zwei
Es gibt unzählig viele Augenblicke in unserem Leben, die dieses magisch machen. Dem menschlichen Verstand ist es nicht möglich, für Alles eine logische Schlussfolgerung bereit zu halten. Besonders, wenn man jeden Tag einer gewissen Routine folgt und für schreckliche Geschehnisse irgendwelche Gründe sucht; es ist irgendwie befreiend, wenn man akzeptiert, dass es nicht immer eine Erklärung gibt. Wenn man sich zurücklehnt und die Alltagsprobleme beiseite schiebt, seine Träume mal Träume sein lässt. Wenn die Sonne scheint, während der Himmel weint und man einen Regenbogen bewundern darf. Dieser Moment, in dem man ganz für sich ist, dieser Moment kann ab und zu ganz besonders magisch sein.
Das Prasseln verstummte, die Glastür der Dusche öffnete sich. Die junge Frau stieg aus der Kabine. Sie hinterließ nasse Fußabdrücke auf den hellen Fliesen. Das Wasser lief ihren Körper hinab, tropfte von ihrem Haar, ihrem Gesicht. Sie griff nach einem der weißen Handtücher und trocknete sich damit ab. Die Sonne schien durch das geöffnete Fenster geradewegs in das geräumige Badezimmer, warf helle Flecken in den gesamten Raum. Ein zufriedenes Lächeln zierte ihr Gesicht, als sie nun die Shorts und den dünnen Pullover trug.
Sie verließ den Raum, folgte dem Geruch frischer Pfannkuchen geradewegs in die Küche. Dort wartete ein attraktiver Mann auf sie, welcher das noch viel attraktivere Frühstück zubereitet hatte.
,,Setz' dich, die werden noch kalt", meinte er und legte sein Handy beiseite, während sie sich zu ihm setzte.
,,Die sehen echt gut aus", bemerkte sie und schwärmte vor sich hin, der Mann neben ihr lachte leise, schob den gut befüllten Teller näher in ihre Richtung.
,,Du weißt doch Sun, für dich mache ich alles. Auch Frühstück."
,,Gib's zu, dir macht es Spaß zu kochen."
,,Korrigiere, mir macht es Spaß dich zu bekochen", zwinkerte er charmant.
,,Dir macht es Spaß zu kochen, weil du ganz gut darin bist", meinte sie mit hochgezogener Augenbraue und führte bereits eine Gabel zu ihren Lippen, seufzte überglücklich auf, als der vertraute Geschmack ihre Geschmacksknospen zum Schreien brachte.
,,Ich bin nicht nur gut darin, ich bin sehr gut. Und ich sehe gut dabei aus. Naja, egal was ich mache, ich sehe immer gut aus", lachte er leise.
,,Jin, was mache ich gerade?"
,,Die Privilegien eines gutaussehenden und kochbegabten Mitbewohners genießen?"
Sie räusperte sich leise und nippte an ihrem Glas Wasser, sah dann mit einem kleinen Lächeln zu Jin herüber.
,,Ich esse gerade. Sprich ich kann dir gerade leider keine Aufmerksamkeit geben. Du kannst ja dem dreckigen Geschirr erzählen, wie heiß du bist und ich lasse mich in der Zeit von deinem Essen verführen."
,,Und ich habe wirklich keine Chance? Ich meine mit mir würden nicht nur deine Geschmacksknospen schreien", erklärte Jin und beugte sich weit vor, sah ihr tief in die Augen. Aber wie bereits gesagt, er war 'nur' attraktiv in ihren Augen. Also lehnte sie sich eiskalt etwas zurück und aß in Ruhe weiter.
,,Du weißt genauso gut wie ich, dass so etwas zwischen uns nur in deinem Kopf existiert, Jin."
,,Ich will aber, dass es auch im Bett passiert", schmollte er ein wenig und rutschte noch etwas näher.
,,Seokjin", meinte sie dann mit einem etwas strengeren Ton und hielt kurz inne, sah ihn einfach nur an. Irgendwann seufzte er dann und verdrehte die Augen, stand auf und zog seine Ärmel hoch.
