6 - Wenn die Korken knallen
Gegen 22 Uhr gehen Amy und ich los zum Air Nightclub, welcher zu Fuß glücklicherweise nicht weit weg von Amys Apartment ist.
Als wir dort ankommen, schauen wir uns nach den Türstehern um. Im Handumdrehen finde ich Ricardo, den wir sofort aufsuchen.
„Hey Ricardo!"
„Hey, meine Süßen! Na, Lust auf einen schönen Abend?"
Wir begrüßen uns mit Küsschen hier und Küsschen da, bevor ich ihn frage, ob wir schnellstmöglich in den Club dürfen.
„Für meine zwei Lieblinge öffne ich doch gerne den Weg in die heiligen Hallen. Weil ich euch so mag und ihr angemessen ausseht, habe ich hier noch zufällig zwei von den VIP-Bändern."
Wir umarmen Ricardo und kreischen vor Freude. „Danke Ricardo, du bist der Beste!" Amy und ich winken ihm noch kurz zu und schon sind wir weg.
„VIP, call me VIP!" Amy sing fröhlich und wir kippen uns sofort den ersten Shot.
Okay, nächste Runde!
Aber mal ehrlich: Ein Shot ist kein Shot!
Da steht auch schon der nächste Shot. Den trinken wir und gehen tanzen, immerhin legt der DJ gute Musik auf.
Zu Goosebumps von Travis Scott tanzen wir wie Profis und ziehen die Blicke auf uns. Der Verdacht mit den Blicken besteht wohl eher wegen Amy, denn ihr Tanzstil verrät, dass die Shots ihre Wirkung zeigen. Ihre Bewegungen werden immer freizügiger. Meine Freundin reizt mich an, genauso zu tanzen.
Heute ist alles egal! Heute möchte ich einfach nur viel Spaß mit meiner besten Freundin haben und nicht an irgendwelche Männer mit braunen Teddyaugen denken!
Kurz ziehe ich an Amys Arm, um ihr zu zeigen, dass ich ihr etwas sagen möchte.
„Amy, wollen wir uns kurz oben im Separee hinsetzen? Ich brauche unbedingt etwas zu trinken!"
„Süße, ich mag noch ein wenig tanzen, aber bestell mir doch bitte einen Caipi mit. Falls was sein sollte, schreibe ich dir."
Oh nein. Jetzt muss ich wohl doch dieses dumme Ding namens Handy einschalten.
„Okay, bis gleich."
Die Separees leuchten in einem zarten Lila und man muss das lederne Bändchen vorzeigen, um Zutritt zu bekommen.
Bevor ich mich auf einer der Sofalandschaften niederlasse, bestelle ich noch einen Caipi und einen Flying Jäger.
Bis die Getränke da sind, werde ich das Handy mal wieder einschalten. Das Gefühl dabei ist echt beschissen und hat nichts mit dem Alkohol zu tun. Schon eher damit, dass Dan sich gemeldet hat.
Ich mache das Smartphone einfach an, stelle den Ton an, um zu hören, wenn jemand anruft, und stecke es dann zügig in meine Tasche.
Pünktlich kommt die Kellnerin mit den Getränken und einem Eiskübel mit irgendeinem Blubberwasser.
Die Kellnerin grinst mich nur an, sagt aber nichts zum Spender dieses edlen Getränks. Eine ganze Flasche Champagner nur für uns. Ganz schön eigenartig.
Mein Handy vibriert in meiner Tasche, doch es sind wahrscheinlich nur Mails und Benachrichtigungen, die mich gerade nicht interessieren.
Ich bin fasziniert von der Aussicht hier oben. Man sieht hunderte tanzende Menschen, die tanzen oder sich versuchen, zu unterhalten. Nebenbei nehme ich immer wieder einen Schluck von meinem Getränk und stelle fest, dass hier an Jägermeister definitiv nicht gespart wird.
„Hast du im Lotto gewonnen?", reißt mich Amy irgendwann aus meinen Gedanken.
