Putzen
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Wenn du dein Hier und Jetzt unerträglich findest und es dich unglücklich macht, dann gibt es drei Möglichkeiten: Verlasse die Situation, verändere sie oder akzeptiere sie ganz. Wenn du Verantwortung für dein Leben übernehmen willst, dann musst du eine dieser drei Möglichkeiten wählen, und du musst die Wahl jetzt treffen
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Der Wecker fängt an sein stetig ansteigend monotones Geräusch von sich zu geben. Es ist schon seit Jahren die gleiche Uhrzeit und dasselbe Geräusch des Weckers, das mich jeden Tag weckt und zwingt aufzustehen. So auch heute. Lange schlafen gibt es hier nicht. Nicht für mich. Seitdem sie weg ist, hat sich so einiges geändert. Nicht nur, dass eine neue Frau und ihre Tochter hier wohnen. Nein, es hat sich auch sonst viel geändert. Sehr viel.
Zuerst gehe ich ins Bad, welches gleich neben meinem Zimmer ist und dusche mich. Danach ziehe ich mich in Windeseile an und betrachte mich im Spiegel. Es ist ungewöhnlich, mich anzusehen. Ich sehe ihr ähnlich, sagt er. Sehr ähnlich sogar. Aber rechtfertigt das sein Verhalten? Ich reiße meinen Blick von dem Spiegel los und gehe leise die Treppe nach unten.
Es ist ein kühler Herbstmorgen, die Stadt versinkt in dichtem Nebel. Ich fühle in mir wieder die aufsteigende Leere und unbeschreibliche Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben, für das ich den Grund nicht kenne und ehrlich gesagt auch nicht sehe. Jeder Tag fängt beschissen an und endet dementsprechend auch. Es ist vorprogrammiert. Ich kann nichts dagegen machen. Ich erlebe diesen Mist jeden Tag aufs Neue und das immer und immer wieder. Ich gehe meinen üblichen Weg in Richtung Bäckerei, der nicht weit von einem dichten Wald und vereinzelten Lichtungen entfernt ist. Alles ist wie jeden Morgen. Mir begegnet kein Mensch und die ganze Umgebung versinkt in tödlichem Schweigen, das nur durch das Krächzen vereinzelter Raben gestört wird. Ich schlendere gemütlich meinen Weg, während ich in meinen Gedanken versinke und drohe, ich in ihnen zu verlieren. Mir schießen immer wieder vereinzelte Gedanken durch den Kopf, die hauptsächlich mein Leben hinterfragen und anzweifeln.
Vor dem Bäckerladen bleib ich stehen und warte, bis jemand vor mir rein geht. Nur um zu sehen in welche Richtung die Tür aufgeht. Ich habe Glück. Ein bärtiger Mann springt gerade aus seinem Auto und läuft hektisch an mir vorbei. Vielleicht möchte er es sehr schnell hinter sich bringen, denke ich mir und folge ihm unauffällig. Aber kann man ihm das verübeln? Ich denke nicht. Vor mir sind noch zwei andere Leute an der Reihe. So habe ich genug Zeit, die Namen der Brötchen zu erfahren und mir zu merken. Endlich bin ich an der Reihe. Erst zögere ich. Um kurz darauf die Bestellung, ohne Fehler, und auswendig gelernt wie ein Gedicht, aufzusagen. Der schlimmste Teil ist jetzt überstanden und ich bin erleichtert. Ich bezahle und die Verkäuferin wünscht mir freundlich „einen schönen Tag“. Ich versuche in ihre Richtung zu lächeln. Doch als ich den Kopf hebe, ist sie schon mit dem nächsten Kunden beschäftigt. Traurig lasse ich meinen Kopf wieder sinken. Selbst diese Menschen, die immer fröhlich sind, beachten mich nicht. Es ist fast so, als bin ich gar nicht mehr da. Irgendwie glaub ich den meisten Verkäufern so und so nicht, das sie das mit dem „Schönes Wochenende“ ernst meinen. „Schönen Abend noch“, „Guten Tag“, „Ein erholsamen Feierabend“, alles nur nichtssagend Floskeln, die man eben in der Ausbildung gelernt hat, um sie jedem Kunden wie ein Roboter aufzusagen. Aber sie tun auch nur ihren Job, genau wie ich meinen mache. Müde setze ich mich in Bewegung und gehe zurück. Zurück zu dem Haus, das früher mal mein Zuhause gewesen ist. Zuhause angekommen begebe ich mich direkt in die Küche, um Frühstück für alle zu machen.
