Kapitel 4: Weihnachten
Freya hatte in der Zeit, in der James in seiner Wohnung gewesen war, Weihnachtsmusik aufgelegt und ihre Haare zu einem Dutt aufgesteckt. Ausserdem hatte sie begonnen den ersten Teig zusammen zu fügen. Pfefferkuchenmänner sollten die ersten Kekse sein. Sie war so in ihr Werk versunken, dass sie überhaupt nicht hörte, wie der Dunkelhaarige zurück kam. Deshalb zuckte sie zusammen als er plötzlich neben ihr stand. "Oh gott, du schleichtst dich auch immer an", stiess sie zwischen den Zähnen hervor und liess vor Schreck die Schüssel fallen. Zum Glück reagierte James unglaublich schnell und rettete diese vor ihrem Tod auf dem Fliesenboden. Er stellte sie wieder zurück auf den Tresen und erneut zierte ein leichtes Lächeln seine Züge: "Entschuldige". Inzwischen hatte sich auch Freya wieder gefasst und tat das ganze als halb so wild ab: "Schon gut. Ich mache gerade den ersten Teig. Könntest du den Esstisch abwischen und etwas Mehl darauf verteilen. Die Förmchen sollten da in der Tasche sein." Dabei nickte sie mit dem Kopf zu der Tasche, die noch auf dem Boden stand. James ging sofort an die Arbeit und wenige Minuten später war auch der Teig fertig. Freya brachte ihn zum Esstisch ins Wohnzimmer, wo ihr dunkelhaariger Gast gerade vor dem Bücherregal stand. "Liest du viel?", fragte sie ihn während sie den Teig in zwei Stücke teilte und ihren Teil schon auszuwallen begann. "Ja, ziemlich", erwiderte James und trat nun zu ihr an den Tisch. Sie reichte ihm das Nudelholz als ihr auffiel, dass der Dunkelhaarige immer noch einen Handschuh trug. Wow, er musste diesen ja wirklich sehr mögen. "Ich denke das geht aber besser ohne den da, wäre doch schade wenn der dreckig würde", gab sie zu bedenken und deutete auf seine Hand. Für einen Moment hatte sie das Gefühl dass ihr gegenüber erstarrte. Als die Rothaarige aufblickte, wurde sie direkt von dessen Blicken durchbohrt. In ihrem Magen bildete sich ein mulmiges Gefühl, hatte sie etwas Falsches gesagt? Dann aber wurde der Blick ihres Gegenübers weicher und er konzentrierte sich darauf seinen Handschuh auszuziehen und in die Hosentasche zu stecken. Was darunter hervorkam, hätte Freya niemals erwartet: James linke Hand war vollständig aus Metall.
Die Rothaarige konnte es sich nicht verkneifen für einen Moment zu starren, auch wenn sie insgeheim wusste, dass das ihrem Gegenüber bestimmt unangenehm war. Ausserdem war es unhöflich. "Ich wusste gar nicht, dass du eine Prothese hast", brachte sie dann schliesslich heraus und blickte wieder in James Gesicht. Dessen Ausdruck machte es eindeutig, dass er nicht darüber reden wollte und so unterliess sie es, nach der Ursache zu fragen. Auch wenn es sie extrem wunder nahm. Stattdessen atmete sie einmal tief durch und bot ihm an: "Wenn du einen Gummihandschuh brauchst, damit sie nicht kaputt geht, so was hab ich da." Ihr Blick glitt immer wieder zu dem glänzenden Stück Metall, welches unter James Ärmel hervor schaute. Es war ihr noch nie aufgefallen, dass der Dunkelhaarige in irgendwelcher Weise eingeschränkt war. Was auch immer das für eine Prothese war, sie muste unglaublich fortschrittlich und teuer sein. "Nicht nötig, ist robust. Wenn ich jetzt bitte das Nudelholz haben dürfte", holte ihr Nachbar sie aus ihren Gedanken und Freya sah etwas verwirrt auf das Stück Holz, welches immer noch in ihrer Hand lag. "Ah ja, natürlich", lächelte sie dann und reichte es ihm. Das Thema war damit auch vom Tisch und spätestens als Freya ihre ersten Pfeffermänner in den Ofen gesteckt hatte, waren ihre Gedanken wieder vollkommen sortiert. Sie backten an diesem Nachmittag noch zwei weitere Arten von Keksen, welche alle verziert werden sollten.
