Kapitel 8
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„Paxenum, er ist fort!"
Achtlos läuft ein Mädchen in einem goldenem Gewand an mir vorbei, dabei wird ihr silbernes Haar wild durch die Luft gewirbelt. Ihre schnellen Schritte hallen von den hohen Wänden, des prachtvollen Saals, zurück. Trotz ihres flugsen Tempos braucht sie ein paar wenige Momente, bis es ihr gelingt völlig atemlos vor einem alten Mann zum stehen zu kommen.
Entgegen seines hohen Alters wirkt der Musje sehr fit, während er sich auf einem mächtigen Thron befindet. Obgleich seines vermutlich hohen Ranges, trägt er ein schlichtes weißes Leinenhemd. Erschrocken blickt er auf das Kind hinab. Ehrfürchtig hat sich das junge Geschöpf vor seinen Füßen fallen gelassen.
„Mein Kind, bist du dir da ganz sicher?", fragt der alte Herr mit einer festen Stimme und nimmt sich ihrer an.
Mit großen Kinderaugen sieht sie ihr Gegenüber an, um dann heftig mit dem Kopf zu nicken.
Aus irgendeinem Grund scheint meine Anwesenheit vor ihnen verborgen zu sein. Daher bewege ich mich vorsichtig zu den beiden hin, um mir so ihre Gesichter genauer ansehen zu können. Die Augen des kleinen Mädchens funkeln in dem Sonnenlicht, welches sich in ihnen spiegelt, violett. Diese außergewöhnliche Farbe erinnert mich an eine ferne Galaxie. Gleichzeitig ist ihre spitze Nase übersät von winzigen Sommersprossen.
Nachdenklich wende ich meinen Blick dem alten Mann zu. Auch er trägt dieselben Merkmale, wie das Mädchen, im Gesicht. Augenblicklich kommt mir der nicht all zu ferne Gedanke, dass die Zwei miteinander verwandt sein müssen.
Neugierig beginne ich den riesigen Raum, der mich umgibt zu erfassen. Große Fenster mit vergoldeten Rahmen gewähren den warmen Sonnenstrahlen Einlass in Saal. Durch die elfenbeinfarbenen Mauern wirkt dieser Ort sehr fürstlich, jedoch geschmackvoll. Dank der gigantischen Marmorstaturen wird die Decke an ihrem Ort gehalten. Es wirkt schon beinahe so, als würden diese vier unterschiedlichen Wesen das gesamte Sein tragen. Ist dies eventuell die Absicht des Künstlers gewesen?
Drei von ihnen wirken wie belesene, weise Menschen, während die vierte Person eine Kriegerin darstellte. Auch wenn sie nur eine Statur ist spürt man deutlich ihren Kampfgeist, so ohne Weiteres würde sie sich nicht unterkriegen lassen.
„Großvater, was wird nun geschehen, wenn Paxenum nicht mehr zurückkehrt?"
Die Frage des Kindes lässt mich aufhorchen. Voller Neugier sehe nun auch ich zu dem Mann. Sein Gesicht wirkt besorgt. Nachdenklich streicht er sich durch seinen langen grauen Bart. Mit einer bedachten Handbewegung bedeutet er dem Kind aufzustehen.
„Clara Liebes, ich möchte dass deine Worte ein Geheimnis zwischen uns beiden bleibt, es ist besser, wenn sein Verschwinden zunächst nicht an die Öffentlichkeit gerät. Anderenfalls könnte es sein, dass die anderen Klans denken wir hätten etwas damit zu tun", erklärt der Mann mit einer liebevollen strenge.
Erneut nickt die Kleine und legt verschwörerisch ihren Finger auf ihre Lippen. Diese Geste entlockte dem Alten ein herzliches Lächeln. Fürsorglich streicht er durch ihr silbernes Haar.
Urplötzlich steigt ein dichter weißer Nebel empor. Bedrohlich windet er sich um meine Beine, um so meinen gesamten Körper zu umhüllen. Ich spüre wie sich Todesfurcht in mir ausbreitete. Panisch versuche ich den Rauch von mir zu wedeln, doch anstatt sich zu lichten wird er immer dichter. Krampfhaft halte ich den Atem an, da es nicht meiner Absicht entspricht ihn einzuatmen. Unterdessen spüre ich wie mir allmählich die Luft ausgeht. Unter brennenden Schmerzen spüre ich wie sich meine Lunge zusammen zieht. Mein natürlicher Instinkt möchte mich zum atmen zwingen.
Ehe mir gänzlich schwarz vor Augen wird schwindet der Nebel langsam und mein Sichtfeld wird nicht weiter beeinträchtigt. Immer noch befinde ich mich in dem Saal, jedoch hat sich etwas verändert.
Schlagartig wird mir von der Hitze an diesem Ort ganz schwindelig. Es dauert auch nicht Lange bis ich die Ursache für jene Temperaturen gefunden habe, denn meterhohe Flammen erstrecken sich über die gesamten Wände. Der Rauch hat bereits die helle Decke tiefschwarz gefärbt und auf einmal wirken die Statuen so, als würden sie im Feuer qualvoll dahinscheiden.
