Prolog
Willkommen. Sollten euch Rechtschreibfehler auffallen, bitte packt sie in die Kommis, damit ich sie korrigieren kann. Als Autor überliest man schon mal ganz gern die Fehler^^
Prolog
~Jahre nach der Krönung der Reichskönigin Shioni~
Zitternd lugte ich durch das grüne Blätterwerk des dichten Busches, hinter dem ich mich versteckte. Nur mühsam schaffte ich es durch die Tränen in meinen Augen etwas zu erkennen. Meine kleine Hand, die so ungewohnt war, hielt einen der Zweige, damit ich überhaupt etwas sehen konnte.
Es fiel mir unglaublich schwer keinen Laut von mir zu geben und der Geruch von Blut stieg mir in die Nase. Er sorgte dafür, dass mein Magen rebellierte. Nicht, weil mir schlecht war, sondern weil ich Hunger bekam. Und das war es, was mich wütend auf mich selbst werden ließ. Wie konnte ich ausgerechnet von diesem Blut Hunger bekommen?
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich versuchte die Bilder zu verdrängen. Die Schreie meiner Tante und die Geräusche ihrer Todesqualen. Und dennoch konnte ich nicht wegsehen. Angst und Schock lähmten mich, obwohl ich mich doch hierauf vorbereitet hatte. Doch ich hätte mir niemals vorstellen können, dass es so schlimm werden würde. Ich wollte eingreifen und verhindern, was gleich passieren würde, doch es war nötig. Ich hatte es versprochen, auch wenn ich gegen diesen Plan war. Es war mein Schicksal, hatte sie gesagt und ich würde es erfüllen. Aber warum zerriss es mir so das Herz?
Ein dumpfer Knall riss mich aus meinen Gedanken und die Schreie erstarben. Aufgeschreckt blickte ich auf. Der Kampf war vorbei.
Mikoto war zu Boden gefallen und das Blut bildete um sie herum eine Lache. Ihre wunderschönen Haare wurden darin getränkt und ich konnte sehen, wie ihr der Glanz aus den Augen wich. Wunderschöne, blaue Augen, die mich jetzt ohne ein Zeichen von Leben anstarrten.
Ich erinnerte mich daran, wie sie mich immer angelächelt hatte. Mir durch die Haare gefahren war und ihre Augen einfach vor Freude getanzt hatten. In einem Glanz, der nicht mehr zu sehen war. Angst überkam mich und mein Herz setzte aus.
Meine Beine gaben nach und ich rutschte zu Boden, während mein Körper von einem Zittern überrollt wurde. Sie war tot. Oder vielleicht noch nicht? Vielleicht konnte ich sie noch retten. Dieser Gedanke verfolgte mich, doch ich zwang mich dazu sitzen zu bleiben. Mich nicht zu bewegen.
Ich hatte es versprochen, wiederholte ich in Gedanken immer wieder. Ermahnte mich ruhig zu bleiben und kämpfte gegen den Drang, los zu rennen. Erneut der Gedanken, dass sie vielleicht noch zu retten war. Ich versuchte ihn zu verdrängen.
Weitere Tränen strömten über meine Wangen und ich wusste, dass es nicht so war. Ich hörte ihr Herz nicht mehr. Spürte nicht mehr die Macht, die sie sonst umgeben hatte. Sie war wie ein warmer Wind gewesen. Eine Person, in deren Gegenwart man sich einfach wohlfühlte.
Ich versuchte zu schlucken, doch die Trauer hatte mir die Kehle zugeschnürt und ich zitterte am ganzen Körper. Der Plan funktionierte und er würde wohl auch weiterhin funktionieren. Allerdings wusste ich, dass nicht nur meine Tante eines der Opfer dieses Plans werden würde. Doch wir hatten unsere Gründe, viel zu setzen, denn es gab viel zu beschützen.
Durch meine Tränen hindurch erkannte ich das perfekte Abbild meiner geliebten Tante. Ihre Zwillingsschwester.
