Dieser Kerl!!
Leicht säuerlich knallte der Rothaarige die Tür zu seinem Zimmer zu. "Dieser Kerl..." fluchte Nagumo, legte die weinrote Bettdecke zur Seite und schmiss sich erschöpft aufs Bett. Wie so oft hat er sich mit seinem "Zimmernachbarn" Suzuno Fuusuke gestritten. Er dachte an die Konfrontation am Fußballplatz zurück und drehte sich genervt auf die andere Seite.
"Ach, halt die Klappe, Tülpchen!"
"Du nennst mich Tülpchen, Softeis?"
"Du lernst auch nie dazu, was? Willst du nochmal sehen wie ich dir den Hintern versohle?"
"Was? Mit der lahmen Technik? Das wollen wir mal sehen"
Sie hatten sich duelliert, wollten sehen wer der bessere Teamkapitän ist. Doch ganz fair, stand Nagumo sich selber ein, war es wohl nicht. Hätten sie es so wie immer gemacht hätte Nagumo diesmal vielleicht wirklich gewonnen. Doch die Enttäuschung und Wut in Suzuno's Augen zu sehen, dass er sich zu seinem Team umdrehen müsste und mit dem Gedanken ins Bett, versagt zu haben wollte er ihm nicht antun. Aber warum nicht?
Solange er sich erinnern konnte waren sie seit der Sache mit dem Aliea Stone Rivalen. Sie mochten zwar für das selbe kämpfen, doch den feurigen Enthusiasmus des Tulpenträgers und der kühle Kopf des Kapitäns von Diamond Dust sorgte für einige Meinungsverschiedenheiten. Jeder wollte der beste sein, sich gegen das gegnerische Team beweisen. Doch seit einiger Zeit fühlte Nagumo sich anders. Er hatte nicht mehr das Verlangen, Suzuno seine Kraft beweisen zu wollen. So dumm es klingen mag, er hatte das Gefühl den kleineren beschützen zu wollen.
"Dieses Kribbeln wann immer ich ihm begegne..." murmelte der Rothaarige leise und vergrub das Gesicht unter die Hände.
Er hatte schon so oft das Internet durchforstet. Hat nach Lösungen, nach Antworten gesucht. Aber "Verliebtheit"? Was ein Blödsinn. Ein Junge kann einen anderen Jungen doch nicht gern haben..oder etwa doch?
Es klopfte plötzlich an der Tür.
"Herein?"
Fast lautlos betrat jemand das Zimmer, doch Nagumo hatte keine Lust nachzusehen.
"Kann ich mit dir reden...?" den kühlen Ton erkannte der Rothaarige unter tausenden. Erschrocken riss er die Augen auf, traute sich jedoch nicht, sich aufzusetzen und ihm in seine eisblauen Augen zu schauen.
"Was willst du?" hauchte er, wollte desinteressiert wirken.
"Bist du echt am Flennen nur, weil ich mal wieder gewonnen habe..?"
"Wenn du hier bist, um zu streiten-"
"Ich bin nicht hier um zu streiten!"
Stille. Eine Weile wusste der Größere nicht, was er sagen sollte. Dann richtete er sich endlich auf und sah ihm mutig in die Augen. "Warum bist du dann hier?"
Er hatte inständig gehofft, nicht schwach auszusehen oder gar zu erröten. Er spürte die Aufregung und eine Welle von Hitze in sich hochkommen.
Ohne ein Wort zu sagen setzte sich Suzuno auf Nagumo's Bettkante. Nagumo's verwunderten Blick ignorierend. Das hatte er bisher noch nie getan. Generell hatte er sein Zimmer nur betreten wenn es absolut nötig war wie wenn er ihn holen sollte oder ihn darüber informierte, dass das Bad nun frei sei. Das selbe galt natürlich auch andersrum.
Suzuno sah zu Boden, den Blick auf seine eigenen Füße fixiert. Er wirkte nachdenklich, fast schon ein wenig genervt.
"Du hast mich gewinnen lassen, hab ich Recht?"
Nagumo weitete die Augen.
"Woher wusstest du-?"
"Ich bin nicht dumm, Burn. Du spielst sonst nie so schlecht. Alleine deine Technik ist beim Training ganz and-"
"Moment mal, du hast mich beim Training beobachtet?!" Nagumo suchte den Augenkontakt doch Suzuno drehte seinen Kopf nur. Für einen Moment sah es so aus, als würde dieser ein bisschen rot anlaufen. Passierte das gerade wirklich?
Nagumo konnte nicht anders als beschämt und gleichzeitig geschmeichelt nun ebenfalls auf den grauen Teppichboden zu schauen. Eine Weile sagte keiner von beiden etwas.
"Ich frag mich nur", Suzuno fand das Wort wieder, "warum hast du das getan? Sonst nutzt du jede Gelegenheit um dich mit mir zu messen. Warum heute nicht?"
Endlich schaute der Kleinere auf. Sah Nagumo nun direkt an. Er spürte den bohrenden Blick auf sich, doch starrte nur weiterhin zu Boden. Er war wie erstarrt.