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So war es draussen schon lange dunkel als sie immer noch am Verzieren der Pfefferkuchenmänner sassen. Freya hatte Bucky von ihrer Arbeit erzählt, von ihrem ersten Artikel und von ihrer Heimat New Orleans. Er hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört, Fragen gestellt, aber nicht wirklich selber von sich gesprochen. Es war ihm ganz recht, dass die Rothaarige so viel zu erzählen wusste. So musste er keine Geschichte über sein Leben erfinden und sie anlügen. Denn bereit ihr zu sagen, wer er wirklich war, war er nicht. Er genoss es, dass sie ihn wie den normalen Nachbarn von nebenan behandelte. Und das sollte so bleiben. "Weisst du was, mach einfach hier weiter. Ich hab Gumbo mit Hühnchen vorbereitet, muss es nur noch fertig kochen. Ich hoffe du magst das", sagte sie dann plötzlich nachdem ihr Bauch geknurrt hatte und riss den Dunkelhaarigen damit aus seinen Gedanken. "Gumbo kenn ich nicht, aber ich bin offen für Neues", erklärte er und legte den Pfeffermann, den er gerade in der Hand hielt zurück auf das Blech. "Dann wird es aber Zeit!", kommentierte sie nur und verschwand in der Küche. Wirbelwind, das war wirklich ein passender Spitzname für Freya. Sie war extrem begeisterungsfähig und spontan. Und schnell in ihren Entscheidungen. Mit einem Lächeln auf den Lippen verzierte der Soldat auch noch die letzten fünf Pfeffermänner. Dass ihm das solchen Spass bereiten würde, hätte er nicht gedacht. Als sie alle mit buntem Zuckerguss verziert nebeneinander auf dem Blech lagen, erhob Bucky sich und streckte sich einmal. Langes Sitzen war er sich einfach nicht gewohnt. Sein Blick streifte durchs Wohnzimmer. Die beachtliche Büchersammlung hatte er bereits vorher schon bestaunt. Darin standen auch einige Exemplare, die er selbst auch schon gelesen hatte. Dieses Mal glitt sein Blick jedoch zu etwas anderem. Auf dem Schreibtisch daneben stand eine Underwood-Schreibmaschiene. Solche kannte er von seinen Jugendjahren nur zu gut. Ein nostalgische Gefühle beschlichen den Dunkelhaarigen und er durchquerte das Zimmer um sie sich näher anzusehen. Da fiel ihm der Bündel an Blättern auf, der daneben lag. Viele der Seiten waren verkritzelt, mit Notizen darauf. Es dauerte ein paar Minuten bis Bucky verstand, was er da in der Hand hielt: Es sah ganz nach einem Gerüst für eine Geschichte aus. Einen Krimi.
"Du hast meine Geschichte gefunden", hörte er Freya sagen und sah auf. Die Rothaarige hatte gerade zwei Töpfe auf den Tisch gestellt und kam nun zu ihm rüber, die Hände trocknete sie sich dabei an der Schürze ab. "Ich versuche schon seit Jahren die Geschichte auf Papier zu bringen, aber irgendwie klappt es nie richtig. Ich bin mit dem Protagonisten einfach nie zufrieden", erklärte sie seufzend und sah auf die Blätter in seiner Hand. "Wieso denn nicht?", fragte er und legte das Bündel Papier wieder auf den Schreibtisch. Dann folgte er seiner Gastgeberin zu Tisch und liess sich Reis und etwas von dem typischen Eintopf aus New Orleans schöpfen. "Ich weiss auch nicht. Es fühlt sich nicht richtig an. Hört sich bestimmt komisch an, aber ich finde ihn nicht echt genug, wenn du weisst was ich meine", erklärte Freya ihm ihr Problem mit dem Protagonisten und Bucky nickte leicht. Er war sich nicht sicher, ob er schon alles verstanden hatte. Aber das war kein Problem, denn die Rothaarige fuhr auch sogleich mit ihren Ausführungen fort. Während Bucky das erste mal in seinem Leben Gumbo ass, erzählte Freya ihm, dass sie von den Aufzeichnungen ihres Grossvaters zu dieser Geschichte inspiriert worden war: "Mein Grossvater war in den 50er und 60er Jahren in New Orleans Polizist. Angefangen hat er bei der Mordkommission aber nach dem Krieg hat er sich komplett der Jagd von Kriegsverbrechern gewidmet. Und er hat all seine Fälle in Tagebüchern aufgezeichnet. Als meine Oma dann vor zwei Jahren starb, haben wir den Dachboden ausgeräumt und die Bücher gefunden. Und seither will ich irgendwie diese Geschichte erzählen, aber ich finde einfach keinen geeigneten Protagonisten für das Buch. Mein Grossvater, in der Form wie ich ihn kannte, eignet sich da nicht. Da war er bereits alt und nicht mehr wirklich fit. Und wenn ich einen jüngeren Erzähler zu schreiben beginne, fühlt es sich zu plastisch an." Der Dunkelhaarige hatte die ganze Zeit dagesessen und still seinen Eintopf gegessen während Freya erzählte. Kriegsverbrecher, zu der Sorte sollte er auch zählen, auch wenn Steve das nicht wahrhaben wollte. Diese Konversation hatten sie schon mehrmals geführt und Bucky war ihrer irgendwann leid geworden. Steves Antwort war jedes Mal "Das warst nicht du." Und obwohl der Blonde damit nicht unrecht hatte, verstand er einfach nicht, dass es schlussendlich doch er gewesen war. Er, James Bucky Buchanan Barnes. Er, der Winter Soldier. Es waren seine Hände gewesen, seine Augen, seine Körper, auch wenn er keine Kontrolle darüber hatte. Und das konnte niemand verleugnen.