Sie war von Kratzern übersät. Das sonst so makellose Gesicht wies blutige Wunden auf, das Kleid zerfetzt und ihre kalten Augen blickten fast liebevoll auf die Tote hinab. Obwohl ich sie sehen konnte, wollte ich sie nicht betrachten. Ich hielt meinen Blick starr auf Makoto gerichtet.
Diese beugte sich hinab und zog so meinen Blick mit sich. Ihre Hand bewegte sich zu Mikoto und sie strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Ein Gesicht, das einer kalten, toten Maske glich. Alles Leben war aus diesem gewichen und versetzte mir einen schmerzhaften Stich, der mir das Atmen erneut erschwerte. Wieso musste sie sterben und das Monster, das ihr Gesicht trug, durfte leben?
„Meine süße Mikoto. Hättest du nur auf mich gehört", flüsterte Makoto leise und mir war so, als würde Trauer in ihrer Stimme mitklingen.
Mein Herz raste und ich wusste, dass es an der Zeit war, einen weiteren Schritt in unserem Plan zu gehen, sonst würde alles umsonst gewesen sein. Doch meine Beine wollten sich einfach nicht bewegen. Ich wollte nicht zu dieser Frau, die ich abgrundtief hasste. Ich wollte mich nicht bewegen. Nicht hier und nicht jetzt.
Mein Blick glitt zu Mikoto. Die Frau, die mir fast wie eine Mutter gewesen war und die einzige Person, die mich nie als Kind gesehen hatte. Selbst jetzt nicht, wo ich doch in diesem Kinderkörper steckte.
Ein Kind im Körper, aber nicht im Geiste. Ich musste das hier schaffen. Ich konnte es nicht verantworten, dass Mikoto umsonst gestorben war und ich zu feige gewesen war, diesen Plan zu beenden.
Erschrocken zuckte ich zusammen, als Makoto plötzlich aufstand und sich umdrehte.
Sie wollte gehen, doch das durfte nicht passieren. Sie durfte nicht gehen, sonst wäre alles umsonst.
Meine Beine bewegten sich, obwohl ich es nicht steuern konnte.
Ich sprang durch die Büsche und fiel fast auf die kleine Lichtung, die der Kampf der beiden geschlagen hatte. Überall waren kaputte Bäume, zerstörte Büsche und sogar verbrannte Erde. An einigen Flecken war sogar noch das Eis eines Angriffs übrig, der Mikoto erwischt hatte.
Makoto war schon ein Stück gegangen und so wirbelte sie heftig und kampfbereit herum, als sie mich im Gras hörte. Wahrscheinlich hörte sie auch meine Tränen, denn ich konnte die Schluchzer nicht mehr unterdrücken.
Als sie mich sah, erstarrte sie in der Bewegung. Ihre blauen Augen weiteten sich, während sie mich von oben bis unten musterte.
Ich wusste, was sie sah.
Ein kleines Kind, das ihrer geliebten Schwester und ihr zum Verwechseln ähnlich sah und gerade wohl voller Tränen und Blätter war.
Eine Tarnung. Nicht meine wahre Gestalt, doch etwas, was ich tun musste. Ich wollte es nicht, aber ich musste. Es war meine Pflicht. Für diese Pflicht musste ich kämpfen, so wie meine Tante dafür gekämpft hatte und gestorben war.
„Mama?", fragte ich mit zitternder und verweinter Stimme, die nicht einmal gespielt war. Es fiel mir so schwer in dieser Situation zu lügen und die Schmerzen zerrissen mich fast. Aber ich hatte es versprochen! Das war die einzige Möglichkeit diesem Schicksal eins auszuwischen. Damit würde ich ihnen helfen können. Es musste einfach so sein. Ich konnte einfach nicht mehr rumsitzen und warten. Mikoto hatte mir den Weg geebnet und ich musste ihn ergreifen.
Ich sah das Entsetzen in Makotos Augen, als sie mich betrachtete.