Mein Kopf schnellt zu ihr rum und erst jetzt bemerke ich, dass sie den Champagner meint. Mit zuckenden Schultern sage ich ihr, dass ich null Plan habe, von wem die nette Spende ist.
Noch bevor ich den Satz fertig habe, lässt Amy den Korken knallen und gießt uns ein.
„Cheers! Auf uns, einen schönen Abend und den edlen Spender!"
„Cheers! Dito!"
Wir tanzen an der Glaswand zu den Beats und nebenbei lasse ich den Blick durch den Raum wandern, um abzuchecken, wer der Spender sein könnte. Ich nippe gerade noch einmal an meinem Glas und sehe ihn.
Dan.
Plötzlich verschlucke ich mich so schlimm, dass ich fast keine Luft mehr bekomme. Ich reiße meine Arme in die Luft, woraufhin mein Glas zu Boden fällt und zerbricht.
Amy hebt panisch meine Arme an, in der Hoffnung, dass ich so besser Luft bekomme.
Auch wenn ich gerade gefühlt ersticke und huste, suche ich den Raum verschwommen nach Dan ab.
Ein warmes Gefühl durchfährt mich, als mir zwei starke Hände über den Rücken fahren. „Keine Panik! Versuch ganz ruhig und tief einzuatmen."
Ich inhaliere Dans Duft. In Kombination mit seinen Worten und Händen verfalle ich ihm und entspanne mich.
Amy starrt uns förmlich an und ihr Blick wirft tausend Fragen auf. „Stella, alles gut? Hier, nimm das!" Sie reicht mir ein paar Servietten, um mir die Tränen zu trocknen. „Danke, Dan. Darauf bin ich nicht gekommen. Du bist ein Held!"
‚Verdammt!', denke ich mir. Erst schockt mich sein Anblick und dann sowas? Das war wie ein Vorspiel. Alle meine Sinne haben auf ihn reagiert. Auch wenn mich Dan gerade so beruhigt hat, bin ich sauer auf ihn.
Er reißt mich aus meinen Gedanken, als er Amy antwortet: „Glaub mir, ich bin kein Held. Ich bin ein verdammter Idiot, der alles falsch macht."
Kurz bleibt mir wieder der Atem weg und ich muss husten. Amy schaut verwirrt zwischen uns hin und her.
„Der Idiot braucht mir auch keine teuren Getränke zur Verfügung stellen, nur um sein Ego aufzupolieren und sich bei mir zu beweisen!"
Dans Blick ist verwirrt. „Welches Getränk? Ich habe den Club erst vor weniger als einer halben Stunde betreten. Ich habe versucht, dich zu erreichen." Er senkt seinen Blick, bevor er weiterredet. „Aber ich kann verstehen, dass du in mir ein gefühlsloses Arschloch siehst."
Wütend schreie ich ihn an: „Verdammt, ich bin nicht bereit, dieses Gespräch zu führen! Es würde mir diesen Abend noch mehr versauen!"
„Okay."
Einfach nur okay? Dan dreht sich um und geht zur Bar, wo eine wunderschöne Frau auf ihn wartet. Ich beobachte ihn noch kurz. Er sagt nur was zu ihr, lässt sie stehen und geht mit hängenden Schultern.
„Ich brauche frische Luft. Kommst du mit?"
„Erzählst du mir noch, was das eben war?"
„Können wir das morgen machen? Ich möchte versuchen, zu vergessen und Spaß mit meiner First Lady haben."
„Okay, aber wehe nicht! Ich sterbe an meinen Gedanken. Und jetzt los! Lass uns Ricardo suchen!"
Amy und ich holen an der Bar noch einen schwarzen Kaffee mit Zucker, so, wie es Ricardo am liebsten mag, und machen uns auf den Weg.
„Hey Ricardo, Hübscher!", rufen wir ihn synchron. Er dreht sich sofort zu uns um und ich halte ihm den Kaffee hin.
