Zimtsterne zum Verlieben (4/10)
Sie trafen sich zwei Tage später morgens im Kindergarten. Es war Samstag und Vienne hatte sich frei genommen, während David sowieso an Wochenenden frei hatte. Vienne hatte ihn darauf hingewiesen, dass Kindergartenkinder vom Verhalten anders als Gymnasial-Schüler waren. Er hatte bloß die Augen verdreht und gemeint, dass die Ähnlichkeiten manchmal verblüffend ähnlich seien.
Vienne wusste nicht, warum sie trotzdem nervös war.
Die Erzieherin Susanne begrüßte beide vorfreudig und bedankte sich, dass sie gekommen waren. "Einige Kinder kommen heute auch zum Helfen. Ich habe es mit den Eltern abgesprochen, dass sie ab neun Uhr hier sind. Sie freuen sich schon."
"Die Kinder oder die Eltern?", flüsterte David, als sie Susanne in die Lagerräume folgten, um die Berge an Dekoration hervorzuholen, zu sortieren und alles vorzubereiten.
Vienne lachte.
Angekommen musterte David die Kisten zwar missmutig, schenkte Vienne jedoch ein aufmunterndes Lächeln. "Wird bestimmt lustig", presste er hervor, wobei er das Gesicht verzog, als müsste er gleich stinkenden Abfall sortieren.
Sie hatten etwa eine Stunde Zeit und redeten über Belangloses. Irgendwann griff die Neugier durch und Vienne sammelte ihren Mut. "Magst du mir erzählen, warum du Weihnachten hasst?", fragte sie.
David stoppte beim Entwirren der Lichterkette, als hätte ein Stromschlag ihn außer Gefecht gesetzt. "Das erzähle ich nie anderen Leuten", sagte er.
Eine weitere Antwort kam nicht. Er würde das Geheimnis nicht preisgeben.
Sie konnte auch nicht weiter nachfragen, denn in dem Moment kamen die ersten Kinder schreiend hineingerannt. Maria und Zoe stürzten sich sofort auf die Kisten und staunten. Lukas rannte zu Vienne und umarmte sie freudig. Felix blieb schüchtern am Rand stehen und musterte David.
Vienne strich dem kleinen Lukas zärtlich durch das Haar. "Guten Morgen, Lukas, hast du gut geschlafen? Freust du dich auf heute?"
Der Kleine kannte sie und den Prozess vom letzten Jahr. "Ja!", rief er mit einem strahlenden Lächeln, bei dem die Hälfte der Zähne fehlten.
Ein plötzlicher Impuls überkam sie. "Was magst du so sehr an Weihnachten?" Vienne winkte alle Kinder zur Morgenrunde zusammen und bedeutete auch David, näher zu treten. "Könnt ihr mir alle sagen, warum das Fest das Beste im Jahr ist?"
"Glitzer!", rief Zoe und hielt die ersten Christbaumkugeln in die Höhe. "Und Geschenke! Mama hat gesagt, dass ich artig genug war, um mir ein Einhorn zu wünschen. Stell dir vor, Vienne, ich bekomme ein echtes Einhorn!"
"Ein echtes, ja?"
Zoe nickte gewissenhaft. "Genauso echt wie der Weihnachtsmann."
David versuchte, sein Lachen als Husten zu tarnen.
"Ich mag es, mit meinem Papa Kekse zu backen", gab Maria zu. "Wir dekorieren sie bunt, während wir Lieder singen."
Lukas sprang von einem Bein auf das andere, als würde er ein unsichtbares Himmel-und-Hölle-Spiel spielen. "Wir besuchen immer Oma und Opa, die wir sonst fast nie sehen." Er blieb stehen. "Nur bekomme ich jedes Jahr einen komischen Pullover, den Oma strickt. Ich mag ihn nicht, aber Mama sagt, ich soll mich freuen."
"Deine Oma hat ihn bestimmt mit viel Liebe gestrickt", sagte Vienne ruhig. "Und der letztes Jahr war doch beeindruckend bunt."
Lukas zog eine Grimasse, dann rannte er zum Spieleregal davon.
"Und du, Felix?", fragte Vienne und nahm den schüchternen Jungen in die Arme.
Er zuckte mit den Schultern. "Weihnachten ist einfach toll", hauchte er.
Vienne blickte zu David, um zu sehen, ob die Kinder ihn mit ihrer Freude anstecken konnten. Er lehnte gegen den Türrahmen - wie konnte jemand bei so einer lässigen Haltung nur so gut aussehen? - und sein Blick lag auf Vienne.
Als er bemerkte, dass sie ihn ansah, blinzelte er. "Was?"
"Hast du zugehört, was die Kinder gesagt haben, warum Weihnachten das beste Fest ist?"
Er strich sich durch das dunkle Haar und lachte. "Auf jeden Fall." Dann klatschte er in die Hände. Vienne war verblüfft, da er sofort die Aufmerksamkeit aller Kinder gewann, die sich um ihn sammelten und zu ihm aufsahen, als wäre er der Weihnachtsmann höchstpersönlich.
"Lasst uns beginnen."
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