3 Flohmarkt
Auch an diesem Morgen ließ Jeff es sich nicht nehmen, über den allmonatlichen Flohmarkt zu schlendern. Der Wochenmarkt, der zufällig auch heute geöffnet hat lockte Jeff heute nicht zu sich. Jeff fand es immer viel interessanter zu sehen, was die Leute nicht mehr brauchten und dennoch daran hingen, sodass die Preise nicht nach Wert sondern nach sentimentalität wuchsen. Ein billiges Bestecksett konnte gut und gerne genauso teuer sein, wie das Silberbesteck des Nachbarn, vielleicht, weil es ein Hochzeitsgeschenk gewesen war, oder ein Souvenir aus Italien. Außerdem befanden sich auf Flohmärkten auch oft Dinge, von denen man niemals hätte ahnen können, dass es sie gibt. Porträts von Kröten oder auch Schalen, die aus einem Mosaik aus Muscheln bestanden, die der Verkäufer vor 20 Jahren mal am Strand gefunden hat. All die kuriosen Gegenstände um ihn herum schienen ihre eigenen verrückten Geschichten zu erzählen, die sie erst zu etwas besonderem werden ließen. Jeffs Aufmerksamkeit lenkte sich auf eine Stand mit Schreibwaren. Er benötigte noch Papier und zog es vor, die Seiten diesmal nicht dem Bibliothekar aus der Tasche zu leiern. Also musste er Papiere mit Texten finden, die nur einseitig beschrieben sind, oder auch Bilder oder ähnliches. Natürlich verkaufte niemand einfach bloß leere Bögen, die sich Jeff in den Vertrieben ohnehin nicht hätte leisten können. So musste es also auch gehen.
Der Stand, an dem er sich befand war nicht besetzt, was durchaus mutig war. Diebe gab es überall. Jeff musste sich eingestehen, dass er auch kein unbeschriebenes Blatt war, wie die, die er verwendete.
"Das alte Ding ist kaputt. Keiner würde es wollen. Weg damit!", das Getöse schien vom rostigen Karren hinter der Verkaufsfläche zu kommen.
"Aber es gehörte mir. Du kannst es nicht einfach wegwerfen!"
"Was willst du denn noch damit? Wenn die Leute das sehen, glauben sie, wir würden nur Schrott anbieten.", offensichtlich ein sehr hitziges Gespräch.
"Das ist so gemein. Der kleine Unfall..."
Jeff hatte inzwischen das richtige gefunden und bemühte sich einen Weg zu finden die Streithähne zu unterbrechen. Als die beiden hinter dem Karren hervortraten stellte er fest, dass es sich um Vater und Tochter handeln musste, die ihrerseits eine Schreibmaschine festhielt. Ihre Augen sprühten wütende Funken, so schien es jedenfalls.
Eine Schreibmaschine - was für ein Zufall. Oder Schicksal, wenn man daran glaubte.
"Ich würde sie nehmen, allerdings kann ich nicht dafür zahlen.", Jeff zuckte entschuldigend die Schultern.
"Ich bin ein Autor.", fügte er so glaubwürdig wie möglich hinzu. Noch nie hat er etwas veröffentlicht, aber darauf kam es seiner Meinung nach nicht an.
"Sie gehört dir, wir wollten sie ohnehin loswerden.", beschloss der Mann überraschend schnell.
Jeff lächelte das Mädchen möglichst freundlich an.
"Hallo, ich heiße Jeff. Keine Sorge, ich werde mich um die Schreibmaschiene kümmern. Sie funktioniert bald wieder."
Das Mädchen nickte. "Immerhin etwas."
"Clio, sei nett.", wies ihr Vater sie an.
"Bin ich immer.", antwortete Clio geschickt.
Mit Papier und Schreibmaschiene bewaffnet beeilte sich Jeff nicht zu spät das Open Book zu erreichen.
Natürlich wartete der Bibliothekar bereits auf Jeff und überhäufte ihn mit Aufgaben, die er mit Freuden antrat, während der Bibliothekar seine Schreibmaschiene zu reparieren versuchte.
"Mitterhofer.", Jeff war überrascht, als der Bibliothekar durch den Raum rief. So etwas sollte in einer Bibliothek eigentlich auch nicht vorkommen, aber wie immer bildete das Open Book eine Ausnahme. Jeff beugte sich über das gusseiserne Geländer mit den vielen Schnörkeleien, das einen Sturz in den Hauptraum verhindert. "Was soll das bedeuten?", fragte er an den Bibliothekar gewandt, der nach wie vor hochkonzentriert an einem der Lesetische saß und an der Schreibmaschine, die Jeff am Morgen erworben hatte, zu schaffen machte. Sie bestand nunmehr beinahe bloß noch aus Einzelteilen und Jeff kam nicht umhin sich Sorgen zu machen, ob man sie je wieder wird richtig zusammen setzten können. Andererseits versuchte er auch sich daran zu erinnern, dass er beschlossen hatte dem Bibliothekar zu vertrauen.
"Peter Mitterhofer. Ist hier eingraviert. Er gilt quasi als Erfinder der Schreibmaschine, auch wenn es vorher schon Prototypen gab. Er wurde auch mal auf eine österreichische Briefmarke gedruckt. Gang 9 des Archivs, Reihe 4.", jetzt sammelt der Bibliothekar auch noch Briefmarken, wahrscheinlich passend zu einer Kollektion aus Briefromanen. Das wäre ihm jedenfalls zuzutrauen.
"Sieht man nicht alle Tage, du Glückspilz. Natürlich wird sie nicht von ihm stammen, zu neu, aber aus der Produktionslinie."
"Ja, das ist zwar schön zu hören, aber es wäre auch schön, wenn die Maschine laufen würde.", Jeff wandte sich wieder den Regalen zu. Ihm war natürlich klar, dass der Bibliothekar nicht zaubern konnte, also würde er sich wohl in Geduld üben müssen. Er sortierte einige Werke um, "Hamlets klassische Seite", eine Abhandlung über Shakespeares Theaterstück, ist falsch eingeräumt worden und kehrte nun an seinen ursprünglichen Platz zurück.
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