Forty One ~ Bitter Memories
"Kay! Adams!" Ich ignorierte seine Schreie und verließ das SPS so schnell es ging. Trotzdem konnte ich den folgenden Wutschrei von Aaron noch hören. "Dieser Junge!", schrie er und schlug wahrscheinlich der armen Sekretärin auf den Tresen.
Das konnte mir jedoch scheiß egal sein, denn ich musste heute zu diesem Morris und dann noch jemanden anrufen. Ich hoffte bloß, dass ich mich an die Nummer erinnern konnte, sonst würde ich wieder zu Ilaria müssen und ich wollte mir nicht nochmals das Herz herausreißen lassen. Es hatte mich innerlich ruiniert sie im Krankenhaus zurückzulassen. Ich wollte sie mitnehmen.
Heute war es eher bewölkt, aber trotzdem angenehm warm. Da es gerade Mittag war, waren die Straßen etwas ruhiger. Dafür bebte es in den kleinen Bistros und den großen Restaurants.
Ich ließ mich von nichts ablenken, als ich einfach in Richtung Newts Haus lief und hoffte, dass Aaron mir niemanden hinterhergeschickt hatte.
Aber sind wir doch mal ehrlich. Zu 100% schlichen hinter mir gerade mindestens 3 SPS-Killer, welche schauen sollten, was ich vorhatte.
Genau darum, nahm ich einen kleinen Umweg und steuerte auf eine Art Sackgasse zu. Meine Hände hatte ich in meinen Hosentaschen verstaut und mit dem Versuch mich auf das vorzubereiten, was mich gleich erwarten würde, stoppte ich mit meinem Blick gesenkt in der Sackgasse.
"Was muss ich euch geben, damit ihr mich meine Privatsphäre genießen lässt?" Zuerst blieb es still. Ich bekam keine Antwort, aber dann kamen nach und nach ein paar Killer zum Vorschein.
Schlussendlich standen 4 vor mir und ich hoffte einfach, dass man mit ihnen verhandeln konnte. Denn ich wurde schon heute Morgen gegen meinen Willen geschlagen und gekickt.
Jetzt, ein zweites Mal und vor allem mit Blutergüssen auf meinem Oberkörper, wollte ich jeglichen Schmerz und jegliche Gewalt vermeiden.
"Wir müssen auf Aaron hören und ihm berichten, was du treibst." Genervt, weil ich mir wie ein kleines Kind vorkam, atmete ich laut aus und rieb mir kurz meine Stirn. "Ich weiß, er denkt, ich plane da gerade eine riesen Sache, aber das wäre momentan doch gar nicht möglich. Ihr wisst, wo ich mich befinde, Ilaria liegt in der Intensivstation. Es gibt gerade wirklich gar keinen Fluchtplan oder gar eine Möglichkeit gegen Aaron und euch anzukommen. Also ihr könnt mir jetzt folgen, aber das einzige, was ihr sehen werdet, ist, wie ich mit einem alten Kumpel einen anderen Kumpel besuchen gehe und dann breche ich wahrscheinlich durchs Fenster ins Krankenhaus ein, um Ilaria sehen zu können."
Ich war mir im Klaren, dass sie mir trotzdem folgen würden, weshalb ich ihnen ja auch die Wahrheit gesagt hatte. Ich ging jetzt wirklich zu Newt, besuchte seinen Kumpel und später würde ich zu Ilaria gehen, um sie nach einer Telefonnummer zu fragen, denn ich war mir sicher, dass sie sie auswendig konnte.
Gelassen lief ich also an den Dudes vorbei und machte mich nun endgültig auf den Weg zu Newt.
Ich hörte sie hinter mir, in meinem Schatten, aber ich war mir sicher, dass Newt sie nicht bemerken wird.
~
"Du bist alleine", stellte der Blondschopf fest und sah hinter mich, als er realisierte, dass Ilaria auch heute nicht bei mir war.
"Leichte Grippe", versuchte ich Ilaria zu entschuldigen und Newt nickte beiläufig. "Gute Besserung von mir."
Mit einem Lächeln auf den Lippen bedankte ich mich und zusammen stiegen wir dann in Newts Auto. "Ich habe Morris Bescheid gegeben, dass wir kommen und er hat gesagt, dass die Haustür einfach offen ist."
Glaub mir, wäre die Haustür zu gewesen, hätte das eine Person wie mich nicht aufgehalten. Diesen Gedanken behielt ich aber für mich und schnallte mich an.
Ich blickte kurz aus meinem Fenster und schaute in Richtung meines alten Zuhause.
