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Il Bacio di Klimt - Solo tu

Stunden vergingen,

Engelschöre singen,Und inmitten dieser gottgesegneten Stund,Streiften zarte Lippen des andern Mund.So schnell wie das Feuer war entfacht,So geschwind war diese tiefe Liebe füreinander gemacht.Selten geschah ein solches Phänomen.Doch manchmal musste man es auch nicht verstehen.Denn, solang das Glück und Freude auf ihrer Seite waren,So lange würden sie tagtäglich ihre Liebe erfahren.

~♥~

"Antonio, oida, kannst du mal aufhören, dich von allem ablenken zu lassen?", zischte Roderich, als er seinen Kumpel wieder gedankenverloren am Hauptbahnhof herumirren sah. Die U-Bahn kam in zwei Minuten und der Idiot benahm sich wie eine verträumte Disney-Prinzessin, die wahrscheinlich kurz davor war, ihr Lied zu trällern. Gott, Antonio musste endlich wieder auf den Boden der Tatsachen kommen. Einen anderen derartig hoffnungslosen Romantiker hatte Roderich in seinem Leben noch nicht erlebt.

"Ich bin doch schon da...", seufzte der Spanier, den Kopf einmal mehr in den Wolken habend. Geistig befand er sich eindeutig in einer Welt fernab von der Realität und Roderich musste ihn bereits wie ein Kleinkind herumführen, um den Idioten nicht im Getümmel des Hauptbahnhofes zu verlieren.
Zumindest hatten sie es ohne Probleme vorhin zur S-Bahn geschafft...

"Das sieht man, du starrst andauernd nur Löcher in die Luft, verdammt, Antonio, ich will dich nicht nachts verlieren. Ich weiß, dass du weißt, dass du sonst gar nicht mehr zu mir nach Hause findest." Roderich schaffte es nicht, seinen Freund zur Besinnung zu bewegen. Er hörte nicht einmal richtig zu! Wie konnte man nur so verträumt sein? So langsam machte er sich Sorgen um seinen Freund. "Komm jetzt, wir müssen noch die Rolltreppen runter und hoffen, dass uns die Bahn nicht vor der Nase davonfährt..."

"Ist ja schon gut", schnaubte Antonio und folgte Roderich, ohne ein weiteres Murren von sich zu geben. Dennoch fiel er einige Meter nach hinten, sein Kopf...er war einfach viel zu voll und alles drehte sich um die Ereignisse des Tages. Er war so in Gedanken versunken, dass er Roderich einmal mehr aus den Augen verlor.
Oje! Er hatte sich wieder ablenken lassen! Wo war der genervte Mann denn nun hin verschwunden? Welche U-Bahn wollten sie noch einmal nehmen? Richtung Oberlaa oder Leopoldau? Antonios Hirn arbeitete auf Hochtouren und die Panik plötzlich orientierungslos dazustehen, zerfraß seine Nerven. Ruhig bleiben, sprach er sich selbst gut zu, als er angespannt die vielen Schilder, Menschen und Rolltreppen musterte.
Irgendwo würde Roderich schon sein. So langsam wie der ging, holte er ihn in Nullkommanichts ein, sobald er ihn erspähte...

Seinen Instinkten folgend bewegte er sich schnellen Schrittes über die unbekannte U-Bahn-Station, betete darum, vielleicht doch noch rechtzeitig anzukommen. Vorbei an übergegangenen Mistkübeln, der überdimensionalen Biene, die in der Luft hing und sich präsentierte wie ein Bibor aus Pokémon, und winzigen Lädchen fand Antonio dann endlich den Zugang zur Station im Untergrund. Gott sei Dank! Von weitem erkannte er Roderichs Hinterkopf, der langsam bei den letzten Treppen und Rolltreppen verschwand. Wenn er sich beeilte, würde er es rechtzeitig schaffen! Also setzte Antonio im Laufschritt fort, seine Schritte klackten auf dem steinernen Untergrund, aber die Gespräche der Pendlerinnen und Pendler sowie das ohrenbetäubende Vorbeizischen der Bahn übertönten sie augenblicklich.

Mist! Mist! Mist!
Seine Bahn stand bereits an der Haltestelle und schloss die Türen.
War er nun tatsächlich zu spät gekommen? Antonio warf genervt den Kopf in den Nacken und stieß einen Seufzer aus, als sich das Verkehrsmittel vor seiner Nase davonfuhr und ihn einsam und allein zurückließ. Wäre er...Wäre er doch nicht so unaufmerksam durch die Gegend gelatscht! Bestimmt würde ihn Roderich jede Sekunde anrufen und fragen, wo er denn sei, da er ihn nicht bei sich in der Bahn gefunden hätte.
Verärgert über sich selbst massierte er sich die Schläfen und schnaufte.
Toll, sobald er seinen Freund wieder traf, könnte er sich für den Rest des Tages Vorwürfe darüber anhören, warum er denn nicht auf Roderich gehört hatte.

Sein Tag hatte doch mit so vielen schönen Momenten begonnen, warum endete es nun in einer Pechsträhne?

Antonio sah auf die Anzeigetafel über ihn und entzifferte die gelben, leuchtenden Buchstaben und Zahlen. Die nächste Fahrt wäre erst in zehn Minuten möglich...
Plötzlich hörte er wie jemand gegen eine zusammengedrückte Energy-Drink Dose trat und diese mit ihrem bekannten Geräusch über den Steinboden rollte. Danach folgte zischendes Fluchen aus derselben Richtung und Antonio konnte nicht anders, als den Kopf zur Ursache des Lärms zu drehen.

"Merda!" Wieder folgte ein Tritt gegen die Dose, die nun über den Boden glitt und von Antonios Fuß gekonnt aufgehalten wurde.

Die impulsive Stimme.
Das schokoladenbraune Haar.
Die goldenen Augen.
Und allem voran das niedliche Gesicht.
Antonio kannte es und im selbigen Moment erkannte er sein Glück im Unglück.

"Na, auch die Bahn knapp verpasst?" Schnell kickte Antonio die Dose mit der Schuhspitze in die Luft und in seine linke Hand, nur um sie dann in den Mistkübel zu werfen. Lovino schnaufte und blieb stehen, als er Antonio erblickte; dann wandte er den Kopf zur Seite.

Aus irgendeinem Grund wurden seine Beine weich.

