Unwohl...
(Pov. Rye)
Und tatsächlich.
Als wir Hand in Hand mit T-Shirts und Jogginghosen die Treppe hinunter kamen, saßen die Zwillinge bereits zwischen den Geschenken, welche um den Tannenbaum herum verteilt lagen. Das für Andy hatte ich bereits gestern unter den Baum gelegt, denn er war ja den ganzen Tag mit meiner Mutter in der Küche gewesen. Es war nichts großes, sondern eher etwas mit Bedeutung. Ich hatte ihm passend zu seinem Mikrophon ein ‚Crime scene do not cross'- Umhängeband für seine Gitarre aus einem Musikgeschäft besorgt. Als er es auspackte wurden seine Augen riesig und er fiel mir freudestrahlend um den Hals. „Das ist genial! Und es passt so gut zu meinem Mikro! Danke!" Sein Strahlen machte auch mich glücklich und brachte mein Herz dazu schneller zu schlagen. „Ich hab aber auch noch was für dich. Warte kurz", mit diesen Worten lief hinter mir wieder die Treppe hinauf und kam kurze Zeit später wieder herunter. In der Hand hielt er eine Tüte aus Papier und zog darauf nun ein in Geschenkpapier eingewickeltes Etwas heraus und reichte es mir mit einem scheuen Lächeln im Gesicht. „Frohe Weihnachten", sagte er mit roten Wangen und ich grinste ihn an. Das Geschenkpapier zog ich mit einem Zug ab und es kam eine riesige Teetasse zum Vorscheinen. Sie war schwarz und hatte den weißen Aufdruck ‚The Boss'. Als ich das las musste ich lachen. Andy wusste, dass ich Tee liebte und deshalb schon von einer Teetasse zu zwei nacheinander übergegangen war. „Jetzt musst du nicht mehr zwei Teetassen mit dir herumschleppen, sondern nur eine große", grinste er. „Die ist perfekt! Danke Fovvs! Und frohe Weihnachten". Die letzten Worte hauchte ich ihm zu und sein Lächeln war unbegreiflich warm.
Die restlichen Geschenke waren von meiner Mutter, welche tatsächlich noch etwas für Andy besorgt hatte, und von meinem großen Bruder. Andy bekam einen eigenen Weihnachtspullover. Anscheinend hatte meine Mum mitbekommen, dass Andy meinen angehabt hatte und ihm nun auch einen geschenkt. Seiner sah allerdings aus wie ein Rentierkörper und hatte an der Kapuze sogar Hörner aus Stoff. Natürlich zog er ihn sofort an. Er war ihm zwar ein Wenig zu groß, doch er freute sich riesig. Zudem sah er super niedlich darin aus.
Den restlichen Tag verbrachten wir mit meiner Familie. Meine kleinen Brüder saßen unter dem Tannenbaum und beschäftigten sich mit ihren neuen Sachen. Meine Mutter und mein großer Bruder saßen am Wohnzimmertisch und fachsimpelten über einen neuen Laptop und ich hatte einige Bücher geschenkt bekommen und da ich es liebte zu lesen, musste ich natürlich gleich damit anfangen. Andy lag eingekeilt zwischen der Sofalehne und mir. Seine Augen ruhten ohne Unterbrechung auf mir. Mehrere Stunden lang. Dazu hatte er kein einziges Wort gesagt. „Hey alles in Ordnung mit dir?", fragte ich irgendwann und drehte meinen Kopf zu ihm auf die Seite. „Ja. Alles bestens. Ich genieße nur den Ausblick", gab er unschuldig guckend zurück, woraufhin ich die Stirn runzelte. „Was gibt es denn spannendes zu sehen?" „Dich". Er klang so aufrichtig, dass ich es dabei beließ und ihm einen kurzen Kuss auf den Mund gab, bevor ich weiter las.
(Pov. Andy)
Ich schwelgte ganz in Gedanken. Über alles und nichts. Meine Gedanken handelten von ihm und allem was damit zu tun hatte, dennoch konnte ich sie weder ordnen, noch lenken oder gar aussprechen. Ich wusste selbst nicht einmal worüber ich nachdachte. War es Angst? Angst vorm Versagen? Angst, dass ich nicht gut genug war? Oder war es Hoffnung? Dass ich nicht versagen würde? Dass ich genug war? Als meine Gedanken immer weiter in unsere Zukunft fortschritten, schob ich sie bei Seite, denn ich hatte allen Ernstes darüber nachgedacht, dass Rye mich irgendwann... nein... das war zu abwegig.
Zu verrückt.
Oder nicht?
Zu unmöglich.
