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Ich habe selten bei einer Geschichte so herzlich gelacht.
Der geneigte Zahnarzt hätte ebenfalls daran seine Freude gehabt, weil sie 1.) urkomisch geschrieben ist und weil sie 2.) von einem Zahnarztbesuch handelt und er 3.) zwar merken würde, von was die Geschichte handelt, dies vor lauter Grinsen und Schmunzeln aber während des Lesens vergessen dürfte.
Am besten fange ich vorne an. Da ich noch im Dämmerland wandele, brauche ich erst einmal einen Kaffee.
(Fast) Jeder kennt die Situation: Die Beißerchen sind kaputt, schief oder einfach nur schön. Trotzdem sollte ab und zu jeder den Zahnarzt heimsuchen. Die Geschichte beschreibt einen Zahnarztbesuch (und die Heimkehr). Mehr nicht.
Sie tut das aber auf eine Art und Weise, die diesem für viele Menschen wirklich furchtbaren Ereignis (es beruhe übrigens auf einer wahren Geschichte - das glaube ich zu gern) den Schrecken raubt in dem sie es zu einem Höllenritt verfremdet und humoristisch überhöht. Ich sage das bewusst behutsam, weil die Geschichte ganz und gar nicht lächerlich ist oder auf Slapstick-Elemente abzielt.
Sie ist sehr klug konstruiert, sprachlich genau und mit unglaublich viel Wortwitz geschrieben. Allein der Titel ist urkomisch: „Heldengott aus Dämmerland - Einmal Hölle und zurück (ohne Zahnfee)."
Sie zu lesen ist ein Genuss, zumindest wenn man durch das Thema Zahnarztbesuch nicht schon von vornherein abgeschreckt ist, was enorm Schade wäre.
Der kapitelweise Aufbau erinnert an Dantes Inferno. Die Reise des Protagonisten entlang der Ringe als Vorhöfe zur Hölle ist dramaturgisch erprobt und verleiht Spannung. Der Leser ist immer genau im Bilde, was droht und kugelt sich von Etappe zu Etappe. Zahlreiche Anspielungen auf bekannte Topoi der Weltliteratur sowie andere Erzählungen führen dazu, dass der Leser/die Leserin sich heimisch fühlen kann - und schmunzelt ob der verfremdeten Anspielungen, die geschickt verstreut für Spannung sorgen.
Auch wenn das Ende wohl bekannt sein dürfte (entweder der Arzt bohrt oder der Protagonist nimmt vorher Reißaus) ist das überhaupt kein Makel, denn die Leselust entsteht durch die sprachlichen Feinheiten, die abwechslungsreiche Textgestaltung und den Humor, der auch nicht immer gleichförmig bzw. gleichartig bleibt. Vor allem aber knüpft die Geschichte an die Alltagserfahrung so ziemlich aller Menschen (in Industrienationen) an und holt sie ab: jeder kann sich mit dem Thema mehr oder weniger identifizieren.
Sprachlich ist das Alles über jeden Zweifel erhaben (kleinere Flüchtigkeitsfehler inbegriffen). Jedes Wort sitzt, kein Komma ist zuviel, die Satzlängen variieren passend. Der Wortschatz (und das Hintergrundwissen) sind umfangreich und werden stilsicher und dramaturgisch effektvoll eingesetzt.
Hier ein kurzes Zitat, das den Sprachwitz verdeutlichen soll:
„Für den Otto Normalverbraucher sieht das hier aus wie eine handelsübliche Zahnbürste, oder? - Weit gefehlt! Das ist Durendal von Lapidar. Es aus dem Glas zu ziehen, gebührt nur den würdigsten Kriegern. Um die Sammlung an Fläschchen - magischer Zaubertränke. Das hier zum Beispiel, das Elixier der heiligen Listerine, gegen die unheiligen Dämonen zwischendurch. - Tödlicher als Weihwasser. Und der dünne Faden hier, vom Spinnen-Mann höchst persönlich gewebt, nennt sich auch: Geißel des Zwischenraums. - Das multidimensionale Strangulationsmittel für jeden unsichtbaren Geist. [...] Was ich jetzt tue, ist, das Durandal zu salben. Mit den Devotionalien von Aro Nal und El Mex, den Magier-Söhnen von Zahnpa Star! [...] So hört meinen Ruf zu den Waffen, Vasallen aus Ismire-Gal, Kampfleser vom Büch-Erre-Gal, tapfere Ignoratoren aus dem Dunervsto-Tal."