"Oh wow, du bist nicht blind und dumm auch nicht, gratuliere, Bastard", kam es zischend aus dem Mund des hitzköpfigen Italieners und er verschränkte die Arme vor der Brust, "Mir sind die anderen einfach weggelaufen, weil mir meine scheiß Zettel wieder abhandengekommen sind und diese Wichser haben natürlich nicht die Geduld auf mich zu warten! Was ist deine 'spannende' Backstory? Wahrscheinlich hast du Löcher in die Luft gestarrt wie ein Depp."

"Oha, woher weißt du das!", statt beleidigt zu sein nahm Antonio es mit Humor und näherte sich Lovino an, denn dadurch fühlte er sich nicht so alleine, "Aber es ist schon mies, dass dich die anderen stehen gelassen haben..."
"Ach ne, wirklich?", ein Krächzen mischte sich hinzu, das Antonio hellhörig werden ließ.
Lovino klang...verletzt.

Ein dumpfer Schlag zog Antonios Herz schwer herab wie ein Mühlstein, seine Augenbrauen hoben sich besorgt an. "Passiert das denn öfters?"

"Hat dich eigentlich nicht zu interessieren", schoss es direkt aus seinem Mund, doch dann brachen nach und nach seine seelischen Mauern ein und Lovino begann, seine passiv-aggressive Art abzustreifen, "Aber ja...passiert eigentlich jedes Mal und es geht mir so am Arsch..." Lovino sah zu Boden, dann auf die Anzeigetafel, um sich abzulenken, damit er nicht losheulte.

"Das ist schon gemein...Also ich könnte jemanden wie dich nicht einfach so zurücklassen. Das wäre ja massiv unhöflich..." Nicht wissend, wie er Lovino sonst weiß machen konnte, dass er sich darum bemühte, sich in ihn einzufühlen und seinen Frust nachzuvollziehen, suchte Antonio nach anderen Lösungen. "Aber falls du mehr darüber reden willst, höre ich dir gerne zu und wenn nicht jetzt, kannst du mir gerne schreiben. Wir haben ja vorhin Nummern ausgetauscht, also nur keine Scheu!"

"Schon gut, irgendwie tut das ja auch gut, auch, wenn ich es sehr ungern zugebe..." Dennoch ließ Lovino es fürs Erste sein, denn trotz dieser ungewöhnlichen Verbindung, die vor wenigen Stunden zwischen ihnen entfacht wurde, mahnte sein Kopf, dass er es langsam angehen sollte. "Aber danke für dein Mitgefühl, oder so." Ein flüchtiges Lächeln malte sich auf das Gesicht des Italieners, von dem er selbst nicht wusste, woher es kam oder wem es galt und doch stellte es die Welt seines Gegenübers gehörig auf den Kopf.

Antonios inneres Feuer brannte in seinen Wangen und er könnte schwören, rot geworden zu sein. Er musste ruhig bleiben, redete er sich ein. Warum war er Lovino nur so schnell und vor allem so extrem verfallen?!

"Während wir warten...Willst du vielleicht meine Bilder sehen? Sie sehen zwar richtig scheiße aus, für meine Verhältnisse, aber du wirst den Unterschied eh nicht merken, weil du keinen Plan hast." Tatsächlich war es nun Lovino, der das Eis zwischen ihnen brach und Antonio nickte augenblicklich. Gespannt über Lovinos Begabung beäugte er bereits die bekritzelten Zettel auf Lovinos Klemmbett, die sein Gegenüber nun herausnahm.

Das erste zeigte eine grobe Skizze des riesigen Gemäldes von Napoleon, welches auch Antonio im Belvedere erblickt hatte, allerdings erkannte man sofort den Grund, weshalb Lovino dieses Bild skizziert hat. Er wollte das Pferd zeichnen, denn der darauf sitzende Napoleon war nichts weiter geworden als ein Haufen Kreise.
"Das Pferd sieht aber echt gut aus!", lächelte Antonio, während Lovino das Blatt direkt wieder unter den Stoß schob und versteckte. "Das ist nicht einmal fertig. Außerdem sehen Pferde auf so vielen Bildern anatomisch richtig scheiße aus. Du solltest mal sehen, wie 'cursed' Katzen früher gezeichnet wurden. Das wünschst du dir nicht mal im schlimmsten Albtraum."

Da hob Antonio eine Augenbraue und musterte Lovinos Seitenprofil, als er schon das nächste Bild nach einigen Zetteln voller Notizen hervorholte. "Ist es so schlimm wie diese eine Jesus Restauration?" - "Schlimmer", entgegnete Lovino prompt, "Irgendwann mach ich ein Meme dazu und schicke es dir. Dann wirst du nie wieder schlafen können. Egal, schau dir lieber das hier an. Das ist viel schöner." Lovino zog ein Blatt hervor und händigte es Antonio aus, der es augenblicklich mit Staunen begutachtete. Man könnte meinen, seine Augen funkelten vor Bewunderung, als er die fein ausgearbeitete Skizze von Amor und Psyche sah.

"Oh wow, Lovino! Das sieht ja fast wie ein Foto aus, so gut ist das!" - "Ist es nicht! Weil das ist auch noch nicht fertig!" Damit verschwand auch diese Zeichnung aus Antonios Händen und kehrte zu Lovino zurück. Doch Antonio schob bereits beleidigt die Unterlippe nach vorne. "Warum zeigst du mir deine Bilder, wenn du sie dann nur runtermachst und mein Lob nicht annimmst?"

"Weil-", darauf fand Lovino plötzlich keine Antwort mehr.
Warum erkannte er seine Fähigkeiten überhaupt so schnell ab?

"Na?", frech grinsend beugte sich Antonio ein wenig nach vorne und betrachtete Lovino einmal mehr, "Kein Gegenargument? Wie schade, das heißt dann wohl, dass ich recht habe!" Und schon landete der Stapel Zettel auf seinem Gesicht und Lovino brummte peinlich berührt. "Halt einfach deine Fresse!"

Antonio wollte bereits etwas erwidern, als plötzlich sein Handy vibrierte und sein Klingelton wohl oder übel diesen Teil der Station mit Musik erklingen ließ. Ein erschrockenes "Ahhh!" ertönte aus seinem Mund und als Antonio schon abheben wollte, rutschte das kleine, praktische Gerät bereits aus seinen Händen, sodass es ihm beinahe auf die Gleise fiel, hätte er es nicht rechtzeitig aufgefangen. Antonios Herz klopfte und er atmete tief ein. Das war nochmal gut gegangen. Jedoch weigerte sich sein Herz, mit dem Klopfen aufzuhören, denn Lovino war in schallendes Gelächter ausgebrochen, kaum hatte Antonio panisch angefangen sein Handy wieder aufzufangen.
Er tat es zwar aus Schadenfreude unter neuen Freunden, aber sein Lachen...Antonio würde immer den Dummen und Ungeschickten spielen, wenn dies hieße, Lovino noch einmal so herzhaft lachen zu sehen.

