Kapitel 7
„Hey Demi. Weisst du wo May ist?", rief Jill, um den Lärm der anderen zu übertönen.
Die Party war mittlerweile voll im Gange und die meisten schmiegten sich auf der Tanzfläche eng aneinander. Fest umschlungen folgten ihre verschwitzten Körper den melodischen Bässen der Musik. Zu ihnen zählten auch Demi und Jason, die sich genüsslich dem Beat hingaben.
Ein wenig ertappt starrte Demi, als sie Jill sah. Von wegen da läuft nichts.
„Oh, hi. Nein, sie wollte das Phantom treffen. Seit dem hab ich sie nicht gesehen", gab sie schließlich achselzuckend von sich.
Diese Information brachte Jills Blut in Wallung.
„Hat sie nicht gesagt, wo sie sich treffen? Hast du ihn zumindest gesehen?", hakte sie aufgewühlt nach.
„Herr Gott nochmal, Gillian. Nein, keine Ahnung, wenn ich ihn gesehen hätte, würde ich ihn jawohl nicht Phantom nennen. Wenn ich sie sehe rufe ich dich an! Entspann dich aber mal. Die machen bestimmt irgendwo rum."
„Sag... Ach vergiss es."
Jill hatte keine Zeit sich über die Party-Demi aufzuregen. Sie liebte ihre beste Freundin, allerdings hatte sie auch einige Eigenschaften, die einfach nervten. Das war eine von ihnen. Darum würde sie sich allerdings ein anderes mal kümmern, viel wichtiger war es May zu finden. So schnell wie sie gekommen war, so schnell verschwand sie auch wieder von diesem Ort.
Vor der Tür atmete sie erstmal tief durch und versuchte das Gefühl der bösen Vorahnung soweit es ging zu unterdrücken. Stattdessen wählte sie wieder die Nummer. Sofort kam die Mailbox. Wenn sie Maybell fand würde sie erstmal einen Einlauf verpassen. Wie konnte man nur so unvorsichtig sein?
Die Party fand in einer abgeschiedenen Hütte statt, die umgeben von Wald war. Heute wirkte er jedoch unnatürlich, nur das Geräusch des Windes, welcher mit ihrem Haar spielte, war wahrzunehmen. Keine raschelnden Blätter oder jaulende Tiere.
Mittlerweile hatte sich Jill schon enorm weit von der Partylokation entfernt und mit jedem Schritt sank ihre Zuversicht May noch zu finden. Nun ja vielleicht hatte Demi, entgegen ihrem eigenem Bauchgefühl, ja Recht gehabt und die beiden knutschen irgendwo rum...
Plötzlich ertönte der schrille Schrei eines Mädchen. Ängstlich warf Jill sich auf den feuchten Waldboden und schlug ihre Hände schützend über ihren Kopf. Langsam sah sie hinter sich. Niemand war dort. Was passierte hier?
Wieder ein entsetzlich langer qualvoller Schrei. Der Klang der Stimme war so schmerzerfüllt, dass er sich durch ihren ganzen Körper zog. Jill spürte,wie ihr Tränen in die Augen schossen und so ihre Sicht beeinträchtigten. Sie hatte Angst um ihr Leben.
Es war diese lähmende Angst, die dafür sorgte, dass das Leben noch einmal an einem vorbeizog. Sie fühlte sich schutzlos ausgeliefert. Nicht in der Lage einen klaren Gedanken fassen zu können.
Da war etwas.
Direkt neben ihr im Gebüsch fing es an zu rascheln. Blitzartig griff sie nach einem Stein, der neben ihr gelegen hatte und drehte sich auf die Seite. Drohend hielt sie ihre Waffe über den Kopf, während sie sich mit der anderen Hand den Mund zu hielt. Es war der klägliche Versuch gewesen keinen Ton von sich zu geben.
Sie war bereit. Sogar wenn sie jemanden damit den Schädel zertrümmern musste, um sich zu retten. Instinktiv holte sie weit aus, während das Geräusch sich näherte.
