04 Wahrheit
Guten Abend!
Ich bin grade ziemlich glücklich darüber, endlich mit diesem Kapitel fertig zu sein. Schreibblockade sei Dank habe ich umso länger gebraucht. Aber da diese vorbei ist und ich derzeit vor Ideen platze, könnt ihr damit rechnen, dass jetzt häufiger was kommt. Versprechen möchte ich aber nichts!
Ach ja und denkt dran, dass ich unsere Jungs um 20 Jahre verjüngert habe. Nicht, dass ihr im Laufe verwirrt seid.
Have fun beim Lesen!
Kapitelname: Wahrheit
Wörterzahl: 3066
Vorkommende Personen: Richard Kruspe, Paul Landers, Till Lindemann, Flake Lorenz, Christoph Schneider, Oliver Riedel, Jukka Nevalainen, Tobias Sammet
Sicht: Richard
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Die Tage und Wochen seit meiner Wiederkehr vergehen wie im Flug, ich habe kaum Zeit für meine Freaks, weil im Moment so viel zu tun ist. Ich komme nicht mal wirklich mit Mister X zum Zuge, weil als Richard derartig viel erledigt werden muss und es zu anstrengend ist, sich ständig umzuziehen. Also häuft sich meine Liste für Mister X und die Leute können ein paar Tage länger leben. Es gibt im Übrigen noch eine Sache über Mister X, die ich noch nicht erwähnt habe, was die Sache noch schwieriger macht, ständig hin und her zu wechseln. Denn eigentlich ziert sich über mein linkes Auge eine Narbe, die dank einer Platzwunde entstanden ist. Diese schminke ich mir jeden Morgen, wenn ich den Tag nicht mit Mister X beginne, über. Damit ist die Tarnung nochmal eine Nummer größer und es fällt weniger auf. Die Menschen merken sich meist Gesichter durch gewisse Merkmale, um sie zuordnen zu können, diese verdecke ich somit. Sonst könnte ich ja direkt in die Welt brüllen, dass ich Mister X bin.
Mit Till hatte ich keine Probleme mehr, er hat sich zurückgehalten und nichts angestellt, also konnte ich bei ihm Mister X zurücklassen, ist wohl auch besser für ihn. Aber auch generell habe ich die Freaks aufgrund meiner Arbeit lange nicht gesehen, die haben mich schon via WhatsApp gefragt, ob ich schon wieder bei einem Einsatz bin oder ob ich überhaupt noch lebe. Während die Jungs an den Wochenenden feiern, muss ich mich um meine Bestände, meine Kunden und um meine Opfer kümmern.
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Wie jeden Morgen klingelt mein Wecker um neun Uhr, mit geschlossenen Augen tippe ich auf das Display meines Smartphones, um dem nervigen Geräusch ein Ende zu bereiten.
Mit einem murrenden Geräusch, was aus meiner Kehle dringt, strample ich die Bettdecke weg und setze mich auf, ein anstrengender Tag wartet auf mich. Meine Motivation ist im Moment noch auf dem Tiefstand, das sollte sich aber recht bald ändern.
In meinem Badezimmer mache ich mich fertig, die kalte Dusche macht mich erst so richtig wach. Danach ziehe ich mich an, überschminke meine Narbe am Auge und style meine Haare, sodass ich wieder aussehe, als hätte ich mit einer Gabel in eine Steckdose gefasst.
Ein Blick auf meine schwarzlackierten Nägel verrät mir, dass sie noch nicht neu lackieren brauche und somit mache ich mich auf den Weg in die Küche.
Es riecht nach frischem Kaffee und Bacon, welchen ich auch schon in der Pfanne brutzeln höre. Jukka steht am Herd und macht das Frühstück fertig. Tobi ist noch gar nicht da, der macht sich wahrscheinlich noch fertig.
„Morgen. Schon gut dabei?"
„Bin schon seit vier Uhr auf den Beinen. Hatte doch eine Kundenbelieferung um sechs."
„Unmenschliche Zeiten sind das. Wir sind doch nicht der Express-Kurier", ich schüttle den Kopf und nehme aus dem Hängeschrank einen Becher, in den ich Kaffee einschenke.
Ich setze mich auf einen der Hochstühle an der Kücheninsel und nehme mein Handy zur Hand, trotz der Nachrichten ist nichts Wichtiges dabei.
„Hast du heute X frei", erkundigt Jukka sich.
Er stellt mir einen Teller mit Frühstück hin, daneben einen für Tobi. Dazu kriegen wir je noch einen Kaffee.
