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KAPITEL 5: Einladung

Bucky hatte eigentlich vorgehabt, den nächsten Tag zu Hause zu verbringen und endlich den Krimi zu lesen, den er auch auf Freyas Bücherregal entdeckt hatte. Doch dann tauchte plötzlich Steve auf und bestand darauf, dass er mit ihm auf den Weihnachtsmarkt ging.
           «Weihnachtsmarkt? Nein, danke», hatte er ihn abzuwimmeln versucht. Doch sein bester Freund war entschieden.
          «Keine Widerrede. Du musst unter Menschen kommen. Und wenn ich dich an deinem Arm mitzerren muss, dann sei es so.»
          «Welcher?»
          «Welcher was?»
          «Arm.»
           Steve schmunzelte. «Beide.»
Anfangs war es gar nicht so übel. Steve erzählte von seinem ersten Weihnachtsfest in dieser modernen Welt und benannte jedes kitschige Weihnachtslied, dass durch die Boxen dröhnte. Wham!—Was war denn das bitte für ein Bandname?

           Irgendwann nach dem zweiten Becher Glühwein begann ihm die ganze gekünstelte weihnachtliche Fröhlichkeit dann aber plötzlich auf das Gemüt zu schlagen. Stark genug, um ihn direkt vom Markt- auf den Schießplatz zu schicken, nachdem Steve sich endlich auch auf den Heimweg machte. Auf die Ohrschützer verzichtete er; das Dröhnen des Mündungsfeuers sollte ruhig die Gedanken an all die Kinder, die wegen ihm Weihnachten ohne Eltern feiern mussten, übertönen.

