Kapitel 11
PoV: Kain
Die Nacht ist klar, der Mond hell und rund am Himmel – ein Bild, das den meisten Wölfen Ruhe bringen würde. Für mich ist es nur ein weiterer Schatten, der sich in meinem Geist ausbreitet. Der Wald um mich herum ist still, abgesehen von den Geräuschen der Nacht, aber meine Gedanken sind laut.
Ich bin ein Niemand. Zumindest für jene, die sich Rudel nennen, die sich an Traditionen und Regeln klammern, während die Welt um sie herum zerfällt. Sie würden mich einen Rogue nennen, einen Verräter, ein Wesen ohne Ehre. Aber sie verstehen nicht. Sie wissen nichts von der Macht, die jenseits ihrer kleinen Grenzen existiert, von dem, was ich zu erreichen versuche.
Ich lehne mich gegen einen Baum und schließe die Augen. Die Präsenz derer, die mir folgen, ist wie ein dumpfes Gewicht in meinem Hinterkopf. Es sind keine Freunde. Freunde sind eine Schwäche, die ich mir nicht leisten kann. Aber sie sind nützlich. Und für jetzt genügt das.
Plötzlich spüre ich es – ein Flackern, wie eine Flamme, die im Wind tanzt. Ich bleibe stehen, mein Körper angespannt, und lasse die Welle durch mich fließen.
Ich zwinge meinen Körper in die Verwandlung. Es ist schmerzhaft, wie immer, doch der Schmerz bedeutet nichts im Vergleich zu dem, was ich suche. Mein Fell sträubt sich, als meine Sinne sich ausweiten. Der Wald um mich herum wird lebendig, jedes Geräusch, jeder Geruch intensiver. Und dann ist da diese Verbindung – nicht stark, nicht klar, aber sie ist da.
„Wer bist du?" Meine Gedanken formen die Worte, und ich sende sie durch das MindLink hinaus in die Leere. Keine Antwort.
Ich schnuppere die Luft und bewege mich in Richtung der Präsenz. Es ist vertraut, und doch nicht. Meine Pfoten berühren den weichen Waldboden, lautlos, während ich tiefer in die Schatten gleite. Die Verbindung wird stärker, und mit ihr ein Gefühl, das ich lange nicht gespürt habe: Neugier.
Es gibt Geschichten über solche Verbindungen. Geschichten, die in den Rudeln von Alphas und ihren Mates erzählt werden. Doch das hier fühlt sich anders an. Keine Wärme, keine Bindung, nur ein kühler Strom.
Plötzlich reißt die Verbindung ab, wie ein Faden, der durchtrennt wurde. Ich bleibe stehen, die Ohren gespitzt, und lausche. Es ist, als wäre ich von einer Tür ausgeschlossen worden, die ich nicht öffnen kann. Mein Atem geht schwer, und ich spüre, wie meine Wut aufsteigt.
„Interessant," murmle ich in meinen Gedanken und lasse die Verwandlung zurückweichen, bis ich wieder in meiner menschlichen Form bin. Mein Herz schlägt schneller, und ein Lächeln kräuselt meine Lippen. „Wer auch immer du bist, du hast meine Aufmerksamkeit."
Ich wende mich ab und gehe zurück zu meiner kleinen Gruppe. Sie warten, schweigend, wie Schatten in der Dunkelheit. Es sind keine Werwölfe, nicht wie ich. Sie gehören zu etwas anderem. Und doch folgen sie mir, weil ich der Einzige bin, der sie führen kann.
„Kain," sagt einer von ihnen, seine Stimme heiser und gedämpft. „Hast du etwas gefunden?"
„Vielleicht," antworte ich und setze mein Lächeln auf. „Etwas, das von Bedeutung sein könnte."
Ich lasse meine Worte in der Luft hängen und beobachte, wie die Unruhe in ihren Gesichtern wächst. Es macht Spaß, aber das Spiel ist noch nicht vorbei. Wer auch immer diese Präsenz war, sie wird nicht entkommen. Nicht, wenn ich sie finden will.
Ich drehe mich wieder zum Wald und blicke in die Dunkelheit. „Bereitet euch vor," sage ich, und meine Stimme wird zu einem Befehl. „Wir haben Arbeit zu erledigen."
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