14 {Angst? Ich doch nicht!}
《Aus Jeans Leben》
"Wieso?"
"Weshalb?"
"Warum?"
"Wer nicht fragt."
"Bleibt dumm."
Charlotte zieht eine Augenbraue hoch. "Ach, die Kindheit." sage ich wehmütig und schaue auf die Decke. Ich schließe für einen Moment die Augen. Deshalb bemerke ich leider nicht, wie Charlie nach einem Kissen greift und wirft. Es trifft mich direkt ins Gesicht. "Danke schön, junge Dame!" rufe ich und werfe ebenfalls mit einem Kissen nach ihr. Ja, ja. Ich weiß, was unsere imaginären Zuschauer jetzt denken: Was ist der kindisch. Unmöglich!
Aber das bin halt ich.
***
Ein Klingeln unterbricht unsere kleine Kissenschlacht. Sofort rapple ich mich auf und sprinte zum Tablet.
Neue Informationen zu Carlo Zohnfeld. Ihm geht es nicht sehr gut. Melden Sie sich so schnell wie möglich bei Urlo Acorn!
|Okay|
Ich drücke auf den Okay-Button. Charlotte hatte mitgelesen. "Wir müssen nach unten zum Büro." sagt sie zu mir. "Oh mein Gott, ist das etwa ein Auftrag?"
Sie stellt sich vor den Spiegel. "Wir schaffen das." flüstere ich und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. "Los, wir müssen nach unten!"
Wir laufen so schnell wie möglich nach unten, oder besser gesagt ich tue es, Charlie humpelt eher hinterher.
Bei Mister Acorns Büro angekommen klopfen wir, nur um danach mehr als gespannt hineinzustürzen. "Huch!" rief Mister Acorn überrascht.
"Ach, ihr seid es. Ihr habt euren ersten Notfall, oder?" Panisch schaue ich ihn an. Notfall?
"So schlimm ist es bestimmt nicht." besänftigt er uns. "Wartet kurz." Er setzt sich an seinen Computer und tippt gespannt darauf herum. "Das ist noch nicht mal eure Prüfung. Ihr müsst... lediglich dafür sorgen, dass Carlo Zohnfeld sich von einer ziemlich heftigen Nacht erholt." Er grinst. Doch sein Grinsen erlischt, als sein Blick auf etwas hinter uns fällt. "Charlotte, gib mir mal die Truhe da." sagt er und zeigt auf eine schön verzierte, kleine, braune Truhe.
Klick
Er öffnete die Truhe. "Diese Dinge werden euch bei eurem ersten Einsatz helfen." meint er und zeigt uns die Gegenstände. Ein goldener Stab, der oben mit kleinen Perlen verziert ist, eine alte, braune Uhr, eine weiße Statue von einem Pferd und eine winzige Schallplatte.
"Manchmal ändern sich die Hilfsmittel. Aber was mich überrascht, ist, dass ihr die Schallplatte bekommen habt." Mister Acorn lächelte uns an. "Aber ihr müsst selber herausfinden, was diese magischen Mittel tun." Dann greift er in die Tasche seiner, mal wieder viel zu großen Jacke und gibt Charlie ein kleines Fläschchen mit grünem Saft. "Wenn es Carlo sehr schlecht geht, dann gibt ihm das. Aber nur im absoluten Notfall."
"Und was ist ein absoluter Notfall?" frage ich ihn.
"Wenn ihr denkt, es ist einer, dann ist es einer."
"Das heißt, wenn wir ihm den Trank sofort geben, wird alles wieder gut und wir haben den Auftrag erledigt? Das wäre ja ziemlich praktisch." Ich grinste.
"Nein. Ihr dürft den Trank während eines Auftrags, also der kompletten Zeit, die ihr hier verbringt, nur einmal anwenden. Überlegt es euch also gut." antwortet Mr. Acorn. Na toll. Das wäre auch zu schön gewesen.
Tja, Pech gehabt, Jean.
Musst du eigentlich immer kommentieren, Senfstimme?
Dazu bin ich da. Und außerdem hast du mich selber erschaffen. Wäre es dir lieber, wenn du kein Gehirn hättest?
Zumindest eins ohne dich.
Du willst mich loswerden?
Ja.
Du bist so gemein! Das erzähle ich weiter! Dann bekommst du so richtig Ärger!