Diese Frau war eine grausame Person und sie besaß nur einen, mir bekannten Schwachpunkt: Kinder. Aus diesem Wissen war dieser Plan entstanden. Doch es war Mikoto gewesen, die mich überredet hatte, ihn auch zu vollführen. Ich hatte mich mit Händen und Füßen gewährt, doch ihr Argument, dass ein Toter besser war als viele, hatte den Ausschlag gegeben. Sie hatte mir vor Augen geführt, wen ich noch verlieren könnte und es gab in meinem Leben eine Person, die mir mehr bedeutete, als alle anderen. Für diese Person würde ich alles geben, was ich hatte.
Also würde ich diesen Schwachpunkt nutzen, doch ich hatte Angst, dass der Zauber, der mich in die Gestalt eines Kindes hüllte, vielleicht nicht stark genug war, um sie zu täuschen. Dass all das hier vergebens war. Dass ich mich verriet und sie mich ebenfalls töten würde. Doch die Kälte in ihren Augen wich Neugier und einer leichten Wärme.
Makoto machte einen Schritt auf mich zu und ging in die Hocke, während sie mir eine Hand entgegenstreckte. Ich wich ein wenig ängstlich zurück und ihr Blick wurde weicher.
„Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, ich werde dir nichts tun", sagte sie und ich schluckte. So wie sie mit mir sprach, war es unglaublich schwer, in ihr die Frau zu sehen, die für all die Schrecken verantwortlich war, die dieses Land so quälten.
„W... Wer sind sie? Wo ist meine Mama?", stotterte ich und blickte mich um. Mikoto lag verborgen hinter dem Rest eines umgefallenen Baumes und in meiner Größe konnte ich sie von hier aus nicht sehen. Das war der einzige Grund, aus dem ich mir einreden konnte, dass alles in Ordnung war.
„Ich bin Makoto, die Schwester deiner Mutter", erklärte sie liebevoll und ich spürte die Liebe zu ihrer Schwester aus ihrer Stimme. Doch der Wunsch nach Macht war stärker gewesen, als ihre Liebe. Und noch etwas spürte ich. Die Zauber, die sie versuchte um mich zu weben. Zauber, die jede Königin kannte und die eine andere Königin erkennen würden. Doch ich war geschützt.
Mein Zauber blockte sie ab, denn er war von zu vielen Königinnen geschaffen worden und konnte nicht so einfach von einer einzigen zerstört werden. Dennoch würde sie glauben, dass ihr Beruhigungszauber wirkte. Und ich hätte mir fast gewünscht, dass er wirkte, denn um diese Lüge aufrecht zu halten, musste ich mich beruhigen. Was nicht leicht war, wenn mein Herz und mein Verstand einfach durchdrehten. Ich kannte einen Zauber, der mich beruhigen würde, doch ich hatte Angst, dass sie diesen spürte. So unendliche Angst. Dann erfüllte mich plötzlich eine angenehme Wärme, die sich in meinem Inneren ausbreitete. Das Gefühl jemand würde mich in den Arm nehmen und halten, machte sich in mir breit. Also versuchte ich mich an dieses Gefühl zu klammern, während ich gedanklich meiner Freundin dankte. Selbst jetzt war sie bei mir, das wusste ich. Sie gab mir ihre Kraft.
Ich versuchte krampfhaft, die Bilder der letzten Minuten zu verdrängen, als Makoto auch schon weiter sprach: „Deine Mama ist... tot", erklärte sie und verwob ihre Worte erneut mit einem Zauber.
Er sollte mich beruhigen und dafür sorgen, dass ich auf sie achtete, nicht auf alles andere und erst recht nicht auf ihre Worte.
Doch ihre Worte trafen mich dafür zu hart. Auch wenn ich nur im Körper eines Kindes steckte, konnte ich mich einfach nicht von diesem Schock erholen. Erneut wünschte ich mir, der Zauber würde wirken. Ich sah was hier passierte, doch ich konnte es nicht glauben. Es war, als würde ich einen Albtraum haben, aus dem ich nicht erwachen konnte. Es fühlte sich nicht real an.
„Ich werde mich jetzt um dich kümmern." Keine Bitte, kein Vorschlag, sondern ein Befehl. Ein Befehl einer Königin, gegen den sich kein Kind wiedersetzen konnte. Daher musste ich jetzt nach dieser Hand greifen.
