Kapitel 15 - Sophie
Gestern war ein stressiger Tag auf der Arbeit gewesen, wir hatten einen Wasserrohrbruch in Kühlraum hinter der Fleischtheke und heute müssen wir alles aufräumen, bevor der Laden öffnet. Ich bin gerade dabei, eine Dusche zu nehmen, als ich Gepolter und kurz darauf leises Fluchen höre. Schnell steige ich aus der Dusche und ziehe mir etwas an, um nachzusehen, ob das Max ist.
Vorsichtig öffne ich die Badezimmertür und stecke den Kopf heraus. Im Flur kniet Max und hält sich den Fuß. „Max, was ist passiert?", frage ich, als ich mich vor ihn kniee. „Ich bin bloß gegen das Schuhregal gestoßen, nichts dramatisches." Mein Freund lallt ein wenig. Skeptisch betrachte ich ihn genauer. Seine Krawatte sitzt locker, seine Haare stehen alle Richtungen und mir kommt eine leichte Alkoholfahne entgegen als er den Kopf hebt. Schockiert sehe ich, dass wieder ein blaues Auge sein schönes Gesicht ziert. Aber das wäre alles nicht so schlimm gewesen, hätte nicht sein verrutschtes Hemd den Blick auf etwas freigegeben, was ziemlich genau wie ein Knutschfleck aussah.
„Was ist das?" Ich deute auf den Knutschfleck. Max wirkt schlagartig wieder nüchtern und fährt sich nervös durch die Haare.
„Gar nichts", erwidert er nur knapp, während der aufsteht. „Ja klar. Ich sehe es doch. Betrügst du mich etwa?" Eigentlich kann ich es mir nicht vorstellen, dass mein Freund mich betrügt, aber bei solchen Anzeichen kann man ja nie wissen.
„So ein Quatsch!" Max wird langsam laut. „Lüg mich nicht an!" Ich finde, mich so zu betrügen wäre eine Sache, aber es dann nicht zuzugeben ist echt unterste Schublade.
„Schon mal darüber nachgedacht, dass der Knutschfleck auch von dir sein könnte?"
Hm, da könnte er recht haben. Aber eigentlich waren wir doch schon aus dieser Phase raus. „Ich sehe schon, du glaubst mir nicht. Dann gehe ich wohl besser wieder.", sagt Max, dreht sich um und verlässt schnellen schritten die Wohnung.
Stolpernd stehe ich auf und laufe hinter meinem Freund das Treppenhaus herunter.
„Max! Warte bitte!" Aber er dreht sich nicht um, reisst die Haustür auf und geht auf den Bürgersteig.
„Es…" Weiter komme ich nicht, denn Max unterbricht mich. „Lass gut sein. Du vertraust mir nicht."
„Doch natürlich." Ich merke selber, wie die unehrlich sich das anhört.
„Es ist nur…" Meine Stimme versagt. Ich muss tief Luft holen, bevor ich weiter reden kann.
„Was ist in letzter Zeit nur los mit dir? So kenne ich dich überhaupt nicht. Du kamst letztens mit einem blauen Auge nach Hause, willst mir nicht sagen woher das ist und jetzt hast du schon wieder eins. Ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Max bitte rede doch einfach mit mir.", sage ich, mittlerweile der Verzweiflung nahe. „Ach Mensch Sophie, hab dich doch nicht so. Ich hab halt momentan ein bisschen Stress. Kein Grund zur Sorge.", ist die Antwort meines Freundes.
„Aber Max, du bist doch der einzige, den ich noch habe. Was soll ich denn ohne dich machen? Verdammte Scheiße, rede doch einfach mit mir. Das würde so einiges erleichtern." Das ist unser erster größerer Streit, es geht mir darum ziemlich mies. Vielleicht sollte ich ihm einfach zustimmen und mich entschuldigen. Aber als ich sehe, wie wütend Max durch meine Worte, wird muss ich mit dem Vertragen wohl noch warten. So habe ich ihn noch nie erlebt. Er packt mich an den Schultern und schreit mir ins Gesicht. „Verdammt Sophie, halt dich aus Angelegenheiten raus, die dich nichts angehen! Sonst haben wir ein ganz großes Problem." Danach schubst er mich weg. In dem Moment zerbricht etwas in mir, denn Max dreht sich um und geht weg.
Plötzlich hilft mir jemand von hinten auf die Beine und als ich mich umdrehe sehe ich zwei junge Frauen vor mir. Offensichtlich haben sie den letzten Teil unseres Streits mitbekommen, denn die eine sieht mich besorgt an und fragt: „Was war das denn bitte gerade? Hat er dir weh getan? Soll ich die Polizei rufen?" Aber ich denke nur an Max und dass das alles meine Schuld ist. Darum fällt meine Antwort ziemlich knapp aus. „Nein nein. Alles gut, danke. Ich muss jetzt zu meinem Freund und mich entschuldigen." Doch die Fremde lässt mich nicht. Wofür willst du dich denn entschuldigen? Und nein, zu dem gehst du ganz bestimmt nicht. Komm mit zu Carla und mir nach Hause. Ich bin übrigens Tara."
Ich versuche wieder zu gehen, aber im Grunde möchte ich jetzt auch nicht mit Max alleine sein. „Danke, aber ich muss jetzt wirklich gehen."
„Nein, du kommst mit zu uns. Wir wohnen gleich dort in dem Haus und dann können wir morgen zusammen zu deinem Freund gehen. Okay?", widerspricht Tara mir bestimmt.
Ich merke, ich kann sie nicht umstimmen also willige ich ein. Ein Teil von mir ist froh etwas Abstand von Max zu bekommen, wenn auch nur für eine Nacht.
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