Instinktiv, ich konnte es nicht einmal kontrollieren, jagten mir die Bilder meiner toten Eltern in mein Gedächtnis und rasch senkte ich meinen Blick wieder.
Ein großer Kloß hing mir im Hals und Newt schien mein plötzliches Verkrampfen ohne Probleme wahrzunehmen. "Alles okay?" Meine Augen waren auf meinen Schoß gerichtet und fast schon unmerklich nickte ich. "Sicher?" Beim Aufschauen rümpfte ich meine Nase und befeuchtete meine Lippen.
"Nur ein paar unerwünschte Erinnerungen, an die ich mich gerade erinnert habe." Newt setzte den Blinker, um rechts abzuwenden und sah kurz in den Rückspiegel, um sicherzugehen, dass keiner kam.
"Willst du darüber reden? Ich kann mir vorstellen, dass diese Erinnerungen-", er machte die berühmten Anführungszeichen mit seiner freien Hand, "Dass diese nicht gerade schöne sind und dich beschäftigen."
Vorbildlich behielt er seinen Blick auf der Straße, schielte aber trotzdem kurz in meine Richtung. Ich seufzte. Darüber zu reden, würde mir wahrscheinlich nicht helfen. Verarbeitet hatte ich es schon. Auch Ilaria hatte manchmal, nach gewisser Zweisamkeit oder einfach allgemein, wenn sie Therapeutin spielen wollte, mit mir darüber gesprochen.
Ob es mir etwas gebracht hatte?
Gewisse Last war mir von meinen Schultern gefallen, aber ein bestimmter Druck/eine Narbe würde immer bleiben. Das würde niemand, ich und vor allem kein Gespräch entfernen oder verblassen können.
"Also nur, wenn es für dich okay ist." Auch war ich mir im Klaren, dass Newt sicherlich neugierig war. Schließlich war ich damals einfach so verschwunden. Alles was zurückgeblieben war, war tot gewesen.
"Es haben sich Bilder in mein Gedächtnis gebrannt, die ich einfach nur vergessen möchte, weißt du." Ich sah rüber zu Newt, der sich konzentriert auf die Unterlippe biss und leicht nickte. "Bilder wie?"
"Meine Eltern mit einer Kugel in ihren Köpfen", kam es leise von mir und wieder sah ich meine Mutter, nicht Dyana, vor meinem inneren Auge.
Wir stoppten vor einer roten Ampel und Newt drehte sich zu mir. Bemitleidend blickte er mir in meine Augen und ich wandte mich direkt ab. Mitleid brauchte ich keins mehr. Davon hatte ich die letzten Wochen, gar Monate schon genug bekommen.
"Hast du gesehen, wie sie - Du weißt schon-" "Bei meiner Mutter, ja. Den Schuss bei meinem Dad habe ich nur noch gehört, bevor ich mit Toby geflüchtet bin." Ganz ruhig, aber innerlich doch etwas aufgewühlt, spielte ich mit meinen Fingern und schluckte. Ich versuchte dieses unwohle Gefühl herunterzuschlucken. "Gesehen habe ich ihn aber trotzdem, denn beim Verlassen vom Haus sah ich durch die Tür zum Garten, wie er ihn einfach zu Boden fallen ließ und mich ansah."
"Du musst nicht darüber reden, Kay." Ich winkte ab. "Verarbeiten kann ich es schon fast nicht mehr. Es ist okay für mich und schließlich willst du es ja auch wissen. Ich weiß, wie neugierig du bist." Da ich ihn teilweise erwischt hatte, schlich sich ein Schmunzeln auf meine Lippen und mein Kumpel am Steuer trommelte ertappt mit seinen Fingern auf dem Lenkrad.
"Warum gehst du nicht zur Polizei?" Diese Frage stellte ich nun auch schon mehrere Tage an mich selbst.
Warum tat ich das nicht? Ja, Strafen und so weiter erwarteten mich dort, aber wenn diese vorbei wären, hätte ich wieder eine Chance auf ein einigermaßen normales Leben.
Ich würde bei Ilaria bleiben können, sie für immer halten. Vielleicht würde ich irgendwann mal arbeiten, heiraten, mein Kind vom Kindergarten abholen können.
Verdammt, ich würde leben können.
Aber das ging nicht. Nicht jetzt. Aaron wusste von mir, Ilaria war nun auch eine Zielscheibe und ich hatte keine Ahnung, was die Zukunft mit sich bringen würde.
Mein erstes und wichtigstes Ziel war es Ilaria nach Hause zu bringen. Zurück nach San Diego. Zu Ashton. Beschützt.