Dann atmete sie erleichtert aus.
„Um Himmels Willen, hast du mich erschrocken!", stöhnte sie leise.
Es war ein kleiner Igel, der sie nun ganz erschrocken an sah. Sie spürte wie ihr ein Stein vom Herzen fiel. Erschöpft drehte sie sich auf den Rücken und griff an ihre Brust. Tatsächlich hatte der kurze Moment der Angst ihr die gesamte Energie geraubt. Vorsichtig sah sie sich ihre Hand an. Immer noch zitterte diese unaufhörlich.
Jill musste sich beruhigen, auch wenn sie grade nicht in Gefahr war, so klangen die Schreie ganz anders. Etwas schlimmes war passiert.
Sie würde am besten die Polizei rufen. Selbst wenn sie sich getäuscht hatte, so würden sie es bestimmt verstehen. Zitternd griff sie in ihre hintere Hosentasche. Sie war leer.
Ihr Handy war weg. Panisch durchwühlte sie ihre anderen drei Taschen. Es war nicht dort. Vermutlich hatte sie es verloren, als sie sich auf den Boden warf.
Tränen stiegen ihr vor Verzweiflung in die Augen. Scheiße, war sie denn zu nichts zu gebrauchen?
Verzweifelt richtete sie sich langsam auf, um sich besser nach dem Smartphone umschauen zu können. Jedoch fand sie das,wonach sie vermutlich ursprünglich gesucht hatte, denn am See standen drei große Gestalten. Angsterfüllt suchte sich Jill bei einem der benachbarten Bäumen Deckung. Auch wenn es nur eine Vermutung war, so war sie sich sicher, dass es der Typ von heute morgen war. Doch wo kamen die Schrei des Mädchens her?
Jill spürte wie sich ihre Muskeln verhärteten.
Ein blasser, fleischiger Umriss den sie undeutlich im schwachen Lichtschein wahrnehmen konnte, war der Grund dafür. Dort zu den Füßen der anderen lag etwas. Ein Mensch. Regungslos. Leblos?
Sie konnte es aus dieser Entfernung nicht sagen. Aber der zaghaften Figur entsprechend war das vermutlich das Mädchen.
Hilfesuchend umklammerte das Mädchen den Baum, ihre Beine waren zu schwach, um sie länger tragen zu können. Eine schwarze, undurchdringliche Stille bedrängte sie von allen Seiten. Verzweifelt versuchte sie etwas zu erkennen oder zu hören, doch es schien sich ein dunkler Schleier über sie gelegt zu haben.
Die drei Gestalten gingen und stiegen achtlos über den zierlichen Körper hinweg. Sie musste es wissen, lebte sie noch? Waren es ihre entsetzlichen Schreie gewesen, die sich ihr in Mark und Bein gebrannt hatten?
Langsam versuchte sie sich ihren Weg zu ihr zu bahnen, als es erneut im Gebüsch raschelte. Jill erstarrte. Die nackte Grauen stand ihr ins Gesicht geschrieben und jegliches Blut wich ihr aus dem Körper.
Nein, diesmal war es kein Igel oder Fuchs, was dort gekommen war.
Kein gewöhnliches Lebewesen!
Eine Welle der Übelkeit stieg in ihr auf, lies sie taumeln. Der Wald um sie herum schien sich zusammenzuziehen. Jill hätte sich beinahe übergeben.
Dieses Wesen besaß weder Haare, noch Ohren, um seine Hüfte wand sich ein altes verdrecktes Leinentuch. Sein schmächtiges Erscheinungsbild wirkte durch seine Größe noch grauenvoller, während seine Haut giftig weiß schimmerte.
Seine Laute. Dieses unerträgliche Geräusche, dass einen innerlich zerriss. Das konnte man nicht vergessen, es brannte sich schmerzhaft in ihr Gedächtnis, dieses furchtbare Geräusch, als würde es nach Luft ringen. Doch was das gesamte Erscheinen noch bedrohlicher wirken lies, war seine Art sich fortzubewegen. Denn es bewegte es sich vollkommen aufrecht und schnell. Sehr schnell.
