28 - Die Verhandlung
Severus erschien im geschäftigen Atrium des Zaubereiministeriums und wurde sofort von der drückenden Menge überrascht. Menschen schoben sich dicht an dicht, ihre Stimmen ein chaotisches Gemurmel, durchsetzt mit dem hektischen Klicken von Kameras. Reporter hielten ihre Federn in die Luft, die hektisch Notizen machten, während einige Schaulustige neugierig über die Köpfe der anderen hinwegstarrten. Die Spannung war fast greifbar. Severus zog seinen Umhang enger um sich und bewegte sich zielstrebig durch die Menge. Er spürte die Blicke, die ihm folgten, doch er ignorierte sie. Vor dem Eingang zum Verhandlungssaal hatten sich zwei Reihen von Sicherheitszauberern postiert, die akribisch die Liste überprüften, bevor sie jemanden durchließen.
»Ihr Name?«, fragte einer der Sicherheitszauberer, als Severus die Sperre erreichte.
»Severus Snape«, sagte er ruhig. Der Zauberer blätterte durch die Liste, nickte dann und trat zur Seite.
»Sie können passieren.« Severus schritt durch den schmalen Durchgang und betrat den großen Verhandlungssaal. Der Raum war beeindruckend – eine riesige Kuppel aus dunklem Stein, durchzogen von leuchtenden, magischen Runen, die schwach in blauem Licht schimmerten. Reihen von Zuschauersitzen zogen sich in die Höhe, während der eigentliche Gerichtssaal in der Mitte lag, wo die Mitglieder des Gamots und die Angeklagten Platz fanden. Severus ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und suchte die Galerie ab, bis er einen freien Platz fand. Er setzte sich und lehnte sich zurück, wobei er die Szene vor sich aufmerksam studierte. In einer der vorderen Reihen erblickte er Dumbledore, dessen weiße Haare und langer Bart ihn unverkennbar machten. Der alte Zauberer saß ruhig, seine Hände auf dem Schoß gefaltet, doch Severus erkannte an der Anspannung in seiner Haltung, dass auch er von den bevorstehenden Ereignissen nicht unberührt war. Sein Blick wanderte weiter zu den Mitgliedern des Gamots, die ihre Plätze um den großen zentralen Tisch einnahmen. Die Roben der Richter waren in tiefem Purpur gehalten, und die silbernen Abzeichen mit den Emblemen des Ministeriums glänzten in dem schwachen Licht. Ganz vorne, auf dem erhöhten Platz, saß Cornelius Fudge selbst, seine Miene ernst und angespannt. Es war offensichtlich, dass der Minister die Leitung der Verhandlung persönlich übernehmen wollte – eine weitere Demonstration der politischen Bedeutung dieses Falls. Plötzlich bemerkte Severus Bewegung an einem der Eingänge des Saals. Lucius Malfoy trat mit ruhigen, selbstsicheren Schritten ein, seine elegante Gestalt in makellosem Schwarz gehüllt. Er nahm seinen Platz am Tisch ein, der für die Anklage vorgesehen war, und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, bevor er sich konzentriert auf seine Unterlagen stürzte. Nur wenige Augenblicke später erschien Gideon Flint, der Pflichtverteidiger von James Potter. Er wirkte ernst, beinahe grimmig, als er an den Platz in der Mitte des Saals trat und sich setzte. Sein Blick war fest auf den leeren Stuhl neben sich gerichtet – den Stuhl, der für James Potter bestimmt war. Die Spannung im Saal erreichte ihren Höhepunkt, als die massive Tür zur Seite geschoben wurde. Zwei Auroren, ihre Haltung steif und wachsam, führten James Potter in den Raum. Der einst so stolze und respektierte Auror wirkte jetzt wie ein gebrochener Mann. Sein Gesicht war blass, seine Schultern hingen herab, und die magischen Fesseln um seine Handgelenke schimmerten schwach in einem bläulichen Licht. Alle Gespräche verstummten augenblicklich. Ein Flüstern, das zuvor noch durch den Raum gehuscht war, verebbte, und eine schwere Stille senkte sich über den Saal. Die Augen aller Anwesenden waren auf James gerichtet, der, begleitet von den Auroren, auf den Stuhl neben Gideon Flint geführt wurde. Die Fesseln wurden abgenommen und James setzte sich mit einer langsamen, müden Geste. Severus beobachtete die Szene von der Galerie aus, seine schwarzen Augen ruhten auf James. Es war das erste Mal, dass er den Mann seit all den Ereignissen so klar vor sich sah – nicht als eine ferne Bedrohung, sondern als das, was er wirklich war: ein Mann, der gebrochen und besiegt war, aber dennoch für seine Taten zur Verantwortung gezogen werden musste. Cornelius Fudge erhob sich von seinem Platz am erhöhten Richtertisch. Seine Anwesenheit schien den Raum zu dominieren, obwohl seine Stimme ruhig und formell war.
»Die Verhandlung gegen James Fleamont Potter beginnt hiermit. Angeklagter, erheben Sie sich.« James stand langsam auf, seine Bewegungen mechanisch, fast widerwillig. Sein Blick war auf den Boden gerichtet, und er wagte es nicht, jemanden direkt anzusehen. Fudge räusperte sich und nahm ein Pergament zur Hand. Er hielt es mit beiden Händen, seine Augen wanderten über den Text, bevor er begann, die Anklage zu verlesen.
»James Fleamont Potter, Sie stehen vor dem Gamot des Zaubereiministeriums, angeklagt wegen folgender Vergehen: wiederholte und schwere Misshandlung Ihres Sohnes, Harry James Potter, durch körperliche und magische Gewalt, einschließlich des Einsatzes eines unverzeihlichen Fluchs – des Cruciatus. Darüber hinaus werden Sie der Vernachlässigung, der systematischen Manipulation des Gedächtnisses und der psychischen Folter Ihres Kindes angeklagt.« Die Worte hallten durch den Raum, und ein Murmeln ging durch die Reihen der Zuschauer. Severus bemerkte, wie einige der Mitglieder des Gamots die Stirn runzelten, ihre Gesichter eine Mischung aus Abscheu und Fassungslosigkeit zeigten. Fudge wartete, bis die Unruhe wieder abgeklungen war, bevor er fortfuhr. »Zusätzlich dazu werden Sie des Missbrauchs Ihrer Macht als Auror beschuldigt, einschließlich der unrechtmäßigen Anwendung von Zaubern, um Ihre Taten zu verbergen. Die Beweislage ist erdrückend. Wie plädiert die Verteidigung?« Gideon Flint erhob sich, sein Gesichtsausdruck streng und kontrolliert.