"Pahaha! Du hättest gerade dein Gesicht sehen müssen!" Sich eine Träne aus den Augen wischend klopfte er Antonio liebevoll gegen den Rücken. "Immer mit der Ruhe, Tonio, der Rang des Tollpatsches des Jahres geht bereits an mich. Du brauchst mir den Titel nicht streitig machen, hörst du? Und pass mir ja auf, dass du nicht an einem Herzinfarkt verreckst, so wie du dir dein Herz gerade hältst. Wäre ehrlich schade um dich." Lovinos Wangen schimmerten noch in einem sanften Rotton, auch nachdem er sich beruhigt hatte, doch war gerade dieses Detail eine wunderschöne Kleinigkeit, die einmal mehr an seinen verdammten Herzsträngen zog.
Oh Gott, dieser Typ hatte ihn eindeutig um den Finger gewickelt und das, obwohl er dies unwissentlich tat.

Am liebsten hätte Antonio Lovino noch länger bewundert, aber der Anrufer am anderen Ende der Leitung wurde womöglich schon ungeduldig. Deswegen drückte Antonio geschwind auf die grüne Eingabefläche. "Hallo?"

"Antonio, sag mal, wo bist du? Bist du in einem anderen Waggon oder warum find ich dich nicht? Du weißt doch, wo wir aussteigen müssen, oder?"
Plötzlich klingelte es bei Antonio. Es war Roderich und er machte sich bereits Sorgen um seinen Freund. Oh, Mist...Nun schlugen die Schuldgefühle allesamt auf ihn ein, wie ein Wind, der mit seiner eisigen Kälte jegliches Gefühl aus seinen Ohren peitschte, kaum pfiff dieser vorbei.

"N-Naja...Wie soll ich sagen, ich bin noch am Hauptbahnhof...Ich eh..."

"Du hast die Bahn verpasst. Na, ganz toll, echt...", der Sarkasmus in Roderichs Stimme konnte nicht überhört werden und Antonio malte sich bereits seine Mimik dazu aus. Bestimmt zog Roderich gerade die Augenbrauen zusammen und verdrehte die Augen.

Aber dann erwärmte sich die Atmosphäre und Roderich setzte mit besorgter Stimme fort. "Geht es dir zumindest gut?"

Antonio hängte die Frage in der Luft auf, zögerte eine Sekunde, um einmal mehr Augenkontakt mit dem wundervollen jungen Mann zu halten, dem dasselbe Schicksal widerfahren war. Bernstein, nein süßer, goldener Honig lächelten ihm entgegen und das scheue Grinsen, dass sich in diesem Moment auf Lovinos Lippen malte, bescherten Antonio einmal mehr die traumhafte Fantasie, einen Engel neben sich zu haben. Und Antonio musste einfach lächeln.
So breit und wahr, wie er es schon lang nicht mehr getan hatte.
Denn im Moment könnte er einfach die gesamte Welt umarmen und dieses Gefühl der grenzenlosen Liebe und Freiheit schlug schließlich auch in seiner geradezu schwärmerisch klingenden Stimme ein. "Ach, Roderich...Mir geht es absolut bestens..."

***

"Willst du nicht langsam schlafen gehen, Antonio?" Der Österreicher stand mit der Zahnbürste und im Schlafanzug im Gang der simplen Wohnung und beobachtete mit müden Augen, wie Antonio sich unter einem Haufen Papierkugeln versenkte. "Du siehst so verdammt hundsmüde aus."

"Ich kann nicht!", Antonio zuckte panisch unter seinem Papierhaufen auf, seine rechte Hand schimmerte silbern von der dunklen Mine seines Bleistiftes. Seine Augenlider flatterten vor Müdigkeit und doch zwang er sich dazu, wach zu bleiben und keine Sekunde zu ruhen.
Normalerweise liebte er es doch lange und ausgiebige Nickerchen zu machen...gerade das machte Roderich doch erst so stutzig.

"Und warum nicht? Dich hält doch keiner auf...was machst du überhaupt?" Neugierig setzte sich Roderich neben seinen Freund und schaute mit Schmerzen auf die vielen Zettel, die er schon verbraucht hatte. "Verschwende doch nicht mein ganzes Papier! Ich hab keinen Geldscheißer!"
"Aber ich muss-"

"Was musst du?", Roderich schloss die Augen und massierte sich genervt den Nasenrücken, dann strich er sich die ungestylten, glatten Haare aus der Stirn. Manchmal war Antonio einfach nur kompliziert zu verstehen.

"Schaus dir einfach an...", geschwind schnappte sich Antonio sein Smartphone und öffnete den WhatsApp-Chat mit Lovino. Innerhalb der letzten Stunden hatten sie beinahe pausenlos geschrieben. Beziehungsweise hatte Lovino ihm Memes geschickt. Aber sie hatten dennoch auch die ein oder andere normale Konversation miteinander. Während Roderich sich für gefühlt eine Stunde im Bad verschanzt hatte, eröffnete sich für Antonio sogar die Möglichkeit mit Lovino zu telefonieren.
Seine Stimme hatte sich am Telefon anders angehört, aber dennoch war es augenblicklich klar, welcher wundervolle Mensch gerade mit ihm sprach und ihm zum Lachen brachte. Doch nun kam ein anderes Problem auf ihn zu und er zeigte Roderich die letzte Konversation.

"Lovi will sich morgen Abend beim Belvedere mit mir treffen. Bei diesem einen Garten da, weil er da ohnehin vor hat zu zeichnen und keinen Bock hat, allein zu sein."

Roderich runzelte die Stirn, immer noch darüber verwundert, dass sein Schreibtisch nun aussah wie eine Altpapiersammlung im Altstoffsammelzentrum. "Aha? Und was ist daran jetzt das Problem?"

"Ich will ihm ein Geschenk machen. Ich will ihm etwas Cooles zeichnen, aber alles sieht so scheiße aus. Egal, was ich mache. Ich kann das nicht! Dabei mag er sowas bestimmt. Oh Gott, er wird mich auslachen und dann hassen. Ich werde meine Chance verspielen, ich-"
"Shht!", Roderich wollte kein Wort mehr hören und hielt Antonio schnurstracks den Mund zu, "Halt mal kurz deine Klappe und werd nicht hysterisch!"