Von draußen ertönt das dröhnende Geräusch eines Warnsignals. Ein tiefes Horn bedeutet den Bewohnern des Dorfes zu fliehen. Allerdings bin ich mir sicher, dass jene die bis jetzt in der Stadt verweilten bereits zum Tode verurteilt sind. Durch die mittlerweile gesprungen Fenster erkennt man, wie das Höllenfeuer, bereits das Dorf verschlungen hat. Panik bereitet sich in mir aus. Dieses Geräusch. Es sind die Laute, die sich mir in einst in Mark und Bein gebrannt haben. Dann erkenne ich sie. Zu hunderten schlenderten sie durch das Feuer. Ihre nackten Körper sind Blut übersäht, während sie mit ihren toten Augen dem Geschrei der Hilfesuchenden folgten.
Einst traf ich so ein Wessen alleine. In einem Wald, allerdings kann ich mich nur noch an seine gequälten Töne erinnern, so als würde es nach Luft ringen.
„Sag mir Renko, war es das tatsächlich wert?", es ist die düstere Stimme eines jungen Mannes.
Bedrohlich langsam schreitet er auf den am Boden liegenden alten Mann zu. Meine Augen brauchen eine Sekunde bis ich erkenne, dass es sich um den Großvater von Clara handelt. Sein Name ist also Renko.
Kniend stützt sich der Mann auf den unteren Stufen seines Throns. Sein schwerer Atem ist trotz der apokalyptischen Atmosphäre deutlich zu hören. Die weiße Kleidung ist übersät von Russ und Brandmalen. Es zerreißt mir mein Herz, ihn dort so hilflos zu sehen. Ich will zu ihm laufen. Ihn hinaus begleiten. Doch ich bin weiterhin lediglich der Beobachter des Geschehens.
„Mein Volk und ich waren euch gegenüber stets loyal. So bleibe ich auch jetzt bei der einen Wahrheit. Wir haben nichts mit dem Verschwinden von Paxenum zu tun!", keucht Renko erschöpft.
„Das glaube ich nicht! Denkt Ihr ich wüsste nicht was passiert, wenn man Paxenum opfert und sein Blut trinkt? Denkt Ihr ich wüsste nicht, dass seine unendliche Macht auf einen übergeht?", zischt der Dürre und kommt wie ein wildes Tier vor dem gebrechlichen Mann zum stehen.
„Ihr seid wahnsinnig geworden Tolconur! Lasst Euch gesagt sein, Eure Taten blieben nicht unbemerkt. Wir wissen, dass Ihr eurem Volk die Kräfte nahmt, um so Eure Herrschaft zu sichern. Ihr seid schon lange zu weit gegangen und auch wenn ich heute nicht in der Lage bin Euch zur Rechenschaft zu ziehen. So werden sie Euch früher oder später richten. Eure Besessenheit nach unendlicher Macht hat schon lange Überhand genommen und Euren Geist vergiftet!", erklärt Renko mit bestimmter Stimme und erhob mahnend seinen zierlichen Zeigefinger.
„Wenn ich erst einmal König der Multiversen werde, dann wird es niemanden mehr geben, der mich richten könnte."
„So naiv seid Ihr doch selbst nicht. Bereits nach so kurzer Zeit des Krieges hat sich die Zahl der Symptanen verdreifacht. Über was wollt Ihr noch herrschen, wenn kein Volk zum beherrschen mehr da ist."
Die Worte lassen dessen Empfänger aufbrodeln und mit einem Mal verfinstert sich der Ausdruck in dem Gesicht des Dürren. Nun ähnelt er einem wilden ausgehungerten Bären, der vor seiner Beute steht.
„Nun werdet Ihr für Eure Dreistigkeit bezahlen alter Mann. Denn auch Ihr werdet lernen, dass es nur den einen Weg gibt. Der meine oder keinen!", brüllt Tolconur und greift drohend unter seinen grauen Umhang.
Dort zieht er eine mächtige Klinge hervor. Fast schon gierig lässt er die sie in die Höhe schnellen, für einen kurzen Moment blitz das polierte Eisen mörderisch auf.
Unweigerlich spüre ich wie eine gewaltige Wut in mir aufkommt. Es ist untragbar nur daneben zu stehen und zu zusehen, wie das Böse siegt. Ich weiss, dass wenn es Tolconur gelingt Renkos Platz einzunehmen, dann wäre das gesamte Multiversum zerstört. Es war eine Art Urinstinkt, die mich es spüren lies. Er würde in seiner Blindheit die gesamten Zeitachsen zerstören.
Ein enormer Zorn steigt in mir empor, so heftig, dass selbst ich vor meiner eigenen Macht zurückschrecke. Plötzlich ergreift sie die gesamte Kontrolle über meinen Organismus, während sich mir der Blick auf die Hinrichtung in Zeitlupe gewährt. Kurz bevor die Klinge den Nacken des alten Mannes durchtrennen konnte, entwich meiner Kehle ein grausamer Schrei.
So hoch, dass sich jener in einem Beben ausbreitet. Auf einmal erreichen mich weitere Wellen der Zerstörung, um mich herum werden plötzlich drei andere Wesen sichtbar. Aus ihren leeren Mund- und Augenhöhlen tritt hellblaues Licht hervor, während auch aus ihren Kehlen hohe Töne der Apokalypse ertönen.
Ich fühle wie sich unsere Macht bündelt und wir auf eine gewisse Weise miteinander verschmelzen. Das letzte Bild, welches sich mir in den Kopf eingebrannt hat, ist wie die massive Decke hinab fällt und alles unter sich begräbt.
Danach verliere auch ich mein Augenlicht.
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