Twenty Six ~ Files
Ich rührte mich keinen Millimeter, ohne dass Kay es ebenfalls tat. Wir standen hier in einem fremden Wohnzimmer und warteten ungeduldig, dass sich dieser Brite endlich mal erklären würde.
Passieren tat aber gar nichts. Dieser war in einem anderen Raum. Das hier war alles andere als sicher und wir beide wussten es. Kay und ich.
Sekunden vergingen wie Minuten und ich begann ungeduldig von einem Fuß auf den anderen zu treten.
Kay hingegen blieb ganz gelassen. Er schaute sich um, streckte seinen Hals, wenn er etwas Interessantes gefunden hatte und versuchte zu hören, ob jemand dazukam.
Aber sinnlos. Wir blieben weiterhin alleine in diesem Wohnzimmer.
Nach weiteren stillen Sekunden wagte ich es meinen Mund zu öffnen. "Das ist eine Falle, Kay." Er schüttelte aber seinen Kopf. "Keine Falle."
Leise langte er nach meinen Fingern und steuerte vorsichtig in eine Richtung.
"Sie spielen mit uns. Sie wollen, dass wir etwas tun, etwas finden." Ich runzelte meine Stirn und sah ihn verständnislos an. "Und was lässt dich darauf schließen?"
Kay zuckte bloß mit seinen Schultern. "So ein Bauchgefühl und es ist sowieso scheiße langweilig. Lass uns ein wenig schnuppern."
Er zog mich hinter sich her, als ich mich aber dagegen wehrte. Wir sollten wirklich nicht in einem fremden Appartement umherschnüffeln.
Vor allem in dem, das Auftragskillern gehörte. "Kay, das ist eine verdammt leichtsinnige Idee."
"Das sagt diejenige, die auf einen fahrenden Zug geklettert ist." Beleidigt, weil er mich erwischt hatte, schnaubte ich aus und ließ mich mitziehen.
Wir standen in einer Küche und ich fragte mich, ob dieser Brite allein lebte. Hatte er nicht etwas von seinem Vater erwähnt? Lebte dieser auch hier? War diese Sekte ein Familienunternehmen?
Kay ließ sich von meiner mentalen Abwesenheit nicht aufhalten und eiskalt öffnete er den Kühlschrank.
Dieser Typ hatte schon immer Hunger. Leider schmeckte ihm aber nichts im fast leeren Schrank und leicht angepisst schlug er ihn wieder zu.
Ich machte mich schon dafür bereit, dass Kay mich wahrscheinlich in einen weiteren Raum zerren würde, aber nein.
Er stoppte abrupt und blickte auf den geschlossenen Kühlschrank. Dieser spiegelte eine Person im Türrahmen.
Schnell drehte er sich um und eine etwas abgemagerte Frau starrte ihn an. Ich existierte gar nicht mehr.
Ihre Augen drohten herauszufallen, als Kay sich aufrichtete und der Dame entgegenblickte. Wir beide verstanden und wussten nicht, wer sie war.
Gruslig war es ebenfalls. Da stand einfach eine knochige Frau vor uns. Sie sprach kein Wort und starrte meinen Freund geschockt an.
"Mom, was machst du da?" Der Brite kam hinter ihr zum Vorschein und nahm sie mit.
Kay drehte sich dann zu mir und sah mich verwirrt an. "Was zum Teufel geht hier vor sich?", flüsterte er und sah kurz wieder zum nun leeren Türrahmen. "Ich habe keine Ahnung."
Wir beide fühlten uns nicht mehr sicher und wir sahen uns mit einem vielsagenden Blick an.
Wir würden von hier verschwinden. Und zwar so schnell wie möglich.
Wir verließen die Küche und steuerten auf den Fahrstuhl zu, als aber der andere Fahrstuhl neben an aufging und zwei Personen drinstanden.
Kay und ich handelten schnell und flüchteten in einen nahen Raum, der finster war.
Leise zog ich die Tür zu und machte das Licht an, um zu sehen, wo wir uns befanden. "Ich denke, sie haben uns nicht gesehen."
Ich erwartete eine Antwort von Kay, aber keine kam. Ich drehte mich also zu ihm um und sah, wie er vor einem Computerbildschirm stand und ihn anvisierte.
"Kay?"
Er ignorierte mich und das führte dazu, dass ich mich zu ihm gesellte. Ich blickte ebenfalls auf den Bildschirm und da war wieder diese Frau.
Dieses Mal aber ganz anders. Fröhlich. Wohl gesättigt. Strahlend. Ihre grünen Augen strahlten fast doller als ihr wunderschönes Lächeln.
Dieses Grün. Ich kannte es. Aber ich wusste nicht, woher und verwirrt blickte ich zum Karamellschopf hoch. Dieser konnte seinen Blick nämlich nicht abwenden.
"Alles okay?" Kläglich nickte er, aber wandte seine Augen noch immer nicht ab.
"Kennst du sie?" Er schüttelte den Kopf und sah mir endlich entgegen. "Nein."
Wir hörten Stimmen und ich rückte automatisch näher an ihn heran. "Kommen die hier herein?"
"Ich hoffe nicht." Ich blickte um mich und meine Augen fassten mehrere Ordner auf.
Ein großes Regal voller Bücher, typische Büropflanzen und ein kleiner Ventilator.
Ich wollte Kay gerade nach unserem Plan fragen, als er plötzlich platznahm und die Maus des Computers betätigte.