Murmelnd senkte der Spanier den Blick und atmete tief ein. Der Stress in seinen Gliedern nahm ab; er nahm sich Zeit, den Kopf frei zu kriegen. "Okay..."

"So", setzte Roderich nun fort und blickte seinem Hals über Kopf verliebten Freund tief und prüfend in die Augen, "Und jetzt sag mir doch einmal ganz langsam, was du genau im Sinn hast. Hast du bereits eine Idee für ein Geschenk."

Antonio schüttelte den Kopf und sah verzweifelt von Roderich weg. Er hatte keinerlei Einfälle. Er hatte es mit Lustigem versucht, dann mit Kritzeleien von Schildkröten und sogar eine Rose, aber keines dieser Motive sah gut aus und erreichte ebenso nicht die Wirkung, um die er sich bemühte. Kunst war einfach nicht seine Stärke, dennoch wollte Antonio sein Bestes geben und sich um Lovino all diese Mühe machen.

"Hm...Dann wird es tatsächlich schwierig...", Roderich klemmte sein Kinn zwischen die Finger und grübelte, "Wie wäre es, wenn du einfach ihn zeichnest? Das wäre wohl das Leichteste und-"

Antonio schüttelte direkt den Kopf und verwarf die Idee. "Das ist zu einfach. Es soll etwas Besonderes sein und außerdem wäre es bei meinen Skills eine Beleidigung, wenn ich versuchen würde, sein hübsches Gesicht zu zeichnen...Er ist ein Kunststudent um Gottes Willen! Der sieht sofort, was falsch ist und er wird glauben, ich verarsche ihn!" Die Hysterie pumpte einmal mehr ihr Adrenalin durch Antonios Adern und lösten unglaublichen Stress in ihm aus. Oje...Oje, sein Vorhaben war bereits im Vorhinein zum Scheitern verurteilt!

Seufzend schloss Roderich einmal mehr die Augen und hielt sich den Kopf, während er sich darum bemühte, Antonio gut zuzureden. "Wird er nicht. Wenn er dich nicht jetzt schon abgewiesen hat, wo du doch schon so viel Scheiße in seiner Gegenwart gelabert und gemacht hast, dann wird er dich nicht wegen sowas direkt niedermachen. Zumindest nicht aus ehrlichem Hass. Um dich liebevoll aufzuziehen, würde er allerdings schon."

"Trotzdem. Ich will etwas noch Besondereres, das nur so 'Ich hab mir ehrlich Gedanken darüber gemacht, dir eine Freude zu machen' schreit. Ein Portrait kann trotzdem jeder machen. Das hat keine sonderliche Tiefe." Nun scheint der Mut Antonio komplett verlassen zu haben und er sank mit dem Oberkörper ermüdet auf den dunklen Schreibtisch. Sein Optimismus verblasste stark, stattdessen wuchsen immer mehr Unsicherheiten in seiner Seele heran.

Plötzlich leuchteten Roderichs dunkle Iriden auf und er schlug mit der Faust auf seine Handfläche. Ein lebendiger Funke entfachte in ihm und riss ihn aus seiner nahezu ewigen Ruhe heraus, sodass er sich nun voller Energie erlebte. "Tiefe! Das ist es!"

"Huh?" - "Toni!", Roderich legte beide Hände auf die Schultern seines Gegenübers und schenkte ihm einen ermutigenden Blick, "Wo genau hast du Lovino das erste Mal gesehen und wo hat er auch dich bemerkt? Weißt du noch, wo ihr euch über den Weg gelaufen seid?"

Nachdenklich legte Antonio nun den Kopf in den Nacken und starrte trägen Blickes die Zimmerdecke an. "Ich glaube...das war der Raum mit dem einen Klimt Bild da. 'Der Kuss' oder wie dieses Teil hieß...Wieso fragst du?"

Lächelnd antwortete Roderich und räumte direkt seine besseren Zeichenmaterialien aus den Schränken, die er seit Jahren nicht mehr angefasst hatte. "Das wirst du gleich erfahren!"

***

Schweißperlen funkelten auf seiner Stirn, das Herz in seiner Brust bebte laut und kräftig wie die Schwingungen einer Trommel. Die Zeiger der Uhren tickten vor sich hin, goldenes Abendlicht tauchte den kunstvoll angelegten Ziergarten in seiner harmonischen Scheinwelt ein, in der es nichts und doch alles gab. Für eine Sekunde herrschte Frieden, in der nächsten herrschte ein Krieg, den Antonio gegen sich selbst richtete. Unter seinen Füßen knirschte es; es waren die feinen Kiesel gewesen, die seinen Weg begleiteten wie ein Schutzengel und sprachen "Auf dieser Erde bin ich gelaufen, in jedem Augenblick schreibe ich Geschichte...". In Antonios Händen schimmerte Gold, hauchzart und dennoch leuchtete es wie eine kleine Sonne der Welt entgegen. Doch jenes Gold hatte nicht die Bedeutung des Geldes oder des Reichtums und schon gar nicht den Wert eines Piratenschatzes. Nein, es war wertvoller, denn dieses Gold in jener Aufbereitung hatte er mit seinen eigenen Händen geschaffen und in jedem Pinselstrich und Flankerl feinstem Goldpapier steckte mehr, als er es selbst beschreiben könnte.
Schon allein die Worte Liebe, Bewunderung und Mühe wären zu wenig gewesen.

Antonio genoss diese Unbeschreiblichkeit, sie erinnerte ihn an Lovino. Denn Lovino war ein faszinierender Mensch und aus dem Menschen lernte man nie aus und keine Sprache besaß genug Worte und Phrasen, die dies wunderbare menschliche Gefühl in Antonios Brust bis aufs kleinste Detail hätten beschreiben können.

Mit einem tiefen Atemzug warf er einen Blick auf sein Bild, das er in den Händen hielt. Es war bei weitem nicht perfekt. Es musste aber auch nicht perfekt sein. Das hatte Antonio nun verstanden, als er bis spät in die Nacht hinein an Lovinos Bild gesessen war.
Wie viele Künstler hatten denn schon in ihrer Imperfektion das Potential, die Schönheit und sich selbst gefunden? Antonio wusste es nicht, aber er war überzeugt, dass Lovino seinen Sinn erkennen würde.

