Sixty Four ~ Why didn't I realise?
"Ich bin mir sicher, dass sie ihren Job seriös machen wird. Und noch dazu will sie nur das Beste für mich, da sie denkt, ich sei ein gebrochenes Mädchen." Kay schaute zu Boden und nebeneinander liefen wir den Gehsteig entlang nach Hause zu Luke und Trace.
"Das wird schon, Kay." Er nickte flüchtig und sah kurz auf in meine Augen. Innerlich hoffte ich, er würde mir zulächeln, aber er tat es nicht. Alles, was er tat, war seinen Blick wieder zu senken und weiter neben mir herzugehen.
In der Ferne hörte man die dummen Leute, die auch unter der Woche feiern gingen und laut grölten. Ab und zu fuhr ein Auto an uns vorbei und jedes Mal blendete es mir fast du Seele aus meinem Körper.
"Weißt du..." Kays Stimme brach gegen Ende. Das brachte meinen Kopf dazu sich in Lichtgeschwindigkeit in seine Richtung zu drehen.
"Ich will nicht mehr", gab er plötzlich zu und ich konnte sehen, wie er Tränen herunterschluckte.
Er wollte nicht mehr?
Was? Kämpfen? Leben?
Egal, was es war, ich konnte es nicht zulassen. Ohne etwas zu sagen, griff ich nach seiner Hand und hielt sie mit meinen fest. Mit beiden.
"Du musst nicht mehr..." Wir stoppten vor einer Ortstafel, welche neben einer alten Fabrik stand und dessen Wand aus roten Ziegelsteinen bestand. "Ich habe es dir schon so oft gesagt, Kay. Du musst nicht mehr. Du kannst auch mal auf dich selber achte-"
"Das will ich schon seit Tobys Tod nicht mehr." Unbeholfen und etwas panisch, weil Kay gerade wahre Suizidgedanken aussprach und offenbarte, dass er nicht mehr leben wollte, klammerte ich mich doller an seine Hand.
Was zum Teufel machte man in so einer Situation? Woher kam das plötzlich? Vorhin war er doch noch ganz okay...
Ich wusste, dass Kay angeschlagen und längst gebrochen war, aber dadurch, dass er es immer verheimlichte, musste ich diese Seite kaum konfrontieren.
"Okay, schau mich an." Ich stellte mich vor ihn hin und legte meine kleinen Hände auf seine Wangen, damit er mir in die Augen sehen musste. "Ich weiß, dass es hart ist. Du musstest so viel durchmachen, verlieren, loslassen und mit ansehen. Aber wir... du hast es fast geschafft."
Er nickte und biss sich verkrampft auf seine Unterlippe. Es brach mir das Herz ihn so zusehen. "Du denkst vielleicht, dass du nicht mehr kannst und willst, aber ich weiß, dass noch viel mehr Wille und Stärke in dir steckt. Du weißt es auch. Diese Gedanken sind normal. Ich hatte sie, als meine Familie getötet wurde und du auch, als deine getroffen wurde. Damals dachtest du schon, dass es nicht mehr geht und schau; 5 Jahre sind vergangen, Kay. 5 Jahre."
Ich konnte förmlich zusehen, wie mein Freund sich von meinen Worten aufbauen ließ und mein Herz begann etwas schneller zu schlagen, als er sanft lächelte.
"Schon niedlich, wie du immer zu einer Poetin wirst, wenn es darum geht mir etwas klarzumachen."
Ich ließ seine Wangen los und stieß ihm sanft gegen seine Brust. "Lenk nicht vom Wesentlichen ab. Ich kenne dich. Es beschäftigt dich noch immer."
Kay winkte ab. Er hatte mir zugehört. Wieder hatte er sich Gedanken über meine Worte gemacht und ich wusste, dass er mit seinem jetzigen Verhalten bloß überspielen wollte, dass er noch immer am Verzweifeln war.
"Lass nach Hause gehe-"
Kays Satz wurde durch einen mir unbekannten Grund unterbrochen und schnell drehte ich mich zu ihm, als ich sah, wie ihn ein Mann brutal gegen die Ziegelwand presste und nah vor ihm stand.