Wieder kribbelte alles in ihm, seine Hände wurden schwitzig und er versuchte angestrengt, eine gute Antwort auf Suzuno's Frage zu finden.
Plötzlich seufzte Suzuno. "Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit".
"Es ist..."
"Es ist?" wiederholte Suzuno und hob eine Augenbraue an.
Nagumo schluckte.
"Ich verstehe ni-"
Überrascht fiel Suzuno auf Nagumo's Bett.
Dieser hatte ihn gepackt, an beiden Armgelenken, und diese fest ans Bett gepresst.
Überrascht von sich selbst und dass er nun über dem Kleineren saß schluckte er und drückte Suzuno's Handgelenke noch fester herunter.
"Willst du echt wissen, warum ich dich gewinnen ließ?" fragte der Rothaarige und Suzuno meinte einen kleinen Funken Lust in ihm zu erkennen. Nagumo war erstaunt von seinem plötzlichen Selbstbewusstsein doch noch immer wusste er nicht, wie er formulieren sollte was in ihm brodelte. Was er fühlte wenn er ihn sah, sich mit ihm stritt und auch, wenn er nachts von ihm träumte.
Perplex sah ihn Suzuno einen Moment lang an und bevor beide wirklich realisierten, was gerade passiert presste Nagumo seine Lippen auf Suzuno's. Sein Herz hämmerte laut in seiner Brust. Er wollte bloß mehr Zeit haben um zu überlegen, wie er sich der Situation entziehen soll. Aber mit einem Kuss? Plötzlich rebellierte Nagumo's Magen. Er fühlte nichts als pures Adrenalin und Gedanken flogen mit einem Mal durch seinen erröteten Kopf. Warum hatte er dem Verlangen nachgegeben, ihm näherzukommen? Warum war ein Kuss die Antwort, die er nicht im Internet fand? Oder war ihm alles schon so lange klar und er wollte es sich bloß nie selber eingestehen? All das war jetzt egal, denn sobald er sich aus dem Kuss lösen würde würde Suzuno ihm eine kleben, aufstehen und es den anderen erzählen. Dann wäre er nicht mehr als eine Witzfigur, dachte er. Er würde als schwul abgestempelt werden und vorbei wär's mit dem Respekt. Doch "schwul" war er ganz sicher nicht. Er fühlte sich nur noch nie zuvor zu jemandem hingezogen. Bis eben jetzt, das wurde ihm nun klar.
Lange verharrten die beiden noch in dieser Position bis sich Suzuno schließlich löste. Nagumo traute sich nicht, ihm in die Augen zu sehen doch konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. "Reicht wohl als Antwort, huh? ...Oder soll ich's nochmal tun?" Nagumo unterdrückte das Verlangen sich für seinen Scherz im komplett falschen Moment selbst zu ohrfeigen und sah nun, röter als je zuvor, auf seine Hände.
"Tu's nochmal".
Nun sah der Größere perplex auf. Verwirrt sah der Rotschopf auf sein Gegenüber und traute sich nicht, nachzuhaken ob er sich nicht verhört hätte.
"Verdammt, sieh mich nicht so an und tu's einfach nochmal!" Suzuno's Stimme wirkte zum ersten Mal unsicher und schwach und ehe Nagumo darauf reagieren konnte versiegelte er seine Lippen erneut mit den seinen.
Nachdem auch dieser Moment endete starrten beide Parteien auf den Boden. Erneut herrschte Stille. Keiner der beiden wusste, was er sagen sollte.
"Man..hab ich einen hunger jetzt. Wir haben doch noch Erdbeeren da, oder? Ich, äh, gehe mal welche holen." Mit einem Ruck stand Nagumo auf und verschwand aus seinem Zimmer, ließ den Kleineren zurück im Zimmer.
Suzuno starrte noch immer auf den Boden, ließ sich dann jedoch fallen und streckte die Hände zur Decke. Es hatte sich ein Abdruck gebildet, da wo Nagumo zugepackt hatte. Im schwachen Licht des Raumes studierte er diese Abdrücke, erinnerte sich an die zuvor geschehene Situation zurück und errötete nur noch mehr.
Die Zimmertür wurde aufgeschwungen. Blitzschnell schwang sich der Kleinere hoch und starrte Nagumo verdattert in die bernsteinfarbenen Augen.
Er hatte eine Schale Erdbeeren in der Hand.
"Du..", der Rotschopf räusperte sich, "du bist ja noch da".
"Ja, äh, ich gehe..ich meine ich hab...ich muss gehen" schnurstracks erhob sich der Weißhaarige, streifte Nagumo's Schultern beim Vorbeigehen während dieser wie erstarrt an der Tür stehen blieb. Ohne nach unten zu sehen griff er nach den Erdbeeren und wie in Zeitlupe glitten seine Hände zum Mund. Er fuhr mit der vom Kühlschrank kühlen Erdbeere die Umrisse seiner Lippe nach ehe er ganz langsam in diese hineinbiss.