»Mein Mandant plädiert auf teilweise schuldig, sehr geehrtes Gamot.« Ein weiteres, lauteres Raunen ging durch den Saal. Flint hob eine Hand, um die Ruhe wiederherzustellen, bevor er weitersprach. »Mein Mandant erkennt seine Schuld in einigen der genannten Anklagepunkte an. Es ist jedoch die Position der Verteidigung, dass bestimmte Umstände berücksichtigt werden sollten, die das Strafmaß beeinflussen könnten.« Severus spürte, wie seine Fäuste sich unwillkürlich ballten. Die Tatsache, dass James sich nicht vollends schuldig bekannte, ließ seine Wut aufflammen. Doch er zwang sich zur Ruhe und beobachtete die Szene weiter. Fudge nickte kurz, setzte sich und machte eine Handbewegung in Richtung des Anklagetisches.
»Die Verhandlung wird fortgesetzt. Die Anklage darf ihre Eröffnungserklärung machen.« Lucius Malfoy erhob sich mit einer Eleganz, die selbst in dieser ernsten Situation ungebrochen war. Sein schwarzer Umhang schien im Licht des Saals zu schimmern, und sein Blick wanderte über die Gesichter der Gamot-Mitglieder, bevor er sich auf Cornelius Fudge richtete. Er neigte leicht den Kopf in respektvoller Anerkennung und begann mit ruhiger, fester Stimme.
»Sehr geehrtes Gamot, geschätzte Mitglieder, wir sind heute hier versammelt, um über einen der schwersten Fälle von Misshandlung und Vernachlässigung in der jüngeren Geschichte unseres Rechtswesens zu urteilen. Der Angeklagte, James Fleamont Potter, steht vor Ihnen, weil er seinen Sohn, Harry James Potter, wiederholt physisch und psychisch misshandelt hat. Die Beweise, die wir Ihnen vorlegen werden, sind unumstößlich, und sie zeichnen ein Bild von systematischem Missbrauch, der nicht nur gegen die moralischen Grundsätze unserer Gesellschaft verstößt, sondern auch gegen das Gesetz.« Lucius machte eine kurze Pause, um sicherzustellen, dass die Aufmerksamkeit des Saals ganz auf ihm lag. Dann begann er, die Beweise zusammenzufassen.
»Die medizinischen Berichte aus dem St. Mungo's Krankenhaus, die wir Ihnen vorgelegt haben, dokumentieren die Schwere der Verletzungen, die Harry Potter erlitten hat. Diese beinhalten gebrochene Rippen, Hirnblutung, zahlreiche ältere und neuere Prellungen, Narben und – was besonders erschreckend ist – Spuren des Cruciatus-Fluchs, einem der unverzeihlichen Flüche.« Lucius' Stimme wurde kühler, während er fortfuhr. »Wie Sie wissen, ist der Einsatz eines solchen Fluchs nicht nur illegal, sondern auch zutiefst unmenschlich. Der Cruciatus-Fluch verursacht unvorstellbare Schmerzen, ohne physische Spuren zu hinterlassen, aber die psychischen und neurologischen Schäden sind oft irreparabel. Heiler Whitlock und sein Team haben eindeutig bestätigt, dass Harry diesen Fluch ertragen musste – und zwar von seinem eigenen Vater. Darüber hinaus belegen die Berichte eine erschreckende Vernachlässigung. Harry wurde über Jahre hinweg systematisch unterernährt. Er wog weit unter dem für sein Alter normalen Bereich, als er ins St. Mungo's gebracht wurde. Zeugenaussagen von dem Kind selbst bestätigen, dass er oft allein gelassen wurde, ohne Zugang zu angemessener Nahrung oder Fürsorge. Seine Muggellehrer haben ausgesagt, dass er stets schmutzige, viel zu kleine Kleidung trug und sich häufig apathisch verhielt.« Lucius hielt inne und ließ seinen Blick durch den Saal gleiten, bevor er weitersprach. »Diese Vernachlässigung hatte nicht nur körperliche Auswirkungen, sondern auch tiefe emotionale Wunden hinterlassen. Harry Potter wuchs in einem Umfeld auf, das ihn nicht nur körperlich, sondern auch seelisch zerstörte.« Lucius' Miene wurde noch härter. »Doch die Vergehen des Angeklagten enden nicht bei der Misshandlung und Vernachlässigung. James Potter hat sich auch der Gedächtnismanipulation schuldig gemacht. Experten haben bestätigt, dass er seinem Sohn wiederholt Erinnerungen an traumatische Erlebnisse genommen hat, um seine Taten zu verschleiern und Harry in einem Zustand der Verwirrung und Angst zu halten. Solche Handlungen sind nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch eine schwerwiegende Verletzung der Rechte eines Kindes. Was schließlich zu dieser Verhandlung führte, ist ebenso alarmierend. Harry Potter wurde vor kaum zwei Wochen schwer verletzt vor der Tür von Professor Severus Snape gefunden, der ihn umgehend ins St. Mungo's brachte. Es war die Intervention von Professor Snape, die letztendlich dafür sorgte, dass die schrecklichen Zustände, unter denen Harry lebte, ans Licht kamen.« Lucius ließ die Worte bewusst einen Moment im Raum hängen, bevor er fortfuhr. »Die Auroren, die das Haus des Angeklagten durchsuchten, fanden Beweise, die diese Vorwürfe zweifelsfrei belegen. Blutspuren auf Harrys Bett, ein abgenutzter Gürtel, der als Waffe benutzt wurde, und ein leerer, liebloser Raum, der kaum als Kinderzimmer zu bezeichnen war.« Lucius blickte direkt auf James Potter hinunter, dessen Blick weiterhin auf den Tisch gerichtet war.
»Und schließlich gibt es das Geständnis des Angeklagten selbst. Unter dem Einfluss von Veritaserum hat er zugegeben, Harry misshandelt, ihn mit dem Cruciatus-Fluch belegt und ihn vernachlässigt zu haben. Seine Worte waren unmissverständlich: Er gab zu, seinen Sohn als Belastung empfunden zu haben, und beschuldigte ihn sogar indirekt des Todes von Lily Potter.« Lucius' Stimme wurde leiser, aber noch eindringlicher. »Sehr geehrtes Gamot, dies ist kein Fall von Unwissenheit oder Überforderung. Dies ist ein Fall von absichtlichem Missbrauch, ausgeübt von einem Mann, der besser wissen müsste.« Lucius trat einen Schritt zurück, ließ seinen Blick erneut durch den Raum wandern und schloss seine Erklärung mit kühler Entschlossenheit.
»Die Anklage wird im Laufe dieser Verhandlung weitere Details und Zeugenberichte vorlegen, um die bereits erdrückenden Beweise zu untermauern. Doch schon jetzt ist klar: James Fleamont Potter hat das Vertrauen, die Verantwortung und die Macht, die ihm als Vater gegeben wurden, auf die grausamste Weise missbraucht. Wir bitten das Gamot, dies bei der Entscheidung über das Strafmaß zu berücksichtigen.« Mit diesen Worten setzte sich Lucius wieder und warf einen Blick zu Severus, der ihm mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken antwortete. Der Raum war weiterhin von Stille erfüllt, die Last von Lucius' Worten lag schwer in der Luft.