Es war längst dunkel draußen, als er sich endlich auf den Heimweg machte. Die Straßen waren einsam und nass, von Schnee fehlte jede Spur. Seine Schritte hallten auf dem Asphalt wider und jeder dumpfe Aufprall wühlte neue Bilder in seinem Kopf auf. Einbildungen? Halluzinationen? Oder doch Erinnerungen?
          «Alleine zu sein, ist die stillste, persönlichste Hölle.» Musste diese verdammte Therapeutin immer Recht behalten?
           Als er sich schließlich die Treppen zu seiner Wohnung hoch schleppte, war sein Blickfeld von Hunger und Müdigkeit so stark eingeschränkt, dass er beinahe den Besuch auf seiner Türmatte umrannte.
            Freya war kurz davor gewesen ins Bett zu gehen, wenn er die lange in weihnachtlichen Farben karrierte Pyjamahose und das weiße T-Shirt richtig deutete. Anstatt einem Kuscheltier, dass das Bild abgerundet hätte, hielt sie jedoch eine blecherne Keksbox mit Sternen in ihren Händen.
           «Du solltest auch ein paar der Kekse haben», erklärte sie ihren Auftritt und hielt ihm die Box entgegen, bevor sein müder Kopf eine Begrüßung formulieren konnte.
           «Danke.»
           «Ich wollte früher vorbeikommen, aber du warst weg.»
           «Weihnachtsmarkt», erklärte er und bemerkte, dass sie leicht zitterte. Es war nicht gerade warm auf dem Gang und viel trug sie auch nicht am Körper.
           «Ich habe dich nicht wirklich für den Weihnachtsmarkt-Besucher-Typ gehalten.»
           Bucky nahm ihre Bemerkung nur am Rande wahr. Wenn er ehrlich war, wollte er gerade wirklich nicht alleine sein. Und dann stand sie plötzlich hier vor seiner Tür. Schicksal? Oder einfach ein grausamer Scherz?
          «Magst du reinkommen?» Egoistischer alter Sack.
          Freyas Augen weiteten sich und für einen Moment schien alles Leben aus ihrem Gesicht gewichen zu sein. Dennoch hörte er ihre leisen, durch die flauschigen Socken abgedämpften, Schritte auf dem Parkett hinter sich als er die Wohnung betrat. Seine Mutter drehte sich wahrscheinlich gerade im Grab um. Eine junge Frau in seiner Wohnung; um diese gottlose Uhrzeit und dann auch noch im Pyjama! Doch anstelle von Scham machte sich das fremde Gefühl von Erleichterung in ihm breit.
          Bucky streifte seine Schuhe von den Füssen und hängte die Jacke über einen der Stühle am Esstisch. Glücklicherweise hatte er sich bereits heute Morgen für einen Pulli entschieden. So konnte er der armen Frau wenigstens einen Schock ersparen. Um seine beinahe klinisch leere Wohnung zu verstecken, war es jedoch bereits spät. Freya durchkreuzte unbeirrt den Flur in Richtung Wohnzimmer. Bucky schmunzelte leicht, ehe er sich schnell ein Fertiggericht in die Mikrowelle in der Küche packte. Als er zu ihr zurückkehrte, hielt sie sein Buch in den Händen.
            «Ich habe dasselbe! Meine Mutter hatte es mir zum Geburtstag geschenkt. Wie weit bist du schon?»
            «Vorletztes Kapitel. Magst du etwas trinken?»
            Freya nickte abwesend und begann in dem Buch zu stöbern. Als er mit einem Glas Wasser für Sie und seinem Abendessen zurückkehrte, hatte sie es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht.
            «Ich kann nicht glauben, dass du das Buch an dieser Stelle weglegen konntest! Ich war stundenlang gefesselt und—» Ihre Augen lösten sich von den Seiten und fixierten sich direkt auf der dampfenden Schale mit Hühnchen und Reis in seiner Linken. «Du isst das Zeug jetzt nicht wirklich, oder?»
             Bucky zuckte mit den Schultern und setzte sich zu ihr, bedacht darauf etwas Platz zwischen ihnen zu lassen. Den Gefallen konnte er seiner Mutter ja wenigstens noch tun. «Nicht jeder kann so gut Kochen wie du.»
           «Das da ist ein Verbrechen gegen die Menschheit», kommentierte sie. «Dennoch werde ich dir verzeihen, weil du gerade mein Essen gelobt hast. Gute Strategie.»
            Er lächelte leicht und schnitt sich das Hühnchen zurecht. Doch ihr angeekelter Gesichtsausdruck in seinem Augenwinkel machte es schwierig, sich dabei auf das Essen zu konzentrieren. «Was machst du an Weihnachten?», lenkte er die Konversation daher von seinem Essen ab. Es funktionierte auf Anhieb.
            «Nicht viel. Ich kann leider nicht nach Hause fahren, daher werden es wohl bloß Mr. T und ich sein.»
            «Mr. T?»
            «Mein Tannenbaum.»
            «Du hast deinem Tannenbaum einen Namen gegeben?»
            «Es ist schockierend, dass das nicht längst im Trend ist!»
            «Lass mich raten, das T steht für Tanne?»
            «-nbaum. Genau. Siehst du, du hast das Konzept verstanden.»
            Ein ersticktes Lachen lockerte sich aus seinem Hals und vertrieb auch noch das letzte schlechte Gewissen darüber, sie reingelassen zu haben. Er musterte die Rothaarige aus dem Augenwinkel. Der Humor spiegelte sich kaum auf ihren Zügen wider. Egal wie sehr sie scherzte, irgendetwas bedrückte sie. Um das zu erkennen, brauchte er kein Therapeut zu sein.
            «Wieso kannst du nicht nach Hause?»
            «Ich soll einen Artikel über ein Weihnachtsessen schreiben, dass in einem Restaurant hier in New York stattfindet. Sie laden eine ganze Menge Leute, die an Weihnachten alleine sind, zum Essen ein. Alleinstehende, Obdachlose, Waisenkinder und so weiter. Es ist eigentlich eine ganz schöne Idee, aber da es am 25. stattfindet bleibt nicht wirklich Zeit, um nach New Orleans runterzufahren. Naja, wenigstens werde ich meine Familie über Silvester sehen können.» Sie seufzte leise. Das bedrückte sie also.
               Bucky bildete sich ein, sie verstehen zu können. Weihnachten mit der Familie war auch für ihn immer etwas vom Schönsten gewesen. Zumindest solange er noch eine Familie gehabt hatte.
              «James?», stoppte Freya ihn, bevor seine Gedanken abdriften konnten. «Magst du vielleicht mitkommen? Sie haben mir eine Einladung für Zwei geschickt und dann wären wir beide nicht so alleine.»
             «Ich? Magst du nicht lieber eine deiner Freundinnen einladen?»
              Sie zuckte mit den Schultern. «Ich habe nicht wirklich viele Freunde hier, außer dir natürlich.»
              Stillste, persönlichste Hölle.
             «Außerdem müsste ich mir dann keine Sorgen machen, dass dieses Teufelszeug dich am Weihnachtsabend umbringt.»
            Komm schon, Buck! Die Stimmen seiner Therapeutin und seines besten Freundes hallten in seinem Kopf wider. Noch eine schlechte Idee. Und doch nickte er langsam. «Gerne.»

***

Die letzten zwei Tage vor Weihnachten vergingen wie im Flug. Freya machte noch einige Recherchen für den Artikel, um diesen auch möglichst schnell nach dem Essen am 25. fertigzustellen. Er sollte schließlich noch vor Neujahr erscheinen. Und in der wenigen freien Zeit, die ihr daneben blieb, hatte sie sich einen ausgedehnten Shoppingtrip mit Anne eingebrockt. Sie hätte ihr niemals erzählen sollen, dass sie in Begleitung gehen würde.
            «Anne, bitte, ich kann nicht mehr. Das ist bestimmt schon das zwanzigste Kleid, in das du mich reinzwängst.»
           «Nicht ganz. Das hier ist erst Nummer Sechzehn», erwiderte ihre neue Freundin fröhlich und zog den Reißverschluss zu. «Aber keine Sorge, ich suche dir liebend gerne noch vier weitere raus.»
           Nein!
          «Dreh dich um.»
          Freya seufzte und drehte sich zum Spiegel. Nach einer ganzen Reihe von verschiedenen Stoffen und Längen, hatte Anne nun ein bodenlanges Kleid in einem eleganten nachtblau gewählt. Der Stoff fühlte sich glatt und kühl auf ihrer Haut an, doch Freya brauchte nicht in den Spiegel zu schauen, um zu wissen, dass es auch dieses nicht sein würde. Ein Blick nach unten reichte.
        «Der Ausschnitt ist viel zu tief. Sonst denkt er noch, ich will ihn ins Bett kriegen.»
        Anne kicherte. «Wäre das denn so schlimm? Warte, sag mir bloß, dass er hässlich ist.»
       «Nein, überhaupt nicht aber—»
       «Dann gefällt er dir also? Ich wusste es. Aber du hast Recht. Wir wollen ihn ja auch nicht direkt überfordern.» Anne schob den Vorhang zur Seite und trat aus der Kabine heraus und zurück an die Stange mit Abendkleidern. Freya folge ihr zögerlich, doch noch bevor sie zu ihr aufschließen konnte, schüttelte die Fashionbloggerin auch schon bestimmt ihren Kopf.
        «Hier werden wir nicht fündig. Nur zu gut, dass ich noch eine ganze Reihe an ausgezeichneten Läden an der 14th Street kenne, die—»
          Grauen durchfuhr Freya. Sie war noch nie jemand gewesen, der gerne für sich selbst einkaufen ging. Sich stundenlang durch bunte Stoffe, laute Musik und eine Menge Leute zu quälen, war nicht ihr Ding. Anne dagegen, schien richtig aufzugehen. Dennoch, irgendwann musste sie dem Ganzen ein Ende setzen.
       «Einer. Du bekommst noch einen Laden, danach zieh ich einfach eines der Kleider an, die ich schon besitze.»
         Anne seufzte, nickte jedoch. «Okay, dann zurück in die Kabine. Ich weiß auch schon, wo wir hingehen.»
        «Was ist eigentlich mit dir? Hattest du nicht erzählt, dass du über die Festtage endlich die Eltern deines Freunds kennenlernen wirst?», fragte Freya, als sie aus dem Laden zurück in die kühle Stadtluft traten. Seit dem kurzen 'Hallo' zu ihrem Geburtstag hatte sich der Schnee leider nicht mehr blicken lassen und auch die Sonnentage im Dezember konnte Freya an einer Hand abzählen. Grau, grau und nochmal grau war die Devise.
         Anne huschte zu ihr unter den Regenschirm und hakte sich an ihrem Arm ein. «Genau, sie fliegen extra aus Australien her. Und daher habe ich mir—wie jeder vernünftige Mensch—schon vor Wochen ein passendes Outfit ausgesucht.
         «Verrückt trifft es wohl eher.»
         «Vernunft liegt in der Ansicht des Betrachters.» Die Blondine zuckte ihre Schultern und führte sie dann durch die Menschenmenge in die Richtung des nächsten Ladens. Zu Freyas Überraschung handelte es sich dabei jedoch nicht um eine der stylischen Boutiquen, sondern um einen kleinen Vintage-Laden in einer ruhigen Nebenstraße.
           Die Klingel über der Tür kündigte ihr Eintreten an und Anne schob sich mit erwartungsvollem Blick in Freyas Sichtfeld, bevor sie sich überhaupt richtig umsehen konnte. «Und?»
          «Ich— bin positiv überrascht.»
          Anne klatschte erfreut in die Hände. «Dacht ich's mir doch! Was sind die Spielregeln?»
          «Drei Kleider. Wenn du's schon mit Zwei hinkriegst, gebe ich eine heiße Schokolade aus.»

Anne brauchte schließlich nur einen Versuch. Und als Freya ihr Abbild in dem mit reichen Ornamenten verzierten Spiegel entdeckte, vergab sie ihr sofort für die stundenlange Tortur. Das dunkle Bordeaux des bodenlangen Samtkleides im Stil der frühen 40er Jahre harmonierte perfekt mit ihren Locken—etwas, dass nur selten bei roten Kleidungsstücken vorkam. Dieses Kleid war nicht einfach nur wunderschön. Es war ihre Chance, James noch wortkarger zu machen, als er sonst schon immer war. Und diese Gelegenheit konnte sie sich nicht entgehen lassen.
         Dementsprechend groß war auch ihre Vorfreude, als sie am Abend des 25. Dezembers ihre Tasche packte. Notizblock, Schreibzeug, Diktiergerät, Kamera, Ersatzakku, zweite Speicherkarte— alles da. Fehlte also nur noch ihre Begleitung.
        Die Wohnung auf der anderen Seite war am Vortag durchgehend dunkel gewesen und Freya hatte schon befürchtet, dass James sie vergessen hatte. Erst als sie in den späten Morgenstunden des Weihnachtstags doch noch Licht erspähte, entspannte sie sich wieder etwas. Doch mit jedem Schritt, den der Minutenzeiger ihrer Küchenuhr in Richtung 17 Uhr machte, kehrte ein Stückchen der Nervosität zurück. Ihre Klingel schellte noch bevor der Zeiger auf die volle Stunde springen konnte und Freya war dankbar dafür. Länger hätte sie es nicht mehr ausgehalten. Vielleicht hatte Anne Recht. Vielleicht freute sie sich etwas zu sehr auf den Abend, um James weiterhin als 'sehr netten Nachbarn' zu bezeichnen.

***

Egoismus. Wahnsinn. Hunger. Zerstörungswut. Bucky hatte Stunden damit verbracht, herauszufinden welcher Dämon ihn geritten hatte als er Freyas Einladung annahm. Noch am selben Abend, nachdem ihn ein erneuter Albtraum aus dem Schlaf gejagt hatte, war er aus dem Appartement geflüchtet und einfach losgerannt. Zwei sichtlich genervte S.H.I.E.L.D. Agenten sammelten ihn in den späten Morgenstunden irgendwo zwischen New Haven und Warwick ein, weil er ohne Autorisierung den Staat verlassen hatte.
            Fury machte seinem Namen alle Ehre, als er schließlich zurück in New York in seinem Büro saß. Bucky war sich nicht sicher ob er je jemanden nacheinander so viele Fluchwörter hatte benutzen hören.
           «Und da dachten Sie sich einfach so: Was für ein herrlich verpisster Morgen für einen Spaziergang durch zwei US-Staaten?»
           Bucky zuckte nur mit den Schultern. So weit hatte er gar nicht überlegt. «Daran habe ich nicht gedacht.»
          «Nicht daran gedacht?! Mir hängt der Sicherheitsrat im Nacken, die Interne dreht den ganzen Laden auf den Kopf und Sie haben nicht daran gedacht
          «Ich hab' schon gesagt, dass es mir leid tut.»
          «Jetzt habe ich aber genug! Debriefing, sofort. Und es ist mir egal, wenn es bis Neujahr dauert!» Er drückte auf einen Knopf und zwei Minuten später stand eine Frau im Kostüm zusammen mit zwei S.H.I.E.L.D.-Agenten im Raum, um ihn mitzunehmen.
           Ihre Haare waren auch rot. Nicht dasselbe leuchtende Kupfer, sondern verwaschen, schon beinahe blond. Doch der leichte rötliche Unterton war alles, auf das sich Bucky während der Befragung fokussieren konnte. Es war nicht sie—Freya—vor der er weggerannt war. Es war das, was sie bedeutete. Ein Gefühl von Akzeptanz. Kleine Momente, in denen seine Gedanken ruhten. Eine Chance auf Normalität. Alles viel zu wertvoll, um sie zu verlieren. Und dennoch hatte er kaum gezögert, als sie ihn gefragt hatte.
          «Mr. Barnes?»
          Bucky schreckte aus seinen Gedanken hoch und sah die Agentin der internen Ermittlung etwas verwirrt an.
           «Ich benötige eine Liste aller Personen, mit denen Sie vor ihrer letzten Mission Kontakt hatten.»
         «Steve... Rogers, meine ich. Natasha Romanov, Sam Wilson, Direktor Fury.»
         «Nicht hier, privat Mr. Barnes.»
         «Steve Rogers.»
         Die Frau zog ihre Brille von der Nase und seufzte. «Alle bitte.»
        «Steve Rogers. Haben Sie das Briefing nicht gelesen? Ich bin hundert Jahre alt. Meine Freunde und Familie sind längst tot.» Abgesehen von einer Nachbarin, aber deren Namen bekommst du nicht.
         «Was ist mit ihrer Therapeutin? Frau Doktor—» Sie blätterte in der Akte, «Christina Raynor.»
         «Immer montags von Neun bis Zehn.»
         So ging es weiter. Stunde um Stunde, bis sie sich zufrieden gab und ihn frei ließ. Steves Auto stand vor dem Eingang, als er in die Nachtluft heraustrat.
        «Bucky.»
        «Solltest du dich nicht für dein Date fertig machen?»
        «Noch nicht ganz. Das ist erst morgen Abend.»
         Bucky vergrub seine Hände in den Taschen seiner Jacke. «Warte mal, es ist immer noch der 23.?» Das Verhör war anscheinend doch kürzer gewesen, als erwartet.
        Steve sah auf seine Uhr. «Nicht mehr lange. Steig ein, du kommst mit mir.»
        «Wohin gehen wir?»
        «Irgendwohin wo du mir erzählst was zur Hölle los ist mit dir.»
        Noch mehr Fragen, super.
        Aus dem vermeintlichen Verhör wurde dann doch ein Besuch im Pub. Steve hatte den Anstand mit den Fragen zu warten, bis er bei seinem dritten Bier war. Nicht, dass der Alkohol auch nur das geringste bewirkt hätte. Aber man konnte sich den Rausch ja einbilden.
        «Wieso bist du weggerannt?»
        «Ich bin nicht weggerannt. Bloß gerannt.»
        «Und wohin?»
        Er zuckte mit den Schultern. «Wohin führst du Sharon morgen aus?»
        «Du lenkst ab.»
        «Ach komm schon Steve. Muss ich dir ernsthaft eine Liste von all den Dingen aufzählen, von denen ich wegrennen will? Lass mich mal nachdenken. Da war dieser Typ in Peking, 1950. Kabul, 69. Ein Familienvater in—»
        «Wieso bist du nicht zu mir gekommen? Ich hätte—»
        «Überhaupt nichts tun können. Steve, ich bin dir dankbar für alles was du für mich getan hast. Aber es gibt Dinge, mit denen ich alleine klarkommen muss.»
        Er schwieg für einen Moment, nickte dann jedoch. «Was ist mit der Therapeutin?»
       «Hat öfters recht, als mir lieb ist.» Bucky lächelte leicht und auch Steves Mundwinkel zogen sich in die Höhe. Damit war das Thema glücklicherweise vom Tisch.

Es war bereits wieder hell geworden, als sie aus dem Pub kamen.
           «Viel Spaß heute Abend.»
           Steve schmunzelte, legte dann jedoch eine Hand auf Buckys Unterarm. «Bist du sicher, dass du alleine klarkommst? Ich könnte Sharon fragen—»
          «Definitiv nicht. Ich lasse dich nicht dein Date ruinieren wegen mir. Ich komme klar Steve, versprochen.»
          «Okay, aber lass mich dich wenigstens nach Hause fahren.»
          Bucky wusste, dass er dieses Angebot nicht ausschlagen konnte. Ansonsten würde Steve noch sein Date verhauen, weil er sich um ihn sorgte, anstatt seine Begleitung zu unterhalten. So folgte er ihm durch die morgendliche Menschenmenge zurück zum Auto.
          Ein junger Mann, dick eingepackt in Winterjacke, Schal und Mütze kam ihnen entgegen, an der linken Hand ein Kind und auf der rechten Schulter ein Tannenbaum. Beide hatten ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen. Die Szene erinnerte ihn an sein Zusammentreffen mit Freya und die Einladung, von der er weggelaufen war.
          «Wie lange hast du gebraucht, um den Mut zu finden, dich wieder auf das Ganze einzulassen?»
          «Weihnachten?»
          «Nein, Dating. Feiern, ausgehen, tanzen—all die Dinge, die vor dem Krieg normal waren.»
          Steve zog eine Augenbraue hoch und warf ihm einen Seitenblick zu. «Sag bloß, du hast vor unter Menschen zu gehen.»
         Er zuckte mit den Schultern. «War nur neugierig.»
        «Eine ganze Weile... Ich glaube ich hab' dir das noch nicht erzählt: Peggy war noch am Leben, als ich aus dem Eis gekommen bin.»
          Bucky sah zu seinem Freund hinüber. Ihm war in der kurzen Zeit, in der er Peggy Carter gekannt hatte, nicht entgangen, wie viel sie Steve bedeutete. «Hast du sie getroffen?»
          Steve nickte, doch sein Blick war weit weg. Auch seine Schritte verlangsamten sich, bis er schließlich stehen blieb. «Die Welt hat sich verändert und keiner von uns kann wieder zurück. Wir können nur unser Bestes geben. Und manchmal ist das Beste was wir tun können, neu anzufangen», sagte er und Bucky ahnte, dass dies nicht seine eigenen Worte waren. Sie widerhallten in seinem Kopf.
          Bucky legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter und drückte diese leicht. Er war lange genug auf der Flucht gewesen. Vor Hydra, S.H.I.E.L.D., sich selbst, seinen Albträumen. Vielleicht war es an der Zeit für einmal auf etwas zu zu rennen. Ein kleines Risiko, vielleicht sogar einen kleinen Neuanfang zu riskieren.
          «Es mag nicht mehr 1940 sein, aber wir haben noch ein paar Jahre übrig. Und ich bin einfach dankbar, dich dafür wieder an meiner Seite zu haben.» Steve lächelte sanft und legte seine Hand über Buckys.
         «Das Date heute Abend bekommst du trotzdem ohne mich hin», kommentierte er und nickte mit einem Augenzwinkern in die Richtung des Parkplatzes. Steve setzte sich wieder in Bewegung, doch Bucky zögerte.
          «Kommst du?» Steve stand zwei Schritte von ihm und musterte ihn mit verwirrtem Gesichtsausdruck.
         «Nein, mir— Ich muss noch ein paar Dinge besorgen. Fahr du nur, ich geh zu Fuß zurück.» Er drehte sich ab und schlug mit schnellem Schritt den Weg in die Innenstadt ein, bevor Steve ihn aufhalten oder sein Mut ihn verlassen konnte.
         «Was? Was brauchst du denn—?», hörte er den Captain noch von weitem rufen. Einen Anzug, für den Anfang.

Ganz so sicher wie in dem Moment, in dem er seinen besten Freund hatte stehen lassen, war Bucky sich längst nicht mehr als er am Weihnachtstag in den dunkelblauen Anzug schlüpfte. Die Verkäuferin hatte ihn zuerst in ein schwarzes Exemplar stecken wollen, doch Bucky hatte sich dagegen gestellt. Schwarz war die Farbe des Winter Soldiers. Und diesen wollte er an dem Abend so weit weg von sich haben, wie möglich. Das Nachtblau dagegen erinnerte ihn an seine Missionsjacke des Howling Commandos, die seit Jahren im Smithsonian verstaubte.
             Er hatte sich bemüht, den Bildern, die in den Medien zirkulierten, möglichst wenig zu ähneln. Doch mehr als die Haare zurückgelen, sich glatt rasieren und eine Brille aufzusetzen konnte er nicht tun. Baseballkappe und Sonnenbrille würden an einem Event wie diesem nur Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Lederhandschuhe alleine würden wahrscheinlich schon auffallen, doch das würde er riskieren müssen.
             Kurz vor siebzehn Uhr musste er sich dann mit dem ungewohnten Spiegelbild zufriedengeben. Zwei Minuten später drückte er die Klingel unter Freyas Namen und hoffte, dass sie nicht bemerken würde, wie wild sein Herz schlug.

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