#3. Ein Haus für Eisprinzen
Der Abend war dahingegangen. Daphne fragte ihn über das amerikanische Essen aus, Theodore war nach dem Gespräch über Broomania still geworden. Blaise und Gregory hatten ihm später weitere Fragen zu diesem Geschäftsmodell gestellt und er wusste ja selbst nicht, wieso er das tat. Vielleicht wollte er etwas Eigenes aufbauen, nachdem die Firma seiner Familie... er wusste nicht was damit passiert war, er hatte alle Briefe ignoriert. Vielleicht war sie an jemand anderen gegangen.
Ein wenig betrunken war er dennoch, als er beim Anwesen seiner Eltern auf den Stufen stand. Dunkel und bedrohlich ragte es vor ihm auf und die uralten Familienzauber erkannten ihn, denn das Tor hatte sich geöffnet, ohne zu zögern. Er legte die Spitze seines Zauberstabs auf den Türknauf, der für einen Moment aufleuchtete und schließlich mit einem Klacken zeigte, dass sich das Schloss geöffnet hatte.
Der restliche Wein hatte das feindselige Verhalten von Theodore in weite Ferne rücken lassen. Mit schleppenden Schritten schob er die Tür an und trat in den hohen Gang mit dem Marmorboden ein. Alle Türen, die davon abzweigten waren verschlossen, still lag die Treppe neben ihm. Ohne sich weiter dem Erdgeschoss zu widmen stieg er die Stufen hinauf, die zu den Schlafgemächern führten.
Vor seinem Zimmer hielt er einen Moment inne, dann drückte er die Klinke nach unten und trat in den Raum ein, der vom Leuchten des Halbmondes ein wenig erhellt wurde. Aufgrund seines plötzlichen Aufbruchs vor sechs Jahren waren die Schubladen der Kommoden aufgerissen, ihr Inhalt quoll hervor, wie aus dem Bauch eines toten Tieres. Die Türen seines Kleiderschrankes standen sperrangelweit geöffnet, kreuz und quer lag seine Kleidung davor verstreut. Und alles war mit einer Staubschicht überdeckt, die von der vergangenen Zeit zeugte. Die Luft, das fiel ihm in diesem Moment auf, war abgestanden und roch sowohl holzig als auch ein wenig vermodert.
Langsam schritt er auf seinen massigen Schreibtisch zu, der vor einem der großen Fenster stand. Schemenhaft konnte er den wilden Garten hinter dem Haus erkennen, nur mit Mühe war die ehemals vorhandene Ordnung darin zu erahnen. Als sein Blick auf den Tisch fiel, entdeckte er das Foto, welches er mit seinen Freunden am letzten Tag in Hogwarts geschossen hatte. Pansy, Blaise, Gregory und er selbst, ausgelassen und glücklich. Mit spitzen Fingern hob er es auf, seine andere Hand zog seinen Zauberstab hervor.
„Tergeo.", murmelte er leise, worauf der Staub und die Flecken verschwanden. Eindringlich betrachtete er sein jüngeres Ich, dessen Schulter von Blaise' Hand gedrückt wurde. Gregory stand auf der anderen Seite neben Pansy und wog sicherlich 15 Kilogramm mehr als jetzt, sah kindlich aus. Er erinnerte sich vage an die Hänseleien, denen er ausgesetzt worden war. Und obwohl Gregory sich nie wehrte, hatten sie nicht aufgehört. Die Menschen in Hogwarts vergaßen keine Fehltritte, dachte Draco bitter und steckte das Foto ein.
Entgegen seiner Vernunft zündete er das Licht in diesem Raum mit einem Zauber an und entdeckte weitere Spuren, die in den letzten Jahren hinzugekommen sein mussten. Mit verkniffenem Mund musterte er die zerschlagene Scheibe neben seinem Bett, sein Zimmer befand sich an einer Ecke des Gebäudes, so gab es an zwei Wänden die Möglichkeit, Fenster anzubringen. Er ballte seine Hand zu einer festen Faust, als er die hässlichen Schmierereien an der Wand entdeckte, die ihn als Todesser, Schwächling und Verräter beschimpften.
Hatten die Schutzzauber dieses Hauses ihren Geist aufgegeben? Wie konnten andere in sein Zimmer einbrechen und derartigen Vandalismus betreiben?
Er war nur wenig wütend. Er verstand es, auf eine abstruse Art und Weise. Oder es war ihm egal geworden.
Seufzend reparierte er die Scheibe und begann damit, einen Hausfriedenszauber über das Anwesen zu legen. Dazu noch einen Anti-Eindringlings-Fluch und einen Anti-Disapparier-Fluch, nur um sicher zu gehen. Zwar wollte er das Haus momentan nicht bewohnen, aber er wollte genauso wenig von einem rachsüchtigen Zauberer belauert werden, der sich hier in seiner Abwesenheit versteckte und ihm dann seinen Stab gegen die Kehle drückte.