,,Oder in der Dusche, oder hier auf der Küchenzeile..", lachte er leise, fing dann an die Pfanne zu waschen, die im Spülbecken lag.
,,Ich kann dich immer noch hören", meinte sie und grinste schief: ,,Außerdem ist die Dusche dafür viel zu klein."
,,Oh glaub mir Darling, du würdest gar nicht auf deine Umgebung achten, wenn ich mich um dich kümmere."
Sie schmunzelte. Seokjin und sie wohnten bereits seit fast einem halben Jahr in dieser wunderschönen Dachgeschosswohnung. Sie beide waren sich bewusst, dass niemals etwas zwischen ihnen laufen würde, sie passten auf dieser Ebene einfach nicht zusammen. Sie waren mehr wie Geschwister - und es wäre mehr als schräg, mit seinem eigenen Bruder zu schlafen. Sie alberten jedoch gerne herum, neckten einander mit PickUp-Lines oder Disssprüchen. Sie hasste ihren Mitbewohner so sehr, dass sie ihn wiederum unfassbar doll liebte.
,,Und was hast du heute eigentlich noch so vor?", fragte sie und legte das Besteck auf dem leeren Teller ab, nachdem sie fertig gegessen hatte. Jin drehte sich zu ihr um und nahm den Teller gleich mit, räumte ihn in die Spülmaschine.
,,Ich muss nachher zu einem Meeting in die Agentur. Wir besprechen die ganzen Formalitäten für die anstehende Collaboration mit Rolex", antwortete er und zog den letzten Buchstaben ein wenig in die Länge. Er trocknete seine Hände mit dem rot-weiß karierten Tuch ab und drehte sich zu ihr um, lehnte an der Spüle.
,,Und du?"
,,Ich mache mich jetzt gleich auf den Weg ins Büro", erklärte sie und stand auf, strich sich die mittlerweile halbwegs trockenen Haare aus dem Gesicht.
,,Also sehen wir uns heute Abend?"
,,Japp, allerdings könnte es wieder etwas später werden, warte nicht auf mich", erklärte sie mit einem entschuldigenden Lächeln und Jin nickte wissend und legte das Küchentuch ab, ging an ihr vorbei und platzierte einen Kuss auf ihrem Scheitel.
,,Pass auf dich auf."
Sie sah ihm kurz nach, ehe sie sich ihre Schuhe anzog und einen dünnen Parka überwarf, sich ihre Tasche schnappte und dann die Wohnung verließ.
Sie war auf dem Weg zur Arbeit, ins Büro, wie sie es Jin zuvor geschildert hatte. Doch auch er wusste, dass heute noch sehr viel mehr anstand, als nur der Job, den sie für die Vollendung ihrer Rolle angenommen hatte.
Sie hatte eine ganz bestimmte Gabe. Sie konnte den Menschen einen Ausweg bieten, aus dem Alltag, der Realität. Sie war da, wenn man selbst daran scheiterte, sich von den kleinen Dingen verzaubern zu lassen. Denn dann gab sie ihre Vorstellung, erschuf Märchen und Träume und brachte die Magie näher zu den Menschen, als sie es sich je erträumt hätten.
Das Beste war immer noch, dass es nur Illusionen waren.
Ob man nun zu faul war, genau hinzusehen, oder sich zu sehr konzentrierte - sie war eine Meisterin des Falschbilds. Eine Künstlerin, die ihr Weltbild so aufgebaut sah, dass jeder einer eigenen Illusion nachjagte.
Und sie würde alles daran setzen, die Ihre wahr werden zu lassen.
Kim Seokjin
Ihr Mitbewohner, ihre Bezugsperson. Er liebt sie wie seine Schwester, weiß über einiges Bescheid und steht voll hinter ihr. Er mag zwar nicht alles wissen, aber er weiß genug, um zu verstehen, dass ihr wahrer Name nicht Sunny ist.
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