude und Angst, dass sich in meinem inneres ausbreitete und mich emotional zu überwältigen drohte. Trotzdem hatte ich mich zumindest soweit im Griff, dass ich den Brief zögernd und mit einem leisen: ,,Danke...!'' entgegen nehmen konnte. Von dem zittern meiner Hände abgesehen.

Mein Vater sagte noch irgendwas zu mir, ich solle ihn in Ruhe lesen, oder so, doch mein Blick klebte an Leylas Namen wie einmal dort befestigte Sekundenkleber und meine Gedanken die sich darum bildeten, ließen es fast nicht zu, zurück in die Realität zu kommen. In der Realität zu bleiben. ,,Leyla Sherbaz..." Stand da. Darunter "unsere" Adresse mit samt der Postleitzahl. Ich war kurz nachdem Leyla, Martin geküsst hatte, vorläufig zu meinem besten Freund gezogen. Es hatte nicht wirklich was an der Situation geändert. Nein, eigentlich gar nichts. Ich sah Leyla trotzdem jeden Tag auf der Arbeit. Im Gegensatz zu der Zeit davor, war hier wirklich kein Unterschied zu merken. Nur meine kleine Maus, sah ich so weniger. Um einiges. Jetzt in Hamburg noch weniger. Die Gedanken an meine Tochter versetztem meinen sowieso schon in 1000 Teile gerissenen Herz, einen weiteren Riss. Es tat mir so leid für die kleine, was hier gerade passierte. Doch es ließ sich nicht mehr ändern. Leyla hatte jemand anderes geküsst und ich schaffte es einfach nicht damit umzugehen. Auch wenn ich sagen musste, der Kuss alleine war gar nicht das eigentlich schlimme. Es war auch etwas unheimlich schmerzvolles, aber es hatte mich wach gerüttelt und das was sich dahinter verbarg, war das eigentlich schlimme. Der Grund weswegen ich diese Distanz gerade so sehr suchte und ich einfach nicht wusste wie es weiter ging. Bisher wusste niemand über diesen Gedanken bescheid. . Nicht mal Elias oder Julia. Vielleicht hatte ich einfach Angst davor, was sie sagen würden, ob sie das gleich sahen und...

,,Ben?'' Mein Vater berührte vorsichtig meinen Unterarm und sah mich fast etwas besorgt an. ,,Es ist..." Ich holte tief Luft und räusperte mich kurz ,,Es ist alles Okay.'' Mir war es fast unmöglich diese Worte über die Lippen zu bringen. Es fühlte sich so falsch an. Es war gelogen. Nichts absolut gar nichts war okay! All die Erinnerungen, verdrängten Gefühle und Gedanken an die letzten Monaten waren auf einmal wieder so präsent und kamen mit einer Wucht, die mich innerlich fast kentern ließ. Ich war wie ein kleines schon mit Lecks übersätes Ruderboot, gefangen in den ewigen Weiten des blauen Ozeans das gerade wieder in einem Art Hurrikan der Gefühle herum gewirbelt wurde.

,,Ich muss jetzt in den OP. Danke nochmal.'' Ich wollte auf einmal einfach nur weg, mir überlegen was ich mit diesem Brief jetzt genau aufstellen wollte, doch ich musste in den OP. Einerseits ärgerte ich mich unfassbar über diese Tatsache, andererseits hatte ich so zumindest ein paar Minuten um durchzuatmen. Mit ein wenig Glück sogar abzuschalten. Aus dem Hurrikan meiner Gefühle zu fliehen. Ich gab meinen Vater nicht mal mehr die Chance zu antworten, schon war ich auf dem Weg in Richtung OP. Ich fühlte mich immer noch total zittrig; ich war es auch. Die gute Laune von vorher war verflogen und an ihrer Stelle spürte ich immer noch meinen rasenden Puls. Ich musste mich zumindest für den OP gleich beruhigen. Aber vorher musste ich den Brief von Leyla noch irgendwo verstauen. Kurzerhand entschied ich mich dafür ihn in "meinen" Spind zu bringen. Er lag zum einem auf dem Weg und zum andern war er dort wohl am ehesten von den neugierigen Nasen aller anderen geschützt, während ich nicht da war. Als ich in dem Raum mit den Spinden ankam, lief ich zielsicher auf "meinen" zu. An sich hatte dieser Raum einige Ähnlichkeiten wie unser Umkleideraum im JTK. Hier gab es einige Spinde mehr und auch die Sitzbänke waren etwas anders platziert, aber sonst sah es dem im JTK zum verwechseln ähnlich.

Als ich die Tür zu meinem Spind öffnete Sprang mir sofort das Bild von Leyla und Raya ins Auge welches ich trotz allem an die Tür-Innenseite des Spindes gehängt hatte. Vorsichtig strich ich über es und musste seufzen. Ach Leyla.... Ich sah auf den Brief herunter. Ob es wichtig war, was sie mir so dringend sagen wollte? Zögernd trat ich einen Schritt nach hinten, bis ich gegen einer der kleine Bänke stoß. Langsam ließ ich mich auf sie fallen und drehte den Briefumschlag in meinen Händen hin und her. Ich war hin und hergerissen zwischen der Tatsache, dass ich langsam wirklich dringend in den OP musste und der, das dieser Brief von Leyla war. Ich war neugierig. Na Klar, ich liebte Leyla schließlich trotz allem. Durch Leyla hatte ich vieles gelernt, aber besonders wohl auch, dass Gefühle zu manchen Menschen sich nicht einfach abschalten oder erzwingen ließen. Auch der Kuss mit Martin und die Wochen davor änderten daran nichts. Gleichzeitig hatte ich auch wieder Angst vor dem was sich hinter dem schützenden Briefumschlag, als eigentlicher Brief enttarnte. Es gab nur eine Möglichkeit das herauszufinden. Ich warf einen schnellen Blick auf die Uhr. Ein paar Minuten hatte ich wohl noch. Innerlich schickte ich noch einen Stoßgebet in den Himmel, bevor ich also wirklich vorsichtig den Brief von Leyla öffnete. Erst währenddessen merkte ich wie nervös und aufgeregt ich eigentlich war. Mein Herz schlug mir immer noch bis zum Hals und meine Hände waren weiterhin schwitzig und zittrig. Ich atmete nochmal tief durch, um mich etwas zu beruhigen, dann entfaltete ich das Papier. Den Briefumschlag legte ich hinter mir auf den Tisch. Vorsichtig drehte ich das Papier, aus dem Inneren des Briefumschlag in meinen Händen, dabei bemerkte ich das Leyla nicht nur 1 Papier sondern 2 Papiere mit 2 Vorder und 1 1/2 Rückseiten beschrieben hatte. Leylas Schrift war mir so vertraut, dass mir schon beim groben drüber sehen einige Wörter ins Auge fielen. An einigen Stellen fing ich daraufhin schon an weitere Sätze zu lesen, doch meist fiel mir dann wieder etwas ins anderes ins Auge, wo ich auch wieder weiter lesen wollte.