„Ich glaub schon, ich muss gleich erstmal zum Bordell, heute ist Zahltag. Kunden sind weg, Frühschicht hat nicht viel zu tun. Aber Roxy ist ja auch nicht da."
Ich checke per App den Dienstplan und möchte mich direkt am liebsten erschießen.
„Wer hat Schicht?"
„Vanessa. Das kann ja was werden."
„Ah, Madam Dumm fickt gut. Hat sonst noch wer?"
„Kitty, Mariella und Holly."
„Mariella in der Frühschicht? Schon? Holly wird sauer sein, weil sie ja jetzt erst Frühblock hat."
„Die Mädels sind nachts zu viele, weil wir bis auf Cindy keine Ausfälle haben. Und ich hatte gedacht, dass das ganz gut ist, weil die beiden am wenigsten weit sind und Kitty als Ausbilderin ist da ganz praktisch. Können sie Stange trainieren."
„Wer hat denn nachmittags?"
„Elin, Nisa, Cindy als Barkeeperin, Abby und Larissa. Paar haben heute Nacht und der Rest hat frei, ist ja schließlich Sonntag. Über Tag kommen nicht viele, da müssen die Mommys und Daddys Zeit mit ihren armen Familien verbringen und nachts ist dann ja auch nichts los."
Jukka diskutiert mit mir darüber, dass dadurch die letzten beiden Azubis auch in der Tagschicht sind, aber das ist mir ziemlich egal, da müssen sie durch.
Tobi betritt die Küche und setzt sich gähnend neben mich.
„Morgen. Der Tag hat noch nicht mal begonnen und ihr beiden diskutiert schon über die Dienstpläne der armen Mädchen."
„Tja, so ist das nun mal."
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Die Hälfte des Tages ist rum, aber ich habe noch nicht mal die Hälfte von dem geschafft, was ich eigentlich schaffen wollte. Leicht verzweifelt streiche ich den nächsten Punkt von meiner Liste, als mein Handy klingelt. Genervt sehe ich auf das leuchtende Display, Christoph hat mir eine Nachricht geschrieben. Seufzend nehme ich das Handy an mich und lese die Nachricht.
Heute Abend, 20 Uhr, bei dir in der Wohnung. Keine Wiederworte, wir haben uns ewig nicht gesehen und wollen was bequatschen.
Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als zuzusagen. Dann muss ich aber erst mal in die Wohnung, paar Besorgungen machen. Ich war schließlich einige Zeit schon wieder nicht da. Das bringt meine gesamte Planung durcheinander und ich muss alles noch weiter nach hinten verschieben. Manchmal muss man sich jedoch selbst opfern, grade weil ich mich so lange nicht bei ihnen gemeldet habe bzw. ich fast gar keine Zeit für sie hatte. So langsam glauben sie mir das mit Arbeit schließlich auch nicht mehr.
Mit dem Maserati mache ich mich also auf den Weg, zunächst fahre ich schnell einkaufen. Ich bin mal gespannt, was die Jungs von mir wollen. Ich habe so das Gefühl, dass es nicht nur doofes Quatschen wird. Dementsprechend könnte es auch später werden heute Abend, mal sehen, ob ich in der Wohnung pennen muss. Könnte problematisch werden, morgen hab ich viel mit Mister X zu tun, aber da muss ich jetzt durch.
Fast pünktlich um 20:03 Uhr kommt Ollie als Erster an. Ich versetze mich wieder in die Polizisten-Richard Rolle. Ich öffne bereits das erste Bier für ihn, nach und nach trudeln dann auch die anderen vier ein.
Jedoch wirkt der Abend zunächst wie jeder andere, bisher fällt mir nichts wirklich auf, außer, dass ich Idiot meine Waffe noch einstecken habe. Jetzt kann ich die auch nicht mehr abnehmen, also belasse ich es einfach dabei und hoffe einfach, dass die Jungs es nicht bemerken. Da ich sowieso sitze und neben mir die Lehne der Couch ist, sieht man sie sowieso nicht.
Vor allem sind die Jungs hier, weil sie mit mir über meinen Geburtstag reden wollten, der in zwei Wochen ist. Sie wollen wissen, ob ich denn mal endlich wieder Zeit habe, für eine Feier.
„Müsste gehen, ich denke schon."
„Und da kommt sicher nichts dazwischen? Dann können wir uns was einfallen lassen", Paul grinst, „Wir müssen ja deinen 30. Geburtstag sozusagen nachholen."