Du kennst leider nur mich. Haha.
"Wie kommen wir denn dahin?" reißt mich Charlie aus meinen Gedanken. Oder eher meinem neusten Kampf mit Senfie. Jap. Senfie.
Mister Acorn lächelt nur.
"Springt den Wasserfall hinunter."
Warte, was? Den Wasserfall. Hinunter springen.
Auch Charlotte sieht sichtlich verschreckt aus.
"Tut es einfach. Ganz getreu nach dem Sprichwort 'Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.' ."
Und wenn wir uns unser Genick brechen? Haben wir dann auch was gewonnen?
Wir haben wohl keine andere Wahl.
~♡~
"Weißt du, was meine größte Sorge ist?"
Wir stehen oben, an einem Fels, einen Meter vom Wasserfall entfernt.
Charlie zuckt mit den Schultern.
"Das die Truhe nass wird."
Ein ersticktes Lachen.
"Du hast auch Angst, Jean. Ganz sicher."
"Vielleicht ein bisschen." Ich grinse.
"Du zeigst es nur nicht."
Ich fühle mich ertappt. Denn genau so ist es. Ich verstecke mich hinter einer Fassade. Hinter dieser Fassade wartet ein Mensch darauf, wieder die Oberhand über diesen Körper zu gewinnen. Ein Mensch, der weinen kann. Ein Mensch, der Gefühle zeigen kann.
Gemeinsam treten wir an den Rand. Ich halte meinen Fuß ins Wasser. Meine Schuhe werden nass. "Sei froh, dass du keine teuren Nikes an hast." sagt Charlie zu mir.
"Genau das ist der Nachteil an Markenschuhen. Sie sind teuer und gegen doppelt so schnell kaputt wie normale Schuhe."
"Aber sie sind bequem." verteidigte sie sich.
"Normale Turnschuhe tuns auch." "Ja, ich weiß."
Ich halte die Box fest umklammert. "Sobald wir im Wasser sind müssen wir auch springen." rufe ich Charlotte über das Rauschen hinzu. Sie nickt. Und dann gehe ich einen Schritt nach vorn. Und noch einen. Und plötzlich bin ich ganz im Fluss. "Komm schon!" schreie ich und greife nach Charlies Hand. Schließlich kommt auch sie, wenn auch zitternd hinein.
"Auf drei. Eins. Zwei. Drei!"
Ich schließe die Augen, ziehe Charlie mit und springe. Es fühlt sich an wie tausend Stunden, bis wir endlich unten ankommen. Doch ab da spüre ich gar nichts mehr. Ich kann meine Augen nicht mehr öffnen, auch Charlies Hand spüre ich nicht mehr. Dabei bin ich mir ganz sicher, dass sie beim Aufprall noch da war. Ich will schreien, aber es geht nicht. Will mich bewegen, aber es funktioniert nicht. Und dann werde ich bewusstlos.
Ganz entspannt liegt sie da. Sie rührt sich nicht, treibt einfach auf dem Wasser. Ich kann es sehen. Ich habe meine Augen nicht geöffnet, aber ich kann es sehen. Oder träume ich?
Langsam öffne ich meine Augen. Wasser ist um mich herum.
Was? Meine innere Stimme meldet sich nicht!
Die Senfstimme sagt nichts gegen meine dumme Aussage, dass Wasser um mich herum ist. Gar nichts. Ist sie weg?
Wellen reißen mich fast zu Boden, ich schaue mich nach Charlotte um. Und da liegt sie. Völlig entspannt, auf dem Wasser. Es war kein Traum.
"Charlie!" rufe ich sie. Sie antwortet nicht. Ich schwimme zu ihr. "Hey..."
Sie öffnet ihre Augen und lächelt. "Wir haben es geschafft."
"Ja, das haben wir."
Ich zog sie hoch. "Hab ich nicht gesagt, wir schaffen es?"
"Nein, hast du nicht."Charlie reißt mir die Truhe aus der Hand und legt sie sanft in ihre Tasche, die sie in weiser Voraussicht mitgenommen hat.
"Wäre wohl besser, wenn ich die nehme." Ich grinse. "Okay."
Du bist zwei Jahre älter und sie hat mehr Verantwortung als du? Kein Wunder, wenn du so kindisch bist.
Willkommen zurück, Senfstimme.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro