Back at home - or should i say Street?
Draußen war es kalt. Kühl, die Luft war frisch. Es war dunkel und die Sterne leuchteten am Himmel. Der Mond schien auf mich herab und ich blickte hinauf. Er war so unendlich weit entfernt - wie der Himmel, indem meine Mutter und Lissy waren. Ich vermisste sie. So sehr. Aber bald würde ich bei ihnen sein - in einem Monat. Dann würde alles anders werden, ich würde sie sehen, konnte endlich leben. Mit meiner Familie. Gemeinsam würden wir dann zu Jack hinunterschauen und stolz auf ihn sein. Ich freute mich darauf. Obwohl es mir auch in der Seele schmerzte, diese Familie verlassen zu müssen. Sie hatte mir doch so viel geholfen, hatte mich aufgebaut, mir gezeigt, wie man lebte. Dass ich von ihnen Abschied nehmen musste, war schwer. Mein Herz zerriss bei dem Gedanken daran, ich schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter und ging einen Schritt weiter. Der Schnee knirschte unter meinen dünnen Schuhsohlen, ich hatte noch die Krankenhausschuhe an. Es waren Pantoffel. Ich erinnerte mich an meinen Tag auf dem Hauptplatz, als die Kälte mich geweckt hatte. Damals waren an meinen Füßen nur alte, zerrissene Pantoffel, die meinen Zehen nicht wirklich nützte. Damals? Warum damals? Es war doch erst eine Woche her! Eine Woche - es fühlte sich wie Jahre an. Kaum zu glauben, aber es war so. Wie immer. Wenn die Zeit schön ist und es einem gut ging. Meine kalten Hände hatte ich in meinen Jackentaschen vergraben und ballte sie immer wieder zur Faust. Viele Fragen und Feststellungen fuhren mir wie Achterbahnen durch den Kopf - ich stöhnte. Warum war das so? Immer mussten mir irgendwelche Gedanken oder Schuldgefühle durch den Schädel gehen - hörte das nicht einmal auf? Ich wollte das doch nicht. Wollte das alles nicht. Wollte nie ein Kind der Straße gewesen sein, nie gerettet, nie geliebt werden. Wollte nie sterben müssen - wollte gar nicht existieren. So war es von Anfang an gewesen. Ganz am Anfang dachte ich schon: Warum kann ich nicht sterben? Es wäre so schön gewesen, so erleichternd. Alle Verantwortung, alle Schuldgefühle würden von mir fallen und ich wäre nie gewesen. Hätte anderen Menschen nie das Gefühl gegeben, Schuld zu sein. Verantwortung für einen kleinen Straßenjungen zu tragen, sie auf die Schulter zu packen - sie hatten doch sowieso schon genung davon mit der ganzen Arbeit und allem. Da mussten sie sich nicht auch noch mit mir belasten. Wieder schweiften meine Gedanken ab - zu den letzten Minuten. War es wirklich noch nie vorgekommen, dass ein siebenjähriger Junge an Krebs erkrankte und starb? Anscheinend. Ich war der Einzelfall. Ein Schluchzen bahnte sich einen Weg hinaus in die rege Abendstimmung der Stadt, ich biss die Zähne zusammen, durfte jetzt nicht schwach werden. Warum ich? Was hatte mein Schicksal gegen mich, dass es mein Leben so zerstörte? Warum? Die Gefühle in meinem Inneren fuhren Acherbahn, explodierten, löschten sich aus. Keins war mehr in meinem Herzen, es war leer. Leer von Liebe, leer von Gefühlen, leer von Träumen. Diese waren eigentlich schon längst verschwunden, ich hatte nie das Recht gehabt, welche zu besitzen. Denn ich war ein Straßenkind. Ein Schwacher. Ein Nichtsnutz. Ein Garnichts. Ich brach lautlos zusammen und fiel auf die glatte, kalte Straße. Der nasse, rutschige Asphalt störte mich nicht. Ich war eine Hülle. Mal wieder. Eine Hülle, die nur für andere funktionierte, nur da war, um anderen zu sagen, dass es mir gut ging. Nur dafür. Mit dem Schmerz in der Brust und der Sehensucht nach meiner Familie senkten sich meine Augenlider, ich sackte in die Tiefe, die mich von Allem erlösen würde.
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