Bonuschapter Two ~ Taking It "Slow"
"Hey, Li", grinste Micah, als er aus dem Fahrstuhl kam und somit meine Aufmerksamkeit von meinem Schreibtisch räumte.
Automatisch begann ich zu lächeln und ließ meinen Kugelschreiber fallen. "Hey, was machst du hier?" Erfreut über seinen Besuch erhob ich mich und schlang meine Arme um seinen Nacken, als er mich nah an sich heranzog.
"Ich dachte, ich komme dich heute abholen. Sonst verlässt du diese Hütte ja nicht." Gerade als ich antworten wollte, räusperte sich der bis jetzt noch schweigende Kay, der es sich auf dem kleinen Sofa bequem gemacht hatte.
Meine Augen verdrehten sich von allein, da ich wusste, dass er nie im Leben seine Klappe halten würde. Nicht jetzt.
"Egal, was er gleich sagt. Ignoriere es." Vor zwei Wochen war mein Geburtstag gewesen und beinahe jeden Abend kam er hier her, um mir versuchen alles zu erklären.
Nur, hatte ich keine Zeit und auch keine Lust. Er hätte es mir, als ich Intus hatte, sagen sollen...
Und nein, ich hatte nicht vergessen, dass ich in seinen Armen geschlafen und aufgewacht war. Auch Ash, Lisa und Micah wussten es, sprachen mich aber nicht darauf an, da sie wussten, dass es nichts zu fragen gab.
Leider verfiel ich immer wieder alten Gewohnheiten, wie zum Beispiel das Händehalten oder Schmiegen an ihn, wenn er mir nahe war.
Ich musste mich mindestens um die 100 Male von ihm abgewendet haben, weil meine Instinkte seine Lippen auf meinen spüren wollten, wenn er mir gegenüber stand.
Es brachte mich zur Weißglut, dass mein Körper immer noch nach ihm schrie, denn mein Hirn war viel zu stolz, um ihn so einfach wieder in mein Leben zu lassen.
"Ich habe dir mexikanischen Takeout mitgebracht", lenkte Micah von der Tatsache ab, dass Kay hier war und hielt mir eine Tüte hin.
"Oh, Dankeschön", lächelte ich und Kay hustete gekünstelt. "Sie bevorzugt eigentlich asiatisch, aber jeder macht Fehler. Kein Ding."
Etwas perplex, da Kay eigentlich recht hatte, blieb mein Mund für wenige Sekunden einfach offen, bis mein Hirn wieder mit der Situation aufgeholt hatte. "Ich esse alles, was man mir bringt."
Schnell nahm ich meinem Kumpel die Tüte aus der Hand und lief zum Sofa, auf dem Kay saß. Ich schubste ihn an, um selber Platz zu haben und ließ mich in die Kissen fallen.
Micah machte es sich auf der Kante meines Schreibtisches bequem und beobachtete Kay, der an seinem Handy war.
Es war komisch zu sehen, wie Kay plötzlich Handy, Portemonnaie und Hausschlüssel besaß. Er muss sein Leben seit seiner Entlassung wohl ziemlich in den Griff bekommen haben.
Gewisser Stolz baute sich in mir auf...
Ich war stolz auf ihn. Sehr sogar.
"Was gibt's zu starren, Caillou?" Kay blickte nicht einmal von seinem Handy hoch und wusste, dass Micah ihn anstarrte. "Kay Adams, oder?"
Jetzt verstaute er sein Handy doch noch in seiner Hosentasche und beugte sich zu mir rüber, um mir ein bisschen von meinem Takeout wegzunehmen.
"Frag nicht so dumm. Du bist Ilarias Kumpel und wirst die letzten 6 Jahre wohl nicht unter einem Stein oder im Sandkasten gelebt haben. Ich bin mir also ziemlich sicher, dass du die Nachrichten gesehen hast."
Tadelnd sah ich zu, wie er mein Essen kaute und ich wandte mich etwas von ihm ab, um es von einem zweiten Mal abzuhalten. "Ja, schon. Aber warum tauchst du jetzt einfach wieder auf?"