Gideon Flint erhob sich langsam von seinem Stuhl. Sein Blick war ernst, seine Haltung steif, aber professionell. Er wirkte wie jemand, der wusste, dass seine Aufgabe alles andere als einfach war. Er sah kurz zu James Potter hinüber, der mit gesenktem Kopf auf die Tischplatte starrte, und dann wieder zum Gamot.
»Sehr geehrtes Gamot, hochgeschätzte Mitglieder dieser ehrwürdigen Institution«, begann Flint mit klarer Stimme, die durch den großen Saal hallte. »Es gibt keinen Zweifel daran, dass wir heute hier sind, um über schwere und schreckliche Taten zu sprechen. Mein Mandant, James Fleamont Potter, hat in mehreren Punkten bereits seine Schuld eingeräumt. Er hat zugegeben, dass er Fehler gemacht hat – schwerwiegende Fehler, die weitreichende Folgen für seinen Sohn hatten.« Er hielt kurz inne und ließ seinen Blick über die Gesichter der Mitglieder des Gamots wandern. »Doch meine Aufgabe hier ist es nicht, die Schuld meines Mandanten zu leugnen. Sie ist es, Ihnen die Umstände darzulegen, unter denen diese Fehler geschehen sind, und Sie zu bitten, diese bei Ihrer Entscheidung über das Strafmaß zu berücksichtigen.« Flint trat einen Schritt nach vorne, sein Ton wurde eindringlicher. »James Potter war ein Mann, der einst für das Wohl der magischen Gemeinschaft gekämpft hat. Als Auror hat er in gefährlichen Zeiten sein Leben aufs Spiel gesetzt, um uns alle zu schützen. Doch das Leben hat ihn hart getroffen. Der Verlust seiner Frau, Lily Potter, hat ihn in eine Spirale der Verzweiflung und des Selbsthasses gestürzt, aus der er nie wieder herausgefunden hat.« Ein leises Raunen ging durch den Raum, aber Flint ließ sich nicht beirren. »Das entschuldigt nicht, was geschehen ist. Doch es hilft uns zu verstehen, wie ein Mann, der einst Ehre und Pflicht so hochhielt, so tief fallen konnte.« Er trat wieder einen Schritt zurück und ließ eine kurze Pause, bevor er fortfuhr. »Mein Mandant hat nie gelernt, mit seinem Schmerz umzugehen. Stattdessen hat er versucht, ihn zu betäuben – mit Arbeit, mit Alkohol, und, ja, mit einem Verhalten, das unverzeihlich ist. Doch ich bitte Sie, auch die Aspekte zu berücksichtigen, die ihn nicht vollständig als Monster dastehen lassen. Er hat Fehler gemacht, aber er ist nicht ohne Reue.« Flint drehte sich leicht zu James um und sprach direkt zum Gamot weiter.
»Er hat in dieser Verhandlung mit den Behörden kooperiert. Er hat mit und ohne Veritaserum die Wahrheit gesagt und seine Taten zugegeben. Dies zeigt, dass er Verantwortung übernehmen will – so spät es auch sein mag.« Seine Stimme wurde sanfter, fast beschwörend.
»Sehr Geehrte Mitglieder des Gamots, ich bitte Sie, bei Ihrer Entscheidung über das Strafmaß Gnade walten zu lassen. Es geht hier nicht nur darum, einen Mann zu bestrafen, sondern auch darum, sicherzustellen, dass er, so gebrochen er auch sein mag, die Möglichkeit bekommt, seine Taten zu bereuen und vielleicht eines Tages Frieden zu finden.« Mit diesen Worten ließ Flint den Blick wieder über die Versammlung schweifen, bevor er sich langsam setzte. Die Stille im Raum war drückend, und die gespannte Aufmerksamkeit der Zuschauer richtete sich auf das Gamot, das nun den nächsten Schritt einleiten würde.
Lucius Malfoy erhob sich erneut, seine Präsenz im Saal unübersehbar. Sein Ton war ruhig und sachlich, doch die Schärfe seiner Worte ließ keinen Zweifel daran, dass er entschlossen war, die ganze Schwere von James Potters Taten vor dem Gamot auszubreiten.
»Sehr geehrtes Gamot«, begann Lucius und hielt eine Akte hoch, »ich lege Ihnen hiermit die vollständigen medizinischen Berichte des St. Mungo's Krankenhauses vor, die den Zustand von Harry James Potter dokumentieren, als er in der Nacht vom sechsten auf den siebten August dieses Jahres eingeliefert wurde.« Er öffnete die Akte und sprach weiter. »Die Untersuchungsergebnisse zeigen Folgendes: Harry Potter wurde mit einem Schädelbruch eingeliefert, der das Ergebnis eines stumpfen Aufpralls war. Die Heiler haben festgestellt, dass diese Verletzung ohne die rechtzeitige medizinische Versorgung tödlich hätte enden können.« Ein erschrockenes Murmeln ging durch die Reihen, und Lucius wartete einen Moment, bevor er fortfuhr. »Zusätzlich wiesen seine Rippen multiple Frakturen auf – einige davon waren frisch, andere heilten gerade, was auf wiederholte Gewaltanwendung hinweist. Darüber hinaus fand man tiefe Risswunden und Prellungen auf seinem Rücken, die eindeutig auf Schläge mit einem Gürtel zurückzuführen sind. Die Schnalle des Gürtels wurde später bei der Durchsuchung des Hauses Potter mit getrocknetem Blut gefunden.« Lucius hielt kurz inne, um den Raum zur Ruhe kommen zu lassen. »Harrys Arme zeigten alte Brüche, die nie professionell behandelt wurden. Hinzu kommen zahlreiche Narben, die auf Jahre der Vernachlässigung und Misshandlung hindeuten.« Er blätterte um und las eine Passage aus dem Bericht der Heiler vor: »Der Zustand des Patienten weist auf langjährige physische Misshandlungen hin, die in Kombination mit Unterernährung und mangelnder medizinischer Versorgung zu einer erheblichen Schwächung des Körpers geführt haben. Ohne die rechtzeitige Intervention wäre der Patient höchstwahrscheinlich verstorben.« Lucius legte die medizinischen Berichte beiseite und zog eine neue Akte hervor.