(Ich muss immer noch grinsen, jetzt, da ich es abtippe.)
Die Rechtschreibung ist blendend, ich habe insgesamt drei Schreibfehler gefunden, aber Zahnschmerzen bereitet das punktemäßig nicht wirklich.
Schwachpunkt der Geschichte ist vielleicht, dass die Figurenentwicklung etwas zu kurz kommt, was bei einem Text dieser Gattung nicht verwundern sollte. Allerdings drehen sich viele der Einlassungen um das Thema Angst und Wahrnehmung, insofern ist da schon etwas da, auch wenn uns nur eine Person introspektiv ansichtig wird und dies in dramaturgisch verengter Perspektive (daher auch die Nutzung des Rasters „Innerer Monolog"). Bewerten kann ich daher nur, was vorhanden ist, was in dem Kontext auch zu Punktabzug führt.
Nichtsdestotrotz ist und bleib das eine mehr als lesenswerte, Eindruck hinterlassende und aufheiternde Geschichte, die ich mittlerweile mehrere Male gelesen habe, weil es Spaß macht, nicht weil sie schwer zu bewerten wäre.
Ich ziehe meinen Hut vor dem Autor/der Autorin, beglückwünsche zu dessen Mut, sich dieses Themas anzunehmen und kann jedem nur empfehlen, mal reinzulesen. Es wird sich auf jeden Fall lohnen.
Zahnbürsten an die Macht! :D
Insgesamt 125 von 141 Punkten
Sprache (42 Punkte)
Rechtschreibung
Werden die Regeln der Deutschen Rechtschreibung eingehalten? (20 Punkte) 18
Grammatik
Werden Regelungen zur Grammatik umgesetzt? (0-2 Punkte; 0: bewusste Nutzung findet kaum statt; 1=die Regeln werden überwiegend beachtet; 2=die Regeln werden meistens/immer beachtet) 2
Zeichensetzung
Erfolgt die Nutzung von Satzzeichen regelgemäß? (0-2 Punkte; 0: kaum/selten; 1=die Regeln werden überwiegend beachtet; 2=die Regeln werden meistens/immer beachtet) 2
Nur wenn bei der vorigen Frage mindestens 1 Punkt gegeben wurde: Unterstützt die Satzzeichenwahl die Atmosphäre? (0-2 Punkte; 0=sie tut es kaum; 1=sie tut es öfter;2=sie tut es überwiegend/oft) 2
Wortwahl/Vokabular
Tragen Ausdruck bzw. Wortwahl bzw. Sprachstil zum Verständnis bzw. zur gelungenen Darstellung der Geschichte bei (inklusive der Figuren)? (0-3 Punkte: 0= sie tun das selten bis nie; 1=sie tun das hin und wieder; 2=sie tun das öfter; 3=sie tun das meistens/immer) 3
Merkt man, dass der Verfasser einen für die Geschichte ausreichend/genügend großen Wortschatz besitzt? (0/1) 1
Unterstützt das gezeigte Vokabular die Geschichte? (0-2 Punkte; 0=selten/nie; 1=ab und zu; 2=häufig/immer) 1
Stören Wort- oder Satzwiederholungen den Lesefluss? (0-2 Punkte; 0=häufig; 1=ab und zu; 2=selten/nie) 2
Verwendung von sprachlichen, stilistischen, rhetorischen Mitteln
Entstehen Bilder im Kopf des Lesers? (0-2 Punkte; 0=selten; 1=häufiger; 2=meist) 2
Weiß der Text selbst zu fesseln? (0 oder 3! Punkte) 3
Unterstützen die sprachlichen Mittel die Atmosphäre/die Figurenentwicklung/die Handlung? (3 Punkte; jeweils 1 Punkt) 2
Idee (5 Punkte)
Wie außergewöhnlich und durchdacht ist die Idee? Hier zählt nicht die Umsetzung (5 Punkte) 4