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"Ich langweile dich, entschuldige", sagte Freya als sie Bemerkte, dass ihr Gast bei ihren Erzählungen abgeschweift war und geistig irgendwo ganz anders steckte. Das verriet auch seine Reaktion, denn er blinzelte zweimal und sah sie etwas irritiert an. "Nein, tut mir leid. Ich bin abgedriftet", versicherte ihr der Dunkelhaarige jedoch und sie lächelte wieder ein wenig. "Schmeckt dir der Gumbo?", fragte sie dann. Persönlich liebte sie dieses Gericht aus ihrer Heimatstadt, es wärmte unglaublich gut in solchen Wintertagen und war aber auch im Sommer einer ihrer Favoriten. "Ja, ist ungewohnt aber sehr lecker", antwortete James, der in diesem Moment auch schon seinen Teller aushatte und sich mit ihrer Erlaubnis noch etwas mehr nahm. Dieser Typ war ja schliesslich ziemlich gross, da musste er auch genug essen. "Aber ich verstehe immer noch nicht, wieso dein Protagonist zu plastisch sein sollte. Das was ich da drüben gesehen hab war gut", kam nun ihr Nachbar auf das Thema zurück und Freya lächelte. "Gut, aber nicht gut genug", kommentierte sie diese Aussage. Sie war sich bewusst, dass das ein Kompliment war, aber wenn es um ihre Artikel und gerade um dieses Buch ging, dass ihr so am Herzen lag, war sie sehr streng mit sich selber. "Ich glaube mein Probem ist, dass er zu heroisch ist. Ich denke an meinen Grossvater, den ich über alles geliebt habe, und verherrliche ihn beinahe. Und seien wir ehrlich: es existiert kein Mensch auf dieser Welt, der komplett Held ist. Niemand ist immer gutmütig, tut immer das richtige und steht immer für seine Meinung ein. Jeder Mensch hat eine unschöne Seite. Und genau an dieser Scheitere ich. Der Charakter ist eindimensional, uninteressant und langweilig", erklärte sie und liess ihrem ganzen Frust freien Lauf. Es tat gut endlich mal darüber zu sprechen, denn mit sich selbst hatte sie dieses Gespräch in den vergangenen Monaten bestimmt hundert Mal geführt.
Freya sah zu ihrem Gast hinüber, dessen eisblaue Augen nun auf ihr ruhten. "Okey, so verstehe ich es. Ich kann dir da leider auch nicht weiter helfen. Obwohl ich gerne lese, wäre ich nie auf die Idee gekommen selbst etwas zu schreiben. Das kann ich einfach nicht", gab dieser nun zu und Freya musste darüber lächeln. "Trotzdem, danke fürs Zuhören", sie sah von ihrem leeren Teller zu dem von James und dann wieder hoch in seine Augen. Anfangs hatte sie seine Blicke als unangenehm empfunden. Diese kalten Augen konnten sie durchbohren wie eine Pistolenkugel. Aber inzwischen fürchtete sie sich nicht mehr davon. Im Gegenteil, seine Augen waren interessant, sie waren schön. Ihr wurde erst in diesem Moment bewusst, dass sie gestarrt hatte. Wie peinlich. James schien es bemerkt zu haben, denn auf seinem Gesicht lag ein belustigter Ausdruck. "Ich denke ich sollte dann langsam wieder gehen. Danke für alles", meinte er dann und erhob sich. Auch Freya bemühte sich möglichst schnell auf die Beine zu kommen und nickte ihm zu. "Schönen Abend noch", wünschte sie und blieb eine Weile an der Tür stehen, selbst als James schon um die Ecke verschwunden war. Wenn man ihn kennen lernt, ist er gar nicht so übel, ging es ihr durch den Kopf als sie die Küche erledigte und die Kekse in Büchsen verstaute.