„Eben, also?", hakt Ollie nochmals nach.
„Okay, bin dabei", gebe ich mich letztendlich doch geschlagen.
Nach einigen Planungen für meinen Geburtstag, auf den ich jetzt schon keinen Bock habe, kommt allerdings eine Frage von Till, die ziemlich unangenehm für mich ist.
„Sag mal Richard, warum habe ich dich eigentlich heute Morgen beim Diamond Room gesehen?", er grinst.
„Ist das nicht dieses Edelbordell? Stimmt, da hab ich deinen Wagen aber auch schon mal gesehen", bestätigt Flake.
„Was machst du in einem Bordell, Richard? Ermittlungen?"
„Spezielle Ermittlungen", ergänzt Till Schneiders Aussage, grinst noch mehr.
Ich stehe auf, gehe zu meinem Fenster und sehe nach draußen. Jetzt kommt das doch zur Sprache, was ich schon seit einiger Zeit überlegt habe, ob ich ihnen die Wahrheit sagen soll. Langsam geht dieses Versteckspiel echt nicht mehr und außerdem habe ich keine Zeit für die Jungs mehr, weil die Arbeit mehr geworden ist, grade weil ich so viel nachzuarbeiten habe und Mister X immer mehr zum Einsatz kommen muss.
„Muss dir doch nicht peinlich sein, ich habe mal gehört, der soll ganz in Ordnung sein und eine gute Bar haben", meint Paul daraufhin lachend.
Ich lasse meine Schultern hängen, wenn sie wüssten, worum es geht, würden sie nicht lachen.
„Was ist los, Richard?", nun ist Till doch etwas verwundert.
Langsam drehe ich mich zu ihnen, sehe sie alle eine Zeit lang an.
„Ist alles in Ordnung?", hakt Ollie auch nochmal nach.
„Vielleicht wäre es langsam doch mal an der Zeit, euch die Wahrheit zu sagen. Ich kann euch nicht länger anlügen und mir geht dieses Versteckspiel auf die Nerven. Ja, ich war in dem Bordell. Ja, es war geschäftlich. Mir gehört das Bordell."
„Warte mal, was?!", Paul starrt mich ungläubig an, „Das heißt, du bist gar kein Polizist?!"
„Nein, bin ich nicht. Genau genommen bin ich von der anderen Seite, einer der größten Kriminellen, Drogendealer, Waffenhändler und Erpresser Berlins. Ich war in den letzten zwei Jahren nicht im Ausland, ich war im Knast. Ein Banküberfall ist schiefgegangen und meine Bewährung war noch nicht durch. Ich bin ein gesellschaftlicher Abschaum, ich tue schlimme Dinge und ich habe Spaß daran. Das ist mein Leben. Ihr könnt darüber sagen, was ihr wollt, es ist mir egal."
„Aber du....du bist doch überhaupt nicht der Typ dafür, Menschen etwas anzutun oder so...", Paul ist verzweifelt.
„Da siehst Mal, wie schlecht du mich kennst. Ich bin kein guter Mensch, ich war nie einer. Ich habe in gewisser Weise schon eine Rolle gespielt."
Ich sehe in die Runde, alle fünf sehen mich mit enttäuschten und wütenden Blicken an.
„Was genau erwartest du jetzt von uns?", schnaubt Schneider, „Du lügst uns derartig dreist ins Gesicht. Sind wir dir überhaupt nichts wert? Ist dir die Freundschaft nichts wert? Wir haben dir vertraut du Arsch!"
„Diese Freundschaft ist mir etwas wert und genau deshalb sage ich es euch. Ich lebe ein gefährliches Leben und ich will auf gar keinen Fall, dass ihr da irgendwie mit reingezogen werdet."
„Wer sollte uns da bitte mit reinziehen?", fragt Paul schnippisch.
„Ihr wisst von meinen Geschäften, wenn die Bullen das erfahren, könnten sie euch der Mitschuld beschuldigen", ich muss mich kurz fangen, „Wie auch immer. An dieser Stelle ist es das Beste, ab jetzt getrennte Wege zu gehen. Ihr geht euren, das normale Leben. Ich gehe den Weg meines Lebens, mal sehen, wie lange ich noch lebe. Gefährlicher Beruf. Ich bringe euch unnötig in Gefahr und ihr möchtet auch nicht unbedingt mit einem Abschaum wie mir die Zeit verbringen. Bitte geht, wir sind durch. Das war's. Aus."