Das ganze ging ein paar Minuten so weiter, dann drehte ich das erste Papier so zu mir, dass ich "normal" anfangen konnte zu lesen, sonst würde ich wohl nie fertig werden. "Lieber Ben, Es ist mitten in (...) Deiner Mutter wirst du das erste Mal seit unserem Unfall begegnet sein." Ich schrak hoch. Meine Mutter, ich musste in den OP. Ich hatte kaum Zeit mir Gedanken über den Brief von Leyla zu machen, viel zu schnell legte ich ihn in meinen Spind und hetzte dann in den OP. Hoffentlich kam ich nicht zu spät! Ich hatte mir nicht viel vorgenommen für die Zeit in Hamburg, aber wenn ich eins nicht wollte, dann war es meine Eltern (schon wieder) zu enttäuschen. Dazu zählte auch nicht zu spät zu kommen.

Als ich keine 2 Minuten später in den OP-Waschraum kam, stande meine Mutter wie erwartet schon da. ,,Ich... Tut mir leid. Bin ich zu spät?'' Meine Mutter drehte sich um, als sie meine Stimme, viel mehr mein unsicheres Gestotter vernahm. Sie lächelte und meinte liebevoll: ,,Nein. Nein. Wenn Du jetzt da bist nicht.'' Ich nickte erleichtert. Körperlich war ich jetzt auf jeden Fall anwesend. Doch aus meinem Kopf wollte und wollte Leylas Brief nicht verschwinden. Ich wollte wissen was sie noch geschrieben hatte und ich fragte mich woher sie das mit den Zweifeln wusste. Besonders dieser Teil ließ mich einfach nicht los. Leyla war meine Frau, meine Freundin, doch das sie davon etwas mitbekam war so nicht gewollt. Ich sollte nicht merken wenn ich zweifelte, weil Leyla es nicht verstand. Für sie war meine Prothese nichts über das man sich noch großartig Gedanken machen musste. Sie nahm es so hin. Sie akzeptierte es. Und größten Teils, meistens, konnte ich das auch, ich gab mir zumindest große Mühe, doch es gab immer noch die Tage an denen es schwer war und es nicht funktionieren wollte. An denen ich meine Prothese am liebsten auf den Mond schießen würde und ich am liebsten alles hinwerfen würde. An dem Tag meiner zweiten (versagten!) Facharztprüfung war so ein Tag. Ich hatte ich sogar überlegt einfach aufzuhören. Ich fühlte mich so klein. Wie ein ewiger Versager. Ich hatte das Gefühl gehabt, ich könne Leyla nichts bieten. Eine Prothese, zwei versagte Facharzt Prüfungen. Und sie selbst flog durch alle Lüfte. Also wer weiß, vielleicht hatte ich damals sogar Recht. So richtig das Gefühl, dass ich ihr etwas bieten konnte, hatte ich nähmlich noch immer nicht.

,,Ben? Kommst du?'' Meine Mutter stande mittlerweile mit Maske an der Tür in den OP, trotzdem sah ich ihr Lächeln unter ihr vor mir. Manchmal war es immer noch schwer zu glauben, doch seit ich hier war, gab sie sich wirklich Mühe. Sie hatte gefühlt immer ein Auge auf mich und merkte sofort wenn ich gedanklich in anderen Galaxien schwebte und um ehrlich zu sein kam das nicht mal selten vor. Ich nickte schnell "trocknete" meine Hände und kam dann zu ihr. In dem Moment in dem wir beide durch die Tür in den OP gingen fragte meine Mutter leise: ,,Alles okay, bei Dir?'' Erneut nickte ich. Jetzt gerade war definitiv nicht der richtige Zeitpunkt um mit ihr darüber zu reden. Vielleicht würde sich da nachher eine andere, bessere Gelegenheit geben.

Die nächsten Stunden verliefen eigentlich ereignislos. Ich war zusammen mit meiner Mutter im OP und schaffte es erstaunlicher- und dankender-Weise ziemlich gut mich auf diese zu konzentrieren. Im Hinterkopf hatte ich Leylas Brief, sowie sie und Raya schon seit Hamburg, immer noch, doch ich hatte wohl gelernt diese Dinge in meinem Kopf auf "später" oder "jetzt unwichtig" zu schieben. Erst in der Mittagspause kam ich dann endlich dazu den Brief von Leyla fertig zu lesen.

Ich saß draußen direkt vor dem Klinikum meiner Eltern auf einer Bank in der Sonne. Den Brief hob ich mit beiden Händen fest, während meine Augen über Leylas Worte flogen und sich nach und nach mit Tränen füllten. Leylas Worte berührten mich irgendwo tief in mir. Am liebsten wäre ich direkt zu ihr gefahren und hätte sie in den Arm genommen, um ihr zu sagen, dass alles okay sei, aber das war es nicht. Leylas Worte waren unglaublich schön und so liebevoll und ehrlich, doch wusste ich einfach nicht wie ich mit ihnen umgehen sollte. Ich verstand, dass Leyla sich Vorwürfe machte, auch wegen meiner zweiten Facharztprüfung. Doch dafür konnte sie nichts! Dafür konnte wohl niemand was... Auch wenn ich diese Tatsache selber noch lange nicht verstand. Sie sagte, dass sie einen Arzt wie Martin Stein gar nicht brauchte, dass sie nur mich liebte, aber mein Kopf konnte und wollte es vielleicht auch nicht, wahrhaben und ich wusste nicht mal wieso...

Ich legte Leylas Brief neben mich auf die Bank und wischte mir die Tränen von den Wangen, als ich hinter mir eine Stimme vernahm. ,,Soviel zum Thema "es ist alles okay"...'' Meine Mutter setzte sich seufzend neben mich. Irgendwie war ich froh jetzt nicht mehr alleine zu sein. Wer weiß in welchem nächsten "Hurrikan" das geendet hatte. Ich ließ meinen Kopf in die Hände fallen und murmelte leise: ,,Warum muss immer alles so kompliziert sein? Dieses ganze hin und her... Mit Leyla. Ich kann nicht mehr...'' Ich sah zu meiner Mutter nach oben, um zu sehen wie sie meine Worte aufnahm. Über meine Wange lief schon wieder eine einzelne Träne, doch das war mir gerade egal. ,,Der Brief von Leyla, Hmm?'' Meine Mutter setzte ein vorsichtiges Lächeln auf, doch ich war verwirrt. ,,Woher...?'' ,,Dein Vater hat mir von ihm erzählt, außerdem...'' Erklärend hob meine Mutter Leylas Brief, welcher zwischen ihr und mir lag, nach oben. Ich nickte nur. ,,Ben... Hör mal.'' Vorsichtig legte sie mir ihre Hand auf den Oberschenkel. ,,Ich weiß ich bin die Letzte, die dir etwas sagen dürfen sollte, aber ich bin mir sicher, dass du und Leyla, dass ihr das wieder hinkriegt. Du liebst sie und ich bin sicher sie dich auch! Du bist so ein starker Mensch, Ben. Du weißt gar nicht wie stolz ich auf dich bin.'' Der letzte Satz meiner Mutter drang nur langsam in mein Bewusstsein ein. Er schien irgendwie irgendwo stecken zu bleiben. ,,Auch das mit Leyla wirst du wieder hinkriegen.'' Ich konnte ihren... den einen Satz immer noch nicht richtig realisieren. Nur mein Herz schien zumindest einen Teil von dem verstanden zu haben, was sie sagte. Sie war stolz auf mich. In mir breitete sich eine wohlige Wärme auf welche, aber von meiner Antwort auf Leyla und mich gleich schon fast wieder komplett ausgelöscht wurde. Nur das Wissen der Echtheit ihrer Aussage blieb mir. Sie meinte es ernst, da war ich mir sicher.

,,Manchmal reicht es nicht zu lieben...''

Es war das erste Mal, dass ich dieses Gedanken laut aus sprach. Zu gleich er unheimlich weh tat, entsprach er wohl am ehesten dem wovor ich am meisten Angst hatte. Es war der Grund dieser Distanz zu Leyla.

,,Ben?!'' Meine Mutter schien über diese Aussage, fast schon schockiert, bevor sie um einiges sanfter fort fuhr. ,,Wie kommst du denn darauf? Ich meine, bei dir und Leyla?'' Ich zuckte etwas verloren mit den Schultern. Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte, da es mir selbst wohl nicht ganz bewusst war. Obwohl war es schon. Es war nur einer der vielen Dinge gerade, die ich gerade so verzweifelt zu verdrängen versuchte. ,,Ach, Ben...'' Meine Mutter seufzte und strich mir vorsichtig eine weitere Träne von der Wange. ,,In der Liebe ist es nicht immer einfach, aber Leyla und du, ihr habt schon so viel zusammen geschafft. In deinen Augen würde selbst ein Blinden die die Liebe zu Leylas erkennen. Du hast Angst, du bist Verletzt und du zweifelst und nachdem was Leyla gemacht hat, ist das vollkommen, okay. Ihr habt es nicht geschafft miteinander zu reden, aber Leyla hat dir einen Brief geschrieben. Und ich weiß zwar nicht was sie gesagt hat, aber ich glaube kaum, dass sie dir damit das Gegenteil beweisen wollte.'' Ich schüttelte langsam mit dem Kopf. Das wollte sie Gewiss nicht. Trotzdem war da diese unfassbare Angst, ob das was Leyla sagte, auch das war was Leyla dachte. Ob es da, hinter ihren Worten, nicht Dinge gab, die ihr vielleicht selber zu viel Angst machten um sie sich selbst oder gar mir einzugestehen. Es tat mir weh, dass ich sowas dachte und Leyla täte es noch mehr weh, zumal ich mir ja nicht mal sicher war. Keine Anhaltspunkte für diese Vermutungen hatte.

In einer der letzten Zeilen Leylas Brief's meinte sie: "Ich habe dich nicht eine Zeile mit dem, was ich hier geschrieben habe angelogen." Es klang so ehrlich. So ehrlich, wie der ganze Brief. Doch ich wusste selber nur zu gut, dass man für Menschen die einem viel bedeuten, viel ungesagt lassen konnte. Als mir dieser Gedanke durch den Kopf flog, stutze ich. Hatte ich mich, damit gerade, als eine, für Leyla wichtige Person betitelt?

Alle möglichen Gefühle mischten sich in meinem innersten zu einem seltsamen Cocktail, der mir mehr und mehr klar machte, dass ich mich dringend mit jemanden über all das unterhalten musste. Meine Mutter war vielleicht nicht mal die falsche Person dafür, da sie sich momentan wirklich um mich bemühte und mir mit allen Mitteln zu helfen versuchte, allerdings mussten wir beide wieder arbeiten gehen und dann musste ich nach Hause, da Julia kommen würde. Wir 2 würden das ganze Wochenende Zeit zum Reden haben. Ab diesem Moment war für mich klar, dass ich noch heute Abend mit Julia reden musste. Erstmal wollte ich natürlich hören wie es meiner besten Freundin so ging, aber so konnte es nicht weitergehen. Nach diesem Brief erst Recht nicht. ,,Na komm, lass uns mal wieder auf die Arbeit gehen.'' Die sanfte Stimme meiner Mutter riss mich langsam aus meinen Gedanken. Schnell nickte ich, angelte mir Leylas Brief und steckte ihn in die Tasche, bevor ich aufstand. Meine Mutter war mittlerweile auch aufgestanden und meinte nun leise. ,,Wenn du noch irgendwas brauchst oder einfach reden möchtest, dann kannst du wenn du möchtest, immer auch zu mir kommen.'' ,,Ich weiß. Danke.'' Ich flüsterte meiner Mutter diese drei Worte nur sehr leise entgegen und doch entsprachen sie zu 100% der Wahrheit. Das nächste was ich tat, verwunderte mich im ersten Moment doch sehr. Ich nahm sie langsam in den Arm. Erst im Nachhinein wurde mir richtig bewusst, was genau ich da eigentlich getan hatte und doch fühlte es sich auch in diesem nicht falsch an. Es war gut, dass ich hier dem Impuls meines Herzen gefolgt bin und sie umarmte. Es tat sowohl mir, als bestimmt auch ihr unfassbar gut. Die ganze Zeit in Hamburg bisher hatte ich es sorgfältig vermieden, denn beiden "zu nah" zu kommen oder ihnen "Namen zu geben", da ich nicht wusste wie ich mit den beiden umgehen sollte. Wie ich mich verhalten sollte. "Mama" und "Papa", dass hätte sich falsch angefühlt, aber was anderes konnte ich irgendwie auch nicht sagen, ohne sie zu verletzten. Also schien mir, immer einfach "du" zu sagen, am einfachsten. Bisher hatte es auch immer funktioniert, wenn ich auch nicht ganz glauben konnte, dass es ihnen noch nie aufgefallen war, dass ich immer nur mit "Du!" kam. Doch sie ließen es so sein. Und auch das war etwas was ich ihnen,wie so vieles momentan, hochanrechnete. Sie verhielten sich gerade das erste Mal so richtig wie meine Eltern. Ich weiß nicht, ob es andere "Kinder" auch so sehen würden, doch ich hatte nur diese Eltern und jetzt gerade taten sie mir einfach irgendwie gut und sie waren da. Besonders meine Mutter setzte alles daran unser Verhältnis zu bessern und "Mutter zu sein", Mama zu sein, für mich da zu sein. Sie hatte wahrscheinlich keine Ahnung wie sehr mir das half.

