sechsundzwanzig
,,Hat es dir geschmeckt?", fragte er und wischte sich mit der Serviette über die Mundwinkel, sie legte ihr Besteck zusammen und nickte sofort.
,,Es war unfassbar gut, Dankeschön."
,,Nicht doch, ich hab zu danken", zwinkerte er ihr zu und hob sein Weinglas an: ,,Auf einen tollen Abend, mit tollem Essen und einer tollen Frau."
,,Und einem Mann, der viel zu viele Komplimente macht", stimmte Sunny ihm zu und die Gläser klirrten, Taehyung lachte auf.
,,Noch nie fand jemand, dass ich zu viele Komplimente mache. Ich dachte es gefiele den Frauen."
,,Wenn man sich durchgehend in Schmeicheleien ausdrückt, wirkt es weniger charmant sondern eher bemitleidenswert und - verzweifelt, genau."
Sie strich sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr, er musterte sie wieder eingehend und lehnte sich zurück. Taehyung ließ den Rotwein in seinem Glas etwas kreisen, genoss die Atmosphäre. Wie sie dort saß, wie ein Engel. Das Kerzenlicht warf große Schatten in den ganzen Raum, doch sie schien von dem ganzen auf magische Art und Wiese unberührt. Als würde sie leuchten, glühen und ihn ganz heimlich umgarnen. Wie ihre scharfen Blicke sich manchmal trafen, man könnte meinen, hier stünde gleich alles in Flammen.
Zwei Personen und beide mit verdammt viel Temperament, Autorität und Durchsetzungsvermögen. Er wusste von Anfang an, dass er bei ihr nicht mit einem einzigen Lächeln landen könnte. Auf der anderen Seite bemerkte sie, dass ihm dieser Aufwand und diese Mühe völlig fremd waren. Er begab auf ein ihm neues Gebiet, um ihr näher zu kommen und sie sah sich das alles einfach nur zufrieden an.
,,Ich liebe die Ruhe für gewöhnlich. Manchmal hasse ich sie auch. Es kommt auf die Situation an. Und jetzt gerade verabscheue ich sie zutiefst, denn ich würde mich viel lieber mit dir unterhalten", brach er die Stille und setzte sich wieder aufrecht hin.
Sunny überschlug ihre Beine und stützte ihr Kinn in ihre Hand, sah ihn erwartungsvoll an: ,,Wenn das so ist, dann erzähle mir etwas über dich."
,,Mein Name ist Kim Taehyung, ich bin fünfundzwanzig Jahre alt und habe eine Schwäche für schöne Frauen", antwortete er ihr spielerisch und sie versteckte ihr Lachen unter ihrer Hand.
,,Wenn du es so ausdrückst, kommt das echt oberflächlich rüber."
,,Tatsächlich? Aber es ist doch wahr. Eine Frau, die Humor hat, weiß wer sie ist und sich gut zu kleiden versteht - Ist es wirklich so oberflächlich, sich von so starken Individuen verzaubern zu lassen?"
Sunny lächelte jetzt weil er sie erwartungsvoll ansah und schüttelte langsam den Kopf.
,,Wenn du es so ausdrückst nicht."
Er nickte mit einem reservierten Grinsen und nickte ihr dann zu: ,,Na dann. Jetzt du."
Sie sah kurz nachdenklich ins Leere, dann auf ihre Hände, die sie miteinander verschränkte. Sie hob ihren Blick und sah ihm erneut in die Augen. Es war, als würde sie ihn jedes Mal aufs Neue das erste Mal sehen, weil dieser warme, bernsteinfarbene Blick sie fesselte. So fesseln, wie er es schon damals immer wieder aufs Neue getan hatte. Als würden seine Augen flüssiges, dunkles Gold besitzen, so würde sie die Augenfarbe am ehesten beschreiben.
,,Viele nennen mich Sunny. Ich bin vierundzwanzig Jahre jung und ich muss gestehen, dass ich total darauf stehe, wenn man mir.."
Wie er ihre Gesten versuchte zu interpretieren, aus ihren Gedanken zu lesen, sich an ihr erfreute, wie als würde selbst jeder Atemzug den sie tat etwas ganz Kostbares sein. Irgendwas in ihm war einfach so froh, so beruhigt, entspannt und auch erleichtert, dass sie vor ihm saß. Ihre Anwesenheit machte ihm deutlich, dass alles Bestens war. Diese Wirkung übte sie auf ihn aus. Aus diesem Grunde wollte er sie auch nicht einfach vergessen oder gehen lassen. Er hatte es schon einmal mit so jemandem gemacht, der eine wichtige Rolle in seinem Leben gespielt hatte und den Schmerz trug er bis heute Tag für Tag mit sich.