„Oh la la, chicas! Wirkt meine Überraschung schon? Sehr nett, dass ihr mir einen Kaffee gebracht habt. Schwarz mit Zucker?" Er grinst breit.
Doch nach der Info, dass der Champagner von Ricardo war, bekomme ich sofort ein schlechtes Gewissen, weil ich Dan so angebrüllt habe. Er hat wirklich nicht gelogen.
„Ach, dann war der Champagner von dir? Stella ist eben fast erstickt an dem edlen Tropfen."
„Stella, Süße, hast du dir vorgestellt, wie ich ihn nackt serviere oder warum?"
Ich werde förmlich rot, als mir der Gedanke von seinem durchtrainierten massiven Körper nackt in den Sinn kommt.
Ricardo lacht laut auf. „Süße, Vorsicht! Ich mag verlegen schauende Mädels."
Ich boxe Ricardo gegen den Arm. „Du Schuft! Trotzdem danke für das Geschenk! Aber komm nicht auf die Idee, dass wir dir jetzt zu Füßen fallen."
„Ihr zwei killt mich immer wieder! Genau deswegen mag ich euch. Ihr seid nicht wie diese anderen Weiber, die sich nur wichtigtun wollen."
„Genau! Wir versorgen dich immer mit Essen und Trinken!" Amy zwinkert ihm zu und kichert.
„Süßer, wenn Amy nicht gerade aufs andere Ufer schwimmen würde, wäre sie sicher nicht abgeneigt, dich auch wie eine Krankenschwester zu versorgen." Und schon bekomme ich einen Schlag von rechts gegen den Arm.
„Was? Oh man, Amy, ist deine Braut wenigstens so heiß wie ihr zwei? Fuck, jetzt bekomme ich den heißen Lesbenkram nicht mehr aus meinem Schädel. Ich glaube, ich brauche nachher etwas Entspannung."
Amy und ich zwinkern uns zu, als würde jede wissen, was die andere denkt, nicken uns zu und geben Ricardo einen heißen Zungenkuss zur Show.
„Ihr zwei killt mich! Was soll ich nun mit meinen Fantasien machen? Denkt doch auch mal an mein Herz!"
Amy und ich lecken uns über unsere Lippen und grinsen.
„Ich denke, wir haben dir eine gute Vorlage für ein romantisches Date mit deiner Hand beschert."
Ricardos Hand greift nach mir, zieht mich an sich und er flüstert mir zu: „Süße, vorsichtig! Spiel nicht zu sehr! Du weißt, dass ich dich heiß finde mit deinen Kurven!"
So hat er noch nie mit mir geredet. Ich kenne Ricardo dank der Uni. Wir belegen mehrere gemeinsame Kurse und so kam es dazu, dass wir uns anfreundeten. Er ist immer frech und die Mädels stehen förmlich Schlange bei ihm.
„Das ist die Belohnung für das nette Getränk eben. Sozusagen Freundschaftsdienst."
Ricardos Blick wird dunkel. Er schaut mich durchdringend an. Es wirkt fast so, als wolle er meine Gedanken lesen und plötzlich küsst er sanft meine Wange.
In mir steigt eine Wärme auf und nun ist der Moment perfekt.
Durcheinander und weil das noch nicht genug war, kommt genau in diesem Moment die hübsche Frau aus dem Club, welche mit Dan an der Bar stand.
Sie schaut mich geschockt an, weil ich immer noch so halb in der Umarmung von Ricardo bin.
„Fuck!"
Ich weiß nicht, wer sie ist, aber ihr Gesicht bedeutet mir, dass sie weiß, wer ich bin und dann ist sie auch schon verschwunden. Ohne einen Ton, aber eigentlich hat mich die ganze Sache nicht zu interessieren.
Wir witzeln noch etwas herum und bedanken uns, bevor Amy und ich wieder reingehen, um noch etwas zu feiern. Immerhin steht noch Champagner kalt, der getrunken werden möchte!
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