Als es klingelte, ließ ich den Brief von Leyla vorläufig in einer Schublade verschwinden, damit Julia und ich erstmal ganz normal reden konnten. Dann lief ich zu meiner Wohnungstüre, um sie zu öffnen. Mein Stumpf hatte sich im Laufe des Tages nun doch mit einem unangenehmen Pochen bemerkbar gemacht, doch es war nach wie vor lange nicht so schlimm, wie die letzten Tage, an denen ich mir Abends schon des Öfteren überlegt hatte, ob ich nicht doch eine Schmerztablette nehmen sollte. Ich hatte mich bisher immer dagegen entschieden. Vielleicht für Leyla, oder um nicht wieder wegen meiner Prothese hilflos in einem Krankenhaus zu liegen. Erst Recht nicht in dem meiner Eltern! Wieder und wieder kam ich gedanklich darauf zurück, dass ich nicht wusste wie meine Eltern mit meiner Prothese umgehen würden, wenn sie, ja vielleicht besonders meine Mutter, nicht mehr vor der Wahrheit weglaufen könnten. Doch ich kam auch dieses Mal zu dem Entschluss, dass es so gerade besser war. Irgendwann würde die Zeit kommen an dem, insbesondere meine Mutter, sich nochmal mit "allem" an ihrem Sohn beschäftigen musste. Meine Prothese gehörte leider dazu. So beschissen es war.

In der Zwischenzeit hatte ich Julia unten die Tür aufgemacht und die Tür meiner kleinen Wohnung geöffnet. Leyla hatte wohl ihre Gründe weswegen sie ihren Brief in das Klinikum meiner Eltern schicken ließ. Sie wusste nicht, wo genau ich war. Ob ich bei meinen Eltern wohnte oder in einer eigenen kleinen Wohnung, und selbst wenn sie es gewusst hätte. Sie wusste weder wo das eine noch wie ggf die andere lag. Als ich die ersten Schritte von Julia hörte, die in dem Altbau jedes Mal etwas wiederholten, gab ich alles daran meine innere Achterbahn nochmal zum stehen zu bringen, bevor sie nachher sehr wahrscheinlich richtig losfahren würde. Als ich gegen in das Licht im Treppenhaus sah und automatisch meine Augen schloss, bemerkte ich, dass ich das Licht bei mir heute noch nicht mal angemacht hatte. Es war irgendwie gemütlicher so, zumal es noch nicht ganz dunkel war, doch wenn Julia sich gleich ihre Sachen ausziehen wollte, wäre Licht vielleicht ganz praktisch. Nachdem ich mich um das Licht im Flur an zu machen in meine Wohnung reingedreht hatte, wieder umdrehte und dabei meine beste Freundin entdeckte, musste ich nun doch Lächeln. Ich hatte Julia schon verhältnismäßig lange nicht mehr gesehen und sie jetzt gleich in meinen Armen halten zu können, ließ mich die Sorgen mit Leyla für ein paar Minuten vergessen. Auch Julia schien sich unfassbar zu freuen mich zu sehen. Als sie mich im Türrahmen entdeckte, ließ sie den kleinen Koffer mit ihren Sachen einfach stehen, um dann schneller die letzte Treppe zwischen uns zu überwinden und sich in meine Arme zu werfen. Lachend drückte ich sie an mich. ,,Heyy. Schön das du da bist!'' Julia sah zu mir nach oben. Kaum merklich nickte sie und flüsterte und leises ,,Ja!'' Das Lächeln auf ihrem Gesicht, war immer noch unverwechselbar Julia original. Nicht "neue" Julia, vor mir stande in diesem Moment DIE Julia. Einfach Julia. ,,Und? Wie ist es so in Hamburg? Mit deinen Eltern, in der Klinik?'' Julia hatte wahrscheinlich keine Ahnung, wie froh ich war, dass sie nicht gleich nach Leyla fragte, wie ich auch nicht gleich nach der Gyn fragen würde, also nickte ich kurz. ,,Ja. Erzähl' ich dir alles gleich. Komm' erstmal rein. '' Julia nickte und drehte sich seufzend zu ihrem Koffer. ,,Wer holt den jetzt?'' Ich grinste. ,,Wer hat ihn den stehen lassen?'' Julia drehte sich zu mir um. Grinsend schüttelte sie mit dem Kopf und gab mir einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. ,,Immer noch ganz der Alte, was?'' Ich zuckte mit den Schultern. ,,Warum auch nicht?'' Julis fing an zu lachen, während ich schon in meine Wohnung lief um ihr was zu trinken zu hohlen. ,,Hopp! Ich hol' dir schon mal was zu trinken!'' grinsend hörte ich noch wie Julia nach meinem Ruf die Treppe runter lief, bevor ich komplett in der Küche verschwand. Glücklich, darüber das meine beste Freundin hier war, suchte ich ihr ein Glas aus einem der Schränkchen in der kleinen Küche und schenkte ihr etwas zu trinken ein.

Ein paar Sekunden später, hörte ich wie die Tür ins Schloss fiel. Dann hatte Julia ihren Koffer wohl geholt. Da sie ja noch nie, hier war rief ich ihr kurz zu, wie sie ins Wohnzimmer gelangte, bevor auch ich dorthin ging. Julia hatte es sich auf der Coach gemütlich gemacht, die sie scheinbar direkt als erstes entdeckt und in Anspruch genommen hatte. Ihr Blick flog noch durch den Raum, bis ich ihr, ihr Glas in die Hand drückte. Sofort bildete sich ein Lächeln auf ihren Lippen. ,,Danke!'' Meine beste Freundin nahm ein paar Schluck, bevor sie ihr Glas auf den kleinen Coachstich abstellte. Zwischen uns beiden wurde es auf einmal unangenehm still. Ich wusste nicht so Recht, ob ich jetzt einfach anfangen sollte zu erzählen, wie es mir hier in Hamburg gefiel. Besonders interessierte sie wahrscheinlich auch wie es mit meinen Eltern lief, schließlich war das mit ihnen nie so einfach. Auf der anderen Seite wollte ich wissen wie Julia es gerade ging. Seit klar war, dass sie Unfruchtbar ist, verstrickte sie sich mehr und mehr hinter den Mauern ihres selbst. Das bereitete mir ziemlich Sorgen und deswegen wollte auch ich wissen wie es ihr ging. Und zwar wirklich! Es wäre lächerlich so zu tun, als wäre alles okay, da sowohl ich von Julias Diagnose, wie sie auch von meinem Chaos wusste und wir beide es offensichtlich mehr, als dringend nötig hatten, über das Geschehe, in der Abwesenheit des jeweils anderen, zu reden. Wenn es anders wäre hätten wir schon längst wieder angefangen miteinander rumzualbern, stattdessen schwiegen wir uns an, wie ein altes Ehepaar das sich nichts mehr zu erzählen hatte. Dabei hatten wir zwei das doch mehr als offensichtlich, doch anfangen wollte keiner so wirklich.

