Meine liebe Lori,

du wirst uns vermutlich finden, du bist immer die erste vor Ort und du bist auch immer vor Ort. Sowieso bist du die Einzige, der mein Fehlen auffallen wird. Du bist die gute Seele, die sich um eine zerschundene, wie mich, überhaupt noch sorgt. Ich hatte dich von Anfang an nicht verdient.

Es tut mir leid.

Gib Jeff nicht die Schuld, du weißt er ist ein guter Mann und er hat mich zu nichts gezwungen, im Gegensatz zu vergangenen Ereignissen. Ich wollte es, wollte es für ihn und aus Neugier.

Ich wollte es versuchen zu leben, Lori.

Aber ich kann es nicht, kann es nicht aushalten. Er wusste von Allem und war absolut verständnisvoll, einfach wunderbar. Lass ihn sein Leben leben, er verdient es, verdient eine Frau, die ihn liebt, nicht diese abgespeckte Form, zu der ich lediglich fähig bin.

Verzeih mir Lori, ich weiß du wirst sauer sein und du hast jedes Recht, aber ich hoffe inständig, dass du irgendwann deinen Frieden mit mir schließt.

Noch eine letzte Sache und dann lasse ich dich in Ruhe, für immer versprochen: kümmere dich um Mina, falls sie es überlebt. Es ist nicht ihre Schuld, was mir passiert ist, war vor ihrer Zeit. Wirf es ihr nicht vor und erziehe sie gut, zu der starken, kreativen, intelligenten und lebensfrohen, jungen Frau, die ich hätte sein sollen.

Ich habe ihr für den Fall auch einen Brief hinterlegt.

Gib ihn ihr, wenn sie bereit ist die Dinge zu verstehen, wenn sie zu sich selbst gefunden hat und genug Selbstwert und Stolz besitzt es zu verarbeiten, damit sie mir auch irgendwann vergeben und mit allem abschließen kann. Gib ihn ihr, wenn du es für richtig ermisst, du kannst das besser einschätzen. Du wirst ihr eine bessere Mutter sein als ich das kann. Bist es vermutlich schon jetzt.

Es tut mir unendlich Leid, Lori, wenn es diesen Himmel gibt und ich es aus unerfindlichen Gründen doch hineinschaffen sollte, sehen wir uns auf der anderen Seite wieder, bis dahin mache mehr aus dem Leben als ich das tue (wenn du das findest, vermutlich tat).

Lebe glücklich. Sei besser als ich.

Du warst wie eine Schwester für mich,

Valerie-Therese Landers

Ab dem Zeitpunkt des Anrufs, dass Mina nicht zur Klassenarbeit erschienen war, wusste Caroline Matthiews, dass es so weit war. Der Zeitpunkt war gekommen, ihr den Brief zu überreichen. Sie war schon lange nicht mehr sauer auf ihre ehemals beste Freundin, welche sie mit Trauer im Herzen, einem Haufen Lügen und einem Kind zurückgelassen hatte. Aber sie bedauerte die Kleine, denn jetzt kam ihre Zeit die Wahrheit zu erfahren und diese war, weiß Gott, nicht angenehm.