Kapitel 10
Eren saß auf der Couch, starrte auf sein Handy und dachte nach. Die Reaktion seiner Mutter hatte ihn verwirrt. Sie hatte es einfach akzeptiert. Sie hatte nichts gesagt, was Eren irgendwie verunsichert hätte. Fing sie an ihm zu glauben? Oder hatte sie einfach nicht den Nerv auf sein Gerede? Immerhin war es für sie ebenfalls schwierig. Zu sehen, dass die ständige Therapie nie etwas gebracht haben soll und Levi noch immer ein Teil des Lebens ihres Sohnes ist, war sicherlich nicht leicht.
Der Brünette saß auf dem Sofa, klammerte sich an sein Handy und schloss die Augen. Sollte er es wirklich tun? Sollte er ihn wirklich herrufen? Er kam sich bescheuert dabei vor. Doch wer könnte ihn verurteilen, wenn er hier auf seiner Couch Selbstgespräche führen würde? Es war niemand hier. Er hatte Mikasa mit seinen Ausreden vergrault.
Eren nahm all seinen Mut zusammen, atmete noch einmal tief durch. „Levi? Kannst du herkommen? Bitte."
Mit einem Mal ein starker Windzug, ein Geräusch wie ein Flügelschlagen und vorsichtig öffnete Eren seine Augen wieder. Sah sich im Wohnzimmer um und erkannte schnell einen relativ kleinen Mann mit schwarzem Hemd, schwarzer Jeans und schwarzen Stiefeln. „Geht's dir gut?", fragte er besorgt und kam auf seinen Schützling zu. Jener schüttelte den Kopf und sah dem Dämon in die blau-grauen Augen. Levi stand nun genau vor ihm, sah zu ihm herunter. Er ließ eine seiner filigranen Hände in Erens braune Haare wandern, kraulte die Kopfhaut des Jüngeren und wartete.
Er wartete auf eine Rückmeldung. Eine positive oder eine negative. Irgendwas. Es war das erste Mal, dass er dem Jüngeren so viel Nähe zeigte und er konnte nicht einschätzen, wie Eren darauf reagieren würde.
Und anders als Levi es erwartet hatte, wies Eren ihn nicht zurück. Er lehnte seinen Kopf an den Bauch des Kleineren und genoss sichtlich die Zuneigung. „Was ist passiert?", fragte Levi. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Dieses Kribbeln, das er spürte, wollte er nie wieder loswerden. Es war ein wunderschönes Gefühl. Und er hatte nicht gedacht, dass er es jemals wieder spüren würde.
„Mikasa hat Fragen gestellt und ich habe sie angelogen.", murmelte der Brünette leise und vergrub sein Gesicht in Levis Hemd. „Und dann hab ich aus Panik meine Mutter angerufen.", fuhr er fort. „Lief wohl nicht so gut, nh?"
„Doch! Das ist es ja. Sie hat es einfach alles akzeptiert. Ich habe von dir geredet und sie hat es einfach so hingenommen. Aber ich weiß nicht. Ich habe irgendwie Angst, dass da noch was kommt. Dass sie nachher plötzlich vor meiner Tür steht und mich mit nach Hause nehmen will.", Eren verstand nicht, warum er bei Levi so offen sein konnte. Niemals hatte er so offen über seine Probleme reden können. Nicht mit Mikasa, nicht mit seinen anderen Freunden und auch nicht mit seinem Psychologen. Mit niemandem. Levi kannte Eren bereits sein Leben lang, hatte alles mitbekommen. Und vielleicht war es genau das. Vielleicht lag es daran, dass Levi immer sofort wusste, um was es ging, wenn Eren redete. Er hörte ihm aufmerksam zu. Hatte nicht im Sinn ihm dumme ungebetene Ratschläge zu geben. Und Eren mochte das. Er mochte allgemein, wie Levi sich verhielt.
Der erste Schock war inzwischen überwunden und er hatte den Dämon bereits ins Herz schließen können. Und das Eren so offen zu anderen Menschen war, passierte nie. Levi hatte eine besonderen Platz in seinem Leben eingenommen. Nicht als Dämon. Sondern auch als Freund. „Wenn sie dich wirklich mitnehmen will, kann ich all ihre Erinnerungen an mich löschen. Es wäre, als hätte ich niemals für sie existiert. Meinen Namen hätte sie nie gehört.", erklärte der Schwarzhaarige und zog ein wenig an Erens Haaren, sodass jener gezwungen war hoch zu sehen.
„Sowas kannst du?" – „Das habe ich mit dir auch gemacht."
„Achja.", er hatte es bereits wieder vergessen. Oder verdrängt. Wie auch immer.
„Wieso machst du das alles für mich? Wieso bin ich dir nicht egal?", fragte Eren dann leise und spürte, wie Levis Bewegungen in seinen Haaren stoppten. Der Dämon schluckte schwer. Wie sollte er es erklären? Einfach mit der Wahrheit heraus. „Ich habe Gefühle für dich.", entgegnete er und machte sich bereit sich von Eren zu lösen.
Doch der Größere griff nach der Hand des Dämons und starrte ihn mit großen Augen an. „Was für Gefühle?" – „Kannst du dir das nicht denken?"
Eren konnte es sich natürlich denken. Er konnte es nur nicht wahrhaben. Jemand wie Levi hatte Gefühle für ihn? War das überhaupt bei Dämonen möglich? „Wie lange schon?" – „Sicher wissen tue ich es seit ein paar Tagen."
„Ändert sich dadurch etwas zwischen uns?" – „Nein. Ich werde mich dir keineswegs aufzwingen. Du hast eine Beziehung. Konzentriere dich lieber darauf.", Levi lächelte traurig und wuschelte dem Brünetten nochmal durch die Haare. Er wollte nur das Beste für Eren. Und das war eben nicht er selber. Es war jemand anderes. Und das musste er wohl oder übel akzeptieren.
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