Wissen/Hintergrund/Facettenreichtum (17 Punkte)
Besitzt der Autor das notwendige Basiswissen für seine Geschichte? (0/1 Punkt) 1
Gibt es offensichtliche Verstöße gegen Gesetzmäßigkeiten, gegen die Geschichte oder gegen Vorgänge im Wettbewerbstext selbst, die nicht begründet werden? (3 Punkte; jeweils maximal 1 Punkt) 3
Kann die Faktenbasis die Geschichte tragen? (0-2 Punkte; 0=sie tut das kaum; 1=sie tut das häufig; 2=sie tut das meistens/immer) 2
Werden die passenden Fachbegriffe/wird ein angemessenes Vokabular benutzt? (0-2 Punkte; 0=meist unangemessen;1=öfter angemessen;2=meist angemessen/passend) 2
Wie ausgearbeitet ist die Geschichte? (0-4 Punkte; 0=kaum bis gar nicht ausgearbeitet; 1=mäßig ausgearbeitet; 2=bodenständig ausgearbeitet; 3=detailliert ausgearbeitet; 4=ich will da bleiben!) 3
Für die Entscheidung der Punkthöhe kann der Inhalt des Hintergrundkapitels miteinbezogen werden!
Will man sich mit der Geschichte befassen? (0/1 Punkt) 1
Spürt man, dass der Autor sich mit seiner Geschichte befasst hat? (0/1 Punkt) 1
Hat die Geschichte einen doppelten Boden bzw. lebt sie von einer zweiten Ebene? (0/1 Punkt) 1
Fühlt man sich durch tiefere Bedeutungen bereichert? (0/1 Punkt) 1
Wurden evtl. Symbole passend zur Handlung/zu den Figuren gewählt? (0/1 Punkt) 1
Figurenentwicklung (29 Punkte)
Allgemein
Sind die Figuren schlüssig in ihrem Aufbau? (0-2 Punkte; 0=nie; 1=oft; 2=meistens/immer) 1
Bereichern die Figuren das Geschehen? (0/2) 2
Passen ihre Handlungen zu ihrer Geschichte bzw. zu ihrem Charakter? (0-2 Punkte; 0=nie; 1=oft; 2=meistens/immer) 1 das ist sehr schwer zu beantworten, da über den „Charakter" wenig bekannt ist
Haben die Figuren Wiedererkennungswert? (0-2 Punkte; nie/oft/meistens) 2
Beeindrucken die Figuren auf ihre Weise? (0-2 Punkte; 0=nie; 1=oft; 2=meistens/immer) 2
Werden die Figuren vielfältig charakterisiert? (0-2 Punkte; 0=nie; 1=oft; 2=meistens/immer) 1
Werden alle Figuren (wenn auch nur kurz) charakterisiert? (0/2! ja/nein) 2
Ist der Schreibstil den jeweiligen Figuren angepasst? (0/1) 1
Sind die Charakterisierungen sinnvoll? (0/1) 1
Wirken die Charakterisierungen künstlich oder aufgesetzt? (0/1) 1
Sorgt die Figurenkonstellation für Spannung? (0/1) 0
Unterscheiden sich die Figuren spürbar? (0/1) 0
Der Protagonist
Verfolgt der Protagonist ein eigenes Ziel? (0/1) 1
Ist das Ziel klar und ergibt es sich organisch aus dem Geschehen bzw. dem Charakter? (max. 2 Punkte) 1
Gibt es einen Konflikt/einen Widerstand, der dem Erreichen des Zieles im Wege steht? (0/2) 2
Arbeitet der Protagonist gegen diesen Widerstand und versucht ihn zu überwinden? (0/2) 2
Gelingt ihm das auf glaubhafte (passt es zu seinem Charakter?), realistische (nutzt er nachvollziehbare und plausible Mittel) und dem Verlauf der Geschichte angepasste (ist das Verhalten irgendwie erwartbar/ergibt es sich aus der Handlung) Weise? (max. 3 Punkte, jeweils einen pro Unterpunkt) 2