»Ich lege Ihnen nun die Aussagen der Mentalheilerin Elara Lynden vor, die Harry Potter psychologisch betreut.« Er warf einen Blick in die Akte und begann. »Heilerin Lynden dokumentiert in ihrem Bericht, dass Harry Potter unter schwerwiegenden Traumata leidet, die auf wiederholte psychische und physische Misshandlungen zurückzuführen sind. Besonders gravierend ist die Entdeckung, dass James Potter den Cruciatus-Fluch auf seinen eigenen Sohn angewandt hat.« Das Raunen im Saal wurde lauter, doch Lucius ließ sich nicht beirren. »Die Mentalheilerin schreibt weiter: ‚Die Anwendung des Cruciatus-Fluchs hat tiefe Spuren im psychischen Zustand des Jungen hinterlassen. Er leidet unter wiederkehrenden Albträumen, Panikattacken und einer tiefen Furcht vor Nähe und Vertrauen. Diese Symptome sind typisch für Opfer von Folter, insbesondere durch unverzeihliche Flüche.'« Lucius' Tonfall wurde schärfer. »Die Manipulation von Harrys Erinnerungen durch James Potter hat zusätzlich dazu beigetragen, die psychischen Schäden zu verschlimmern. Der Junge musste sich nicht nur der Gewalt aussetzen, sondern auch mit der ständigen Verwirrung und Unsicherheit leben, die durch die Manipulation seines Gedächtnisses hervorgerufen wurde.« Lucius zog ein weiteres Dokument hervor. »Ich präsentiere Ihnen nun die Aussage von Ms. Stuart, Harrys ehemalige Lehrerin an der Muggelschule, die der Junge vor seinem Hogwarts-Besuch besuchte.« Er las aus dem Dokument vor.
»Ms. Stuart beschreibt Harry als ein stilles und zurückhaltendes Kind, das oft hungrig zur Schule kam und abwesend wirkte. Sie gibt an: ‚Ich habe ihm oft etwas zu essen gegeben, weil er selbst nie oder selten etwas dabei hatte oder wenn, dann nur ein Stück trockenes Brot. Ich erinnere mich, wie seine Kleidung oft schmutzig und viel zu klein war. Ich habe ihm gelegentlich kleine Geschenke gemacht, wie ein Buch oder einen Bleistift.'« Lucius blickte ins Publikum und sprach mit Nachdruck. »Ms. Stuart beschreibt weiter, dass Harry nie über sein Zuhause sprach, selbst wenn andere Kinder von ihren Eltern oder ihrem Alltag erzählten. Sie berichtet auch, dass Harry oft zitterte, wenn Erwachsene in seiner Nähe lauter wurden, ein klares Zeichen für Angst vor Gewalt.« Lucius legte die Aussage von Ms. Stuart beiseite und fuhr fort. »Auch die Lehrer in Hogwarts haben ähnliche Beobachtungen gemacht. Professor McGonagall beschreibt Harry als einen außergewöhnlich talentierten, aber zurückhaltenden Schüler, der Schwierigkeiten hatte, soziale Bindungen aufzubauen. Professor Flitwick bemerkte, dass Harry oft abwesend wirkte und selten über persönliche Dinge sprach. Beide berichten, dass Harry große Fortschritte gemacht hat, nachdem er Freunde gefunden hatte – doch er blieb immer vorsichtig, als hätte er Angst, etwas falsch zu machen. Außerdem war Harry Potter gezwungen, ein halbes Jahr in Durmstrang zu verbringen, als sein Vater sich entschied, ihn dorthin zu schicken.« Lucius hielt inne, bevor er weitersprach. »Igor Karkaroff, der Schulleiter, beschreibt Harrys Aufenthalt als ‚problematisch'. Er gibt an, dass Harry oft allein war, sich von den anderen Schülern fernhielt und Schwierigkeiten hatte, sich anzupassen. Karkaroff schreibt: ‚Der Junge war außergewöhnlich begabt, aber seine sozialen Fähigkeiten waren stark beeinträchtigt. Er wirkte traumatisiert und reagierte auf laute Stimmen oder plötzliche Bewegungen mit sichtbarer Angst. Körperlich entsprach er in keiner Weise den Anforderungen der Schule.'« Lucius schloss mit den Berichten der Auroren, die James Potters Haus durchsucht hatten.
»Die Spuren im Haus Potter sind eindeutig: Blut auf dem Bett und den Dielen, ein abgenutzter Gürtel mit Blutspuren, und ein kahles, liebloses Zimmer, das kaum als Kinderzimmer bezeichnet werden kann.« Lucius blickte zum Gamot.
»Sehr Geehrte Mitglieder, die Beweise sind erdrückend. Harry Potter wurde systematisch misshandelt, körperlich und psychisch gequält und in einem Umfeld gehalten, das jeglicher menschlichen Fürsorge entbehrt. Es gibt keinen Zweifel daran, dass James Potter die volle Verantwortung für diese Taten trägt.« Lucius setzte sich, und der Saal war in eine bedrückende Stille gehüllt.
Gideon Flint stand auf, zog seine Roben glatt und trat in die Mitte des Saals. Sein Gesichtsausdruck war ernst, doch seine Stimme klang ruhig und professionell.
»Sehr geehrtes Gamot, ich möchte einen Zeugen aufrufen, der über die berufliche Integrität und das Verhalten meines Mandanten als Auror berichten kann. Ich rufe Auror Daniel Greystone.« Ein leises Murmeln ging durch den Raum, als Greystone aufstand und in die Mitte des Saals trat. Der stämmige Mann mit dem ernsten Gesichtsausdruck wirkte angespannt, doch er hielt den Blick geradeaus gerichtet, als er sich auf den Zeugenstuhl setzte. Die magischen Schutzzauber um den Stuhl leuchteten kurz auf, dann verstummte der Saal wieder. Cornelius Fudge beugte sich vor.
»Auror Greystone, erinnern Sie sich daran, dass Sie die Wahrheit sprechen müssen. Ihre Aussage wird von den Zaubern dieses Saals überprüft.« Greystone nickte knapp.
»Ja, Minister.« Gideon Flint trat vor und begann mit ruhiger Stimme: »Auror Greystone, wie lange haben Sie unter James Potter gearbeitet?«
»Seit ich in die Aurorenzentrale aufgenommen wurde, also etwa acht Jahre«, antwortete Greystone.
»Können Sie dem Gamot beschreiben, wie James Potter in seiner Rolle als Chef der Aurorenzentrale war?« Greystone überlegte kurz, bevor er antwortete.
»Er war ein entschlossener und fähiger Leiter. Potter war immer jemand, der an vorderster Front kämpfen wollte. Er verlangte viel von seinem Team, aber er ging immer mit gutem Beispiel voran. Viele von uns haben ihn respektiert – als Kämpfer gegen dunkle Magie und als jemand, der sein Leben dafür riskiert hat, andere zu schützen.« Flint nickte.
»Gab es etwas in seinem Verhalten, das Ihnen jemals Anlass zur Sorge gegeben hätte? Irgendetwas, das darauf hindeutete, dass er zu Gewalt oder Missbrauch fähig wäre?« Greystone schüttelte den Kopf.