Ohne ihm verbal zu antworten, zeigte Kay auf mich und wandte sich dann an Micah. "Ich war nie weg... Nur einfach nicht bei ihr. Oder... ja. Ich war für kurze Zeit in Florida, um Dinge mit meiner noch vorhanden Familie zu klären."
Es erschlug mich. Dyana. Ich hatte sie vollkommen vergessen. "Wie geht es deiner Mom? Wurde sie auch festgenommen?" Er schüttelte seinen schönen Kopf und sah mir in meine Augen.
"Sie muss einfach 5 Jahre Sozialstunden nehmen. Sie hatte Glück." Seine Worte aufnehmend stellte ich die Takeout-Box weg und Kay nahm sie erfreut und zufrieden zu sich.
Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Kay hatte Dinge zu erledigen und geradebiegen. Er hatte ein Leben zu starten. Ein neues. "Besuchst du sie noch oft?"
"Sie lebt hier. Nur 2 Straßen weiter", gab der ehemalige Dieb zu und ein verwirrender Nebel breitete sich in meinem Kopf aus. Was hatte sich alles verändert? Was hatte Kay alles erreicht?
"Echt? Wohnt sie bei dir?", fragte ich interessiert und trank ein wenig. "Nein", schüttelte er seinen Kopf. "Sie wohnt alleine und versucht gerade eine Ausbildung als Krankenschwester zu machen."
Neugier wuchs mir bis zum Hals und ich rückte näher ihn heran. "Was machst du im Moment?"
"Oh wow. Der Zwerg will endlich mal zuhören." Mit erhitzen Wangen lächelte ich kurz zu Boden, da mich Kays Augen und allgemein sein Blick aus der Bahn warfen.
Ich hatte Micah vollkommen vergessen und erschrak sogar, als er sich vom Schreibtisch abdrückte und zu mir kam. Sein Blick war trüb, gar traurig. Oder eher enttäuscht?
"Ich denke, ich gehe jetzt. Ihr solltet mal in Ruhe miteinander reden." Erst jetzt fiel mir ein, dass Micah Gefühle für mich hatte und er zusehen musste, wie ich langsam wieder in Kays Arme fiel.
"Aber wir sehen uns heute Abend bei Ash, ok?" Mit ausgestreckten Armen sprang ich auf und stellte mich vor meinen Kumpel.
Mit großen Augen blickte ich hoch in seine und zog unbewusst eine Schnute. "Ja, wie immer." Ich begann zu grinsen und schloss meine Augen, als ich Micahs Lippen auf meiner Stirn spürte.
Ich liebte ihn. Ich liebte ihn so sehr, aber einfach nicht auf die Weise, wie er mich liebte. Es tat mir leid und ich versuchte wirklich alles, um es ihm einfacher zu machen. Aber Kays Anwesenheit machte das Ganze so schwierig.
Ich hatte ihn so sehr vermisst. Verarbeitet hatte ich es immer noch nicht, dass er wieder da war. Mit entschuldigendem Blick sah ich Micah hinterher, als er schweigend und fast schon gehetzt den Fahrstuhl betrat und zu Boden starrte.
Erst, als er weg war, wandte ich mich wieder zu Kay und sah ihm sanft entgegen.
Er hingegen. Ihm war das sichtlich scheiß egal und genau das holte mich aus meiner Liebes-Trance. "Dir ist es scheiß egal, dass Micahs Gefühle zerstört werden, was?"
Mit den Schultern zuckend warf er den leeren Takeout fort und stellte sich vor mich. "Indirekt schon, ja..." Er lehnte sich leicht zu mir herunter, um mir in meine Augen sehen zu können.
"Aber ich verstehe, was du sagen willst. Nur..." Kay langte vorsichtig nach meiner Hand und hoffte, darauf, dass ich es zulassen würde. "Meintest du doch immer, dass ich mehr auf mich selbst achten sollte. Und ich weiß, was meine Gefühle bedeuten."
Oh oh... Kay packte wieder seine Gedichte aus...
Da ich merkte, wie er mit seinem Charme spielte, schüttelte ich schmunzelnd den Kopf. "Meine eigenen Worte gegen mich verwenden, huh? So weit sind wir schon..." Unbewusst langte ich doller nach seinen Fingern, ließ sie dann aber los, als ich mich wieder an mein Pult setzte.
