Obwohl das alles geplant war und ich Ilaria nicht wirklich töten würde, fühlte sich das alles komplett falsch an.

Überraschenderweise trug ich keine dunkle Kleidung. Nein, eine helle Jeans, weißes Shirt und eine Jeansjacke von Devon.

Warum?

Ich sollte so harmlos wie es auch nur ging wirken. In meiner rechten Hosentasche hatte ich eine Spritze, welche Ilaria wirklich töten würde und ich der anderen das Kugelfischgift. Hoffen wir doch einfach mal, dass ich die Spritzen vorlauter Nervosität nicht vertauschen würde.

Unschuldig lächelnd lief ich zum Empfang, denn erstens lag Ilaria nicht mehr in der Intensivstation, was mir meinen Auftragsmord um einiges einfacher machte und nun konnte man sie endlich auch so besuchen.

Hoffentlich würde sie mir auch wirklich vertrauen und mitmachen. Sonst hätte ich echt ein großes Problem. Aber ich vertraute ihr und zählte auf sie.

"Hallo, wie kann ich Ihnen behilflich sein?" Ich blickte kurz auf die Uhr hinter der etwas älteren Dame, welche definitiv Clash Royal hinter dem Tresen spielte.

Die Uhr würde gleich 11 Uhr schlagen und mein Herz schien im selben Takt wie der Sekundenzeiger zu schlagen. "Ich würde gerne Ilaria Viola Harper besuchen. Die Besucherzeiten sind doch noch, oder?" Wissend nickte die Dame und schien zu verstehen, dass ich der Freund war.

Während sie kurz nach Ilarias Zimmernummer suchte, langte ich in meine hintere Hosentasche und spürte dort das Atropin, welches ich dem Zwerg gleich nach dem Verlassen vom Krankenhaus spritzen würde.

"Sie befindet sich im Zimmer 174. Einfach den Gang herunter und dann die rechte Treppe hoch." Ohne mir noch einmal ins Gesicht zu blicken, spielte sie weiter mit ihrem Handy und ich murmelte trotzdem ein kleines danke.

Mir war es mit jedem Schritt unwohler. Wirklich. Es fühlte sich komisch an, gleich der wichtigsten Person in meinem Leben ein tödliches Gift einzuflößen.

Der Weg zu Ilarias Zimmer fühlte sich ewig lang an und mir schien mein Umfeld eher ausgeblendet. Ich hörte alles nur sehr schwach.

Mein Blick war auf die Tür zu Ilaria gerichtet, als ich nur noch ein paar Zimmer von ihr entfernt war. Ein großes Fenster, war noch neben mir und von dort aus sah ich, wie Aaron mein Tun beobachtete. Schließlich war das mein erster Kill. Er musste sichergehen, dass ich keine Fehler beging.

Ich schaute ihm aber nicht direkt entgegen und bevor ich das Zimmer meines Mädchens betrat, hoffte ich auch, dass alles bei ihm geklappt hatte. Sonst hätte ich dann ein noch größeres Problem. Ich zählte also auf ihn. Um ehrlich zu sein, zählte ich momentan so ziemlich auf jeden, außer auf mich selbst.

Trotzdem betrat ich aber das Zimmer meiner Freundin und sie sah direkt auf. "Oh damn. Kay in heller Kleidung. Ich wusste nicht, dass ich das in meinem Leben gebraucht habe", grinste sie, als sie mich erblickte.

Um mich selbst etwas zu beruhigen, langte ich nach ihrer ausgestreckten Hand und wollte sie einfach spüren.

"Und ich dachte immer, ohne Kleidung wäre am besten", atmete sie und jagte mir dann doch ein Lächeln auf meine Lippen. "Ich sollte dich eigentlich gerade töten und dann machst du mich so an, huh?"

Der Zwerg hockte sich auf und interessiert lauschte sie mir.
"Töten?"

"Ja, Aaron hat mir vor wenigen Tagen den Auftrag gegeben, dich zu töten, aber sind wir doch mal ehrlich. Wird nicht passieren." Ich deutete ihr, dass sie sich ins Bett legen sollte.

Zögerlich tat sie es und wurde langsam eher misstrauisch. "Und was hast du jetzt vo-"

"Ich werde dir etwas spritzen, das deinen Herzschlag so stark verlangsamen wird, bis alle hier denken werden, dass du tot bist..." Sie schluckte überrumpelt. "Und das wird funktionieren?"

"Ich hoffe schon. Und ich habe auch etwas, was dir helfen wird zu regenerieren." Ich kniete mich an ihr Bett und sah ihr in ihre Augen. "Und das wolltest du mir erst kurz davor sagen? Das kommt schon etwas plötzlich." Unsicher umgriff sie meine Finger und befeuchtete sich nervös ihre Lippen. "Wird es wehtun?"