"Was zum Teufel machst du?" Ich versuchte ihn stoppen, schaffte es aber nicht. Sanft schob er mich weg und öffnete den Explorer.
"Was soll das werden?!", fragte ich erneut und legte meine Hand auf seine Schulter.
"Informationen über diese Verrücktenanstalt können nicht schaden. Du kannst diese dann vielleicht zur Polizei bringen."
Unrecht hatte er keineswegs, aber jetzt war gerade ein sehr kritischer Moment.
Ich ließ ihn aber machen, denn dazwischenreden konnte man bei diesem Idioten sowieso nicht.
Ich lehnte mich also an ihm an und las mit. Kay ging mehrere Ordner durch und fand einen Namens Lorenz.
Diesen öffnete er aus reiner Neugierde und was wir fanden, ließ uns beide schnappatmend zurück.
Berichte. Unzählige Berichte. Kay öffnete einen.
April 2017
Die Kinder leben noch immer. Der Kleine wird es nicht mehr lange mitmachen. Kay ist schwer verletzt und leider von jemandem gefunden worden. Glücklicherweise sucht ihn nun auch die Polizei, was das Töten um einiges einfacher macht...
Ich hörte da auf, da Kay den Bericht einfach wieder schloss und den Ordner gleich auch. Ich ging davon aus, dass Kay das nicht lesen wollte. Das hier war seine Vergangenheit und er versuchte sie abzuschließen.
Wir lasen E-Mails, unnötige Berichte anderer Killer und gaben auf. Hier würden wir nichts Wichtiges finden.
Kay wollte den Explorer schließen, ich klatschte ihm aber leicht auf die Hand, als mir etwas ins Auge fiel.
Zittrig zeigte ich auf einen der obersten Ordner.
Adams. So hieß er. Wie hatten wir den übersehen können?
Der Besitzer dieses Namens zögerte beim Öffnen, also tat ich es. Ich führte Kay Hand und machte einen Doppelklick.
Der Computer lud und was ich sich uns dann präsentierte, schien auf den ersten Blick nicht wirklich vielversprechend.
Wieder bloße Dateien und wir wussten nicht, welchen wir zuerst anwählen sollten.
Kay übernahm mir diese Entscheidung und klickte eine an, welche Familie hieß. Wieder ein Bericht. Aber nicht so einer wie von Lorenz.
Eher sowas, wie es ein Stalker machen würde. Bilder von Kays Eltern. Bilder von Kay, wie er zur Schule ging, mit seinen Freunden unterwegs war oder ein Mädchen küsste.
Wir übersprangen weitere Bilder und lassen uns ein paar Abschnitte durch;
Erster Mordversuch 19. Januar 2015 durchführen. Ganze Familie. Alle, die Kay gedeckt und versteckt haben. Daniel Adams, Bruder von Alexandar Adams, arbeitet meist im eigenen Office und Ehefrau, Annika Adams, pflegt um ca. 16 Uhr den Garten. Angriff soll kurz vor dem Essen ausgeführt werden. Einjähriges Baby soll nicht bevorzugt werden. Es soll ebenfalls getötet werden. Keine lebendige Seele wird dieses Haus verlassen. Lorenz Jailburn führt Angriff durch und trägt die Konsequenzen, wenn etwas nicht nach Plan verlaufen sollte.
Kay wechselte den Text.
Alexandars Sohn lebend identifiziert worden. Kay Adams lebt getarnt bei dem Bruder seines Vaters. Momentanes Alter ist 13. Er spielt im Fußballclub und spielt regelmäßig Klavier. Gute Freunde von ihm sind: Newt Daniels, Janine Herlinsan, Lior Glee.
Das war doch krank. Die wussten alles über Kay. Ich las mir den Abschnitt erneut durch und blieb am zweiten Satz hängen.
Diesen hatte ich wohl beim ersten Mal Lesen übersprungen. Daniel war nicht Kays richtiger Vater.
Schockiert blickte ich zu Kay, doch dieser schenkte mir keine Aufmerksamkeit.
Er klickte weiter und suchte nach dem Namen Alexandar. Das soll anscheinend sein richtiger Vater gewesen sein. Dieser war aber ein Jahr vor seiner Geburt gestorben.
Daniel war Kays Onkel. Hieß das, dass Annika, Kays Mutter, nicht wirklich seine Mutter war?
Wer war seine Mutter?
War sie auch verstorben?
Und Toby?
Er war nicht Kays Bruder.
Nein, er war sein Cousin.
Wie verdreht konnte die Realität bitteschön sein?
Kay fand weitere Informationen zu seinem Vater und ich lehnte mich etwas vor, um genauer lesen zu können.
Alexandar Adams, ausgebildeter Auftragskiller seit 1995. Gebürtiger Amerikaner, der für kurze Zeit in Frankreich gelebt hat. Aktuelles Alter (1998) 23 Jahre. Verstorben 1998, anhand Verrates.
Ich scrollte weiter, denn Kay hing perplex in der Lehne seines Stuhls. Aber viel mehr finden konnten wir nicht mehr, denn die Tür schwang auf.
"Gut, dass ihr euch das durchlest. Das wird das ganze viel einfacher machen."
Ein Mitte vierzig Jahre alter Mann stand im Türrahmen und starrte uns nieder.
Kay schluckte nervös und ich konnte ihm ansehen, dass er gerade ziemlich überfordert war.
Das waren sehr viele neuen Informationen, welche wir herausgefunden hatten.
Kays ganzes Leben war eine Lüge. Das war jetzt grob, aber ich hatte recht.
Erwartet oder nicht?
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