Als Freya am nächsten Morgen ihre Beine aus dem Bett schwang und sich ins Wohnzimmer begab, war die Wohnung auf der anderen Seite dunkel und leer. Ihr Nachbar war wirklich nicht oft zu Hause. Sie selbst nutzte den Tag um das letzte Weihnachtsshopping zu erledigen. Da sie ja über die Festtage nicht nach Hause konnte, würde sie wenigstens Silvester im Süden verbringen und die Geschenke dann mitbringen. In einem Bücherladen wählte sie noch ein Buch für ihre Mutter und kaufte dann noch etwas Schmuck für ihren kleinen Weihnachtsbaum. Nachmittags schmückte sie diesen dann auch, mit ein paar roten Kugeln und einigen der Kekse, die sie gebacken hatte. Sie hängte gerade einen der Pfeffermänne die James verziert hatte an die Tanne auf ihrem Couchtisch als ihr einfiel, dass dieser ja gar keine Kekse mitgenommen hatte. Ein Blick über den Innenhof sagte ihr allerdings, dass dieser so oder so nicht zu Hause war. Erst als sie sich gerade ins Bett legen wollte, sah sie auf der anderen Seite des Hauses ein Licht brennen.
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Bucky hatte den nächsten Tag wie immer mit einer Runde laufen begonnen. Und obwohl keine Mission anstand, traf er sich danach mit Steve im Hauptquartier um ein wenig zu Trainieren. Nach einem gemeinsamen Mittagessen hatte Steve sich mit Sharon zum Weihnachtsbummel verabschiedet und dieses Mal bestand er darauf, dass er mitgehen würde. Bucky war von der Idee nicht wirklich begeistert gewesen, aber er wollte nicht vor Steves Freundin mit ihm zu Streiten beginnen. Früher hatte sich der kleine blonde Steve es immer sehr schwer getan mit den Frauen, deshalb gönnte er seinem Freund Sharon jetzt umso mehr. So kam es, dass der Dunkelhaarige den Nachmittag über den Weihnachtsmarkt schlenderte, wenn auch nicht wirklich voller Begeisterung. Aus irgendeinem Grund wühlten der weihnachtliche Frohsinn und die vermeintliche Fröhlichkeit ihn auf. Deshalb verabschiedete er sich auch schliesslich von den zwei Turtelnden und verzog sich auf den Schiessplatz um seinem Kopf etwas Luft zu verschaffen. Als er dann schliesslich in seine Wohnung zurückkehrte war es schon lange dunkel und der Schnee fiel erneut. Müde schob sich der Soldat sein Essen in die Mikrowelle und liess sich damit aufs Sofa fallen. Jedoch kam er nicht dazu überhaupt einen Bissen zu Essen, da klingelte es schon an der Tür. Inzwischen hatte sich Bucky daran gewohnt, dass das wohl nur Freya sein konnte und schlüpfte schon einmal vorsichtshalber in seine Jacke. Dann öffnete er die Tür und sah sich der Rothaarigen gegenüber. Sie sah müde aus aber strahlte die vertraute Fröhlichkeit und Wärme aus. Sie war wohl kurz vor dem ins Bett gehen gewesen, denn sie trug lange karierte Trainingshosen und ein weisses T-Shirt durch das der Dunkelhaarige erkennen konnte, dass sie keinen BH mehr trug. In ihren Händen hielt sie eine Blächerne Box mit Sternen darauf.