"Um deine vorherige Frage zu beantworten. Ich hole im Moment den verpassten Schulstoff in einer Abendschule nach und arbeite ab und zu in einem Box-Club."
Ergab Sinn. Kay war der beste Kämpfer, den ich je gesehen hatte. Körperlich, aber auch mental.
"Du wohnst alleine?" Wieder nickte er. "Du?" Darauf schüttelte ich meinen Kopf. "Lebe im Moment noch bei Luke und Trace. Ich konnte das Haus meiner Eltern nicht mehr betreten. Es war zu schwer."
"Ich will Dyana wiedersehen", gab ich dann von mir, als ich kurz auf meiner Tastatur herumtippte. "Und deine Wohnung sehen..." Mir kam der Gedanke, warum Kay gehen musste. Er musste mich verlassen, um sein eigenes Leben langsam wieder aufbauen zu können.
Wahrscheinlich musste er familiäre Dinge in Florida klären. Dann hatte er dort noch Dyana, die alleine gewesen sein musste. Ich sah nicht wirklich ein, warum er das alles ohne mich tun wollte, aber verstehen konnte ich ihn trotzdem.
"Warum hast du mich verlassen?"
"Meinerseits habe ich es nie getan... Aber es hat sich für dich so angefühlt." Auf diese Aussage konnte ich nur nicken. "Ich war nur knapp einen Monat in Florida und dann immer hier. Um ehrlich zu sein, habe ich damals nicht verstanden, was Mrs Allan angesprochen hatte, als sie sich mit mir unterhielt, aber jetzt kann ich es vollkommen nachvollziehen."
Also war es doch ihre Schuld. Ihretwegen hatte Kay mich fallen gelassen. "Sie meinte damals, dass du zu sehr auf mich angewiesen warst. Du brauchtest mich, um durch den Tag zu kommen. Genauso, wie ich dich brauchte. Sie meinte, dass das so nicht gut enden würde, würden wir nicht ohne einander können. Wir sollten uns zuerst alleine halten können, bevor es jemand anders tat. Genau deswegen drängte sie mich dazu, dass alles zu tun."
Der Schwarzhaarige kam zu mir und zog mich sanft aus meinem Stuhl, damit ich vor ihm stand, nachdem er sich an der Kante meines Tisches abstützte.
"Wenn ihr euch dann noch immer liebt, so soll es sein, sagte sie", meinte Kay und legte eine Hand auf meine Wange. "Und ich tue es noch immer", flüsterte er mir entgegen und ich sah hypnotisiert hoch in sein Grün.
"Du hast mich zwar nicht gesehen, aber ich war immer da." Ich konnte es nicht abwehren und abstreiten. Mein Verlangen ihn bei mir zu haben, wuchs jede Sekunde. "Zum Beispiel, als du in der Nacht nach deinem Abschluss, nachdem du das Diplom bekommen hast, mit deiner Freundin alleine nach Hause gegangen bist. Da waren diese Idioten, die euch hinterher wollten, aber plötzlich taten sie es nicht mehr-"
"Das warst du?" Schüchtern nickte er. "Dann warst auch du das mit den ausgefallenen Überwachungskameras?" Wieder nickte er und ich begann zu grinsen. Natürlich war er das gewesen. Was hatte ich auch anders erwartet?
"Aber das spielt jetzt alles keine Rolle. Ich bin hier, vor dir und will dich einfach wieder zurückhaben. Ich zeige es zwar nicht, aber es haut mich fast von der Kante, wie nahe sich du und dieser Micah sind." Fast schon verzweifelt und wie ein kleiner Junge motzend zog er mich näher an sich heran und unsere Nasen berührten einander, als ich mich zu ihm hochstreckte.
"Ich weiß, dass ich dir weh getan habe. Ich weiß, wie schlimm es für dich war, aber das war es auch für mich. Ebenfalls ist mir bewusst, das dir Micah nicht egal ist, aber es reißt mir das letzte Fleisch von meinen Knochen zu sehen, dass ich dich vor mir, aber nicht für mich haben kann."