Ich bekam Panik und suchte augenblicklich nach einem Gegenstand, der nützlich sein konnte.
"Meine Familie zu zerstören hat dir nicht gereicht, huh?" Das Blut in meinen Adern gefror, als ich den britischen Akzent erkannte und ich sah auf Devons Wenigkeit, welche Kay grob am Hals würgte.
Was zum Teufel sollte ich tun? Wieso war er hier? Wurde nicht das ganze SPS flachgelegt?
Da ich nicht wusste, was ich tun sollte, zückte ich mein Handy und wählte die Polizei. Als sie ranging, sagte ich bloß einen Satz. "Vor der alten Fabrik in der Nähe vom Musikhaus."
Ich sah zu, wie Devon meinem Freund mit böser Miene entgegensah und ihn dazu zwang ihm in seine Augen zu schauen.
"Tut weh, nicht wahr, Adams?" Kay hustete und kniff seine Augen zu. "Mein Zuhause, mein Vater, alles. Alles wurde mitgenommen und das nur deinetwegen."
Warum wehrte Kay sich nicht? Ich musterte den Boden um uns herum und erblickte einen Stein, der auf der anderen Seite der Straße lag.
Kurz sah ich zu Kay, der weiter hustete. Ich rannte über die Straße und hob den Stein an. Ohne mit der Wimper zu zucken, nahm ich große Schritte zu Devon und Kay. Ich holte aus und schleuderte dem Monster den Stein an den Hinterkopf.
Ich stolperte ein wenig und sah zu, wie der Mann mit Kapuze zu Boden fiel. Neben seiner Hand mein Stein und ein Messer.
Kay hustete weitere Male und kam auf mich zu. Er langte nach meinen Armen und sah, ob es mir gut ging.
Außer, dass ich komplett unter Schock stand, war ich unversehrt geblieben. "Die Polizei kommt gleich. Bis dann wird er nicht mehr aufwachen."
Kay nickte und lief etwas unstabil zu seinem Halbbruder. Er zog ihm die Kapuze vom Kopf und hustete erneut. "Er muss rechtzeitig entkommen sein, bevor sie das SPS gestürmt haben." Ich hockte mich neben ihn.
"Meinst du, deine Mom hat es auch geschafft?" Ich sah rüber zu Kay und bemerkte, wie seine Unterlippe etwas zitterte. "Ich hoffe es."
In der Ferne hörte ich die Polizei und erhob mich. Ich langte nach meinem Handy und lauschte, ob noch jemand am anderen Ende war. "Alles okay bei Ihnen?" Im Augenwinkel sah ich, wie Kay sich etwas langsamer aufrichtete und wieder hustete.
"Ja, wir wurden angegriffen. Ich habe ihn mit einem Stein ohnmächtig geschlagen. Auch, wenn das eher ein Versehen war. Es handelt sich um einen Entkommenen von SPS."
Ich sah zu, wie Kay zu Wand lief und sich gegen sie lehnte. Da mir das alles fischig vorkam, legte ich auf, weil ich mir sicher war, dass die Polizei gleich kommen würde. Sie würden Devon finden und mitnehmen.
"Kay? Alles okay?" Er nickte und deutete auf seinen Hals. "Er hat nur ein bisschen fest zugegriffen. Geht gleich weg." Wieder hustete er und rieb sich seinen Mund. "Lass uns von hier verschwinden. Ich habe keine Lust auf die Polizei", gab er dann leise zu und ich wusste nicht, ob das das Richtige war.
"Abe-"
"Bitte, Zwerg." Er sah mich erschöpft an und schluckte unbeholfen und geschaffen. Seine Augen flehten mich förmlich an. Sie waren glasig und glizterten mir entgegen. "Okay, los."
Meine Finger fanden die meines Partners und zusammen liefen wir die letzten Straßen runter, um bald bei Luke und Trace anzukommen.
Kay war etwas langsamer als ich, was wahrscheinlich am vorherigen Würgen lag und als wir die Treppen zur Wohnung hochgingen, ließ er meine Hand los. "Ich bin immer noch hinter dir, keine Angst", lächelte er sanft, als ich mich besorgt zu ihm umdrehte.
