Kapitel 3
Als Jill und Demi endlich an der Pizzeria angekommen waren, spürten sie ihre Finger nicht mehr, auch die Lippen der beiden hatten sich blau verfärbt.
Um sich aufzuwärmen, bestellten sie sich zunächst heißen Minztee und anschließend eine Pizza. Während die zwei Freundinnen auf ihre Bestellung warteten, sprachen sie über die Ferien und darüber, wie sehr sie sich vermisst hatten.
Es war das erste Mal nach Wochen, dass Jill ein lockeres Gespräch führen konnte. Es tat gut, einfach mal über belanglose Dinge zu sprechen. Genau aus diesem Grund erwähnte sie auch ihre merkwürdigen Tagträume nicht. Es war zwar nichts Neues, dass sie ab und an mal in eine Trance versetzt wurde, aber in der letzten Zeit war es besonders schlimm. Die Träume wurden realistischer und der Inhalt immer wirrer. Tatsächlich kannte keiner das Ausmaß dieser Träume, nicht einmal Miriam.
„Also meiner Meinung nach solltest du es mal in Erwägung ziehen ins Solarium zu gehen. Du bist so blass", forderte Demi und musterte ihre beste Freundin.
„Bist du verrückt? Das ist meine Tarnung in der Schneelandschaft", witzelte Jill und zwinkerte ihr zu, woraufhin sie ein liebevolles Kopfschütteln erntete.
„Wann wollte Maybell eigentlich wiederkommen?", wechselte Demi das Thema, wohl wissend, dass Jill ihren Rat nicht befolgen würde und bis an ihr Lebensende aussehen würde wie ein Kalkstein.
„Ich glaube, sie wollte morgen kommen."
Ihre Unterhaltung wurde durch das Servieren des Essens gestört. Zufrieden biss Jill in ihre heiße Pizza und schmolz bei dem Geschmack, des knusprigen Teig, mit dem perfekten Käse, beinahe dahin. Dann sah sie kurz zum Fenster hinaus Jill und entdeckte Jason.
„Hey du! Ich sehe jemanden, den du richtig gern hast", bemerkte Jill provokant.
Schnell folgte Demi ihrem Blick und verschluckte sich fast, als sie Jason sah.
Für die Bemerkung stupste sie Jill leicht in die Seite. Schon seit dem Kindergarten galt er als einer von Demis besten Freunden. Den meisten Leuten kam es allerdings eher so vor, als wäre da mehr zwischen ihnen. Doch dies bestritten beide.
Natürlich!
Tatsächlich war Jason ziemlich hübsch. Mit seinem unschuldigen Wuschelhaaren und dem perfekten Welpenblick, machte er es den meisten Mädchen nicht leicht. Außerdem hatte er zugeben eine einzigartige Augenfarbe, irgendetwas zwischen den Farben gold und grün.
Die Tür flog auf und die beiden Freundinnen sahen gleichzeitig hin. Halberfroren trat Demis heimlicher Crush mit einem grinsen herein.
„Hey!", grüßte er und rieb sich dabei die Hände.
„Hi!", entgegnete ihm Demi und drohte fast dahinzuschmelzen.
Für Jill war es schwierig diese verliebten Blicke nicht mit einer schnippischen Bemerkung zu kommentieren, weshalb sie Jason schnell aufforderte sich zu setzen.
„Worüber habt ihr grade gesprochen?", fragte er nach dem er bestellt hatte.
„Über die Ferien", informierte ihn Demi.
Während sich die beiden in einem Gespräch verloren, versank Jill wieder in den tiefen Abgründen ihrer Gedanken.
Der Name des Unbekannten war also Taylor West. Was er wohl für eine Art von Mensch war. Trotz seines Aussehens wirkte er auf den ersten Blick nicht arrogant. Ganz im Gegenteil, irgendetwas an ihm faszinierte Jill. Natürlich kam es ihr selbst ziemlich absurd vor, wie oft sie heute schon an ihn denken musste, doch es ging nicht anders. Jedes Mal wenn sie an sein Gesicht dachte, kribbelte ihr Bauch, auch wenn es sich schön anfühlte, so machte ihr das Gefühl trotzdem Angst. Immerhin konnte man sich nicht in eine Person vergucken, mit der man zwei flüchtige Sätze gewechselt hatte.