Oder nicht?
Naja egal. Es wird sich schon alles finden und wenn er sich doch irgendwann gegen mich entscheidet, blieben mir wenigstens die schönsten Zeiten meines Lebens als Erinnerungen, auch wenn ich dann vermutlich zusammenbrechen würde.
(Pov. Rye)
„Bist du fertig Süßer?", rief ich Andy zu, der immer noch oben war.
Es war mittlerweile der Silvesterabend und wir waren bei einer Bekannten von mir zuhause zum Feiern eingeladen worden. Sie wohnte am Ende der selben Straße und deshalb wollten wir zu Fuß gehen. Der Rest meiner Familie war zu meinen Großeltern gefahren und als Andy endlich die Treppe hinuntergelaufen kam, machten wir uns auf den Weg durch den nun schon beinahe knietiefen Schnee. „Meinst du ich kann da so aufkreuzen?", fragte er zweifelnd beim Gehen und deutete an sich herunter, woraufhin ich stehen blieb und ihn genau musterte. Eine Weile später erwiderte ich „Eigentlich nicht", drehte mich um und musste mir heftig das Lachen verkneifen, als ich Andy nicht weitergehen hörte. Dann drehte ich mich zu ihm um und bedeutete ihm, näher zu mir zu kommen. Als er genau vor mir stand und mich mit seinen bezaubernden, blauen Augen unsicher anguckte, legte ich ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich meine, eigentlich will ich dich dort nicht so hinlassen, ich will schließlich nicht, dass irgendjemand auf die Idee kommt dich anzugraben". Augenblicklich wurde Andy's Blick wieder heller. Dann grinste er frech, griff an mir vorbei und bewarf mich mit einer Hand voll Schnee, bevor wir unseren kurzen Weg fortsetzten.
Als wir vor dem großen hell erleuchteten Haus ankamen, standen bereits einige Menschen im Garten und hatten Gläser und Zigaretten in der Hand. Als wir den langen Flur betraten hörten wir die laut Musik noch viel deutlicher und plötzlich rannte mich fast ein Mädchen über den Haufen. Sie wohnte hier und veranstaltete diese Party anscheinend. Als sie mich sah, juchzte sie auf und warf sich mir an den Hals. „RYAN!", kreischte sie und zog meinen Namen dabei so kitschig auseinander, dass mir fast schlecht wurde. Ich wand mich aus ihrer Umarmung, weil es mir echt unangenehm war. Dann sah sie mich mit weit aufgerissenen Augen an und grinste. Irgendwie sah sie gruselig aus. Ich meine, ich wusste ja, dass sie schon seit Ewigkeiten auf mich stand, aber es war bisher noch nie so schlimm gewesen, doch als sie wieder anfing rumzusäuseln, erfuhr ich den Grund. „Ryan, du siehst echt verdammt gut aus. Nein warte, ich untertreibe. Du bist echt heiß Ryan!" Ich schluckte nur und rang mir ein gequältes Lächeln ab. „Äh, danke?" „Schön, dass du wieder da bist! Ich hab dich so vermisst hier. Ich hoffe du bleibst jetzt endlich mal bei mir". So hatte sie noch nie geredet und ich vermutete, dass sie schon ziemlich angetrunken war. „Dürfen wir jetzt reinkommen?", fragte ich leicht lachend und schob das Mädchen sanft bei Seite, doch im selben Moment griff sie nach meiner Hand, zog mich zu einem Sofa, ließ sich drauf fallen und zog mich eng neben sich. Andy hatte ich dennoch mitgezogen. Das Mädchen beachtete ihn allerdings überhaupt nicht und war komplett auf mich fixiert. Sie fing an drauf los zu plappern und kam mir gefühlt bei jedem Satz näher. Irgendwann legte sie einen Arm um meine Schultern und hob ihre Beine auf meinen Schoß, was mir mehr als unangenehm war, und sah mir tief in die Augen. „Ryan ich muss dir was sagen...", fing sie an, doch als ihr Blick von meinen Augen auch nur ansatzweise in Richtung Lippen huschte, sprang ich förmlich vom Sofa auf. „Ich muss mal kurz wohin", entschuldigte ich mich und verließ fluchtartig den Raum. Ich ging um das Haus, lehnte mich mit dem Rücken gegen eine Wand und seufzte. Es war wohl doch keine so gute Idee gewesen hierher zu kommen.