Wieder rieb er sich über seinen Mund und hustete ein, zweimal. Kays Ärmel verdeckten seine Hände und er sah aus, als hätte er eine harte Nacht hinter sich.
Was er tatsächlich auch hatte. Im guten und schlechten Sinne. Widerwillig langte ich dieses Mal nach seinem Ärmel und zog ihn vor die Tür, um diese nicht gerade leise aufzumachen.
Im Wohnzimmer saßen Trace und Luke und beide sprangen erschrocken auf, als sie meinen Gesichtsausdruck sahen. "Was-"
"Kays Halbbruder hat uns angegriffen. Keine Sorge, die Polizei hat ihn." Luke kam auf uns zu und er legte seine Hände auf meine und Kays Wangen. "Seid ihr unverletzt? Warum überrascht es mich nicht, dass euch wieder so ein Scheiß passiert?"
Trace kam mit Wasser aus der Küche und hielt mir ein wenig hin. Kay winkte ab und deutete mir, dass ich ihn loslassen konnte. Wieder hustete er und sah Luke entgegen. "Beide unverletzt. Du kannst den besorgten Blick von deinem Gesicht nehmen."
"Du siehst aber nicht gerade gut aus..."
"Dieses Arschloch hat mich auch gewürgt und das mit der Absicht mich zu töten."
Kay stellte sich neben mich und sah auf mich herab. Ermutigend lächelte er mir entgegen und lehnte sich zu mir herunter. "Du siehst müde aus, Zwerg."
Genau dann gähnte ich und lehnte mich sanft gegen seinen Körper. Daraufhin kam kurz nichts mehr von Kay. "Du solltest dich hinlegen. Wir werden das schon noch regeln." Nicht damit einverstanden schüttelte ich meinen Kopf und sah zu Trace, der das Ganze beobachtete.
"Ich werde mitreden, denn dein Arsch wird eh wieder nur selbstloses Zeug labern."
"Es gibt im Moment nicht Vieles zu besprechen", mischte sich Luke ein und verschwand in der Küche. "Die Polizei wird hier auftauchen und euch sehr wahrscheinlich wegen deinem Halbbruder befragen. Dann wird das mit dem Gericht kommen. Im Moment können wir nur noch zusehen."
Luke hatte recht, doch ich hatte das Gefühl, ich würde etwas verpassen, würde ich mich jetzt hinlegen. "Also kannst du auch ruhig schlafen gehen, Zwerg." Wieder sah er auf mich herab und schob mich sanft in Richtung Sofa. "Nur, wenn du es auch tust." Anhand meiner Anforderung nickte Kay und rieb sich mit seinem Ärmel übers Gesicht. "Ich komme nach, versprochen."
Ich konnte zusehen, wie er etwas benebelter wurde und musterte seine Wenigkeit. "Sicher, dass alles okay ist?"
Als ich keine Antwort bekam, ging ich mehrere Schritte auf ihn zu, doch er winkte bloß ab. "Alles gut." Kay drehte sich von uns weg und wollte in die Küche gehen, als ich rote Tropfen auf dem Boden erkannte.
Wieder tropfte einer zu Boden und ich folgte dessen Flugbahn hoch und als ich bei Kays Körper stoppte, sprang ich ihm hinterher und stellte mich vor ihn, so dass er nicht in die Küche konnte.
"Du blutest!" Er schüttelte seinen Kopf und hustete. "Das bildest du dir nur ein. Geh schlafen."
Ich wollte Kay an seinen Unterarmen packen, doch er wimmelte mich schroff ab. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich wurde umso unruhiger, als Kay mich grob wegstieß und trotzdem in der Küche verschwinden wollte.
Trace hatte alles beobachtet und wusste, dass Kay gerade vollkommen abblockte. Wenn nicht einmal ich zu ihm durchkam, musste man es mit Gewalt tun, was Trace auch tat.
