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Kapitel 29

So sehr sich Sandro auch bemühte, er konnte Giuliano einfach nicht mehr verstehen. Der jüngere Medici-Bruder war für ihn zu einem absoluten Mysterium geworden. Dabei waren sie einst einander so nah wie Brüder gewesen. Doch wie konnte jemand nur derart aufrichtig um einen geliebten Menschen trauern und zur gleichen Zeit der Gunst einer anderen Frau nachjagen? Jeder sah Giuliano an, wie viel ihm die sogenannte Freundschaft mit Fioretta Gorini bedeutete. Vermutlich hätte sich Sandro sogar für seinen Freund gefreut, wenn er ihn nur besser verstehen würde. Als Künstler betrachtete Sandro die Welt mit anderen Augen als die Menschen um ihn herum. Sein Platz war stets im Hintergrund gewesen. Nur am Rand des Geschehens fühlte er sich wahrhaftig wohl, weil er von dort alles aufmerksam beobachten konnte, ohne dass er riskierte selbst ernsthaft verletzt zu werden.
Doch nun hatte Giuliano ihn aus seinem Schlupfwinkel hervorgelockt und neben sich auf die Bühne der Ereignisse gezerrt. Nach dem gestrigen Abendmahl hatte sein Freund ihn geschickt auf dem Korridor abgefangen und um einen Gefallen gebeten. Nichtsahnend hatte Sandro ihm sofort zugesagt, doch nun bereute er seine voreilige Reaktion zutiefst. Denn Giuliano hatte erleichtert einen Brief aus der Innentasche seiner Jacke gezogen und ihn dem Künstler so behutsam überreicht, als ob dessen Inhalt das Schicksal von Florenz für immer besiegeln könnte. Als Sandros Blick auf den Namen der Empfängerin fiel, wurde ihm schlagartig klar, worum es sich bei diesem Brief handeln musste.
„So ist es nicht", hatte Giuliano eindringlich geflüstert, dem der Blick des Künstlers nicht entgangen war. „Wir sind nur Freunde und wir hatten einen furchtbaren Streit. Der Brief enthält eine Entschuldigung, kein Geständnis und keine Schwüre."
Doch auch Sandro kannte den jungen Medici gut genug, um den Klang seiner Stimme richtig einzuordnen. Im Moment mochte die kleine Signorina nur eine Freundin für ihn sein. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass Giuliano daran nichts ändern wollte.
Stumm hatte Sandro den Brief in der Innentasche seiner Jacke verstaut und genau dort befand er sich noch immer. Still und starr saß die Empfängerin vor ihm und ahnte nicht, welcher Kampf in seiner Brust tobte. Sie sah nur, wie er wortlos an ihrem Porträt arbeitete. Doch mit jeder kleinen Bewegung spürte er, wie sich der Umschlag durch seine Kleider immer tiefer in seine Haut bohrte. Ihr den Brief zu übergeben war seine Pflicht als Freund. Ihm kam es im Augenblick jedoch mehr nach Verrat vor. Verrat an ihrem Vater, der Sandro als Maler und nicht als Kuppler beschäftigte. Aber auch als Verrat an seiner Muse, deren viel zu früher Tod ihm auf ewig zusetzen würde. Wie konnte er ausgerechnet der Frau einen Brief überreichen, die seine Simonetta aus Giulianos Herz zu verdrängen drohte? Wieso sollte der Medici Simonetta hinter sich lassen und eine andere Frau zu lieben lernen, wenn Sandro dazu niemals im Stande sein würde?
Am Ende der Sitzung verließ Fioretta mit einem traurigen Lächeln das Zimmer. Die Einsamkeit in ihren Augen kam ihm so bekannt vor, dass er sie beinahe zurückgerufen und ihr das Schreiben doch überreicht hätte. Aber er konnte sich nicht dazu durchringen.
So ließ er ihr Haus hinter sich und verkroch sich in seinem Zimmer in der Villa Medici, nur um Giulianos fragendem Blick auszuweichen.