Oder?
„Lasst uns gehen! Jill ich wollte dir noch unbedingt mein Kleid für die Winternacht zeigen", schlug Demi vor, wogegen die beiden anderen nichts einzuwenden hatten.
Nachdem sie bezahlt hatten, schlenderten sie gemütlich zum Internat zurück. Bis hin zu der Straße, die ohne Umwege zur Schule führte, eigentlich diente sie als Auffahrt für die Autos. Der Weg wurde von wunderschönen Baumreihen begleitet. Im Sommer war die Kirschbaumallee traumhaft schön.
„Jill, diesmal kommst du auch zum Ball, oder?", fragte Jason und sah sie bittend an.
„Ähm, ich denke schon."
„Hast du denn schon ein Date? Simon hat mich gefragt, ob ich dich für ihn frage."
„Alles gut. Du kannst ihm ruhig für das Angebot danken, aber lieber nicht."
„Ach echt? Du hast jemand anderen gefunden?", hakte Demi erstaunt nach.
Jill log und nickte abwesend, ihr Blick war auf die Eingangstür des Internats gerichtet, denn dort abseits von der Allee lehnte Taylor an der Mauer des alten Gebäudes. Plötzlich verspürte sie den Drang, sich für den peinlichen Vorfall von heute Morgen bei ihm nochmal richtig zu entschuldigen. Abgesehen davon tat er ihr auch Leid.
„Geht schon mal vor. Ich komme gleich nach."
Für diese Worte sah Demi sie zuerst schief an, nickte aber schließlich.
Jill blieb stehen und wartete, bis die beiden Turteltauben außer Sichtweite waren. Dann ging sie über die gefrorene Wiese zu Taylor hin. Bei jedem ihrer Schritte gaben die gefrorenen Grashalme knirschend unter ihren Füßen nach.
Als er sie entdeckte, musterte er sie mit verschränkten Armen. Sein undeutbarer Blick verunsicherte Jill und sorgte dafür, dass ihr die Situation erst recht unangenehm wurde. Was machte sie denn hier überhaupt? Vielleicht tut sie lieber so ,also würde sie eigentlich woanders hin wollen und geht an ihm vorbei?
Doch bevor Jill sich umentscheiden konnte, zog er sich die Kopfhörer aus dem Ohr, da er bereits bemerkt hatte, dass sie mit ihm reden wollte . Nun konnte sie keinen Rückzieher mehr machen
„Hi", fing sie schließlich an, bevor eine peinliche Stille entstand.
„Hey."
„Ich wollte mich nochmal bei dir entschuldigen, wegen Heute morgen. Ich hätte nicht einfach so weglaufen sollen, ohne zu schauen, dass es dir gut geht. Ich war im Stress und da vergesse ich sowas manchmal. Auf jeden Fall tut es mir wirklich Leid", entschuldigte sie sich bei ihm.
„Ach, ist doch nicht schlimm. Bist du nur gekommen, um mir das zu sagen?", fragte er und lächelte geschmeichelt.
„Eigentlich schon, weil ich mir so blöd vorkam. Als ich dann erfuhr, dass du auch noch neu bist, hat mich mein schlechtes Gewissen fast zerfressen", sie sah verlegen auf den Boden.
„Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Wirklich nicht! Ich finde so einen morgendlichen Denkanstoß sehr hilfreich", gestand er und konnte sein breites Grinsen kaum verbergen. Daraufhin musste auch Jill lächeln.
„Ich kann dir nicht versprechen, dass es mir nicht wieder passiert", bemerkte sie achselzuckend.
„Wie heißt du überhaupt? Ich meine, meinen Namen kennst du, aber ich kenne deinen noch gar nicht."
„Stimmt, du bist ja jetzt in meiner Klasse. Ich bin Jill Mclaine."