Julia schien wie ich langsam genug von der Ruhe zwischen uns zu haben. ,,Du wolltest mir was erzählen! Wie läufts hier? In der Klinik, UND mit deinen Eltern!'' Ich nickte. Notgedrungen fing ich dann also an Julias Bitte nachzukommen und leise zu erzählen: „Also... In der Klinik..." Ich stöhnte grinsend in ein „Jaaa..." hinein. „Was soll ich sagen? Es läuft gut! Wirklich. Neben den ganzen "normalen" OP's dort, neben Nase gerade biegen und sowas, hatte ich nun auch schon einige wirklich spannende Fälle." Julia hörte mir aufmerksam zu und nickte lächelnd immer wieder. „Meine Doktorarbeit habe ich letzte Woche jetzt auch endlich (!) fertig gestellt und eingereicht." Ich stoppte an dieser Stelle kurz, um Julia kurz Zeit zu geben noch etwas zu fragen oder zu antworten, bevor ich mit meinen Eltern weiter machen würde. „Ja. Ich weiß..." Schon das zweite Mal heute, war ich von meinen Mitmenschen verwirrt. Wie konnte es sein, dass Julia das schon wusste. Als Julia meinen Blick bemerkte flüsterte sie ein leises: „Du hast Leyla ein Exemplar geschickt. Das hat sich rumgesprochen. Außerdem hast du es mir am Telefon erzählt." Ich nickte langsam und schluckte den Kloß in meinem Hals herunter, als ich Leylas Namen das erste Mal wieder von jemandem, der so nah wie Julia an den letzten Wochen dran war, hörte. Julia schien meinen kurzzeitigen Gefühlsumschwung sofort zu bemerken, nicht umsonst hatte sie wahrscheinlich auch so leise geredet und legte mir jetzt vorsichtig ihre Hand auf meine. Wie mir, schien auch ihr wichtig zu sein, sich erstmal ganz neutral zu unterhalten bevor das Ganze tiefgründiger und demnach auch schwieriger werden würde, denn auch wenn Julia bei dem nächsten Thema keine Garantie auf die Leichtigkeit hatte, war sie sich wohl doch sicher, dass es besser war, als das Thema "Leyla" und damit hatte sie mehr als Recht. „Und mit deinen Eltern?" Ich wusste nicht woher es kam, doch ich musste sofort an meine, gerade so um mich bemühte, Mutter denken und fing tatsächlich, trotz des anstrengenden Tages an zu Lächeln. Als Julia das bemerkte, hellte auch ihr Gesicht sich auf. „Du lächelst, ja!" stellte sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht fest. Ich nickte. „Ja. Bei meinem Vater... Naja. Da gibt es jetzt nicht so viel zu erzählen. Er ist halt da." Ich zuckte mit den Schultern, da ich nicht wusste was ich zu ihm noch sagen soll. „Ich meine, schon in Erfurt haben wir so ein wenig "geredet", wenn man das so nennen kann, an dem Verhältnis zwischen uns hat sich nichts wirklich geändert. Aber meine Mutter..." Ich stockte kurz. Wie konnte man das jetzt am Besten beschreiben? „Sie gibt sich wirklich Mühe! Wenn ich sie brauche ist sie da, sie gibt wirklich ihr Bestes, dass es zwischen uns besser wird. Mit ihr habe ich auch schon einige gute Gespräche über die letzte Zeit führen können. Das hat sehr geholfen. Über..." Erneut geriet ich ins Stocken und sah unsicher wieder zu Julia. „Darüber... nicht!" Ich hob mein rechtes Bein kurz an, bevor ich schnell weiter redete, um Julia nicht die Chance zu geben, noch etwas zu meinem "darüber" zu sagen. Ich wusste, dass ihr das nicht gefiel. „Aber, Julia, bevor du was sagst! Das ist momentan besser so, glaub' mir. Wenn ich wieder zurückkomme habe ich nicht vor, den Kontakt zu ihr wieder komplett zu verlieren und dann werden wir noch genug reden können." Julia lächelte erneut und nickte langsam, doch von jetzt auf gleich gefror ihr Lächeln zu Eis und sie sah auf unserer Hände nach unten, die immer noch ineinander lagen.

„Julia?" Besorgt drückte ich die Hand meiner besten Freundin etwas fester. Sie antwortete mir nur sehr leise, nach langem Schweigen und mit zittriger Stimme: „Wenn du wieder zurückkommst...? Ich brauch' dich in Erfurt doch, Ben..." Erschrocken sah ich Julia an: „Sobald!" Besorgt beobachtete ich, wie sich eine Träne in ihren langen Wimpern verfing und schließlich über ihre Wange rollte. „Heyy, Heyy! Julia! Ich komme wieder. Versprochen. Was hast du denn gedacht?" Ich zog meine beste Freundin vorsichtig in meine Arme und strich über den dünnen Pulli den sie anhatte. „Ich... Ich weiß nicht. Ich hab' schon mal..." Julia brach ihr Gestotter, mit dem sie sich verzweifelt zu erklären versuchte ab, als sie auf schluchzte. Doch sie brauchte gar nichts mehr sagen, ich wusste um wen es ging. „Niklas...?" Julia nickte und wischte sich mit dem Handrücken ein paar Tränen von der rechten Wange. Seufzend drückte ich Julia weiter an mich und strich ihr durch die blonden Haare. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie einsam und alleine gelassen Julia sich gerade mit Allem fühlte. Dr. Ahrend mit dem sie Jahre lang, als Team perfekt zusammengearbeitet hat und mit dem sie schließlich auch das Kinderwunschzentrum aufgebaut hatte UND mit dem sie gegen Ende zusammen war, war nun seit mittlerweile über einem Jahr in San Francisco. Eigentlich sollte Julia mitkommen, doch kurz vor knapp hatte sie am Flughafen alles beendet und ist hiergeblieben. Dr. Ahrend zum Bedauern aller nicht. Seither hatte ich Julia eigentlich nie mehr ein Wort über ihren geliebten Niklas reden hören, bis heute. Jetzt war mir auch klar warum. Dass jetzt all diese Erinnerungen wieder hochkamen, auch das konnte ich gut verstehen. Kurz bevor ich nach Hamburg gegangen war, hatte Julia etwas aufgegeben, was sie wohl immer (noch) mit Niklas verband. Ihr Baby. Das Kinderwunschzentrum. Durch ihre eigene Unfruchtbarkeit, hatte sie es dort einfach nicht mehr ausgehalten. Die ganzen überglücklichen Pärchen, wenn sie nach Jahrelangem zittern, doch endlich ihr eigen Fleisch und Blut in den Armen halten konnten, oder all die am Boden zerstörten Frauen, wenn Julia ihnen sagen musste, dass es ihnen unmöglich war Kinder zu kriegen, das war meiner besten Freundin zu viel und ich konnte das nur zu gut verstehen. Wenn ich daran dachte, dass ich vielleicht, ziemlich sicher, irgendwann einem*r Patient*in ein Körperteil amputieren werden muss, dann lief es mir eiskalt den Rücken herunter. Julia wäre auf der Gyn nur noch mehr an ihre eigene Diagnose erinnert worden, als man es bei sich selber schon tat.