Innerer Monolog (statt "Dialoge" bzw. "Lyrik"; 7 Punkte)
Passt die Sprache/Wortwahl zur Person, die „spricht"? (0/1) 1
Tragen die Monologe zur Figurenentwicklung bei? (0-2; 0=gar nicht/kaum; 1=ab und zu/öfter; 2=meistens/immer) 1
Werden die Empfindungen, Wahrnehmungen und Gedanken der Figur deutlich? (0-2; 0=gar nicht/kaum; 1=ab und zu/öfter; 2=meistens/immer) 2
Berühren die Monologe? (0/1) 1
Regen die Monologe zum weiterlesen an? (0/1) 1
Emotionalität (9 Punkte)
Berührt die Geschichte? (0/3!) 3
Ist sie nicht nur auf Mitleid aus? (0/1) 1
Sind die Gefühle der Figuren für den Leser nachvollziehbar? (0/1) 1
Werden Gefühle auch gezeigt, statt nur vorgeschrieben? (0-2; 0=meist vorgeschrieben; 1=ab und zu gezeigt; 2=meist gezeigt, lebendig) 2
Werden die Körpersprache oder die Umwelt zur Beschreibung von Gefühlen herangezogen? (0-2 Punkte; 0=weder noch; 1= eines von beidem; 2=beides) 2
Beschreibungen (11 Punkte)
Werden Beschreibungen geschickt eingesetzt? (0-2 Punkte; 0=kaum; 1=häufiger; 2=meistens) 2
Sind die Beschreibungen sinnvoll? (0/1) 1
Sind sie sinnvoll platziert? (0/1) 1
Fördern die Beschreibungen die Figuren- und Handlungsentwicklung? (0-3 Punkte; 0=kaum; 1=ab und zu; 2=häufiger; 3=meist) 2
Werden durch die Beschreibungen alle Sinne des Lesers angesprochen?(0-2 Punkte; 0=ein Sinn; 1=zwei Sinne; 2=drei Sinne und mehr) 2
Sind die Beschreibungen konkret und nicht abstrakt/allgemein (0-2 Punkte; 0=meist abstrakt; 1=hält sich die Waage; 2=meist konkret) 2
Hinweis: Abstrakt nicht im technischen oder "kühlen" Sinne verstanden, sondern als zu allgemein, zu unspezifisch, zu wenig Bildlichkeit vermittelnd.
Spannungsbogen/Dramaturgie (10 Punkte)
Gibt es einen Spannungsbogen? (0/2) 2
Wird die Spannung bewusst aufgebaut? (0/1) 1
Wirkt der Aufbau der Geschichte durchdacht? (0/2 Punkte) 2
Ist die Handlung glaubwürdig? (0-2 Punkte; 0=selten; 1=häufiger; 2=meist) 2
Wirken Punkte lächerlich (0/1)? 1
Reißen bestimmte Momente negativ aus dem Lesefluss? (0/1) 1
Hinweis: falls diese existieren, bitte den Autor in den Kritiken darauf hinweisen, wo und was
Wird die Handlung von den Figuren getragen? (0-2 Punkte; 0=die Figuren sind Spielball des Schicksals; 1=die Figuren haben begrenzten Einfluss auf das Geschehen; 2=die Figuren treiben die Handlung maßgeblich voran) 1
Atmosphäre (10 Punkte)
Wird durch den Schreibstil/die Figuren/die Handlung/die Weltenbeschreibung eine Atmosphäre geschaffen? (4 Punkte, jeweils max. 1 Punkt) 3
Wirkt die Atmosphäre passend? (0/1) 1
Regt die Atmosphäre dazu an, sich in der Geschichte zu verlieren? (0/1) 1
Werden die Erwartungen an die Atmosphäre erfüllt? (0/1) 1
Spiegelt die Atmosphäre das Geschehen wieder? (0/1) 1
Weiß der Autor die Atmosphäre geschickt aufzubauen? (0-2 Punkte; 0=selten; 1=häufiger; 2=meistens/immer) 2
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