Prolog - Der Bücherwurm
Staub. Und Bücher. In einer Bibliothek gibt es jede Menge Staub. Und Bücher. Und vergilbtes Papier. Ist das nicht fantastisch?
Das Gelbe schmeckt am besten. Trotzdem hatte er eine Aufgabe zu erfüllen. Derlei Gedanken sollte er sich im Augenblick eigentlich verkneifen. Aber sein Magen knurrte. Und der Stress. Er machte ihn doppelt hungrig. Es bot sich ihm nur leider keine Gelegenheit, die Ecken Gothes Werke anzuknabbern. Falsche Abteilung. Auch wenn Poesie seinem Magen am besten bekam, musste er zu der Abteilung für griechische Mythologie.
Wirklich ärgerlich.
Zum Glück versperrte ihm nur wenig später ein anderes Buch den Weg, mit herrlich altem Papier.
Dieser Duft.
Es war nicht ordentlich zurückgestellt worden. Er fragte sich, welcher Stümper hier wohl am Werk gewesen war. Statt einen mühsamen Umweg auf sich zu nehmen und einmal drum herum zu kriechen, tief ins Regal hinein und gequetscht, zwischen dicken Wälzern über Astrophysik, beschloss er kurzerhand, sich einen Tunnel mitten durch zu fressen. Danach rülpste er zufrieden.
Der Snack kam gerade recht. Das wäre also erledigt. Jetzt weiter im Text.
Er fuhr fort, gefährlich nah am Abrund des Regalbretts entlang zu balancieren. Er wagte gar nicht erst hinunter zu spähen. Die Höhe machte ihm immer schwindelig und da sein Bauch nun voll war, war es keine gute Idee, hinab zu blicken.
Es fiel ihm wirklich schwer sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren, wo er jetzt satt war. Er konnte bloß an das faserige Gefühl auf seiner klebrigen Zuge denken. Deshalb hätte er beinahe die Abzweigung in die Abteilung für Historisches verpasst. Er robbte eine Enzoklopädie über den Nachthimmel hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter.
Schließlich fand er doch sein Ziel.
In der Bibliothek herrschte unterdessen angenehme Stille. Nur das melodische, gleichmäßige Kratzen eines Stifts war zu hören.
Gut. Dann bin ich noch nicht zu spät. Hier muss es sein.
Rasch machte er sich ans Werk. Es gab eine Botschaft zu überbringen.
Gerade noch Rechtzeitig.
Es legte sich ein Schatten über das Regal, als hätten sich Wolken plötzlich vor die Sonne geschoben. Nur das es dort drinnen keine Sonne hätte geben sollen. Und auch keine Wolken. Aufeinmal wurden seine Rippen zerdrückt. Nur gut, dass er keine besaß. Das Regalbrett rückte sogleich in die Ferne. Und dann wurde ihm doch schlecht, sodass er sich erbrach. Tinte tropfte zu Boden.
"Igitt.", fluchte der Stümper. Umständlich rupfte er ein buntes Stofftuch aus seiner Weste.
Geschieht ihm recht.
Er musste das knacken der Seiten gehört haben, als er sie durchlöchert hatte. Sonst wäre er doch nicht auf ihn aufmerksam geworden.
So was. Ein Stümper mit gutem Gehör.
Dann fiel er. Doch nur ein kurzes Stück.
Es hätte schlimmer kommen können.
Erde befand sich unter ihm. Erde. Igitt. Nun war es an ihm, sich zu ekeln. Holz wäre ihm lieber gewesen. Etwas weniger krümeliges und weniger feuchtes. Er war ja kein Regenwurm.
Er wühlte sich schließlich zum Rand des Glases durch den Dreck. Dort glupschten ihn zwei beängstigende Kulleraugen an. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass es an dem Glas liegen musste. Die gesamte Umgebung wirkte schrecklich verzerrt. Die Erde bebte, als das Glas, in dem er eingeschlossen war, unsanft ins Regal gestellt wurde. Er blickte ängstlich auf. Schraubverschluss.
Hier komme ich nicht mehr raus.
Stellte er traurig fest. Er konnte gerade so erkennen, wie der Stümper ein Buch hervor zog.
Das Richtige.
Erleichterung durchflutete ihn. Der Stümper fand die Nachricht. Doch dann riss er sie heraus und warf sie zerstückelt zu ihm in das Glas. Schnell drückte er den Deckel wieder auf den Rand und drehte es energisch herum.
Oh nein. Stümper, Stümper , Stümper.
Er fluchte. Doch nun war er machtlos.
Wer würde nun die Botschaft überbringen?
Besorgt knurrte sein Magen.
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