»Nein, nicht in seiner beruflichen Rolle. Er war ein harter, aber fairer Vorgesetzter. Es war bekannt, dass er nach dem Tod seiner Frau schwierige Zeiten durchmachte, aber das hat er nie in der Arbeit gezeigt.« Flint trat einen Schritt näher.
»Hatten Sie je Grund zu der Annahme, dass er privat Probleme hatte, die seine Arbeit beeinträchtigen könnten?« Greystone zögerte.
»Ich habe gehört, dass er trank – aber das war in der Zentrale nicht ungewöhnlich, besonders nach schweren Fällen. Er hat es nie mit zur Arbeit gebracht.«
»Vielen Dank, Auror Greystone«, sagte Flint. »Ich habe keine weiteren Fragen. Ihr Zeuge.« Lucius Malfoy erhob sich mit langsamen, bedachten Bewegungen. Er trat vor, seine Augen ruhten fest auf Greystone.
»Auror Greystone, Sie sagten, James Potter sei ein entschlossener und fähiger Leiter gewesen. Können Sie das näher erläutern?«
»Er war jemand, der uns antrieb, unser Bestes zu geben«, sagte Greystone. »Er war mutig und hat nie gezögert, sich Gefahren zu stellen.«
»Mutig, in der Arbeit«, wiederholte Lucius mit einem Hauch von Skepsis. »Doch Sie erwähnten, dass er nach dem Tod seiner Frau Probleme hatte. Können Sie bestätigen, dass er in dieser Zeit regelmäßig getrunken hat?« Greystone nickte zögernd.
»Ja, das stimmt. Also man erzählte es sich und hin und wieder sprach er auch davon, dass er mal einen ‚Whiskey' bräuchte.«
»Haben Sie jemals beobachtet, dass dieses Verhalten seine Fähigkeit, rational zu handeln, beeinträchtigt hat?«
»Nicht während der Arbeit«, sagte Greystone entschieden. Lucius' Ton wurde etwas kühler.
»Aber privat? Hatten Sie jemals Kontakt mit James Potter außerhalb der Aurorenzentrale?«
»Nein«, gestand Greystone. »Ich habe ihn nur in der Zentrale erlebt.« Lucius trat einen Schritt zurück.
»Dann können Sie also nicht mit Sicherheit sagen, dass er privat genauso diszipliniert war wie beruflich.«
»Das kann ich nicht«, gab Greystone zu. Lucius ließ die Worte einen Moment wirken, bevor er fragte: »Und doch ist Ihnen bekannt, dass James Potter seinen Sohn schwer misshandelt hat. Wie bewerten Sie das im Kontext dessen, was Sie über ihn als Vorgesetzten wissen?« Greystone zögerte, dann sagte er leise: »Es ... passt nicht zu dem Mann, den ich im Beruf kannte.« Lucius nickte, als hätte er diese Antwort erwartet.
»Vielen Dank, Auror Greystone. Ich habe keine weiteren Fragen.« Greystone wurde entlassen, und er verließ den Zeugenstuhl mit einem gesenkten Kopf. Die Aussagen hatten einen stillen, nachdenklichen Eindruck im Saal hinterlassen. Es war klar, dass James Potter in seinem Berufsleben ein anderer Mann gewesen war – doch das war kein Freispruch für seine privaten Taten.
Gideon Flint erhob sich erneut, seine Miene blieb ernst, während er den nächsten Zeugen aufrief.
»Sehr geehrtes Gamot, ich rufe Martin Vickers in den Zeugenstand.« Ein murmelndes Raunen ging durch die Reihen, als ein schlanker, nervös wirkender Mann mit zerzaustem Haar und einer leicht schiefen Haltung den Saal betrat. Seine Kleidung war ordentlich, aber nicht elegant, und er trug einen Ausdruck von Unbehagen im Gesicht, als er auf den Zeugenstuhl geführt wurde. Die magischen Schutzzauber leuchteten kurz auf, bevor er sich setzte.
»Martin Vickers«, begann Flint mit einem förmlichen Ton, »Sie sind ein alter Freund von James Potter, korrekt?« Vickers nickte zögernd.
»Ja, das stimmt.«
»Wie lange kennen Sie ihn?«
»Seit Hogwarts. Wir waren beide im Haus Gryffindor, er ein Jahr unter mir, und sind auch danach in Kontakt geblieben.« Flint trat näher, seine Stimme blieb ruhig.
»Können Sie beschreiben, wie James Potter in seiner Rolle als Vater war? Haben Sie ihn jemals mit seinem Sohn, Harry, erlebt?« Vickers rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her.
»Ja ... ein paar Mal. Aber ... ich meine, James war nie besonders ... väterlich. Er wirkte oft abwesend, wenn Harry in der Nähe war. Aber das heißt nicht, dass er ihn nicht mochte.«
»Er wirkte abwesend?« Flint hob eine Augenbraue. »Können Sie das näher erläutern?«
»Nun, er ... er schien Harry oft zu ignorieren«, sagte Vickers zögernd. »Er war mehr mit seinem eigenen Leben beschäftigt, glaube ich. Aber das bedeutet nicht, dass er absichtlich kalt war. Vielleicht wusste er einfach nicht, wie man ein Vater ist.« Flint nickte.
»Würden Sie sagen, dass James Potter seinen Sohn Harry geliebt hat?« Vickers schien sichtlich mit der Antwort zu ringen.
»Ich denke ... auf seine Weise vielleicht. Aber ... ich bin mir nicht sicher. Es war kompliziert.« Flint ließ die Worte im Raum wirken und fuhr dann fort.
»Können Sie sich an ein bestimmtes Ereignis erinnern, bei dem Sie James und Harry zusammen erlebt haben?« Vickers' Gesichtsausdruck wurde noch nervöser, als er antwortete: »Ja, das war letztes Jahr, kurz vor Weihnachten. Lucius Malfoy hatte Harry nach Hause gebracht, weil James vergessen hatte, ihn vom Hogwarts-Express abzuholen.« Ein aufgeregtes Murmeln ging durch den Saal, doch Fudge gestikulierte, dass Ruhe einkehren solle.
»Und was geschah, als James und Harry wieder zusammen waren?« Vickers schluckte schwer.
»James war ... wütend. Er hat Harry kaum angesehen. Ich glaube, er hat sich geschämt, weil Lucius ihn zur Rede gestellt hat.« Flint hielt inne, als das Raunen im Saal wieder lauter wurde. Er ließ die Worte einen Moment wirken und sprach dann weiter: »Aber James hat Harry nicht geschlagen, richtig?«
»Nicht, dass ich gesehen hätte«, antwortete Vickers schnell. »Aber ich bin danach gegangen. Es war ... unangenehm.« Flint nickte und trat zurück.