'Der Kuss' von Gustav Klimt. Antonio hatte absolut keine Verbindungen zur Kunst oder zu diesem Maler, der im Endeffekt nur einer von vielen war, aber dieses Bild hatte dennoch eine Bedeutung für ihn erhalten, die allein für ihn galt und hoffentlich doch auch für Lovino. Denn wäre er nicht zu jener Stund' in jener Sekund' von Neugier von diesem Werk erfasst worden, hätten Lovino und er womöglich weder Blicke noch Worte ausgewechselt.
Ihr Leben wäre weiterverlaufen wie bisher, ohne von der Existenz des anderen Bescheid zu wissen.
Zwei Herzen, die das Potential hatten, zu einem zu werden, hätten sich nie gekannt und somit wäre nie ein Funken entfacht.

Antonio hatte nicht das Bild einfach abgemalt.
Er hatte auch nicht die beiden Figuren mit Lovino und sich selbst ausgetauscht oder versucht, dasselbe Motiv anders zu interpretieren.
Nein, Antonio nahm das Gefühl, das er damit verband.
Er nahm die Wünsche, die durch die Begegnung mit Lovi an diesem Bild neues Leben in ihn einhauchten.
Er nahm die Farben, die er seit Sekunde eins mit Lovino verband.
Warme, angenehme, feurige, aber auch eine Handvoll dunkle Farben und vor allem schimmerndes, kostbares Gold.

Und nun war es soweit und er würde Lovino wiedersehen dürfen. Antonios Blick glitt über die Gesamtheit des barocken Gartens, die Sonne wärmte dabei seinen Rücken. Wo war Lovino nur? Er suchte nach einer Staffelei, wenn möglich mit einem Lovino inmitten der floralen Pracht.

Und dann...
Dann endlich fand er ihn.
Nahe eines Brunnens, mit dem Rücken zu ihm.
Er hatte bereits mit dem Malen begonnen. Wie es aussah, malte er das gesamte Schloss Belvedere aus frontaler Sicht und so, wie Antonio es schon in seinem winzigen Werk beschworen hatte, malte Lovino golden. In seiner Farbe.

Antonios Herz machte einen Satz und für einen Augenblick ließ er die harmonische Szene auf sich wirken wie ein Kunstwerk.

Lovinos konzentrierter Blick wechselte vom barocken Schloss auf seine dunkel grundierte Leinwand. Sein Arm hob sich an und mit geschickter Handführung stach schon der satte goldene Pinselstrich aus der gemalten Finsternis heraus wie eine Sonne, die nach jahrelanger Finsternis zurückkehrte. Lovino malte weiter. Dicke und dünne, breite und schmale Linien, aber auch Tupfer und geschickt verblendete Farbnuancen verwandelten aus der blanken Leinwand ein langsam entstehendes Meisterwerk.

Lächelnd erkannte Antonio mit welcher Ruhe und Leidenschaft Lovino seiner Berufung nachging.
Seine Züge waren gelassen; Lovino verlor sich in der Kunst. Es war so schön Lovino auf diese Art und Weise sehen zu dürfen.
In einem Moment, wo er seine grobe Fassade ablegte und sein Inneres zum Vorschein kam.
Das.
Genau das war der wahre Lovino, Antonio spürte das und hoffte, dass Lovino sich ihm gegenüber eines Tages ebenso leicht öffnen würde.

Aber dann wollte er den jungen Italiener nicht mehr warten lassen und ging endlich offen und mit warmem Lächeln auf ihn zu. "Hola, Lovinito!"
Der Angesprochene schrak auf, fuhr zunächst herum, als man ihn aus seiner Welt herausriss und zog die Augenbrauen genervt zusammen, nur um dann Antonio zu erblicken. Kaum erkannte er ihn, erweichte sein strenger Blick, aber sein Temperament blieb bestehen. "Alter, sag mal, bist du bescheuert? Warum erschreckst du mich so?!", knurrte Lovino und ließ den Pinsel direkt ins Wasserglas sinken. Die Goldpartikel funkelten wie Sterne darin.
"Aber schön, dass du doch mal gedenkst, zu mir zu schauen. Mir war eh schon langweilig wie sonst was, so ganz allein." Ein flüchtiges Lächeln malte sich auf seine Lippen; eine Rarität, die einem im Gedächtnis blieb und Antonio den Kopf immer wieder verdrehte.

"J-Ja", brachte Antonio zunächst nur stotternd heraus. Lovinos Anwesenheit machte seine Beine weich wie Butter, doch glücklicherweise sah man es ihm selten an, wie nervös er sein konnte. "Dein Bild...", um nicht aufzufallen lenkte Antonio die Aufmerksamkeit auf Lovinos entstehendes Meisterwerk, "Es sieht jetzt schon sehr cool aus! Wird das so ein Bild mit nur zwei Farben oder so? Ich finde es wirklich hübsch!" Auch Antonio trug nun ein geradezu sonniges Lächeln auf den Lippen, das Lovinos Wangen direkt rot verfärben ließ. "Ja, wird es und dankeschön..."

Unter Lovinos Haut wurde es immer wärmer und am liebsten hätte er diese offensichtliche Röte versteckt, die er auf sich spüren konnte, doch das wäre noch peinlicher gewesen, als die Situation ohnehin war. Es war die peinliche Stille und die unbeholfene Art und Weise, wie beide versuchten, trotz des Sturmes an Gefühlen, ein Gesprächsthema zu finden, die beide an den Rand der bitteren Verzweiflung drängten. Wieso war es nur so leicht, im digitalen Raum stundenlang zu reden, doch in Person war es ein reines Chaos?

Antonio spürte Lovinos Blick auf sich, für den Augenblick wagte keiner es, auch nur ein Wort von sich zu geben und doch knisterte es wie eine Wunderkerze zwischen ihnen. Vielleicht waren es ihre vor Nervenkitzel klopfenden Herzen, vielleicht auch die flüchtigen Blicke, die beide austauschten, nur um dann zur Seite zu sehen, vielleicht war es aber auch die Nähe und die heimliche Berührung, wenn sich ihre Schultern streiften, die ihnen Schmetterlinge im Bauch bescherten.

Doch dann fiel es Antonio endlich wieder ein. Er wollte Lovino doch sein Geschenk übergeben! Das würde das Eis des Begegnens bestimmt brechen und diese anfängliche Schüchternheit abbauen! Nun von Mut erfüllt und mit einem lieben Schmunzeln wandte er sich also an Lovino. Seine Nervosität war plötzlich wie weggeblasen, als er daran dachte, Lovino ein weiteres, ehrliches Lächeln mit seinem Geschenk abzuknöpfen. "Lovi! Ich hab beinahe vergessen, dir das hier zu geben!"