(Pov. Andy)
Jetzt saß ich alleine mit dem Mädchen auf der Couch. Sie nahm mich wahr und rutschte geschmeidig an mich heran. Würde sie das Gleiche, was sie mit Rye versucht hatte etwa auch mit mir versuchen? Hoffentlich nicht. „Und wer bist du?", erklang ihre schleimige Stimme in meinem Ohr und ich würgte fast, konnte mich aber gerade noch so zurück halten. „Andy", presste ich nur hervor und sie musterte mich von Kopf bis Fuß. „So so. Andy". Als sie meinen Namen aussprach hörte es sich an, als wolle sie ihn förmlich ausspucken. Dann blickte sie sich suchend im Raum um und fuhr fort. „Steht ihr euch sehr nah?" Erst wusste ich nicht, wie ich darauf antworten sollte, doch ich entschied mich wie immer für den größten Teil der Wahrheit. „Kann man so sagen" „Sehr gut. Dann kennst du ihn bestimmt gut" „Kann man so sagen", antwortete ich wieder wie eine monotone Maschine. „Dann kannst du mir doch auch bestimmt sagen, ob Ryan eine Freundin hat oder?" Okay jetzt hasste ich sie noch mehr. Ich konnte dieses Mädchen von Anfang an nicht ausstehen. Wie sie sich an Rye rangemacht hatte hatte mich in den Wahnsinn getrieben. Ihr Ausstrahlung, dieses Direkte ohne jeden Selbstzweifel. „Ja und nein", antwortete ich jetzt seufzend. „Wie jetzt?", sie verdrehte die Augen. „Ja ich kann dir sagen ob Rye, ich meine Ryan, eine Freundin hat und nein er hat keine!" Schließlich war ich mir ziemlich sicher, dass ich kein Mädchen war.
„Wunderbar", quiekte sie, setzte sich kerzengerade hin, schlug dann das eine Bein über das andere und sah im selben Moment Rye wieder durch die Tür kommen. Ich wusste was jetzt kommen würde, verdrehte genervt die Augen, lehnte mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Rutsch doch mal ein Stück", forderte Rye sie auf, als er vor uns stand. Doch das Mädchen blieb so eng neben mir sitzen, dass er sich nicht einmal dazwischen hätte quetschen können, wenn er es versucht hätte. „Na gut dann eben anders", seufzte er, ging noch näher auf mich zu und setzte sich vorwärts auf meinen Schoß, woraufhin ich nur große Augen machte und ihn anstarrte. Dann kam er mit seinem Mund näher an mein Ohr, welches nicht auf der Seite des Mädchens war, die mich jetzt entgeistert ansah. „Glaubst du, ich lasse mir den Abend von dieser Anmacheinlage versauen? Auf keinen Fall", flüsterte er so leise, dass ich Mühe hatte ihn zu verstehen. Als er sein Gesicht wieder zurück zog, streiften seine Lippen für einen Augenblick meine Wange.
„Was soll das Ryan?", kreischte das Mädchen fast und Rye sah genervt zu ihr. „Ich sag es dir jetzt mal ganz ehrlich. Danke für die Einladung, aber wenn ich nur deshalb eingeladen wurde, damit du mich angraben kannst, ist es das nicht wert" Ihr Mund war aufgeklappt und ihr entsetzter Blick ging von ihm zu mir. „Wenn dieser Andy nicht hier wäre, würde es dir doch überhaupt nichts ausmachen Aufmerksam zu bekommen!" „Also", fing Rye leise an zu zischen, „erstens hörst du jetzt sofort auf so von Andy zu reden. Zweitens habe ich mich noch nie nach Aufmerksamkeit von dir gesehnt und drittens gehen wir jetzt. Feiert noch schön, aber lasst uns in Ruhe und ich will jetzt keine unehrlichen Entschuldigungen hören, nur weil du glaubst, dass ich dann doch noch mit dir zusammen kommen würde!" „Aber aber", stotterte sie, doch Rye unterbrach sie sofort wieder. „Falls du es immer noch nicht verstanden hast, ich stehe nicht auf dich und werde es auch niemals tun!" Mit diesen Worten stand er auf, nahm meine Hand und zog mich mit ihm aus dem Haus.
Schweigend gingen wir nebeneinander her.
Keiner sagte ein Wort.
(Pov. Rye)
Durch den Schnee nahm ich die knarzenden, schnellen Schritte hinter mir war. Dann riss mich plötzlich jemand herum und ein fremder Mund presste sich auf meinen...
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So. Ich melde mich auch mal wieder mit einem neuen Kapitel zurück. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mir im Moment nicht mehr so sicher bin, in welche Richtungen diese Geschichte laufen soll, besonders an dieser Stelle. Naja, ich hoffe es gefällt euch trotzdem und ihr habt noch einen schönen Tag,
Eure Lisa
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