>=<
Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, weil ich permanent daran denken musste. Am meisten habe ich aber die Sorge, dass sie mich aufgrund meiner Geschäfte verpfeifen. Deshalb werde ich ihnen mit Mister X einen Besuch abstatten, denn ich habe gestern noch gehört, wie gesagt haben, dass sie sich heute bei Till treffen wollen. Wenn ich mit Mister X drohe, werden sie mit Sicherheit nicht ein Wort über mich verlieren. Wenn nicht, wird Mister X dafür sorgen, dass sie auf ewig nichts mehr sagen werden.
Also lasse ich das MakeUp über meiner Narbe weg, außerdem muss ich den Nagellack von meiner rechten Hand abmachen. Dann setze ich die Kontaktlinsen ein, ziehe mich dementsprechend an und verabschiede meine linke Hand in den Plastikhandschuh. Danach mache ich mich auf den Weg in Tills Wohnung, der wird sich freuen, schon wieder von mir Besuch zu bekommen.
Wieder einmal öffne ich leise die Tür und schleiche mich in die Wohnung, höre die aufgebrachten Gespräche meiner ehemaligen Freunde.
„Ich verstehe das einfach nicht. Er ist doch überhaupt nicht der Typ dafür...", bedauert Flake.
„Hätte er uns direkt die Wahrheit gesagt, wäre das nochmal ein anderer Sachverhalt. Uns aber so anzulügen, geht einfach gar nicht!", schimpft Paul.
„Wäre es das?", melde ich mich in der X-Stimme zu Wort und betrete das Wohnzimmer, „Hallo Till, schön dich wieder zu sehen."
„Das...das...das ist...", stammelt Flake.
„Mister X", haucht Schneider.
„Oh wie schön, du kennst meinen Namen. Kriegst ein Fleißbienchen. Mein guter Freund Till hier, der wusste bei meinem letzten Besuch gar nicht, wer ich bin. Das enttäuscht mich zu tiefst."
Ich lege meine Plastikhand auf Tills Schulter, sehe die restlichen Jungs vor mir an. Till zuckt etwas zusammen, will aber die Hand nicht von sich stoßen.
„Ich dachte immer, der wäre nur ein Mythos...", murmelt Ollie.
„Das verletzt meine Gefühle, also wirklich, Oliver", sage ich in einem traurigen Tonfall.
„Ich habe aber gar nichts weiteres verbrochen", verteidigt Till sich.
„Das weiß ich, aber mir ist zu Ohren gekommen, dass Kruspe sich vor euch, sagen wir mal geoutet hat. Traurig nicht? Diese Enttäuschung, wenn einer deiner besten Freunde dich über zehn Jahre nur belügt und vorgibt, jemand anderes zu sein. Was ein Vertrauensbruch, schmerzlich zu ertragen. Das Herz blutet. Man weiß doch gar nicht mehr, wem man vertrauen sollte und wem nicht", ich nehme meine Hand wieder von Tills Schulter und gehe durch den Raum, mache erneut vor den Bildern halt und lache leise, als ich wieder das Bild von mir mit Till erblicke.
„Aber dann musst du ihn doch erkannt haben", murmelt Till, doch ich konnte es genau hören.
„Oh Till, das habe ich. Ich bin doch nicht dämlich und verrate ihn. Wie auch immer, ich bin nicht hier, um euch zu bedauern. Ich bin hier, um euch zu warnen. Richard ist einer meiner besten Diener, auf den ich nun zwei Jahre lang verzichten musste."
„Selber Schuld, was macht er auch für eine Scheiße. Jeder kriegt das, was er verdient hat", zischt Paul daraufhin.
Blitzschnell stehe ich vor ihm, mit meiner Waffe streiche ich ihm über den Hals. Paul fängt an zu schwitzen und muss hart schlucken.