Lovinos Augen weiteten sich vor Überraschung als Antonio ihm das Bild aushändigte, das er schon seit seiner Ankunft fest in den Händen hielt. Wieso bekam er von ihm ein Geschenk? Er hatte doch nichts getan? Womöglich verstand sein Gegenüber seine Mimik, denn Antonio sprach mit tiefer, sanftmütiger Stimme weiter und strahlte von Sekunde zu Sekunde mehr Wärme aus, die Lovinos immerwährende innere Unruhe allein mit ihrer Präsenz stillte.

"Ich dachte mir, ich könnte dir eine kleine Freude bereiten. Es ist wirklich nicht viel, nur eine Aufmerksamkeit dir gegenüber, weil ich dich wirklich toll finde und...ich finde es wirklich schön, dass wir uns so schnell einander anvertrauen. Es fühlt sich an, als kennt man sich bereits seit Monaten..."

"Ich...", ungläubig gegenüber der lieben Geste und den Worten, die ihm zuteilwurden, wechselte Lovino langsam den Blick zwischen der schimmernden Malerei und Antonios Gesicht. In seiner Brust hämmerte sein Puls, die Worte, die er einst lernte, waren wie vor seinen Augen verwischt und ungenau. Er kannte sie nicht mehr und schaffte es nicht, vor Staunen zu antworten. Seine Augen musterten das Bild. Lovino erkannte natürlich sofort, dass Antonio ein Anfänger war. Er sah es auf dem ersten Blick und könnte direkt Ratschläge geben, wie er es verbessern könnte, aber...
Aber auf dem zweiten Blick entdeckte er die Mühe, die dahintersteckte.
Auf dem dritten Blick fand er die Intention, er sah eine Facette aus Antonios Seele hindurchschimmern.
Und auf dem vierten verstand er endlich die Liebe, die er inmitten dieser Pinselstriche versteckt hatte.

Lovinos Züge wurden weicher, nahezu nur so von der Liebe erfüllt, die man ihm schenkte und schon fuhr er mit den Fingerspitzen nachdenklich die Hebungen und Senkungen der getrockneten Farben nach. Säuselnd und zärtlich erhob Lovino nun endlich seine Stimme. In seinen Augen strahlte ein Funkeln, das es zuvor nie gab. "Antonio..."

"Ich hab mir echt Mühe gegeben", nun war es Antonio, der vor Verlegenheit etwas errötete, es sich aber nicht anmerken lassen wollte, "Ich kann es momentan wirklich nicht besser. Es ist das erste Mal seit langem, dass ich male. Du als Experte siehst bestimmt direkt die Fehler, aber..." Der junge Spanier sah für den Bruchteil einer Sekunde in Lovinos Augen, die im Sonnenlicht strahlten wie goldener Honig; seine dunklen Haare schienen die Kostbarkeit der Sonne wie eine Krone auf dem Haupt aufzunehmen und die sonnengeküsste Haut des wunderbaren Mannes vor sich leuchte wie die eines Engels. Warum...? Warum schaffte es die Welt immer wieder diesen einzigartigen Menschen, der seine Schönheit selbst nicht erkannte wie ein Schmetterling seine Flügel, schöner als einen Traum erscheinen zu lassen, wann auch immer er Antonio so gegenüberstand?

"Es ist wirklich schön..." Lovinos Murmeln kam Antonio zuvor und zu seiner Überraschung fielen keine sarkastischen Anmerkungen. Verwirrt hob Antonio die Augenbrauen. Hatte Lovino ihn gerade gelobt? Nicht einmal indirekt und eingepackt in groben Worten?

Staunend musterte der Spanier seinen Freund und dieser musste seine Irritation wohl bemerkt haben, denn nun wandelte sich das heimliche Lächeln in ein breites, herausforderndes Grinsen. "Du glotzt, als hättest du einen Geist gesehen, du Bastard!", Lovino knuffte Antonios Oberarm ganz zänkisch, aber liebevoll, die wahre Freude hinter seiner frechen Art, konnte er vor Antonio allerdings nicht mehr verbergen, "Ich mag dein Geschenk wirklich, Antonio. Man merkt, dass du dir was dabei gedacht hast."

"Und was habe ich mir dabei gedacht?" Antonio legte seine Unsicherheiten ab und genoss es, Lovino so fröhlich über seine Zeichnung zu sehen, aber wenn der temperamentvolle Italiener schon so neckend gegen über ihn sein wollte, war es einfach zu schade, nicht ebenfalls mit einer spitzbübischen Frage zu entgegnen.

Heißes Blut schoss Lovino in die Wangen und sein selbstbewusstes Auftreten schwand mit einem Mal, als Antonio ihn so ausfragte.
Wie sollte er denn antworten?
Wer sagte ihm denn, dass seine Vermutung richtig lag?

Wenn er seine Gedanken laut aussprach und sie noch dazu falsch wären, würde er am liebsten im Boden versinken und nie mehr wieder auch nur ans Tageslicht kommen wollen. "A-Also..."

"Ja?", Antonios Stimme wurde tiefer und Lovino bildete sich ein, einen Funken Sensualität darin zu erkennen, der sein Herz augenblicklich höherschlagen ließ. Die smaragdgrünen Iriden strahlten dagegen nichts als Offenheit, Neugier und Wonne aus, die Lovino allein mit ihrem warmherzigen Blick beruhigten.

"Naja...Ich-"
Da war sie wieder: die verdammte Sprachlosigkeit und der Wortverlust. Angespannt strich sich Lovino eine Strähne aus dem Gesicht, nicht wissen, dass seine Fingerspitzen noch vom Anmischen der Farben mit Goldpigmenten ummantelt waren. Leise kicherte Antonio und zeigte sich ihm gegenüber herzig wie eh und je. "Shh, schon gut. Wenn du schon so verlegen und nervös wirst, dann wirst du meine Intention schon richtig verstanden haben, Lovino!"

"Du-", weiter kam Lovino nicht, aber die rosige Farbe in seinem Gesicht sprach mehr als tausend Worte. Sein Hals wurde trocken und ein Kloß nahm ihm die Luft zum Atmen; vielleicht war es aber auch sein kräftig pulsierendes Herz, das all dies auslöste.

Antonio beobachtete ihn, entzifferte binnen Sekunden den Grund für diese Reaktion und sah sie als Chance. Die Hoffnung auf gegenseitige Zuneigung flackerte stark wie das Feuer einer lichterloh brennenden Kerze.
Er konnte diese Möglichkeit ergreifen.
Es ging alles zu schnell und doch war genau dieser Moment perfekt.
Die Zeichen standen gut für sie beide und wenn er nicht jetzt den Mund aufmachte...wann dann?