Sie leckte sich über die Lippen, beugte sich etwas weiter über den Tisch. Taehyung verfolgte dies mit einer Anspannung, einer Konzentration, die nur sie in ihm hervorrufen konnte.
,,..Socken schenkt."
Sunny konnte sich ihr Lachen nicht mehr verkneifen, als sie sein Gesicht sah. Er hatte sich etwas vollkommen anderes erhofft, erwartet sie würde ihm eine sinnliche Sache anvertrauen, so verführerisch, wie sie sich bewegt hatte.
,,Socken?", wiederholte er skeptisch und war noch immer nicht darüber hinweg, wie sehr er sich getäuscht hatte, während seine Gegenüber sofort nickte und sich versuchte zu beruhigen, tief durchatmete.
,,Es weiß kaum jemand, dass ich eine Vorliebe für das Sammeln von Socken habe. Aber es macht mich irgendwie glücklich, wenn ich mir an einem gemütlichen Abend ein flauschiges Paar auf die Füße ziehen kann. Ich habe schon viel zu viele von den Dingern. In den verschiedensten Farben, mit verschiedenen Aufdrucken, Kurze und Lange...", sie sah ihn verlegen an.
Es traf ihn völlig unvorbereitet, dieses süße Lächeln von ihr. Nie hätte er gedacht, dass sich eine skurille Vorliebe wie diese, heißer anhörte, als jegliche Dinge, die er sich in seinem Kopf ausgemalt hatte. Es war ein weiteres winziges Puzzlestück, dass zu der jungen Dame vor ihm gehörte. Er lachte nun ebenfalls leise und senkte den Kopf, schloss kurz die Augen. Socken. Das war wirklich das Letzte an das er gedacht hatte.
,,Der Abend war wirklich schön", meinte sie und sah mit einem weichen Ausdruck zu ihm hoch, als sie einen kleinen Verdauungsspaziergang machten.
Er entspannte sich etwas mehr und sah grinsend zu ihr runter: ,,Das heißt dann wohl, ich darf dich wiedersehen."
,,Oh ich bestehe darauf", stimmte sie grinsend zu und schmiegte sich tiefer in ihre Jacke. Sie schlenderten auf der kleinen Promenade neben dem Kanal entlang, den sie auch vom Restaurant schon gesehen hatten. Die neonfarbenen Lichter der rund um die Uhr aufgeweckten Großstadt spiegelten sich in dem ruhigen Wasser wieder. Der Verkehr hallte wie ein leises Echo in der Ferne. Ihre Schritte waren das Einzige, was wirklich zu hören war.
Irgendwann blieb er stehen und sie sah fragend zu ihm auf. Taehyung stattdessen sah nur auf das glitzernde Wasser und dann wieder zu seiner Begleitung. Er räusperte sich leise.
,,Weißt du.. ich bin eigentlich gar nicht so. Nie gebe ich mir Mühe mit jemandem, investiere Zeit. Aber heute habe ich es seit langer Zeit wieder mal gemacht und.. es fühlt sich einfach so schön an."
Sie bekam Gänsehaut. So sanft wie seine Stimme klang. Er sprach leise und dennoch verstand sie jedes Wort sehr deutlich. Und sie wusste ganz genau was er meinte, wovon er sprach.
,,Deswegen wollte ich dir danken. Danke, dass du mir ermöglichst, mich so zu fühlen."
Das Nächste was er spürte waren ihre warmen Fingerspitzen, die sich an seine Wangen legten und ihn etwas tiefer hinunter zogen. Für ihn glitzerten ihre Augen schöner, als es die Spiegelung des Wassers tat.
,,Das mache ich gerne", hauchte sie leise und er legte seine Arme auf ihre Hüfte und zog sie ein wenig enger an sich, seine Augen wanderten zu ihren Lippen. Er wollte nichts überstürzen, denn sie war ihm weiterhin wie eine zerbrechliche Blume, die er mit einer Kleinigkeit zerstören könnte. Als sie sich dann jedoch auf die Zehenspitzen stellte, ihren Kopf versuchte höher zu strecken, war sein Kopf plötzlich leer.
Und dann trafen sich ihre Lippen. Für beide war es real, war es echt. Und sie würden sich selbst belügen, wenn sie das Gegenteil behaupten würden.
Kim Taehyung
Liebe ist für ihn ein Ding der Unmöglichkeit. Das versprach er sich vor acht Jahren. Doch sie.. sie lässt ihn dasselbe fühlen. Dass es dasselbe ist, kann er ja nicht wissen.
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