Die Wirkung des Weins ließ langsam, aber stetig, nach und er erkundete das obere Geschoss, nachdem er einen schnellen Rundgang vorgenommen hatte, damit die Flüche jeden Bereich abdeckten. Die Zimmer kamen ihm noch sehr vertraut vor, erinnerten ihn jedoch an die heulende Hütte, deren Inneres er sich immer so vorstellte.
Gedankenlos wanderten seine Finger über den Schirm der Nachttischlampe seiner Eltern und plötzlich fiel ihm wieder ein, dass er in den nächsten Tagen sein Geschäft in der Winkelgasse eröffnen würde. Es war alles organisiert, die Lieferungen unterwegs. Morgen würden er und sein einziger Angestellter die Türen öffnen und erste Kisten hineinschweben lassen. Draco war verdammt aufgeregt, obwohl er das seinen Freunden nicht gezeigt hatte. Und normalerweise war er nicht der Typ, der nervös wurde. Trotzdem war es eine große Sache für ihn, nach England zurückzukehren, denn eigentlich war er nicht willkommen. Der... Umstand seiner Eltern war sicher allen bekannt, genauso wie seine Flucht vor den Konsequenzen. Aber er wollte sich nicht mehr verstecken.
Wenn man seine Schaufenster mit Flubberwurmbomben bewarf, dann war es so. Das wäre noch lang kein Grund dafür, die Sache weniger selbstbewusst anzugehen.
Er nickte, bestätigte sich selbst und machte kehrt. Es war Zeit für die Rückkehr in sein Hotelzimmer.
>*<
Sie sortierte die Auslage im Schaufenster neu, als es geschah.
Ein leises Rumpeln in ihrem Rücken erschütterte die leere Straße, schemenhaft erkannte sie Menschen vor dem Geschäft neben Flourish & Blotts, die eine Ladung Kisten abstellten. Es war sehr früh am Morgen, aber Hermines Müdigkeit war augenblicklich verschwunden, interessiert beobachtete sie das Treiben der beiden Gestalten.
So unauffällig sie konnte dimmte sie das Licht im Geschäft, um besser zu sehen. Der dunkelblaue Himmel hob sich von den Häuserreihen ab, die fast in vollkommener Schwärze lagen, ignorierte man das schwache Leuchten in manchen Fenstern. Die anderen öffneten ihre Geschäfte ebenfalls um acht Uhr, aber Hermine kam gern um sechs, wenn es noch dunkel war, um ein paar Bücher umzuräumen oder zu lesen. Damit wusste sie es meist als erste, wenn Geschäfte eröffneten, schlossen oder die Söhne und Töchter von anderen Familien betrunken über das Kopfsteinpflaster stolperten.
Die, sie vermutete es waren Männer, unterhielten sich, einer von ihnen öffnete die Tür, dann verschwanden sie im Inneren.
Was sollte sie tun? Sie könnte warten, bis es hell war und in ihrer Pause am Laden vorbeischlendern. Oder sie könnte jetzt, wo alles still war, zu ihnen gehen und sie kennenlernen. Sie kaute auf ihrer Unterlippe und dachte darüber nach. Eigentlich konnte nichts passieren, also legte sie das Buch ab, das sie in den Händen hielt und stieg hinter der Auslage hervor.
Bevor sie den Laden verließ fuhr sie mit ihren Händen über ihr Gesicht, kämmte mit ihren Fingern durch ihr Haar, um dann ihre Schultern zu straffen und den Laden zu verlassen.
Die Tür des anderen war geöffnet. Stimmen drangen auf die schlafende Straße, Licht beschien die Kisten, die vor dem Schaufenster gestapelt waren. Zögerlich ging sie darauf zu und sah in die Geschäftsräume. Sie stockte. Ein blonder, großer Mann kehrte ihr den Rücken zu, wobei ein weiterer seitlich neben ihm stand und etwas auf ein Pergament schrieb, das auf einem Klemmbrett befestigt war. Der zweite war ebenfalls blond, aber seines war um einiges dunkler. Sein Gesicht kam ihr sehr bekannt vor und die gerade Haltung erinnerten sie an jemanden. Offenbar hatte der Hellblonde ihm eine Frage gestellt, sodass er antwortete und dabei wild gestikulierte, seine Handbewegung wirkte wie die eines Politikers. Hermine grinste, es musste sich um Ernie Macmillan handeln.
Ohne darüber nachzudenken trat sie in die geöffnete Tür und klopfte gegen das Holz im Rahmen.
„Hallo Nachbarn.", sagte sie lächelnd, worauf sich beide nach ihr umsahen. Ernie lächelte erfreut, aber als ihre Augen zu dem hellblonden Mann wanderten, wurde ihr ein bisschen schlecht.
„Hermine! Schön dich zu sehen. Das muss ja ewig her sein.", Ernie ging zu ihr und reichte ihr seine Hand mit einer entschiedenen Geste. Draco Malfoy verharrte jedoch an der Stelle, an der er stand.
Perplex wandte sie sich an Ernie, schüttelte seine Hand und versuchte Malfoy auszublenden. „Hallo Ernie. Ich glaube wirklich, wir haben uns zum Abschluss das letzte Mal gesehen. Eröffnest du den Laden hier?"