"Lovino", begann er zunächst mit gedämpfter Stimme, "Ich weiß, dass du mir das, was ich dir jetzt erzähle, nicht glauben wirst. Ich weiß, du wirst mich für einen kranken Idioten halten und vielleicht bin ich das auch...", er nahm einen tiefen Atemzug, nun gab es kein Zurück mehr und sein Herz drohte bereits vor Aufregung zu platzen, "Du musst mir weder eine Antwort geben noch das erwidern, was ich dir sage, denn ich weiß genau, wie sehr das überrumpelt wirken könnte. Dennoch möchte ich es dir lieber auf der Stelle sagen, bevor ich schweige und mich damit selbst fertig mache. Ich möchte lediglich, dass du eines weißt..."

Pause.
Das Wasser des Brunnens hinter seinem Rücken plätscherte.
Von Weitem hörte man Bruchteile eines Gesprächs, doch die Worte blieben in einem kontextlosen Wirrwarr gefangen.
Sonnenstrahlen leckten an seiner Haut, wärmten sie, als wären die Strahlen eine seidene Decke.
Doch so warm und angenehm das abendliche Sommerwetter war, so brodelnd heiß und höllisch brennend schlugen seine Gefühle Alarm. Jedoch war dieser Alarm von Grund auf nichts Schlechtes, sondern nur sein Zeugnis dafür, dass er mit der Interpretation seiner Gefühle von Anfang an richtig war.
Denn Antonio liebte Lovino.
Er stach ihm ins Auge, schon auf dem ersten Blick und je näher sie sich kamen, desto mehr er die Person hinter der engelsgleichen Gestalt kennenlernte, desto mehr lernte er ihn lieben und es verging keine Sekunde, in der er von Lovino nichts Neues über ihn oder sich selbst lernte.

War das dieses unbeschreibliche Phänomen von Liebe auf den ersten Blick?
Oder schlug es hier eine gänzlich andere Richtung ein, ja, sogar die gelebte Fantasie eines Seelenverwandten, der nur darauf wartete, gefunden zu werden.

Antonio glaubte an diese Dinge, obwohl sie wissenschaftlich völliger Humbug sein könnten. Am Ende waren es vielleicht doch nur unbenannte neurotische Funken oder ein Haufen Hormone. Aber...Antonio wollte an dieses Wunder glauben, denn für ihn waren sie real.
Denn er meinte, genau das erlebt zu haben, das er nur durch Filme und Bücher zu sehen bekam.
Er fand in Lovino seinen Seelenverwandten und er hoffte, dass sich diese Annahme mit der Zeit bestätigen könnte.

"Lovino", seinen Namen brachte er mit innigster Wertschätzung über die Lippen, " te quiero. Oder 'ti amo', wie du es sagen würdest..."

Er hatte es getan. Nun war es endgültig vollbracht. Die Worte waren gefallen; sie rieselten herab wie die letzten Körnchen einer Sanduhr. Leichtigkeit überfiel Antonios Brust und er fühlte sich von allen Lasten befreit, dennoch nagte der Nervenkitzel und die Anspannung an seinem Verstand.

Lovino stand hingegen einfach nur da, regte sich nicht und wagte es weder zu atmen noch einen Ton von sich zu geben. In seinen Ohren rauschte es, seine Lippen formten sich, um Worte zu bilden, doch ihm fehlte die Stimme dazu. Seine Augen weiteten sich, wurden größer und erzählten Geschichten aus Lovinos Seele. Vielleicht stand dieser Funken für die Überraschung, vielleicht aber für das Herzklopfen und die Besonderheit, die sich in seinem schnell schlagenden Herzen breit machte.
Antonio...liebte ihn?
Stimmte das?
Konnte er ihn in dieser rasanten Zeit bereits lieben lernen?

Lovino konnte und wollte es nicht glauben. Bisher schreckte er doch bereits potentielle Freunde ab, wie schaffte es also ein Sonnenschein wie Antonio, einen dunklen, tristen Mond wie ihn zu mögen, gar zu lieben? Es war so surreal und dennoch war es die Wahrheit...
"Antonio..."

"Du musst natürlich nicht zusagen. Lass dir Zeit. Wir können es auch langsam angehen und einander erst besser kennenlernen. Falls du willst, versteht sich." Das Herz des Spaniers sank ein wenig herab, wurde schwerer. Er konnte sich nicht deuten, ob der süße Italiener seine Gefühle erwiderte oder nicht. Und zwingen würde er ihn unter keinen Umständen, denn er gab ihm die freie Wahl zu entscheiden.

"Antonio, ich..." Nun spürte Lovino, wie rot er eigentlich geworden war. Was war nur mit ihm geschehen? Er wusste, dass die Emotionen, die er verspürte, keinesfalls platonisch sein konnten. Aber...konnte er schon von Liebe sprechen?
Einen kurzen Augenblick lang - gerade einmal so lang, um mit den Wimpern zu zucken - verfing sich sein Blick mit den smaragdgrünen Augen Antonios.
Und in seinem Herz wurde es wärmer.
In seiner Seele glühte ein Lichtlein, ein Funken, eine kleine Sonne, die Antonio entzündet hatte.
Und Lovino wusste nun, was es war. Und es erfüllte ihn mit einer Freude, die er so noch nie zuvor verspüren durfte.

"Ich denke, ich liebe dich auch...", Lovinos vor Verlegenheit und Realisation leises Stimmchen erreichte Antonios Ohren und löste einmal mehr Herzklopfen und ein flatterndes Gefühl im Magen aus, "Ich weiß nicht, wieso oder warum, aber...Irgendwie spüre ich dasselbe. Mein Herz klopft so stark, mein Gesicht ist so heiß und irgendwie...", Lovino machte eine Pause und drängte sich dazu, seine Antwort zu rechtfertigen, obwohl er dies nicht müsste, "...irgendwie fühle ich mich so wohl und vertraut in deiner Nähe...das war gestern auch schon so..."

"Mir ging es ähnlich", gab Antonio direkt zu, sichtlich überglücklich darüber, dass Lovino seine Gefühle teilte.
Es hätte nicht besser sein können! Er konnte es selbst kaum glauben, wie viel Glück er hatte und nun fuhren alle seine Gefühle plötzlich Achterbahn und ein strahlendes Grinsen malte sich auf seine Lippen. "Schon als ich dich das erste Mal gesehen habe...hatte ich so ein Gefühl, dass etwas passte und als ich dann mit dir gesprochen habe, war es schon um mich geschehen. Ich fand dich schon von der ersten Begegnung an unglaublich faszinierend."