»Vielen Dank, Mr. Vickers. Keine weiteren Fragen. Ihr Zeuge.« Lucius Malfoy erhob sich mit einem kalten, berechnenden Blick und trat an den Zeugenstuhl heran.
»Mr. Vickers, Sie haben James Potter als abwesend und wütend beschrieben. Würden Sie zustimmen, dass dies keine Qualitäten eines guten Vaters sind?«
»Ja, aber ...«, begann Vickers, doch Lucius schnitt ihm das Wort ab.
»Kein Aber, Mr. Vickers. Sie sagten, James Potter hätte Harry ignoriert. Würden Sie das als angemessenes Verhalten gegenüber einem Kind bezeichnen?« Vickers senkte den Blick.
»Nein, natürlich nicht.«
»Haben Sie jemals gesehen, dass James Potter Harry tröstete, ihn lobte oder ihm irgendeine Form von Zuneigung zeigte?«
»Nein ... ich glaube nicht«, sagte Vickers kleinlaut. Lucius' Ton wurde schärfer.
»Sie sagen, Sie seien ein Freund von James Potter. Warum haben Sie nicht eingegriffen, als Sie sahen, dass er seinen Sohn schlecht behandelte?« Vickers öffnete den Mund, doch kein Wort kam heraus. Schließlich murmelte er: »Ich ... ich wusste nicht, was ich tun sollte.« Lucius trat einen Schritt zurück, seine Stimme wurde leise, aber durchdringend.
»Mr. Vickers, Ihre Aussage zeigt uns nicht, dass James Potter ein guter Vater war. Sie zeigt uns lediglich, dass er die Bedürfnisse seines Sohnes ignorierte, ihn demütigte und ihm keine Fürsorge zuteilwerden ließ. Ich habe keine weiteren Fragen.« Vickers wurde entlassen, und er verließ den Zeugenstuhl sichtlich erleichtert, den Raum jedoch in betretenem Schweigen. Es war offensichtlich, dass seine Aussage der Verteidigung mehr geschadet als geholfen hatte.
Gideon Flint stand auf, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und trat vor den Tisch, an dem James Potter saß. Der Angeklagte wirkte angespannt, die magischen Fesseln um seine Handgelenke schimmerten im Licht des Saals. Seine Haltung war zusammengesunken, der Blick auf den Tisch vor ihm gerichtet.
»Mr. Potter kommen Sie bitte in den Zeugenstand«, begann Flint ruhig, »wir werden uns nun einige Fragen zu den Ereignissen widmen, die Sie hierhergebracht haben.« James stand auf und setzte sich auf den Stuhl, auf dem auch Vickers und Greystone gesessen hatten. Fudge belehrte auch ihn noch einmal, ehe Flint begann.
»Zunächst möchte ich betonen, dass Sie bereits Verantwortung für Ihre Handlungen übernommen haben, indem Sie vor diesem Gamot Ihre Schuld in einigen Punkten eingeräumt haben. Es ist jedoch wichtig, die Umstände zu beleuchten, die zu diesen Taten führten.« James nickte kaum merklich, aber er sagte nichts.
»Mr. Potter«, fuhr Flint fort, »können Sie bitte in Ihren eigenen Worten beschreiben, wie Sie den Verlust Ihrer Frau, Lily Potter, erlebt haben?« James' Stimme war leise und brüchig, als er antwortete: »Es war ... wie alles zu verlieren. Lily war mein Anker, meine Stärke. Als sie starb, fühlte es sich an, als hätte ich keinen Grund mehr zu kämpfen.« Flint nickte verständnisvoll.
»Sie waren damals ein junger Vater, erst Anfang zwanzig, und plötzlich allein für ein Baby verantwortlich. Würden Sie sagen, dass Sie sich darauf vorbereitet fühlten?« James schüttelte den Kopf.
»Nein. Ich hatte keine Ahnung, wie ich ein Vater sein sollte. Ich habe versucht ... aber ich war nie gut darin.«
»Haben Sie jemals Hilfe gesucht?«, fragte Flint weiter.
»Nein«, gestand James. »Ich war zu stolz. Ich wollte nicht, dass jemand weiß, dass ich scheitere.« Flint ließ eine kurze Pause, bevor er ein neues Thema ansprach.
»Es ist bekannt, dass Sie nach Lilys Tod begonnen haben, Alkohol zu konsumieren. Können Sie uns mehr darüber erzählen?« James schloss die Augen, als wolle er den Fragen entfliehen, aber schließlich sprach er.
»Am Anfang war es nur abends, um den Schmerz zu betäuben. Aber irgendwann wurde es mehr. Ich habe getrunken, um zu vergessen, um nicht nachdenken zu müssen.«
»Und glauben Sie, dass Ihr Alkoholkonsum Ihre Fähigkeit beeinträchtigt hat, sich um Harry zu kümmern?«
»Ja«, murmelte James. »Ich habe Dinge getan ... oder nicht getan ... weil ich zu betrunken war, um es besser zu wissen.« Flint trat einen Schritt näher und sprach mit einem sanfteren Ton.
»Mr. Potter, können Sie uns bitte beschreiben, wie Ihre Beziehung zu Ihrem Sohn war? Haben Sie ihn geliebt?« James schwieg lange, bevor er leise sagte: »Ich weiß es nicht. Ich habe ihn nicht gehasst, aber ... er hat mich immer an Lily erinnert. Und das hat wehgetan. Vielleicht habe ich ihn dafür verantwortlich gemacht, dass sie nicht mehr da war.« Ein leises, schockiertes Murmeln ging durch den Saal, doch Flint fuhr unbeeindruckt fort.
»Glauben Sie, dass diese Gefühle dazu beigetragen haben, dass Sie sich distanziert haben?« James nickte.
»Ja. Es war einfacher, ihn zu ignorieren, als mich mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen.«
»Können Sie uns beschreiben, wie es zu den gewalttätigen Vorfällen kam?«, fragte Flint vorsichtig. »Gab es einen Moment, der alles verändert hat?« James zögerte, dann sagte er: »Es war ... nie geplant. Es passierte, wenn ich wütend war. Wenn er etwas tat, das mich erinnerte ... oder wenn ich einfach zu viel getrunken hatte. Es war, als könnte ich die Wut nicht kontrollieren.«
»Bereuen Sie diese Handlungen?«, fragte Flint, seine Stimme wurde eindringlicher. James sah zum ersten Mal auf und blickte Flint direkt an.
»Ja. Ich weiß, dass ich ihm wehgetan habe. Dass ich alles falsch gemacht habe. Aber ich weiß nicht, wie ich es rückgängig machen kann.« Gideon Flint wandte sich an das Gamot, seine Stimme fest, aber sachlich.