Es vergingen ein paar Minuten, bis ich wieder etwas von Julia hörte. „Glaubst du... Glaubst du Niklas wäre sauer, wenn er wüsste, dass ich... Das KWZ?" Ich schüttelte energisch mit dem Kopf. „Wenn er wüsste warum, nicht! Nein." Julia nickte und richtete sich wieder auf. Ihre Tränen waren mittlerweile verschwunden. „Und sonst? Wie geht' meiner besten Freundin so?" Julia nickte langsam und fing schließlich auch wieder an zu lächeln. „Es ist nicht einfach, aber ich fange an es zu akzeptieren. Und auf der Arbeit funktioniert jetzt auch alles wieder. Nur mein bester Freund fehlt mir hin und wieder, aber sonst , ich komme klar!" Ich musste Lächeln. ,,Das freut mich! Und all zu Lange ist dein bester Freund ja nicht mehr weg.'' doch dann würde er auf die Frau stoßen, mit der er gerade nicht umzugehen wusste...

,,Ben, worüber denkst du schon wieder nach? Ist es...'' Ich sah Julia an, dass sie nicht wusste, ob sie das Thema wirklich ansprechen sollte. Sie tat es. ,,...wegen Leyla?'' Seufzend sah ich zu Julia auf, die mich scheinbar mittlerweile wirklich zu gut kannte. Auch über Julias Lippen kam ein leiser Seufzer. ,,Ihr Beiden schafft das schon! Ihr liebt euch, Ben...'' Ich nickte. ,,Du bist nicht die Erste die das heute zu mir sagt, aber ich sag es jetzt auch dir: Manchmal reicht es nicht zu lieben... Das weißt du, nur zu gut.'' Dieses mal nickte Julia. In ihren rehbraunen Augen sah ich den Schmerz, den sie immer noch damit verband das wollte ich nicht, doch nur so hatte ich eine Chance auf ihr Verständnis, wenn ich dieses nicht schon längst besaß. Julia blieb eine Weile still, schien ihre nächsten Worte gezielt zu wählen, bevor sie, sie aussprach: ,,Liebe alleine reicht nicht immer... Ben...'' Julia seufzte niedergeschlagen. „Das weiß ich. Aber kennst du das Sprichwort, "Liebe überwindet Grenzen"? Nicht jede schafft das. Manche gehen mit dem Ziel Grenzen zu überwinden kaputt. Leyla und du... Ich kann und will dir nicht sagen, dass alles gut wird, aber ich weiß das ihr Zwei das schaffen könnt!" Meine beste Freundin lächelte mich vorsichtig an. Nochmal überlegte sie kurz, bevor sie leise 5 Sätze sprach, die in mir einen Schalter umzulegen schienen, auch wenn es mir in dem Moment noch nicht klar wurde: „Ihr seid Ben und Leyla. Beyla. Ihr gehört einfach zusammen. Leyla leidet in Erfurt ohne dich, genauso sehr wie du hier, Ben. Ihr braucht euch!" Ich sprach nun genauso leise wie Julia. Es ging gerade einfach nicht anders. „Ich weiß... Aber irgendwie auch nicht..." Ich schloss für einen kurzen Moment meine Augen. Meine Gedanken verwirrten mir selbst schon so unfassbar, wie sollte ich sie Julia erklären. Um einiges lauter, sprach ich nach kurzem Ordnung schaffen weiter. Erstmal der Brief, alles weitere würde sich bestimmt irgendwie ergeben. „Leyla hat mir einen Brief geschrieben..."Ich stand schnell auf, um den Brief aus seinem "Versteck" zu hohlen. Fast hätte ich kurz, aufgrund des plötzlichen Belastens meines rechten Beines, gestockt, konnte es im letzten Moment aber noch verhindern. Dass meine Prothese mir gerade schon wieder zu schaffen machte, musste sie ja nicht auch noch wissen. Zumal ich mir sicher war, dass es nichts körperliches, sondern an meiner momentanen "psychischen Verfassung" hing.

Ich ließ Leylas Brief, in Julias Hände fallen. „Les', ihn einfach", war das einzige, was ich dazu sagen konnte und wollte. Es war so besser. Für mich. Für sie. Für alle. Fast fünfzehn Minuten blieb es daraufhin still, dann legte Julia Leylas Brief wieder auf die Seite. Sie ist meiner Aufforderung still nachgekommen und dafür war ich ihr unfassbar dankbar. Julia sah mich schief von der Seite an. Ich war gespannt, auf das Erste was sie dazu sagen würde, da es eben das Erste war. Der erste Eindruck ist meistens auch der Ehrlichste dem Anderen gegenüber. „Er wirkt sehr ehrlich!" Vier Worten denen ich nur zustimmen konnte. „Ich weiß..." Meine beste Freundin seufzte und schüttelte mit dem Kopf. „Wo ist dann das Problem?" Unser beider Stimmen war wieder leise geworden. „Leyla sagt, sie liebt dich! NUR dich! Leyla scheint verstanden zu haben, was die ganzen letzten Monate passiert ist. Und Leyla scheint alles daran zu setzen, sich mit dir zu vertragen! Ben!?" Julia sprang auf. Sie war nicht wütend, aber ganz ruhig auch nicht mehr, doch ihre Worte taten, obwohl sie so "wirsch" waren Wunder. Ich fing an zu verstehen. Leyla liebte mich. Sie hatte angefangen für mich zu kämpfen. Um uns zu kämpfen und wenn wir, ihr genauso wichtig waren wie mir, dann konnten wir das, was unsere Beziehung fast zerstört hätte, vielleicht doch noch irgendwie besiegen und auf Dauer verbannen. So etwas sollte nicht wieder passieren, auch wenn ich mir sicher war, dass ich dafür etwas auf Leylas Brief entgegnen musste, um ihr zu zeigen, dass es mir auch wichtig war. Das war, aber so eine Sache. Was?! „Wenn ich von Niklas auch nur einen so einen Brief bekommen hätte, dann... Ben, dann wäre er wahrscheinlich wieder hier! Aber, das habe ich nicht! Seit dem Tag seiner Abreise, ist komplette Funkstille zwischen uns. Keine Nachricht, kein Anruf und erst Recht kein Brief! Wir leben unser leben, als hätte es den anderen nie gegeben! Leyla kämpft um dich! Das hast du dir doch die ganze Zeit gewünscht. Dass sie dir zeigt, dass du, ihr wichtig bist und das auch sie versteht!"