"Guten Abend", wünschte er ihr und konnte sich ein leichtes Lächeln über die Aufmachung nicht verkneifen. Freya lächelte ebenfalls und streckte ihm die Box entgegen. "Du sollst auch ein paar der Kekse haben, schliesslich hast du auch mitgeholfen", erklärte sie ihren Auftritt und Bucky nahm sie entgegen. "Danke", erwiderte der Soldat darauf und wog das Metall in der Hand. "Du feierst Weihnachten alleine oder?", fragte sie dann plötzlich aus heiterem Himmel und Bucky nickte langsam. "Mein bester Freund hatte mich zwar eingeladen mit seiner Freundin und ihm zu feiern, aber die traute Zweisamkeit wollte ich nicht stören", erklärte er und realisierte, dass die Rothaarige leicht zitterte. Sie hatte nicht gerade viel an und auf dem Gang war es doch etwas kühl. Ihre Bemerkung vorher hatte es klar gemacht, dass sie nicht gerade wieder gehen wollte. "Komm rein", meinte er dann nach kurzem Überlegen und öffnete die Tür so weit, dass sie hineinschlüpfen konnte. Und so stand Freya dann auch das erste Mal in seiner Wohnung. "Oh ich halte dich vom Essen ab, tut mir ... Du isst das Zeug doch nicht wirklich oder? Das da", sie hielt sein Abendessen mit spitzen Fingern hoch, als ob es giftig wäre, "ist ein Verbrechen gegen die Menschheit!" Bucky musste schmunzeln und nahm ihr sein Essen weg. "Es kann nicht jeder so gut kochen wie du Freya", rechtfertigte er sich dann und setzte sich mitsamt Essen auf das Sofa. Die Rothaarige sah ihn immer noch etwas empört an, setzte sich dann aber zu ihm. "Was machst du an Weihnachten?", fragte er sie um die Konversation von seinem Essen abzulenken. Während sie ihm nun erzählte, dass sie wohl auch alleine feiern würde da sie nicht nach Hause konnte, verputzte Bucky in ziemlich kurzer Zeit sein Essen. "Wieso kannst du nicht nach Hause?", hakte er dann nach und stellte den Teller weg.
"Ich soll einen Artikel über ein Weihnachtsessen schreiben, dass hier in einem Restaurant stattfindet. Sie laden alle, die an Weihnachten alleine sind, zum Essen ein, sprich Alleinstehende, Obdachlose, Veteranen, Waisenkinder und so weiter. Finde ich ja an sich eine sehr schöne Idee aber das bedeutet halt eben, dass ich nicht nach Hause fahren kann", erklärte Freya ihm und der Dunkelhaarige nickte. Klang wirklich nach einer schönen Idee aber er konnte auch verstehen, dass die Rothaarige lieber mit ihrer Familie gefeiert hätte. So weit er sich erinnern konnte, war Weihnachten mit der Familie für ihn auch immer etwas vom Schönsten gewesen. Solange er noch eine Familie gehabt hatte. "James?", holte Freya ihn wieder aus seinen Gedanken und er sah auf, "Ich hab eigentlich eine Einladung für zwei Personen zu dem Essen. Möchtest du mitkommen? Schliesslich wärst du sonst ja alleine." Buckys Augen wurden gross. War das eine gute Idee? Definitiv nicht. Würde er gerne mit der Rothaarigen dort hin gehen? Ja, eigentlich schon. Aber was, wenn ihn jemand erkannte. Ein dummer Einwand, schliesslich hatte er jahrelange Ausbildung in Undercover-Arbeit. "Komm schon Buck", hörte er Steve in seinem Kopf und nickte langsam: "Gerne."
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Der 23. und 24. Dezember verging wie im Flug. Freya musste noch einige Recherchen für ihren Artikel anstellen, denn sie wollte diesen nach dem Essen am 25. so schnell wie möglich fertig stellen, damit sie ihn auch pünktlich einreichen konnte. Er sollte noch vor Silvester erscheinen. Ausserdem schleppte Anne sie von einem Kleiderladen zum Nächsten, als sie dieser gestanden hatte, dass sie eine Begleitung für den Abend des Weihnachtsessens hatte. Schliesslich fand sie ein dunkelrotes knöchellanges Kleid im Stil der 30er Jahre, dass ihr sehr gut gefiel und gut mit ihren rotblonden Locken harmonierte. Am Abend des 24. wollte sie James noch einen Besuch abstatten um die Uhrzeit für den nächsten Tag auszumachen und eventuell noch jemanden zu finden, der mit ihr einen Weihnachtsfilm anschauen würde. Doch die Wohnung auf der anderen Seite war den ganzen Tag dunkel. So kam es, dass sie ihm einfach einen Zettel an die Tür klebte: "Hol mich morgen 17:00 Uhr ab."