»Meine Damen und Herren des Gamots, Sie haben die Worte eines gebrochenen Mannes gehört. James Potter hat schwerwiegende Fehler gemacht – das ist unbestreitbar. Doch er ist nicht ohne Reue, und seine Taten entsprangen nicht kalter Bosheit, sondern einer tiefen Überforderung, Trauer und Selbstzerstörung.« Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr. »Ich bitte Sie, diese Umstände bei Ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. James Potter ist ein Mann, der gescheitert ist – an sich selbst, an seinem Sohn und an seiner Verantwortung. Doch er ist auch ein Mann, der sein Versagen anerkennt. Gnade ist keine Schwäche, sondern eine Stärke, die wir in diesem Fall nicht vergessen sollten.« Flint setzte sich, und die Augen des Saals richteten sich auf James, der wieder mit gesenktem Kopf dasaß. Es war nun an der Anklage, ihre Fragen zu stellen.
Lucius Malfoy erhob sich langsam, seine kalte und berechnende Haltung machte sofort klar, dass er nicht vorhatte, auch nur ein Detail zu verschonen. Sein Blick war wie ein scharfes Messer, das sich in James Potter bohrte, während er vor den Tisch trat.
»Mr. Potter«, begann Lucius mit einer Stimme, die vor eisiger Kontrolle nur so triefte, »Sie haben gerade unter Eid zugegeben, dass Sie Ihren Sohn geschlagen, misshandelt und vernachlässigt haben. Lassen Sie uns diese Punkte im Detail betrachten.« James blickte nicht auf, sondern starrte weiterhin auf den Tisch. Lucius wartete keine Sekunde und begann sofort, die Fakten darzulegen.
»Lassen Sie uns mit den körperlichen Verletzungen beginnen, die Ihr Sohn erlitten hat«, sagte Lucius mit schneidendem Ton. »Harry wurde mit einem Schädelbruch, gebrochenen Rippen, tiefen Risswunden am Rücken und Prellungen ins St. Mungo's eingeliefert. Können Sie erklären, wie ein Elfjähriger solche Verletzungen erleiden konnte, wenn er in Ihrer Obhut war?« James schwieg, seine Schultern sanken noch weiter. Der Raum war totenstill.
»Antworten Sie, Mr. Potter«, drängte Lucius, seine Stimme ein peitschender Befehl. »Oder soll ich Ihnen vorlesen, was die Heiler festgestellt haben?«
»Ich ... ich war betrunken«, murmelte James schließlich. »Es war ein Unfall.« Lucius' Augenbrauen schossen in die Höhe.
»Ein Unfall? Ein Schädelbruch, gebrochene Rippen, tiefe Schnittwunden und Prellungen – alles ein Unfall? Wie erklären Sie dann den Gürtel, der mit getrocknetem Blut befleckt war, und die Tatsache, dass Harrys Verletzungen in verschiedenen Heilungsstadien waren? Das deutet nicht auf einen einzelnen Unfall hin, sondern auf jahrelange systematische Gewalt.« James öffnete den Mund, schloss ihn wieder und sagte nichts. Lucius zog einen Bericht hervor und hielt ihn hoch.
»Der medizinische Bericht zeigt außerdem, dass Ihr Sohn jahrelang unter Mangelernährung litt. Harry Potter hatte bei seiner Einlieferung ins St. Mungo's ein Körpergewicht, das weit unter dem Durchschnitt seines Alters lag. Können Sie erklären, warum?« James flüsterte: »Ich ... habe nicht darauf geachtet.«
»Nicht darauf geachtet?« wiederholte Lucius mit gefährlicher Ruhe. »Ihr Sohn musste hungern, während Sie regelmäßig Mahlzeiten in Restaurants einnahmen und Alkohol in großen Mengen ins Haus brachten. Ist das korrekt?« James nickte, aber seine Stimme versagte. Lucius machte weiter, seine Worte wie Hiebe.
»Harry Potter hat in seiner Aussage berichtet, dass er oft lange allein war, ohne zu wissen, wann oder ob er überhaupt etwas zu essen bekommen würde. In Ihrer Abwesenheit war er auf sich allein gestellt. Ist das korrekt?«
»Ja«, flüsterte James, kaum hörbar. Lucius trat näher an den Tisch heran, seine Stimme wurde noch schärfer.
»Und als Professor Severus Snape begann, Interesse an Harrys Wohlbefinden zu zeigen, was haben Sie getan? Sie haben ihn nach Durmstrang geschickt. Warum?« James blinzelte, als hätte er die Frage nicht verstanden, bevor er schließlich stockend antwortete: »Ich ... wollte nicht, dass jemand Fragen stellt.«
»Fragen zu was, Mr. Potter?«, fragte Lucius und neigte sich näher. »Zu den blauen Flecken? Zu den Narben? Oder zu Ihrer Unfähigkeit, Ihren Sohn auch nur minimal zu versorgen?« James sah zu Boden, sein Schweigen war Antwort genug. Lucius zog ein weiteres Dokument hervor.
»Nun kommen wir zu einem der schwerwiegendsten Punkte: der Anwendung des Cruciatus-Fluchs auf Ihren eigenen Sohn. Berichten der Mentalheilerin zufolge geschah dies, als Harry sieben Jahre alt war. Er hatte einen Spiegel zerbrochen, und Ihre Reaktion darauf war es, einen unverzeihlichen Fluch auf ihn zu sprechen. Bestreiten Sie das?«
»Nein«, murmelte James, seine Stimme kaum hörbar.
»Warum, Mr. Potter?« Lucius Stimme war jetzt kalt wie Eis. »Warum wenden Sie einen Fluch an, der Folter verursacht, der Menschen in den Wahnsinn treiben kann, auf ein Kind an – auf Ihren eigenen Sohn?«
»Ich ... ich war wütend«, gestand James. »Ich hatte getrunken und ... ich habe die Kontrolle verloren.«
»Die Kontrolle verloren?« Lucius wiederholte die Worte wie ein Gift, das er ausspucken wollte. »Wissen Sie, was dieser Fluch einem Menschen antut? Einem siebenjährigen Kind? Harry hat berichtet, dass er sich an nichts anderes als an Schmerzen erinnert – unvorstellbare Schmerzen. Wissen Sie, was für ein Trauma, das hinterlässt?« James sah immer noch nicht auf, aber seine Schultern zitterten leicht. Lucius machte eine bedeutungsvolle Pause, bevor er weitersprach.
»Und dann kommen wir zu jener Nacht, in der Harry beinahe sein Leben verlor. Erzählen Sie dem Gamot, was an diesem Abend geschah.«
»Ich war betrunken«, begann James stockend. »Harry hatte ... etwas gesagt. Ich erinnere mich nicht mehr genau. Es hat mich wütend gemacht, und ich ... ich habe ihn geschlagen.« Lucius trat einen Schritt näher, seine Augen funkelten vor Zorn. »Sie haben ihn nicht nur geschlagen, Mr. Potter. Sie haben ihn getreten mehr oder weniger ausgepeitscht, gegen Möbel geschleudert und ihn blutend auf dem Boden zurückgelassen. Danach haben Sie ihn nicht ins Krankenhaus gebracht, sondern ihn einfach liegenlasse. Bestreiten Sie das?« James schüttelte den Kopf, die Tränen liefen ihm jetzt über das Gesicht.