In dem Moment in dem ich etwas erwidern wollte, gab mein Handy mir mit einem >>Pling<< zu verstehen, dass soeben eine Nachricht eingetroffen war. Zögernd, ob es jetzt so wichtig war und ob gerade der richtige Zeitpunkt, um darauf zu schauen war, sah ich zu Julia auf. ,,Vielleicht ist sie von Leyla. Schau' ruhig! Ich lauf' dir nicht weg.'' Julia grinste mich keck an und ließ sich dann wieder auf die Couch fallen. Entweder ihre Stimmung wechselte gerade wirklich minütlich oder sie hatte gemerkt, dass ihre Worte, in meiner ganzen Einstellung zu Leyla und zu unserer Situation geändert hattenen. Das sie mit all ihren Worten seit sie hier ist, das sie mir mit ihnen so unfassbar geholfen hatte. Schon jetzt. ,,Ben ?! Die Nachricht.'' Julia riss mich immer noch grinsend aus meinen Gedanken. Wie automatisiert griff ich nach meinen Handy, machte es an und entsperrte es. Sofort fiel mir auf von wem die Nachricht war... Leyla...

,,Heyy, Ben,

Ich wollte nur kurz fragen, wann ich Raya am Sonntag bringen soll. Julia ist ja bei dir.''

Ich sah eine Weile auf Leylas Nachricht. Ich wusste nicht was, aber irgendetwas störte mich, an ihr, doch so oft ich auch über ihre Nachricht las, mit fiel nicht auf was. Ich fing an mich zu fragen, ob Leyla wusste, dass ihr Brief heute gekommen war. Sie müsste es zumindest so in etwa gewusst haben, der grobe Zeitraum müsste ihr klar gewesen sein, da sie ja wusste wann sie den Brief abgeschickt hatte. Dass sie von Julia wusste, lag daran, dass ich es ihr gegenüber in einer der seltenen Nachrichten zwischen uns mal kurz erwähnt hatte. Und trotzdem irgendwas gefiel mir an Leylas Nachricht nicht. Ihre Wortwahl war es nicht. Sie war genauso wie in den letzten Nachrichten zwischen uns. Von uns beiden aus. Kurz. Direkt auf den Punkt gebracht. Und ohne groß Tamm Tamm. Es wurde nur das Nötigste gesprochen und dann war's das schon wieder. Einerseits war ich froh darüber, dass Leyla meine Entscheidung nach Hamburg zu gehen und etwas Distanz zu finden einfach so akzeptierte, doch jetzt gerade wünschte ich mir, dass Leyla... Ich wusste nicht was ich mir wünschte! Vielleicht, dass sie schon damals, als ich gegangen bin, um mich gekämpft hätte. Aber warum sollte mich das jetzt noch stören? Sie hatte offensichtlich in der Zeit in der ich nicht da war, für sich mehr Klarheit geschaffen, als ich es für mich konnte. Und das war wahrscheinlich nicht mal schlecht. Außerdem bewies es mir irgendwo, dass ich richtig lag, mit meiner Entscheidung nach Hamburg zu gehen. Auch Leyla schien diese Zeit sinnvoll genutzt zu haben.

„Ben?" Ich sah von meinem Handy auf in Julias fragendes Gesicht. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich die ganze Zeit auf mein Handy gestarrt haben muss, als wäre ein Monster darin gefangen. „War die Nachricht so schlimm?" Schnell fing ich an mit dem Kopf zu schütteln. „Nein. Nein. Leyla will nur wissen, wann sie Raya am Sonntag bringen soll, da du ja hier bist." Julia nickte langsam, doch glauben zu wollen schien sie mir nicht. Irgendwie wohl auch schwierig nachdem ich eine halbe Ewigkeit auf die Nachricht gestarrt hatte, ohne auch nur annähernd zu reagieren. „Und das ist ein Grund deinem Handy das Gefühl zu geben durchlöchert zu werden?" „Nein, nein. Warte ich antworte ihr kurz." Schnell nahm ich mein Handy wieder zu Hand und fing schon an zu tippen, als ich ganz leise Julias Stimme hinter mir vernahm: „Ruf' sie an!" Verwirrt drehte ich ich mich zu Julia. Diese Aussage kam wirklich unerwartet. „Was soll ich ihr den sagen?" Julia stand auf, sie schien ganz im Begriff zu sein das Zimmer zu verlassen. Am Türrahmen drehte sie sich nochmal um: „Das weißt du ganz genau!" Damit verschwand sie, doch sie kam noch bevor ich etwas sagen oder tun konnte wieder. „Ich würd' meine Sachen mal irgendwo hinbringen wollen, wo kann ich denn schlafen?" Ich war schon so sehr am Überlegen, ob ich Leyla wirklich anrufen sollte, dass ich ihr ohne von meinem Handy aufzuschauen, die Weg Beschreibung in ihr "Schlafzimmer" zu murmelte.

Als Julia das Wohnzimmer verlassen hatte, wurde es fast gespenstisch still in ihm. Ich sah mein Handy immer noch nur an. Traute mich weder sie anzurufen, noch es ausgehen zu lassen, da ich wusste, dass ich es dann nicht mehr anmachen würde. Leyla wird sich schon längst gewundert haben, warum ich ihre Nachricht gesehen, aber nicht beantwortet hatte. Innerlich gab ich mir nochmal einen Ruck: Leyla hatte sich getraut mir alles zu sagen, ehrlich mit mir zu sein (ja da war ich mir inzwischen sicher-Leyla war ehrlich mit mir) und jetzt war ich zu Feige auf einem Knopf zu drücken?! So konnte ich das ganze dann doch nicht auf mir sitzen lassen und so drückte ich auf das kleine Anruf-Symbol, neben Leylas Namen. Mein Herz schlug mir schon wieder bis zum Hals, doch ich war mir auf einmal sicher, das es die richtige Entscheidung war.