Zweifel hauste unter meiner Haut. Ich liebte, wollte ihn. Die Tatsache, dass er wieder hier war, mich noch immer liebte und sogar beinahe schon nach meiner Hand flehte, machte mir das alles ganz schwer. Auch, weil ich Micah nicht verletzten wollte.
"Ich liebe dich, Kay." Er blieb still, denn es war klar, dass ich noch nicht fertig war. "Ich will dich, aber..."
Nachdenklich streiften meine Finger über seine Arme hoch zu seinen Schultern, um dort Halt in seinem Nacken zu finden. "Ich kann Micah das nicht antu-"
"Und mir schon?"
"Na ja. Bezogen auf das, was du mir angetan hast..." Daraufhin lächelte Kay verständnisvoll und gab leise zu, dass ich einen Punkt traf. "Dein Kumpel wird jemand neues finden. Jemand, der ihm seine Gefühle erwidern wird."
"Es tut ihm aber trotzdem weh..."
"Ich kann niemand neues finden. Bestimmt nicht, nachdem ich drei Jahre lang versucht habe Liebe und Versessenheit zu unterscheiden. Ich habe auf diese Tante gehört und versucht zu verstehen, ob ich dich wirklich liebe. Und jetzt, wo ich weiß, dass es du bist, kann ich nicht zusehen, wie du anhand der Gefühle deines Kumpels abblockst."
Es war mir ein neues Bild zu sehen, wie Kay um mich kämpfte. Er wollte es wirklich. Er wollte mich und ich konnte nichts dagegen anwenden.
Egal, wie lange ich mich dagagen wehren würde. Egal, ob drei Tage, drei Wochen, Monate oder sogar 3 Jahre. Schlussendlich würde ich bei ihm landen. Bei Kay. Und niemand anderem. Ich stritt es also nicht weiter ab, denn ich sah keinen Sinn dahinter mich selbst anzulügen.
"Okay..." Sanft ließ ich seinen Nacken los und leckte mir über meine Lippen. "Aber wir reiben es ihm, also Micah, nicht komplett unter die Nase, okay?"
Damit einverstanden, begann mein Junge zu lächeln und küsste meine Wange. Ich konnte Erleichterung in seinem Auftreten erspähen und fand es übertrieben niedlich.
"Und wir fangen wieder von vorne an. Schließlich waren wir drei Jahre lang getrennt." Unsere Hände verankerten sich ineinander, als wir uns beide aufrichteten und vor einander standen.
"Ganz von vorne. Auf jede Art und Weise", gab ich Nachdruck und Kay verstand. "Wenn du das willst, klar."
Ich begann zu grinsen und ein wildes Kribbeln brodelte in meinen Bauch. "Ja, sicher will ich das."
Unsere Blicke klebten aneinander und ich konnte die Hitze, die ihn umrandete nicht ausblenden oder ignorieren.
"Gut so." Kays Augen glitzerten glücklich, was mich ganz nervös machte.
"Genau."
"Ganz erwachsen und so."
"Voll und ganz deiner Meinung."
"Ja..." Meine Stimme wurde luftiger und mein Blick fixierte seine Lippen. "So machen wir das", murmelte ich und sah wieder hoch in seine Augen, die mich intensiv beobachteten.
"So wie du es willst", atmete Kay und ich nickte wieder.
"So wie ich es will..."
"Wir beide."
"Stimmt."
"Ja."
Dann aber gab es einen Kurzschluss.
Ein Kurzschluss in meinem Kopf machte alle Lichter aus und als meine Augen wieder aufgingen, saß ich auf meinem Schreibtisch und zerging unter den Fingern meines Freundes, der gierig und energisch an meiner Haut sog und mich für die nächste Stunde definitiv nicht mehr loslassen würde.
Ab diesen Zeitpunkt wussten wir beide, Kay und ich, das wir keine Ahnung hatten, was langsam bedeutete.
Habe mir ein Buch gekauft und kann es einfach nicht mehr weglegen...
Es heißt; Everything I didn't say
Habt ihr irgendwelche Lieblingsbücher?
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