»Nein ... ich ... ich wusste nicht, was ich tat.« Lucius richtete sich auf, seine Haltung war wie ein Richter, der gerade ein Todesurteil gefällt hatte.
»Mr. Potter, Ihre Taten sprechen für sich. Sie haben Ihr Kind misshandelt, gequält und fast umgebracht. Sie haben ihn hungern lassen, ihn seiner Kindheit beraubt und ihm nie die geringste Liebe oder Fürsorge gegeben. Ihre Ausreden – Alkohol, Überforderung, Trauer – entschuldigen keine Ihrer Handlungen.« Er wandte sich an das Gamot.
»Dieser Mann hat nicht nur seine Pflicht als Vater vernachlässigt, er hat sie mit Füßen getreten. Es gibt keine Entschuldigung, keinen Grund und keine Rechtfertigung, die die Schwere seiner Verbrechen mindern können. Möge das Gamot entsprechend urteilen.« Mit diesen Worten setzte sich Lucius und ließ eine drückende Stille im Saal zurück, die von der erdrückenden Wahrheit der Beweise erfüllt war. Eine Weile blieb es still. James saß inzwischen wieder auf seinem Platz. Nun erhob sich Lucius Malfoy ein letztes Mal, seine Haltung war aufrecht, sein Ton scharf und unnachgiebig. Der gesamte Saal schien den Atem anzuhalten, während er sprach.
»Sehr geehrte Mitglieder des Gamots, Sie haben die Fakten gehört. Sie haben die Berichte der Heiler gelesen, die Aussagen von Harry Potter selbst gehört und die Verbrechen vor sich liegen sehen. Was wir hier verhandeln, ist nicht nur ein Fall von Kindesmisshandlung – es ist ein Verrat an der grundlegenden Menschlichkeit. James Potter, ein Mann, der geschworen hat, als Auror Gerechtigkeit und Schutz zu wahren, hat all dies mit Füßen getreten, indem er seinen eigenen Sohn quälte, misshandelte und beinahe in den Tod trieb. Er hat nicht nur als Vater versagt, sondern auch als Mensch. Das Leid, das er Harry zugefügt hat, wird den Jungen ein Leben lang begleiten. Die Folgen seines Handelns sind tiefgreifend, physisch und psychisch und können niemals vollständig ungeschehen gemacht werden. James Potter hat sein Kind nicht nur geschlagen, sondern mit einem der unverzeihlichsten Flüche belegt – dem Cruciatus. Er hat das Vertrauen, das ein Kind in seine Eltern haben sollte, zerstört. Statt Schutz fand Harry Schmerz. Statt Liebe erfuhr er Hass. Statt Fürsorge war da nur Gleichgültigkeit. Es ist Ihre Aufgabe, sehr geehrtes Gamot, für Gerechtigkeit zu sorgen. Es gibt keine Strafe, die das Leid von Harry Potter wirklich ausgleichen könnte, aber es gibt eine Strafe, die sicherstellt, dass James Potter nie wieder die Gelegenheit hat, einem anderen Lebewesen Schaden zuzufügen. Ich bitte Sie, die größtmögliche Strafe zu verhängen.«
Gideon Flint stand auf, sein Gesichtsausdruck blieb neutral, doch seine Stimme trug einen Hauch von Dringlichkeit, als er sprach.
»Sehr geehrte Mitglieder des Gamots, niemand wird die Schwere der Taten meines Mandanten bestreiten. James Potter hat Fehler gemacht – schwerwiegende, unverzeihliche Fehler. Doch es ist wichtig, die Umstände zu betrachten, die zu diesen Taten führten. Der Verlust seiner Frau, die Überforderung, die Trauer und der Alkohol haben ihn in einen Zustand versetzt, in dem er nicht mehr klar denken konnte. Er hat nie geleugnet, was er getan hat, und er zeigt Reue. Er weiß, dass er versagt hat – als Vater, als Mensch. Aber er ist kein Monster. Er ist ein gebrochener Mann, der die Tragweite seiner Taten erkannt hat. Ich bitte Sie, bei Ihrer Urteilsfindung Gnade walten zu lassen. Eine Strafe, die ihm die Chance gibt, über sein Handeln nachzudenken, die ihn nicht einfach aus der Gesellschaft entfernt, sondern ihm die Möglichkeit gibt, zu bereuen und zu versuchen, einen Teil seiner Schuld abzutragen.« Gideon setzte sich, und der Saal war von einer drückenden Stille erfüllt.
Cornelius Fudge lehnte sich nach vorn, seine Stimme war schneidend.
»Mr. Potter, bevor wir das Urteil beraten, haben Sie das Recht, eine abschließende Stellungnahme abzugeben. Möchten Sie etwas sagen?« James Potter zögerte, dann stand er auf. Seine Hände waren noch immer durch die magischen Fesseln verbunden, und sein Gesicht war eine Mischung aus Scham und Trauer.
»Ich ... ich möchte mich entschuldigen«, begann er, seine Stimme brüchig. »Bei meinem Sohn. Bei Harry. Es gibt keine Worte, die das wiedergutmachen können, was ich ihm angetan habe. Ich weiß, dass ich alles zerstört habe, was ich hätte schützen sollen. Ich ... ich habe versagt.« Er machte eine Pause, seine Schultern zitterten, bevor er weitersprach. »Ich habe ihn nicht gehasst. Ich weiß, dass es so aussieht, aber ... ich habe ihn nicht gehasst. Ich wusste nicht, wie ich mit meinen Gefühlen umgehen sollte. Ich habe ihn für Dinge verantwortlich gemacht, die nicht seine Schuld waren. Und jetzt ist es zu spät.« James hob den Kopf und sah in die Runde, seine Augen glitzerten vor Tränen.
»Ich weiß, dass ich bestraft werden muss. Ich weiß, dass ich kein Recht mehr habe, mich Vater zu nennen. Aber ich hoffe, dass Harry eines Tages ... Frieden findet. Auch wenn ich es nicht verdient habe, hoffe ich, dass er glücklich wird.« Seine Stimme brach, und er setzte sich wieder, den Blick auf den Boden gesenkt. Der Saal war vollkommen still, bis Cornelius Fudge sich erhob.
»Das Gamot wird sich nun zur Urteilsfindung zurückziehen.« Mit diesen Worten wurde James von den Auroren hinausgeführt, und die Anspannung im Saal blieb greifbar, während die Mitglieder des Gamots ihre Plätze verließen, um die Entscheidung zu beraten.
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