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Mit den Wochen gewöhne ich mich an mein neues Leben, an seltsame Speisen, an kaltes Badewasser und an kratzige Klamotten. Die Dosensuppe, so Zoe, sollten wir für schlechte Zeiten aufbewahren.
Selbst beim Jagen verscheuche ich die Tiere nicht gleich, auch wenn ich noch immer grauenhaft schlecht im Schießen bin. Zoe ist eine echte Freundin geworden und bei Luise suchte ich noch eine Weile nach Fehlern, damit ich sie hassen durfte, aber ich fand wenig. Sie war wie das perfekte Mädchen, hübsch, klug und nett, das einzige, das ich ihr könnte vorwerfen, ist ihre Gutgläubigkeit. Sie nimmt selbst die Menschen, die mich hätten ausrauben wollen, in Schutz. Es gäbe hier nun mal nicht viel, sie müssten auch sehen, wie sie zurechtkommen. Henry ist immer noch nicht nett, aber er sieht mich nicht mehr so böse an und manchmal unterhalten wir uns sogar.
An diesem Morgen ist es nebelig, eben typisch November. Die Wolkendecke ist trüb und undurchdringlich und das Laub der Baume, die den dichten Wald bilden, säumen den Rand unseres Zeltes. Es ist früh, nur ich habe mich schon aus dem Bett gequält, und torkele, nur bekleidet mit einem braunen, unförmigen Lederkleid, mit einem Wäschekorb durch die Natur. Meine Schuhe sind inzwischen unser aller Eigentum, da weder Henry noch Zoe welche haben und im Moment wahrscheinlich irgendwo im Zelt. Aber man gewöhnt sich daran. Das mit Tau bedeckte Gras fühlt sich feucht an unter meinen nackten Füßen und einige Halme bleiben an meinen Sohlen kleben.
Am Rand des Waldes gibt es einen kleinen See, in dem wir auch baden - und eben Wäsche waschen. Meine Hände sind gerötet, als ich sie in das kalte Wasser tauche. Ich fröstele. Hoffentlich bin ich bald fertig. Die Stoffe unter meinen wunden Fingern saugen sich mit Wasser voll und meine Knie schmerzen.
Genervt stöhne ich.
Da höre ich plötzlich ein Rascheln. Erschrocken lasse ich die Hose fallen und angele sie gerade noch rechtzeitig aus dem trüben See. Mein Blick schweift über den See und die anderen Ufer. Aber da ist nichts. Nur ein Tier. Dennoch beeile ich mich. Hier gibt es auch Tiere, mit denen ich nicht in Berührung kommen möchte.
Da! Wieder. ,, Hallo?" Meine Stimme ist leise. Doch man hat mich gehört.
Hinter einem Busch tritt eine alte Frau, vielleicht Mitte siebzig hervor. Überrascht ziehe ich die Augenbrauen hoch und stelle mich auf. Hier sieht man selten Fremde. Bisher bin ich nur einem jungen Mann begegnet, der mir unbedingt Bananen verkaufen wollte. Sie trägt eine braune Tunika aus grobem Stoff, hat sich die verfilzten Haare seltsam hochgesteckt und ist über und über mit bunten Ketten behangen. Sie sieht aus, als wäre sie einem zweitklassigen Märchenfilm entsprungen. Dort würde sie wohl die böse Hexe spielen. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Sie hebt eine knochige Hand zum Gruß und zuckelt auf mich zu. Hinter sich zieht sie einen kleinen Bollerwagen her, in dem Feuerholz, Birnen und kleine Säcke gestapelt sind.
,, Guten Morgen.", krächzt sie.
Überrascht sehe ich sie an. Sie spricht Deutsch. Ganz klar böse Hexe.
Dennoch huscht mein Blick immer wieder zu ihrem Wagen, sie lächelt mich wissend an.
,, Reis? Holz? Salz? Birnen?"
Salz. Davon haben wir nur noch wenig. Und Reis...
,, Kommen Sie doch mit. Im Zelt haben wir Sachen zum Tauschen, hier habe ich nur Kleider, und Sie wollen doch sicher nicht-" Doch sie unterbricht mich. ,, Ich muss schnell wieder ins Dorf kommen, in wenigen Tagen soll mein Enkelkind zur Welt kommen..."
Verwirrt starre ich sie an.
,, Aber Sie wollen doch sicher kein Salz gegen Kleider tauschen!"
Ich weiß, wie viel das hier wert ist. Sie leckt sich über die Lippen.
Dann streckt sie ihre Hand aus.
,, Deine Kette." Verlangend starrt sie darauf. Ich zögere. Ich weiß nicht, ob sie viel wert ist. Dass Josh Modeschmuck bei C&A kauft, glaube ich aber kaum. Vielleicht kann man in einem Dorf noch viel dafür bekommen. Und ja, zugegen auch, weil sie Bens Abschiedsgeschenk ist. Und er Luise nichts geschenkt hat. Obwohl er ja eigentlich ein Idiot ist.
Eigentlich.
,, Nein. Die verkaufe ich nicht."
Ein Schatten huscht über ihr Gesicht.
Sie deutet auf ihren Wagen. ,, Das kann alles dir gehören. Gib sie mir!" Sie macht einen Schritt auf mich zu, ich argwöhnisch einen zurück. ,, Nein. Tut mir leid."
Woher will sie wissen, wie viel sie wert ist? Oder bekommt man hier für Metall besonders viel?
Ein irres Flackern tritt in ihre Augen. ,, Ich gebe dir Alles. Alles, was du willst! Gib mir die Kette!"
Ängstlich sehe ich sie an. Braucht sie die Kette so dringend?
,, Warum-"
,, Für... einen Kunden. Er zahlt sehr viel."
Okay, das ist jetzt eindeutig gruselig. ,, Ich fürchte, Ich kann Ihnen nicht helfen. Entschuldigen Sie mich." Panisch stopfe ich die tropfenden Kleider zu den noch Schmutzigen und mache auf dem Absatz kehrt. Nichts wie weg hier!
Als ich einen Blick über meine Schultern werfe, steht sie immer noch da und sieht mir sorgenvoll nach.
Arg, verdammt! Ich habe den vorherigen Teil vergessen hochzuladen, zwischen diesem und dem letzten Kapitel ist jetzt noch eins. Also, dieses Kapitel habe ich schon mal hochgeladen und werde ich jetzt nochmal hochladen, dazwischen habe ich das vergessene Kapitel veröffentlicht. Mist!
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