Das war der Plan gewesen, doch ich hatte nicht gewusst, dass es so wehtat. Dass ich das Gefühl hatte, dass mir jemand das Herz aus dem Leib reißen würde. Ich war so weit gekommen, hier durfte es nicht vorbei sein. Wahrscheinlich war das hier meine einzige Chance. Zitternd hob ich die Hand und griff schließlich nach der von Makoto. Eine Geste, bei der ich das Gefühl hatte, alles zu verraten für das ich bisher eingetreten war.
Die Gesichter meiner Geschwister kamen mir in den Sinn und ich konnte fast die Enttäuschung spüren. Doch sie würden nicht wissen, was hier vor sich ging. Sie würden es wahrscheinlich nie erfahren.
Während ich innerlich tausend Tode starb, wurde mein Körper von einer Macht gelenkt, die nicht meine war und ich war ihr dankbar. Vor einigen Stunden hätte ich mich noch darüber beschwert, dass sie einfach meinen Körper übernahm, doch in diesem Moment war es das Beste, was mir passieren konnte. So konnte ich mich meinem Schmerz hingeben, ohne den Plan zu gefährden. Während man von außen also nichts erkennen konnte, rollte ich mich innerlich zu einem Ball zusammen und vergoss bittere Tränen.
„Wie heißt du, meine Kleine?", fragte sie sanft und zog mich beschützend ein Stück in ihre Arme. Ich konnte die Wärme ihres Körpers nicht spüren. Hatte das Gefühl, in einer Eiswüste zu stehen und nirgendwo auch nur ein Stück Wärme zu besitzen.
Mein Körper reagierte nicht auf diese Gefühle. Stattdessen setzte mein Kopf wieder ein. Diese Frage.
Was hatte sie gefragt? Meinen Namen?
Aus Reflex wollte ich etwas sagen, doch ich hinderte mich selbst daran. Ich konnte ihr nicht meinen Namen nennen. Sie würde ihn erkennen. Aber ich hatte keinen Namen vorbereitet.
„N...Na...", begann ich zaghaft, ehe ich mich selbst noch einmal ermahnte. Namine war ebenfalls ein blöder Name, doch ich hatte schon mit Na angefangen. Angst machte sich in mir breit, während ich versuchte aus dieser Situation herauszukommen.
„Nadeschda", flüsterte ich schließlich mit erstickter Stimme. Es war der einzige Name mit 'Na' der mir einfiel.
„Nach dem Todesengel der Hölle", bemerkte sie leise und strich mir durch das Haar. Natürlich war ihr dieser Name geläufig, aber er war so weit verbreitet, wie andere Namen der mythischen Wesen unserer Welt. Ohne dass die Leute überhaupt wussten, dass diese Wesen existierten.
Götter gab es und ihnen war es zu verdanken, dass ich nun genau hier stand. Das ich meiner Tante beim Sterben zugesehen hatte und mich jetzt als Teil der Familie meines schlimmsten Feindes sehen musste. Dafür hasste ich sie und gleichzeitig betete ich zu ihnen, dass alles gut gehen würde. Es stand so viel auf dem Spiel.
Ab diesem Zeitpunkt würde mein weiteres Leben zu einer Qual werden. Ich würde lächeln und diese Frau als meine Mutter bezeichnen. Auf sie hören und versuchen sie zu lieben, obwohl ich sie am liebsten tot sehen würde. Doch ich hatte eine Aufgabe. Selbst wenn diese mein Leben zerstörte, würde ich damit so viele retten und das war es mir wert. Nur würde ich das schaffen? Würde ich nah genug an sie herankommen, um den Plan durchzuführen?
Würde ich in ihrer Gegenwart leben können, ohne mich selbst zu vergessen?
Vorsichtig hob sie mich auf ihre Arme und nahm mich mit sich.
Ich vergrub mich innerlich und versuchte, mich zu wappnen. Ich wusste nicht wie es ab hier weiter ging und ob ich es schaffen würde, die Liebe einer Frau zu gewinnen, die so etwas scheinbar gar nicht kannte. Vor mir lag noch ein langer Weg und ich hoffte, dass ich nicht vorher innerlich starb.
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