„Ja, der Meinung bin ich auch. Das sind wohl acht Jahre!", er lachte. „Ich bin nur ein Hintermann. Der eigentliche Besitzer wird dieser charmante Herr sein.", dann deutete er auf Malfoy. Dieser nickte verbissen. Hermine zwang ein Lächeln auf ihre Lippen.
„Ach so."
Ernie ließ sich nicht beirren: „Wie geht es dir? Und warum bist du in aller Herrgottsfrühe in der Winkelgasse?"
„Mir geht es gut, ich arbeite bei Flourish & Blotts.", sie räusperte sich, versuchte sich komplett auf ihren alten Schulfreund zu konzentrieren. „Und dir?"
„Wirklich bestens. Ich habe ein bisschen Zeit in den USA verbracht und vor Kurzem beschlossen zurückzukehren. Ihre Kultur ist interessant, aber ich bin nicht die richtige Person für das heiße Wetter in Los Angeles. Schön zu wissen, dass du nebenan bist."
„Ja.", die Lust mit ihm zu reden schrumpfte so schnell in sich zusammen, wie sie bei seinem Anblick erschienen war. Das Gefühl von Malfoy beobachtet zu werden lastete auf ihr und sie wusste nicht, wie sie sich in seiner Gegenwart verhalten sollte. Sie beschloss eine letzte Anmerkung zu machen und dann zu gehen: „Ich hoffe ihr werdet keine Konkurrenz für uns."
„Oh nein. Wir werden eine Auswahl der Artikel von Broomania verkaufen.", Ernie winkte ab. „Komm doch morgen vorbei. Bis dahin werden wir sicher alles aufgestellt und eingeräumt haben."
„Gern. Dann bis morgen.", sagte sie, danach verabschiedete sie sich von Ernie und ging, ohne einen weiteren Blick auf Malfoy zu werfen. Schnell öffnete sie die Tür des alten Buchladens, das Glöckchen erklang. Mitten im Eingangsbereich blieb sie stehen und fragte sich, was das gerade war.
>*<
Draco beobachtete, wie sie seinen Laden fluchtartig verließ. Ernie lächelte noch immer, zuckte mit seinen Schultern und kehrte zu ihm zurück.
„Ich hätte sie fast nicht erkannt.", Ernie machte einen Haken in eines der Kästchen auf dem Pergament und deutete dann auf Draco. „Du hättest sie auch begrüßen sollen. Wir werden unser Geschäft hier eröffnen und es wäre ungünstig, wenn ihr einen Nachbarschaftsstreit vom Zaun brecht.", erläuterte er diplomatisch. Dann sah er den anderen fragend an: „Oder ist das nicht mehr aktuell?"
Draco zuckte mit seinen Schultern: „Keine Ahnung. Sind acht Jahre genug, um sich nicht mehr zu hassen?"
„Hasst du sie denn noch?", Ernie hob eine Augenbraue. Er fragte sich, wieso Ernie ihn so ausfrage. Warum interessierte es ihn überhaupt?
„Ich hatte nicht vor meine früheren Verhältnisse zu Mitschülern mit dir zu diskutieren.", antwortete er genervt und ging zu einer der Kisten. Mit seinem Zauberstab zerschnitt er das Klebeband, dann klappte er den Deckel auseinander. Mehrere Stapel kleiner Metalldosen kamen zum Vorschein, sie trugen die Aufschrift Don's Reisigpflege. Er hörte, wie Ernie seufzte und dann damit begann ein paar Regale mit einem Zauber aufzustellen.
Draco starrte weiterhin auf die Dosen. Nott hatte gemeint, er würde bei Flourish & Blotts arbeiten. Und er hatte sich ihm gegenüber wie ein Idiot verhalten, das konnte daher kommen, dass er sich mit Granger gut verstand. Redeten sie über ihn? War Nott sauer auf ihn, weil er Granger nicht als vollwertige Hexe anerkannt hatte? Musste er sich jetzt mit ihr aussöhnen?
Seine Meinung hatte sich geringfügig verändert. Eigentlich hatte er gar nicht mehr darüber nachgedacht, weil er zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen war. Die Lehre der Reinblüter war ihm schlichtweg egal geworden und dann hörte er einfach auf danach zu handeln. War es so einfach gewesen? Zu Beginn eckte er bei ein paar seiner Kollegen an, fragte dann nicht mehr nach der Herkunft oder dem Blutstatus. In den USA war es verpönt darüber zu sprechen. Also fand er sich damit ab. Und wie dachte er jetzt darüber? Granger hatte Eltern ohne Zaubererblut. Aber sie konnte zaubern. Und sie wusste alles. Aber ihre Eltern hatten kein Zaubererblut.
Draco rief sich zur Raison, weil er sich im Prinzip nicht mit ihr abgeben musste. Wie oft würden sie sich schon begegnen? Vermutlich nie.
~*~
A.N.: Wie furchtbar falsch er wohl liegt... ;)
btw, kennt ihr noch andere Dramione Adventskalender? Ich habe das Gefühl, das dieses Jahr leider nicht so viel los ist :(
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