"Ich habe viel Scheiß durchgezogen, um heute noch zu leben und das Gesetz, vor allem die gesetzlichen Richtlinien sind eigentlich dafür, dass ich hinter Gitter gehe. Aber es gibt Personen, die ich nicht mehr verlieren oder loslassen will. Habe ja schließlich schon genug verloren."
Newt parkte vor einem Haus, welches mehrere Etagen hatte. Morris wohnte also in einer Wohnung. "Ilaria", stellte mein alter Freund fest und ich nickte beiläufig, als ich mich abschnallte und aus dem Auto stieg.
"Also ist es was ernster zwischen euch beiden." Newt ließ das Auto aufblinken, in dem er es schloss und ich wartete beim Eingang auf ihn.
"Meiner Meinung nach schon", gab ich leise zu und fixierte kurz meine Schuhe. Ich liebte Ilaria ungemein. Sie war mein Halt gewesen. Auch jetzt noch, aber mittlerweile konnte ich mich selbst auch ganz gut halten und unterstützen. Trotzdem brauchte ich sie.
Mir fiel es immer recht schwer, ihr zu sagen, wie viel sie mir bedeutete, aber versuchen tat ich es öfters. Zum Glück verstand sie mich und gehörte nicht zu dieser Art Person, welche es immer hören musste, wie sehr man sie liebte und brauchte. Auch wenn ich ab und zu etwas Romantisches oder Gutes sagte, kostete es mir meist sehr viel ab, denn ich war meiner Meinung nach nicht sehr begabt, was das Sprechen anging.
Vor allem auch, weil ich die letzten 5 Jahre sozusagen alleine war. Natürlich hatte ich Toby bei mir, aber dieser sprach damals auf einem anderen Niveau als ich.
"Stimmt es, dass Liv die letzte Person war, die du hier gesehen hast, bevor das bei dir zu Hause passiert ist?" Wir traten ins Treppenhaus und ich steuerte auf die Treppen zu.
Newt stoppte aber vor dem Fahrstuhl und ich sah ihn mit einer angehobenen Augenbraue an. "Nicht mehr so sportlich wie vor 5 Jahren?"
Ertappt schüttelte er seinen Kopf und klopfte sich zweimal auf seinen Bauch. "Habe es aufgegeben. Noch dazu verstehe ich mich mit meiner Wampe ganz gut." Mit dieser Antwort entlockte er mir ein Lachen und ich trat nach ihm in den Fahrstuhl.
"Du bist immer noch ganz fit, huh?" Newt musterte meinen Körper und seine Augen blieben bei meinem Bauch hängen.
Wüsste er bloß, wie zerschlagen und vernarbt mein grässlicher Körper war. Trainiert oder nicht. Mein Körper war meine Erinnerung an meine Vergangenheit, welche mich immer noch durch mein Leben jagte.
"Fit oder nicht. Ich hätte gerne einen anderen." Der Blondschopf verstand und schielte kurz auf meine Hände, denn diese waren etwas aufgeschlagen und rötlich.
Noch dazu hatte er besten Ausblick auf meine Narben. "Sei stolz darauf, man." Er deutete auf mich. "Du hast das alles durchgemacht und verdammt nochmal überlebt. Wenn ich du wäre, würde ich einfach nur stolz auf mich sein."
Auf diese Aussage hatte ich nichts zu antworten und verlegen, weil Ilaria immer dasselbe behauptete, legte ich meine Hand in meinen Nacken und sah wieder auf in Newts Augen. "Ja, Liv war die letzte Person, die ich an diesem Tag gesehen habe."
"Jetzt schön vom Thema ablenken, ja?" Newt begann zu lachen und schüttelte den Kopf. Der Fahrstuhl stoppte und ein Laut ertönte. Ruckartig ging die Tür auf und ich folgte meinem Kumpel ins Treppenhaus. "Natürlich."
"Verändert hast du dich so ziemlich null." Aus Schlitzen blitzten mir seine Augen entgegen. Er hatte einen verspielten Blick aufgesetzt. "Außer halt, dass du jetzt fast 2 Meter groß bist und mich innerhalb Sekunden auseinanderreißen könntest."
"Man kann es auch übertreiben. Ich bin knappe 1.90 groß."
"Du hast die Tatsache, dass du mich fertigmachen könntest nicht verneint. Bitte 5 Meter Abstand, danke."
"Solange du mich nicht aufregst", scherzte ich und Newt hob, als würde er sich verteidigen wollen, seine Fäuste an und schenkte mir, nachdem er mich zuerst ganz böse und ernst angesehen hatte, ein ehrliches Lachen.
"Notiert."
Ilaria hat heute 100k geknackt! Danke, danke, danke, danke!!!!!
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