Versteinert sah Jill dabei zu, wie sich dieses Etwas über die zierliche Gestalt hermachte. Nun hoffte sie doch, das die Person tot sei, um ihretwillen.
Der durchdringende Geruch von Blut stieg ihr in die Nase. Das Monster nagte an der Unbekannten, wie an einem Stück Fleisch. Ihr Magen drehte sich, während sie sich, wie in einer Trance, dem Geschehen näherte. Ungewollt verlies sie ihr schützendes Versteck. Ohne sich dagegen wehren zu können.
Nur noch wenige Meter trennten sie von dem Vieh, als ihr ein fataler Fehler passierte.
Sie war auf einen Ast getreten, der mit einem Knacken unter ihrem Gewicht nachgab. Schlagartig hielten beide inne. Jill erschütterte von Grund auf. Sie fiel in eine Art panische Starre, während das Ding sich vorsichtig aufsetzte und fast in Zeitlupe seinen Kopf um 180° nach hinten drehte. Nun sah es sie mit seinen toten dämonisch weißen Augen an und fletschte seinen Rasiermesser scharfen Reißzähne. Sein Gesicht getränkt in dem Blut seines Opfers.
Drohend langsam folgte sein Torsos dem Kopf, bis es Jill komplett zugewandt war. In diesem Moment sah sie es. Sein Opfer. Dem Begreifen folgte das Entsetzen. Als Jill erkannte, in wessen geisterhaft blasses und Blut verschmierte Gesicht sie sah, entwich ihr ein entsetzlicher Schrei. Ihre Kehle brannte. Sie konnte nicht atmen.
Bevor sie etwas weiteres denken konnte, fasste sie ihr Überlebensinstinkt. Jill rannte. Sie rannte Wort wörtlich so schnell, als sei der leibhaftige Teufel hinter ihr her.
Sie lief und schrie.
Würde sie irgendwer hören? Ihr Mund wurde staubtrocken und ihre Schreie wurden nichts mehr, als ein kratzendes Geräusch. Ihre Stimme war fort.
Die Äste der Bäume peitschten und schnitten ihr Gesicht blutig. Langsam drohte die Welt um sie herum immer kleiner zu werden. Sie wusste, dass ihr Körper nicht mehr lange durchhalten würde. Ihre Reserven wären gleich aufgebraucht.
Der einzige Ansporn weiterzulaufen war die Tatsache, dass dies hier kein Spiel war. Es würde sie töten.
Keuchend lief Jill weiter, als der Gestank nach verrottendem Fleisch immer stärker wurde. Genau in diesem Moment riss sie eine modrige Hand nieder. Nach Gnade flehend versuchte sie wieder aufzustehen, doch es presste sie unsanft zu Boden. Gewaltsam drückte es ihr Gesicht in die feuchte Erde. Sie würde ersticken. Wild schlug sie um sich und irgendwie gelang es ihr sich auf den Rücken zu legen. Sie versuchte tief einzuatmen, doch statt mit Luft füllte sich ihr Mund mit Dreck. Mit Mühe schaffte sie es die Angriffe, in Richtung Kehle, abzuwehren.
Während Jill weiter um ihr Leben rang, schlich sich ihre einzige Rettung, von hinten an sie ran. Nein, es war kein starker Mann oder etwas dergleichen. Im Gegenteil es war eine übliche Kraft, jener wir jeden Tag ausgesetzt waren. Der Mond.
Er wirkte auf das Ungeheuer wie Säure. Es verätzte einfach.
Unter Schock stehend, spukte Jill die Erde aus, um dann ihr Lunge mit Sauerstoff zu füllen. Die Überreste des Viehs stanken fürchterlich.
Jill weinte bitterlich und rollte sich zusammen. Sie wusste nicht was grade passiert war. Konnte nicht klar denken. Sie spürte wie sich ihr Magen zusammenzog und übergab sich. So lag sie eine gefühlte Ewigkeit dort.
Dann verlor sie ihr Bewusstsein.
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