Am andern Morgen sass Freya gerade bei Keksen, Tee und Lebkuchen am Frühstückstisch und blätterte in einem Buch mit einer Weihnachtsgeschichte als sie auf der anderen Seite des Innenhofes ein Licht angehen sah. Auch wenn sie es nie zugeben würde, die Rothaarige war erleichtert. Sie hatte schon Angst gehabt, dass James sie hängen lassen würde. Gut gelaunt über diese Entwicklung gönnte sie sich nach dem Frühstück ein ausgiebiges Bad und skypte nach dem Mittagessen mit ihrer Familie, die alle bei ihrer Mutter zu Hause zusammen gekommen waren. Obwohl das Gespräch sehr schön war, löste es bei Freya doch auch etwas Heimweh aus. Zu gerne wäre sie jetzt im Kreise der Familie gewesen. Aber die Tatsache, dass sie doch nicht ganz alleine an dieses Abendessen gehen musste, besserte ihre Aussichten für den Abend enorm. Um 15:30 Uhr machte sie sich dann langsam daran ihre Haare zu bändigen. Das war ein ganz schönes Unterfangen und dauerte beinahe eine Stunde. Dann hatte sie die Locken zusammengerafft und locker hochgesteckt. Sie schminkte sich leicht und schlüpfte dann in das gekaufte Kleid und ihre schwarzen Schuhe mit etwas Absatz. So würde sie sich nicht so klein neben James fühlen. Schlussendlich begann sie ihre Tasche zu packen; Notizblock, Schreibzeug, Diktiergerät und die Kamera. Sie kontrollierte nochmal ob der Akku komplett voll war und ob genügend freier Speicherplatz auf der SD-Karte war. Obwohl sie sich Zeit gelassen hatte, war Freya etwas zu früh fertig mit den Vorbereitungen, weshalb sie sich mit einem Buch auf die Couch setzte. Lange musste sie allerdings nicht warten, da klingelte es auch schon an der Tür.
Freya erhob sich, strich ihr Kleid glatt und öffnete die Tür. James stand vor ihr und sah verdammt gut aus. Seine Haare waren nach hinten gegelt und sie glaubte unter dem Wintermantel und dem Schal ein Hemd und einen Anzu zu erkennen. Seine Hände steckten in schwarzen Lederhandschuhen, doch was am auffälligsten war, war die Brille die er trug. Sie hatte ihn noch nie damit gesehen, aber sie stand ihm. "Guten Abend", begrüsste er sie und Freya lächelte. "Dir auch, du siehst super aus. Ich wusste gar nicht, dass du eine Brille trägst", sagte sie während sie ihren Mantel anzog und die Tasche nahm. "Danke. Ich hatte heute Probleme mit meinen Linsen", erklärte ihre Begleitung die Brille und die Rothaarige nickte. Das machte Sinn. Gemeinsam verliessen sie das Wohngebäude. Das Restaurant war etwa 20 Minuten zu Fuss von ihrem Wohnhaus entfernt, weshalb Freya auch vorschlug, dass sie dahin spazieren würden. James hatte dagegen nichts einzuwenden und bot ihr galant seinen Arm an. Da musste sie nicht lange überlegen ehe sie einhängte und mit dem Dunkelhaarigen durch das verschneite New York schlenderte. Schliesslich kamen sie im Restaurant an und ihre Plätze zugeteilt. Freya war ganz begeistert von der Atmosphäre. Alles war Weihnachtlich dekoriert und verschiedenste Menschen tummelten sich an den Tischen. "Ich muss schnell mit dem Veranstalter sprechen. Würdest du mir einen Fruchtpunsch besorgen?", bat sie ihre Begleitung und James nickte. Er hatte seinen Mantel abgelegt aber seine Handschuhe anbehalten. Freya konnte das gut verstehen. Sie machte sich also auf die Suche nach dem Veranstalter und führte ein kleines Interview mit ihm über dessen Hintergrund, Motivation und die Geschichte dieses Anlasses. Dann machte sie ein paar erste Fotos. Weitere folgten während dem Abendessen.
Freya hatte eine tolle Zeit. Sie unterhielt sich mit der verwitweten älteren Frau zu ihrer Rechten und mit dem Veteranen an ihrem Tisch, der ihnen von seinen Enkelkindern erzählte. Auch James zu ihrer Linken schien sich gut zu unterhalten. Auf jeden Fall hatte die Rothaarige ihn noch nie so viel Lächeln sehen. Er schien sich wohl zu fühlen und das machte sie wiederum glücklich. Freya schoss noch ein paar Fotos, von dem ausgezeichneten Essen, den Gästen und der gesamten Atmosphäre. Es war schon weit nach zwölf Uhr, als sie schliesslich das Restaurant verliessen.
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