Mein Blick fällt auf die Uhr. Langsam sollte ich mich doch etwas beeilen. So beginne ich auch zu kochen. Ich backe Brötchen auf, serviere Käse und Wurst auf einem extra Teller und decke den Tisch fertig. Nur kurz nachdem ich fertig geworden bin, kommt auch schon ein Xenia rein. Sie setzt sich an den Tisch und fängt, ohne zu warten, an zu essen. Ich widme mich derweilen dem Abwasch, damit die Küche nicht ganz so chaotisch aussieht. Langsam trifft auch das jüngste Familienmitglied in der Küche ein und ich begrüße sie mit einem Guten Morgen.
Flink spüle ich weiter und räume die Küche auf, als Xenia sich räuspert. Ich denke mir nichts dabei und spüle weiter. „Junges, Fräulein?!“ ich halte inne und drehe mich langsam um. „Ja, du bist gemeint!“, keift sie direkt. „Auf den Schränken im Flur liegt wieder Staub. Ich denke, dass muss wieder geputzt werden. Du bist doch bestimmt so lieb?“ Falsch klimperte sie mit ihren langen Wimpern und lächelte gekünstelt. Ich sehe sie perplex an. Was hatte sie gerade gesagt? Putzen? Ich? Sehe ich so aus wie eine Reinigungsfrau? Wütend drücke ich den Lappen in meiner Hand, aber das war wohl keine so gute Idee. Der nasse Lappen entleerte das Wasser mit einem leisen Plätschern auf dem Küchenboden. Xenia sieht mich fassungslos an. „Was soll das jetzt werden, junges Fräulein?“, sagte sie laut. Ruckartig stand sie auf, sodass der Stuhl nach hinten umkippte. „Du putzt das gesamte Haus. Alles soll sauber sein und wehe ich sehe noch irgendwo Dreck, dann wird Hektor dir bestimmt benehmen beibringen.“ Allein bei seinem Namen zog sich alles in mir zusammen. Nein, nicht Hektor. Meine Hände fingen an zu zittern und ich fing an zu schwitzen. „I…i…ich mach das Xenia. K…k…keine Sorge.“ ,stotterte ich und lief los.
Mittlerweile ist es Nachmittag. Ich habe bis jetzt nur das Wohnzimmer, das Bad und Candelas Zimmer aufgeräumt. Nun bin ich bei Xenias Zimmer angekommen. Damit das Aufräumen etwas mehr Spaß macht habe ich mir meine Kopfhörer aufgesetzt und höre Musik. Nachdem ist die ganze Schmutzwäsche vom Boden aufgesammelt habe und das Bett gemacht habe, putze ich gründlich Staub. Auch die Nachtkästen werden von mir, vom Müll befreit. Nachdem auch das erledigt ist, wische ich den Boden braunen Holzboden. Nun säubere ich auch noch den Rest des Hausen. Am Abend mache ich selbstverständlich für alle Abendessen. Obwohl sich das alle eher auf Xenia und Candela beschränkt. Hektor sehe ich eigentlich immer seltener, aber damit hab ich kein Problem.
Nachdem ich alle fertig gegessen haben und gegangen sind, räume ich den Tisch ab. Schnell wische ich noch einmal drüber. Danach gehe ich auch in mein Zimmer und falle erschöpft in mein Bett. Es ist anstrengend. Sehr anstrengend alles alleine zu putzen. Wann kapiert das Xenia, dass ich keine Reinigungskraft bin. Ich grüble ein wenig vor mich hin, aber schlafe schnell ein.
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