Er packte Kays Schulter und wirbelte ihn zu uns herum. Seine Augen waren glanzlos und leer. "Es geht mir gut", knurrte er genervt und wimmelte auch Trace ab. "Ja, genau deshalb blutest du! Zeig her", kam es bestimmerisch aus meinem Mund, aber er ignorierte mich.
Angst und Wut zugleich in meinem System stemmte ich mich vor Kay und versuchte zu ihm durchzukommen. Er war verletzt. Ich konnte es nicht auf mir sitzenlassen, dass er sich, ohne versorgt zu werden, von uns abwandte.
"Kay!" Ich presste meine Hände gegen seine Brust und versuchte ihm in seine Augen zu blicken. "Es ist nicht schlimm", gab er mit tiefer Stimme von sich und schubste mich mit Druck, aber trotzdem nicht zu schroff von sich weg.
Ich gab nicht nach, weshalb ich ihn wieder an seinen Armen packte und versuchte ihn gegen die Wand zu drücken, aber vergebens.
Was wollte ich bitteschön schon gegen ihn anwenden? Dieser Typ kletterte Wände hoch...
"Kay! Es reicht!", kam es von Luke, der sich ebenfalls erhob, weil man nicht wissen konnte, ob Kay mir ausversehen wehtun würde. Er blockte komplett ab und wollte nichts von mir wissen.
Als mein Freund aber nicht auf Luke hörte, kam Trace näher. "Kay, stopp!" Er tauchte neben mir auf und hielt Kays Kopf fest.
Etwas grob, weil der Karamellschopf vor uns sich weigerte, fuhr Trace mit seinem Daumen über Kays Lippen und mir wurde kotzübel, als sich Blut auf Traces Daumen zeigte.
"Luke! Mehrere Handtücher und einen verdammten Krankenwagen!" Als wäre das etwas, was ihnen nicht zum ersten Mal passierte, sprang Luke ohne ein zweites Mal darüber nachzudenken ins Bad.
Obwohl Kay keine Hilfe wollte, schien er plötzlich etwas ruhiger zu werden. Seine Lippen wurden immer blutiger und genau nach Traces Worten zerbrach Kays Wille stehenzubleiben, denn er fiel in sich zusammen.
Trace fing ihn schnell auf und schleppte ihn zum Sofa. Ich folgte ihnen und mein Mund konnte nicht mehr zugehen. Warum hatte ich das nicht bemerkt?
Was hatte er, dass er sich so gegen uns sträubte?
Ich legte Kays Kopf auf meinen Schoß und strich ihm über seine Stirn. Er war noch bei uns, er bekam alles mit. "Geh", atmete er in meine Richtung und ich schüttelte meinen Kopf. "Kannst du vergesse-"
"Bitte..." Kays Augen waren leer und trübe. Er schien mir auf einmal so winzig und schwach. "Ich gehe jetzt sicher nicht."
Daraufhin schloss mein Freund bloß seine Augen und ließ seinen Kopf tiefer in meinen Schoß sinken. Mein Blick blieb kurz an seiner stillen Miene hängen und ich biss mir verkrampft auf meine Unterlippe.
Trace hockte sich vor Kay und hob seinen Hoodie an. Man, wieso hatte Kay mir nichts gesagt?!
Mir kamen Tränen auf, als ich es sah. Als ich Kays freigelegten, blutigen Oberkörper vor meinen Augen hatte.
Man hörte mich laut schluchzen und die Augen meines Jungens gingen wieder auf.
Er schaute zu mir nach oben und leckte sich das Blut von seinen Lippen. Seine Augen wässerig und gebrochen. Ich konnte eine Entschuldigung aus ihnen lesen und schüttelte meinen Kopf. Er war nicht derjenige, der sich entschuldigen musste. Auf keinen Fall.
Meine Tränen landeten auf seinen Wangen und ich strich sie ihm sanft weg. Kay blieb ruhig, schließlich fiel ihm das Atmen schwer.
Ich ließ meinen Blick senken und hickste leise auf, als mir mein Weinen meinen Atemweg verkürzte.
Devon hatte ihn nicht nur gewürgt. Nein...
Er hatte Kay angestochen.
Joa...
Sorry...
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