Drei Tage verließ er jeden Morgen die Medici-Villa in dem festen Entschluss ihr den Brief nach der Sitzung zu überreichen. Jedes Mal kehrte er am Nachmittag mit dem bleischweren Umschlag in seiner Jackentasche zurück, weshalb er sich von Schuld und Gewissensbissen geplagt in sein Gemach einschloss. Dort starrte er auf den in Giulianos Handschrift schwungvoll geschriebenen Namen auf dem Kuvert, bis ihn der Schlaf letztendlich doch übermannte. Obwohl ihn der Inhalt des Briefes sehr interessierte, wagte er nicht ihn zu öffnen oder gar zu lesen. Er brachte es aber auch nicht übers Herz sein Versprechen zu brechen und ihn Lorenzo zu übergeben. Letzteres wäre für ihn das Einfachste gewesen. Auf jeden Fall hätte er damit seinen Platz am Rand des Geschehens zurückgewinnen können. Doch wenn das Pergament einmal Lorenzos Hand berührte, würde die eigentliche Empfängerin ihn niemals erhalten. Somit blieben Sandro nur zwei Möglichkeiten: Verrat an seinem engsten Freund oder Verrat an der Frau, die er einfach nicht vergessen konnte.

In der vierten Nacht, in welcher er erneut mit dem Brief in der Hand eingeschlafen war, träumte Sandro zum ersten Mal seit ihrem Tod wieder von Simonetta Vespucci.
In seinem Traum stand er in seinem Studio in Florenz und arbeitete an einem neuen Porträt, als sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter legte. Vor Schreck glitt ihm der Kohlestift aus der Hand. Hastig bückte er sich nach ihm und erblickte den Saum eines prächtigen, tiefblauen Kleides. Der Stift war sofort vergessen. Langsam hob er den Kopf und ihre Schönheit raubte ihm den Atem.
Entschuldigend lächelte Simonetta ihn an, dann hockte sie sich neben ihm und hob seinen Stift auf. Vorsichtig legte sie ihn in die Hand des Künstlers und Sandro spürte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen.
„Dies ist der schönste Traum, den ich seit sehr langer Zeit hatte", wisperte er mehr zu sich selbst und über ihr ideales Gesicht huschte ein Schatten der Traurigkeit. Sogar in seinen Träumen versuchte sie ihm nicht einzureden, dies sei real. Aber um keinen Preis wollte er aufwachen und diese Illusion von ihr verlieren.
Behutsam ergriff sie seine Hand und drückte sie. Das Herz begann in seiner Brust zu rasen.
„Wir haben leider nicht viel Zeit", sagte sie und ihre Stimme klang so viel himmlischer, als er in Erinnerung gehabt hatte. Automatisch erwiderte er den Druck ihrer Finger.
„Ich weiß nicht, was ich tun soll", gestand er und schaute ihr tief in die Augen, die alle Antworten zu kennen schienen. Betrübt nickte sie und tippte mit dem Handrücken sanft genau gegen die Stelle seiner Brust, in welcher sich noch immer Giulianos Brief befand. Schlagartig schwand Sandros Freude sie zu sehen und wich der tiefen Schuld, dass er der Bitte seines Freundes nicht nachgegangen war. Doch während er in ihre fabelhaften Augen blickte, kam es ihm noch niederträchtiger vor den Brief zuzustellen. Von ihrem Verhalten verwirrt fuhr er fort: „Wie kann ich tun, worum er mich bat, wenn ich dadurch Euch hintergehe?"
„Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, Maestro Botticelli", wisperte sie traurig und sein Herz brach in tausend kleine Teilchen. „Giuliano braucht Euch. Ihr seid mehr als Freunde, Maestro, ihr seid wie Brüder. Gib ihn nicht auf, nur weil es Euch schwer fällt ihn zu verstehen. Vertraut Eurem Herzen und lasst nicht zu, dass Zweifel euch entzweien. Lasst nicht zu, dass ich euch entzweie. Denn sonst kann ich niemals Frieden finden."
Sofort wollte er ihr widersprechen. Aber kein Wort wollte ihm über die Lippen kommen. Seine Kehle war wie zugeschnürt.
„Das Leben ist kurz, Maestro und meine Zeit in dieser Welt ist abgelaufen", erinnerte sie ihn sanft. „Doch Giuliano lebt und ich möchte, dass er wieder glücklich wird. Fioretta scheint ihm geben zu können, was ich ihm niemals schenken konnte. Hegt meinetwillen keinen Groll gegen ihn."