„Schön dich kennenzulernen, Jill Mclaine", sagte er ernst und sah sie dabei intensiv an.
Obwohl ihre Knie ganz weich wurden, versuchte sie seinem Blick standzuhalten. Während ein sanftes Lächeln seine Lippen umspielte. Leider wurde der Moment durch das laute Gelächter ein paar Kinder gestört. Vor allem der offensichtliche Schlachtruf der Knirpse ließ Jill erschrocken zusammenfahren. Wie wild gewordene Tiere rannten sie auf die Wiese und bewarfen sich mit dem zu Matsch gewordenen Schnee. Wobei ein Ball sie um Haaresbreite erwischt hätte.
„Tschuligung!", rief dessen Verursacher halbherzig und rannte weiter.
Amüsiert fasste Taylor sich in den Nacken, dabei entwich ein liebevolles Lachen seiner Kehle. Ein wenig perplex sah Jill ihn an, bevor auch sie lachen musste.
„Oh Gott, lass uns lieber abhauen, bevor wir noch so einen Eis-Matschball abbekommen", kicherte Jill und hob schützend die Hände über ihren Kopf.
„Schnell weg", stimmte Taylor ihr gespielt panisch zu und gemeinsam lachend liefen zur anderen Seite des Gebäudes.
„Okay, ich darf das Cardiotrainig nicht ständig verschieben", stöhnte er und stütze sich auf seinen Knien ab.
Nachdenklich sah Jill ihn an. Anders als erwartet schien Taylor ziemlich albern zu sein, was ihr irgendwie gefiel. Allein sein Lachen klang, wie das eines Kindes, wenn der Vater es liebevoll durch die Luft wirbelte.
„Taylor, hast du morgen Abend schon etwas vor? Hier gibt es so eine Tradition, dass kurz bevor die Schule beginnt, wir den Winter feiern. Ich war noch nie da, aber die anderen meinen, dass es ein riesiges Ding ist. Ich dachte mir, vielleicht möchtest du auch mitkommen?", fragte Jill unsicher.
Obwohl es nach den Ferien immer schon einen Ball gab, hatte sie sich gekonnt davor gedrückt hinzugehen. Dieses Jahr beschloss sie allerdings offener zu sein und sich von ihren Freundinnen mehr mitreißen zu lassen. Deshalb hatte sie auch all ihren Mut zusammen genommen, um ihn zu fragen.
Ganz nach dem Motto: Neues Schuljahr, neue Jill.
„Ein Ball?"
„Ja, so in der Art. Man muss allerdings nicht tanzen, wenn man nicht will!"
„Klingt gut", gab er zu nach einer kurzen Überlegung zu.
Seine Antwort lies Gillians Augen vor Freude strahlen.
„Cool. Meine Freunde werden auch da sein. Du wirst sie mögen. ...Also dann treffen wir uns morgen um halb zehn in der großen Eingangshalle?"
„Ich werde dort auf dich warten!"
„Sehr gut, dann bis morgen!", mit den Worten ging sie.
Beinahe hatte Jill vergessen, dass Demi auf sie wartete. Durch das Gespräch mit Taylor war es mittlerweile schon fast wieder Zeit zum Abendessen. Hoffentlich war ihre Freundin so mit Jason beschäftigt, dass ihr nicht auffiel, dass aus einem gleich eine Stunde wurde.
Zaghaft klopfte sie an der Zimmertür. Es dauerte nicht lange, bis ihr diese geöffnet wurde.
Mist Jason war nicht da.
„Ich dachte ich komme so, um dich direkt zum Abendessen zu entführen", erklärte sie schnell und ließ sich auf Demis Bett fallen, diese schenkte ihr einen vielsagenden Blick.
„Tatsächlich und ich dachte schon du hättest die Zeit vergessen..."
Jill setzte ein unschuldiges Lächeln auf und verzog schmollend den Mund.
„Kennst mich doch."
„Du hast Glück, dass ich noch ein bisschen mit Jason geredet habe."
„Siehst du! Habe ich gern gemacht und jetzt zeig mir deine Kleider..."
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