"Ich weiß nicht, aber ich bin da und du kannst dich an mir festkrallen, bis es vorbei ist, okay?"

"Ich weiß nicht. Was, wenn ich es nicht schaffe?"

Da ich merkte, dass Ilaria wirklich an diesem Plan zweifelte, setzte ich mich an ihr Bett und strich ihr ihr Haar hinter das linke Ohr. "Vertrau mir, okay? Ich habe dir doch versprochen, dass ich dafür sorgen werde, dass dir nie mehr etwas passieren wird, nicht wahr?"

Wieder nickte sie und klammerte sich an meinem Unterarm fest. "Ich schwöre, wenn ich sterbe, werde ich nur, um dich zu töten, aus meinem Grab gekrochen kommen."

Mit diesen Worten ließ sie sich in ihre Kissen fallen und sah mich abwartend an. "Mach am besten gleich, bevor ich noch eine Panikattacke bekomme."

Ilaria zitterte und das ließ mich meinen Plan hinterfragen. Sollte ich das wirklich durchziehen? Ich wollte ihr nicht solche Angst machen.

Doch es gab kein Zurück mehr und genau deswegen, langte ich nach dem Kugelfischgift, welches ich gestern Abend noch unauffällig in eine winzige Spritze gefüllt hatte.

Schweigend nahm ich den Schutz von der Nadel und steckte eine leere Infusion, die an Ilarias Handrücken befestigt war, aus.

Konzentriert stieß ich die Nadel langsam in das Gummi und merkte neben meinem Oberschenkel, wie die Hand von meinem Mädchen zitterte und zuckte.

Als ich aufsah, erblickte ich glasige Augen. Sie zitterte vor Angst und es zerriss mir mein Herz. Ihre Lippen waren leicht geöffnet und eine Träne verließ ihren Augenwinkel.

Sie fixierte die Spritze in meiner Hand und wartete darauf, dass ich sie eindrückte, aber ebenso war ich mir im Klaren, dass sie es nicht wollte und nicht hinsehen können würde.

"Schau mich an." Direkt trafen ihre Augen meine und ich lächelte schwach. "Wir sehen uns nachher, okay?"

Sie nickte zustimmend und blickte wieder zur Spritze mit dem Gift. Ich merkte, wie angespannt und panisch sie war, weshalb ich ihr Kinn mit meiner freien Hand umfasste und ihr Gesicht in meine Richtung, weg von meiner Hand mit der Spritze, drehte.

"Ich liebe dich, verstanden?" Sie schluckte und wollte etwas sagen, aber ich legte meine Lippen auf ihre bebenden und konnte spüren, wie sie in den Kuss hineinfiel und vergaß, was gleich passieren würde.

Vorsichtig legte sie eine Hand auf meine Wange und während ich sie auf meinen Lippen spürte, begann ich langsam das Gift zu spritzen.

Ich presste, bis es nicht mehr weiterging und legte die Spritze dann ganz weg. Der Kuss war langsam und sanft. Federleicht. Ich genoss es und hoffte innerlich einfach, dass ich keinen Fehler begangen hatte. "Kay?"

Erst als ich Ilarias Stimme hörte, öffnete ich meine Augen und sah in ihre. Mein Herz zog sich zusammen. Sie weinte, ihre Augen waren schockiert weit aufgerissen und sie zitterte am ganzen Körper.

Ihre Hand fiel von meiner Wange und Schweißperlen formten sich auf ihrer Stirn. "Es tut weh", murmelte sie schlaftrunken und versuchte nach mir zu greifen.

Es kostete mir eine Menge ab, nicht gleich meinen Verstand zu verlieren, denn es sah wirklich so aus, als würde sie gerade vor mir sterben. "Kay?!"

Sie klang eher panisch und schnell langte ich nach ihrer Hand, um ihr zu zeigen, dass ich bei ihr war. "Auch wenn der Scheiß gerade richtig wehtut, solltest du wissen, dass ich dich liebe." Sie klang gequält, aber zauberte mir mit dieser Aussage doch noch ein Lächeln auf meine Lippen. "Ich dich auch und wir sehen uns gleich wieder, versprochen."

Ich küsste ihre Stirn, bevor ich die leere Spritze wieder zu mir nahm und sie in meiner Hosentasche verstaute.

Ich konnte verdammt nochmal zusehen, wie Ilarias Puls immer tiefer wurde und dann plötzlich begann es laut zu piepsen.

Es ging keine 30 Sekunden und Krankenschwestern stürmten unser Zimmer, fragten mich, was passiert war und verzweifelt versuchten sie den Puls meines Mädchens zu finden.

Ja, Ilaria war tot.

Läuft ja alles nach Plan bis jetzt, huh?

Noch ein Kapitel?