„Ich weiß nicht, ob ich das kann", entgegnete er und plötzlich erstrahlte ihr Gesicht voller Zuversicht. Augenblicklich schöpfte er neuen Mut. Solange sie glaubte, er könne das schier Unmögliche schaffen, bestand die Hoffnung, dass es ihm eines Tages womöglich wirklich gelingen würde. Träge nickte er und wie aus weiter Ferne hörte er seine Stimme sagen, dass er versuchen werde ihrem Wunsch nachzukommen. Sofort wurde ihr Lächeln wärmer.
„Nicht nur deswegen bin ich zu Euch gekommen, Maestro", meinte sie geheimnisvoll. Bevor Sandro nach der Bedeutung dieser Worte fragen konnte, löste sie ihre Hände aus seinem Griff, lehnte sie sich vor und legte ihre Fingerspitzen behutsam auf seine Schläfen.
Im nächsten Augenblick verschwand sein Atelier und er befand sich an einem ihm vollkommen unbekannten Strand. Warm und weich umschloss der Sand seine nackten Füße. Plötzlich teilte sich das Meer und eine gigantische Jakobsmuschel tauchte aus den Fluten auf. Als sie komplett aus dem Wasser ragte, brach die zu ihm gewandte Schale mit einem Krachen auf und gab den Blick frei auf eine Gestalt, die im Inneren der Muschel zusammengekauert lag. Es handelt es sich um eine zierliche, nackte Frau. Wie eine schützende Mauer stand die hintere Muschelschale zwischen der Göttin und dem Meer. Langsam erhob sich die Nackte. Ihr langes Haar wehte im sanften Sommerwind und schimmerte rötlich-golden im matten Licht der aufgehenden Sonne. Die Szene kam Sandro dunkel vertraut vor, als hätte er sie bereits erlebt. Dann erhaschte er einen flüchtigen Blick auf das Gesicht der Göttin und ihm stockte der Atem. Er kannte sie. Ihre vollen, perfekten Lippen verzogen sich zu einem wissenden Lächeln. Natürlich kannte er sie. Wie hätte er sie jemals vergessen können. Denn sie war niemand anderes als Simonetta Vespucci, seine Venus. Schon als er sie das erste Mal erblickt hatte, war ihm genau diese Szene in den Sinn gekommen. Fasziniert sog Sandro den Anblick in sich auf. Kein einziges Detail wollte er verpassen. Alles musste er sich einprägen und tief in sein Gedächtnis einbrennen.
Viel zu schnell löste sich die Szene vor ihm in Luft auf. Ihr Gesicht war dem seinen mit einem Schlag so nah, dass er erschrak. Ihre Fingerspitzen lagen noch immer federleicht auf seinen Schläfen. In ihren schönen Augen erblickte er sein eigenes Spiegelbild. Seine Augen waren vor Überraschung weit aufgerissen, sein Mund leicht geöffnet, seine Miene verträumt. Sein Verstand sagte ihm, dass dies alles nur ein Traum war. Sie war nicht real, sein Studio war nicht real, er selbst war nicht real. Aber es kümmerte ihn nicht. Jede einzelne Sekunde ihrer Gegenwart genoss er, weil dies mit großer Wahrscheinlichkeit ihre allerletzte Begegnung sein würde. Diese Erinnerung würde er bis an sein Lebensende wie einen kostbaren Schatz in seiner Seele verwahren.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, verdüsterte sich ihre Miene unmerklich und wie in Trance schüttelte sie ihren hübschen Kopf. Verwirrt runzelte er die Stirn.
„Male mich", flehte sie ihn inbrünstig an. „Male mich und mach uns beide unsterblich."
Augenblicklich verstand er, was sie ihm sagen wollte und dieses Wissen machte ihm unbeschreiblich große Angst. Ihn hatte sie ausgewählt den bedeutsamsten Moment im Leben der antiken Göttin zu verewigen. Bisher hatte er nie gewagt sich Simonetta ohne Kleider auch nur vorzustellen. Doch nun kannte er die Wahrheit und der Anblick ihres nackten Körpers hatte sich tief in seinen Kopf eingebrannt. Seit der Antike hatte niemand gewagt eine Frau derartig sündhaft darzustellen. Entweder würde man ihn dafür ächten oder preisen. Aber sie war das Risiko wert.

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