Lovinos Mundwinkel zuckten flüchtig nach oben und tatsächlich lachte er sogar ganz leise vor sich hin. Für Antonio klang es einmal mehr wie der Himmel auf Erden und sein Blick wurde weicher, während es unter seiner Haut angenehm prickelte.

Der junge Italiener, immer noch ungewöhnlich strahlend und lebendig wirkend, legte er seine beiden Hände an seine Wangen und spürte direkt wieder, wie warm ihm geworden war. "Ach du Scheiße, wir sind beide einfach nur kranke Vollidioten und verlieben uns tatsächlich in den paar Drecks Stunden. Wo sind die versteckten Kameras? Was ist das? Ein Disney Film? Ich glaub ich muss kotzen."

Schmunzelnd sah Antonio zu Lovino herab. Da war er wieder, sein typischer Lovino. "Wenn es einer wäre, wäre ich genauso glücklich wie jetzt. Denn das würde bedeuten, dass wir uns wohl auf den ersten Blick verliebten. So wie die meisten in einem Disney Film."

"Bah, wie kitschig", entgegnete Lovino direkt mit einem frechen Grinsen und trat näher zu Antonio. Als er allerdings realisierte, wie er in den letzten Augenblicken mehrmals am Lächeln war, fühlte er sich so peinlich, dass er sich direkt den Mund mit den Fingerspitzen verdeckte. Leider vergaß er die goldene Farbe, die sich bereits an seinem Hemd sowie in seinem Gesicht befand, wodurch nun auch seine Lippen mit dem schimmernden Puder benetzt waren.

Zum Glück war dieses Pigment einmal nicht giftig...

Durch allein diesen kleinen Fehler zogen Lovinos Lippen jedoch Antonios gesamte Aufmerksamkeit auf sich und er ertappte sich augenblicklich dabei, wie der Wunsch, ihn zu küssen, so urplötzlich wie ein Blitz in ihn einschlug und ihm die letzten Schmetterlinge im Bauch aufweckte. Immerhin...Immerhin wirkten sie so unwiderstehlich warm und weich und dieser winzige Film des Goldpuders ließen sie kostbarer als jede Golddublone erscheinen.

"Lovino...", begann Antonio zunächst vorsichtig und wie in einen Tagtraum versunken, während er ihm langsam näherkam. Gerade so zögerlich, dass er zurückweichen könnte, wenn er nicht bereit dazu wäre. Als er mit ihm auf Augenhöhe war und ihre Nasenspitzen nur Zentimeter voneinander entfernt waren, hielt er allerdings inne. "Darf ich...Darf ich dich küssen?"

Lovino antwortete nicht, denn sein kräftiges Herz pulsierte rasant in seiner Brust, als er seine Wärme derartig intensiv auf seiner Haut vernahm. Aber er wusste, was er wollte. Er wusste, dass seine Neugierde auf diesen Moment nicht gestillt werden könnte, wenn er die Chance nicht nutzte. Also streckte er sich, kam Antonio näher und schloss endlich den winzigen Abstand, der sie noch voneinander trennte.

Zärtlich streiften sich ihre Lippen, sanfter Druck übte sich auf die von Lovino aus.
Zwei Hände hielten Antonios Gesicht; einmal links und einmal rechts.
Zwei weitere fanden sich an Lovinos Taille wider.
Die Welt um sie herum erstrahlte im Licht der untergehenden Sonne.
Sah man genau hin, entdeckte man vielleicht auch den Regenbogen in Form der vielen kleinen Tröpfchen, die durch den Springbrunnen ewiglich in die Luft gebracht wurden und nun schimmerten wie Diamanten.
Nun umfasste Antonio Lovinos Gesicht, liebkoste es wie einen Schatz und küsste seine Wange so zart, dass es Blattgold hätte sein können. Lovinos Augen blieben geschlossen, aber seine Fingerspitzen berührten Antonios warme Haut; er hielt seine Hand, obwohl er selbst von genau dieser so liebevoll gehalten wurde.
Hätte Lovino diesen Moment in der Kunst festgehalten, wäre das Motiv wie die Liebenden im Gemälde Klimts; würde Antonio die Farbe dazu wählen, wäre es reines, sonnengleiches Gold.
Und für den Moment gab es nur sie, nur Antonio und Lovino.
Antonio, Lovino und Der Kuss von Klimt.

~0~

~0~

~♥~

I swear to god.
Ich hab den One Shot im FEBRUAR begonnen und JETZT im NOVEMBER beendet. Normalerweise brauche ich nicht so lange, aber dafür kann man sagen, dass der OS viel miterlebt hat. Ich hab mein letztes Schuljahr beendet, die Matura (= österr. Abi) geschafft und bin nun Geschichtestudentin an einer Uni. Also hat diese Story quasi gefühlt drei kleine Lebensabschnitte durchgemacht, haha. 
Anyway, ich selbst bin unzufrieden mit dem Endergebnis, aber naja, vielleicht gefällt es mir in ein paar Monaten.

Dennoch danke ich allen, die diesen One Shot (oder eher Kurzgeschichte) gelesen haben!
Ich freu mich über jeden Kommentar und jeden Leser!

Schließlich noch ein paar Abschlussworte zu den Sachen, die ich mir hierbei gedacht habe:

Die Überschriften haben alle eine Bedeutung. Der Titel der Fic ist klar, weil "Il bacio di Klimt" basically nur die italienische Übersetzung vom Kunsttitel "Der Kuss von Klimt" bedeutet.

Die Kapitel haben allerdings folgende Bedeutung:
mi alma-meine Seele
mi corazón - mein Herz
solo du - einfach du

Diese Kapitelnamen sollen quasi Antonios Liebe zu Lovino widerspiegeln, weil der kranke Dude sich ja direkt Hals-über-Kopf verliebt hat.

Abschließend muss ich sagen, dass ich die Story hauptsächlich durch einen eigenen Besuch im Belvedere erfunden hab. Leider war damals das Wetter scheiße, weil es Februar war, ups, deshalb ist alles stark romantisiert hier. Ich hätte auch fast vergessen, den OS fertigzuschreiben, bis mir beim U-Bahnfahren dann plötzlich so ein Mädchen entgegengegangen ist, das auch irgendeinen Uni-Pullover von einer Uni aus Rom anhatte und ich war dann so: "Hmmmmmmm, wait, da war ja was." Tja, und jetzt hab ich das Zeug endlich fertig geschrieben, yay!

Hier noch ein AMV, das mich ebenso inspiriert hat!

https://youtu.be/ZPeIMFHfjjM

Danke fürs Lesen!
Over and Out!

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