„So? Wirklich? Pah! Du hast doch sowieso keine Ahnung, was das wahre Leben bedeutet, Sternchen. Eine Lüge ist deines, aber der Begriff sollte dir ein Fremdwort sein. Arten wie die deine sind Gift für die Gesellschaft, Verbreitung von Aussagen die nie jemand auch nur ansatzweise in den Mund nahm und dafür gefeiert werden. Traurige Welt...", ich stecke die Waffe wieder ein und schüttle den Kopf, ehe ich fortführe, „Wenn ich herausfinde, dass einer von euch langweiligen Sterblichen meinen kleinen Freunden einen Tipp gebt, wegen Richards Geschäften, dann glaubt mir, werdet ihr nie wieder eine Nacht ohne qualvolle Schmerzen schlafen können, bis ihr um den Tod bettelt, wie erbärmliche kleine Tiere. Ich werde dafür sorgen, dass eure wertlosen Seelen ausgelöscht werden, niemand wird sich an euch erinnern, nicht einmal eure eigenen Kinder. Für mich seid ihr wie Staub auf dem Fußboden, man kann euch vernichten und niemand weint eine Träne nach. Unterschätzt mich ja nicht, ich bin mehr als ein Mythos, ich bin alles, was ihr euch unter den Begriffen Teufel und Herrscher vorstellen könnt. Ihr seid hiermit auf meiner Beobachtungsliste. Till kann euch ja sagen, was ich ihm schon erzählt habe. Euer kleiner Till ist ja auch nicht ganz grün hinter den Ohren, das kann er euch alles selbst erzählen. Lebt euer langweiliges Leben, was man nicht Leben nennen kann. Ihr seid Marionetten, nichts weiter. Ihr seid einfach wertlos."
Kurz sehe ich sie noch an, ehe ich mich abwende und aus der Wohnung verschwinde. Jeder Schritt, den ich mich weiter von ihnen entferne, tut mir mehr und mehr weh. Jetzt ist es absolut klar, dass ich sie nie wieder sehen werde und wenn doch, wird es wohl der Moment sein, in denen ich einen von ihnen töten muss. So ungerne ich das auch zugebe, aber das schmerzt mir ziemlich in meinem kalten Herzen. In meinem Kopf werden die Erinnerungen hochgekramt, ich schüttle schnell den Kopf, damit ich nicht daran denken muss. Ich darf darüber nicht traurig sein, ich darf einfach nicht.
Eine Träne stiehlt sich aus meinem Augenwinkel und bahnt sich über meine Wange. Das es jetzt wirklich so endgültig ist, tut mir mehr weh, als ich gedacht hätte. Die Freaks sind mir in den Jahren so unglaublich wichtig geworden, jetzt sind sie Fremde für mich, Angehörige der Schatten hinter meinem Rücken.
Ich setze mich ans Steuer und fahre wie selbstständig zum Friedhof, ich muss jemanden besuchen, der mir hoffentlich helfen kann.
Am dortigen Parkplatz parke ich meinen Wagen, setze den Mundschutz ab und nehme die Kontaktlinsen raus. Jackett und Fliege lasse ich ebenfalls im Wagen, so falle ich nicht so stark auf.
Ich öffne die Fahrertür und steige aus dem Auto. Langsam und mit gesenktem Kopf gehe ich auf den Friedhof, ich brauch gar nicht hinsehen, den Weg kenne ich noch zu gut, obwohl ich vor zwei Jahren das letzte Mal hier war. Das Grab befindet sich allein etwas abgelegener, damit ich meine Ruhe habe, wenn ich dort bin.
Einige Minuten starre ich nur auf das Grab. Jukka und Tobi haben sich gut darum gekümmert, es sieht ordentlich und gepflegt aus. So wie ich es am liebsten habe, so wie es ein Toter verdient hat.
„War das, was ich getan habe, wirklich der richtige Weg? Hätte ich sie weiter belügen sollen? Ich habe sie verloren, endgültig verloren. Aber ich bin eine Gefahr für sie und so finden sie sich eher damit ab, dass ich ein Krimineller bin. Es ist einfacher, sie kriegen keine Schwierigkeiten. So schwer mir das auch fällt. Mein letztes Standbein zur Marionettenrealität ist von dannen gezogen. Ich verstehe ihre Welt nun endgültig nicht mehr. Aber ich gehöre doch auch nicht in diese Welt, nicht? Es ist der einzig richtige Weg, eines Tages werden sie es verstehen. Ich kann mich nun endlich vollkommen darauf konzentrieren, wozu ich bestimmt bin. Noch ist der Gedanke komisch, aber ich sehe optimistisch in meine Zukunft. Ich werde es schaffen, denn ich bin kein Teil dieser nicht wahren Realität. Ich werde niemals aufgeben und selbst wenn ich eines Tages einen von ihnen töten muss. "
Lächelnd sehe ich auf den Grabstein vor mir, lese mir nochmal Zeile für Zeile durch und verschwinde dann wieder. Das ist noch nicht das Ende.
Und der Haifisch der hat Tränen
Und die laufen vom Gesicht
Doch der Haifisch lebt im Wasser
So die Tränen sieht man nicht.
Richard Z. Kruspe
*24.06.1987 - †28.06.2008
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