„Hey... Ben." Ich atmete nochmal tief durch. Leylas Stimme drang leise durch den Lautsprecher in mein Ohr und zauberte mir neben dem Kloß in meinem Hals, ein kleines Lächeln ins Gesicht. „Heyy..." Erneut holte ich tief Luft und schluckte einmal, bevor ich leise weiter sprach: „Ich hab' deinen Brief heute bekommen." Am anderen Ende der Leitung blieb es still. Ich war mir sicher, dass Leyla nicht so ganz wusste, was sie mit dieser Information anfangen sollte und sie darauf wartete, dass ich weiter sprach. Doch ich wusste selber ja nicht was ich sagen sollte. Ich vermisste Leyla. Schon die ganze Zeit. Nicht erst seit Hamburg schon davor, aber jetzt gerade besonders. Nach diesem Brief. Schon seit ich ihn gelesen hatte, war da so ein komisches Gefühl gewesen, doch ich konnte es erst jetzt wieder einordnen. Am Anfang war es kurz da, aber dann kam meine Mutter. Ich wollte Leyla einfach ganz fest in den Arm nehmen. Ihren Duft in meiner Nase spüren können, ihr wunderschönes Gesicht sehen können und sie ganz nah bei mir spüren. „Ben...? Es tut mir so leid, was passiert ist. Glaubst du mir das? Ich wollte das alles nicht." Leyla sprach immer noch unfassbar leise, doch ich konnte das zittern in ihrer Stimme trotzdem hören. Ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken antwortete ich: „Ja, Leyla. Ja! Die letzten Wochen... sie sind-" Ich atmete hörbar aus, verzweifelt auf der Suche nach einem passenden Adjektiv für unserer Situation. „einfach nicht gut gelaufen. Ich mach' dir da keinen Vorwurf draus. Sie sind von uns Beiden aus aus nicht gut gelaufen. Du warst in dein Trauma Zentrum verbissen und ich wollte nicht zugeben, dass es so nicht weiter gehen konnte. Der Kuss mit Martin war nur der Moment an dem ich mir eingestehen musste, dass etwas gewaltig schief lief. Aber Leyla?" „Hmm." Ich konnte mir nur vorstellen wie Leyla sich gerade fühlen musste. „Du meintest ich würde immer wieder kämpfen, egal wie sehr mich das Leben auf dem Boden halten wollte. Ohne dich hätte ich das nicht einmal geschafft und genau deswegen müssen wir wieder anfangen zusammen zu arbeiten. Gemeinsam für unsere Beziehung kämpfen und endlich wieder ehrlich miteinander reden... Ich liebe dich! Und ich brauche dich so sehr." Ich hörte wie Leyla am anderen Ende der Leitung leise aufschluchzte. „Ich dich auch!" Über meinem ebenfalls von stummen Tränen übersäten Gesicht, bildete sich ein schwaches Lächeln. „Dann schaffen wir das schon, Leyla. Okay? Wir schaffen das irgendwie. Sobald ich wieder da bin, reden wir persönlich nochmal und bis dahin, haben wir beide ein Handy. Außerdem sehen wir uns Sonntag. Ich freue mich auf dich."

Leyla und ich redeten doch noch jetzt weiter. Julia hatte zwischen drinnen mal bei mir vorbei geschaut doch, als sie merkte, dass Leyla und ich noch immer redeten, ließ sie uns einfach machen. Auch dafür war ich ihr so unfassbar dankbar. Erst nach über 2h beendeten Leyla und ich unser Telefonat. Die Meisten würden über das Telefon so etwas zu klären und zu besprechen wohl, als sehr unpersönlich bezeichnen und demnach als unmöglich erklären, doch ich war mir sicher, dass Leyla und ich "persönlich", Auge in Auge, hätten nicht anders geredet, denn ich war der Meinung, wenn man sich lange und gut genug kannte, konnte man auch übers Telefon ernste und ehrliche Gespräche führen. Vielleicht würden wir nochmal darüber reden, doch für den Moment fühlte sich mein Herz das erste Mal seit langem wieder ganz an. Die Tränen die während unserem Telefonat geflossen waren konnte ich schon gar nicht mehr zählen, aber zu weinen bedeutete doch, dass etwas einen Emotional mitnahm, beschäftigte und auf irgendeiner Ebene berührte. Ein weiteres Indiz dafür, dass Leyla und mein Gespräch uns Beiden nicht egal war. Es war das Erste, dass wieder mit einem "Ich liebe dich!" endete und bei dem wir am Schluss sogar lachen mussten, weil keiner auflegen wollte. Ob jetzt alles gut war oder nicht, das lag wohl im Auge des Betrachters. Doch für mich und Leylas Worten nach zu urteilen auch ihr, war für den Moment alles aus dem Weg geräumt und ich konnte endlich wieder in eine Zukunft sehen, in der nicht alles schwarz und ungewiss war, sondern in der Leyla, Raya und ich, als Familie eine weitere Hürde überwunden hatten, einen Weg gefunden hatten weiterhin, keine Herzen komplett zerbrechen zu lassen und wieder vereint waren. Vor ein paar Jahren noch, war Familie für mich zu einem Wort geworden, dass ich Einzig und alleine mit Schmerz und Enttäuschung verband. Leyla hatte mich eines besseren belehrt. Familie bedeutete, jedem Gegenwind irgendwie stand zu halten, auch wenn ein Mast dabei knickt und dann gemeinsam einen Weg zu finden, den Mast wieder aufzubauen. Leyla und ich hatten es ein weiteres Mal geschafft. Das Glücksgefühl und die Dankbarkeit, die mich gerade durchströmte war nicht in Worte zu fassen, aber wenn ich mir mit einem sicher war, dann das Julia und meine Mutter recht hatten: Wir konnten das schaffen, nur dass ich das "Das" in ein "alles" verwandeln musste, um ganz einverstanden zu sein. Denn Leyla und ich konnten alles schaffen! Das war mir endlich wieder klar. Die Zweifel über unsere Beziehung, der letzten Wochen waren wie weggeblasen und ich konnte endlich wieder glauben. An Leyla und meine Beziehung glauben. Ich hatte mit dem Teil meines Herzen Frieden geschlossen der Leyla nie eine Sekunde loslassen wollte. Die letzten Wochen war ich so oft mit meinem Herzen in Konflikt geraten, jetzt waren mein Kopf und mein Herz sich endlich wieder einig. Leyla und ich liebten uns, wir gehörten zusammen und wir konnten alles schaffen, wenn wir nur ehrlich zueinander waren. Zusammen waren. Und aneinander glaubten. Und genau das Taten wir endlich wieder! Also würden wir es auch schaffen. Zusammen. Wieder mal...

Ende

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