"Zu süß.." murmelte dieser und schloss die Tür hinter sich zu.
-
Nagumo machte die Augen auf. Die Sonne schien ihm ins Gesicht. War er gestern einfach eingeschlafen? Er konnte sich nicht dran erinnern, das Zimmer zum Zähneputzen nochmal verlassen zu haben. Vielleicht gerade deswegen, weil Nagumo und Suzuno sich zur selben Zeit Bettfertig machten.
Noch immer war er zerstreut, versuchte zu verarbeiten, was da gestern passiert war. In letzter Zeit träumte er so oft von ihm. Doch in dieser Nacht war es anders. Er träumte nicht.
Mühselig richtete er sich auf, trottete zum Bad und ließ die Zimmertür mit einem leisen Rumms zu fallen. Doch er war nicht alleine im Flur. Wieder weiteten sich seine Augen. Nur ein paar Meter vor ihm standen Suzuno und ein Teamkollege, unterhielten sich entspannt. Als Suzuno ihn bemerkte blieb er abrupt stehen.
"Scheiße...", dachte der Tulpenträger, "er hat's ihnen erzählt, huh? Mein Leben ist vorbei.."
Nagumo stürmte an ihnen vorbei ins Bad, schloss sich darin ein und vermied jeglichen Augenkontakt mit seinem Spiegelbild. Wollte er doch seine Schande nicht sehen. Die Person nicht ansehen, wegen der er jetzt so in der Scheiße steckte.
-
In den darauffolgenden Tagen passierte nichts. Absolut jeder verhielt sich gleich und das verwirrte den Tulpenträger nur noch mehr. Nur Suzuno sah er seitdem nicht mehr. War vielleicht auch besser so, dachte er sich.
Exakt eine Woche verging. Er hörte nichts, er sah nichts. Es war, als wäre nie etwas passiert.
Wie jeden Tag trainierte er mit Prominence, manchmal sogar länger als sonst. Und doch wunderte er sich, nichts mehr vom gegnerischen Team zu hören oder zu sehen. Hatten sie sich einen anderen Ort zum Trainieren gesucht? War es seine Schuld? Er hasste den Gedanken, dass sich nun alles verändern würde. Und er hasste Suzuno dafür, dass er ihn so einfach verwirrte und dann zurückließ.
Es war ein Samstagabend, Nagumo wollte gerade zu Bett gehen, als es wieder plötzlich an der Tür klopfte.
Sein durch das Kopfkissen gedämpfte "Herein!" kam ihm merkwürdigerweise vor wie ein verdammt realistischer Flashback.
Die Tür öffnete sich, doch hatte Nagumo keine Lust seine Augen zu öffnen und nachzusehen. Oder vielleicht hatte er Angst davor, wer vor ihm stehen könnte.
Die Tür schloss sich wieder und Nagumo nahm an, dass die Person, wer auch immer es war, vielleicht wieder gegangen wäre doch dann spürte er wie sich die Bettkante unter einem Gewicht beugte. Der Rotschopf versuchte nun angestrengt so zu tun, als wäre er eingeschlafen und hoffte, dass der Eindringling vergessen hatte, dass er ihn eben noch herein bat.
"Tu' nicht so, als würdest du schlafen. Ich weiß, du bist wach."
"Verdammt, verschwinde nicht einfach so." Nagumo riss die Augen auf und mit einem Mal setzte er sich auf, konfrontierte den Weißhaarigen der ihn nun verwundert ansah.
"Ich-"
"Nein, jetzt rede ich erstmal. Erst gibst du mir das Gefühl, ich könne ich selbst sein und dann verschwindest du nach der ganzen Sache einfach und lässt mich hier alleine. Ich hab die ganze Zeit gedacht, ich hätte was falsches gemacht und eigentlich weiß ich das auch, aber ich.." Nagumo redete sich in Rage. All die Wut und Frustration, die sich in der Zeit angesammelt hatte, wollte raus.
Als Nagumo langsamer wurde ergriff Suzuno das Wort.
"Fertig? Dann bin ich jetzt dran..."
Doch er wollte es nicht hören. Diese lahme Ausrede, so glaubte er, und schmiss sich zurück aufs Bett, das Kissen über den Kopf stülpend.
"Ernsthaft..? Das ist so kindisch.."
Nun bekam Nagumo Angst. Er spürte das Gewicht auf der Bettkante nicht mehr, doch um sich zu bewegen, ihn festzuhalten, dazu fehlte ihm der Mut.
Zu seiner Verwunderung verschwand das Kissen auf seinem Kopf und landete im hohen Bogen am anderen Ende des Bettes. Plötzlich spürte er das fehlende Gewicht der Bettkante woanders, Suzuno setzte sich, wie Nagumo einst, auf ihn und hielt seine Handgelenke fest aufs Bett gedrückt.
"Ich brauchte Zeit. Das ist alles. Ich war viel am Nachdenken, weißt du?" Suzuno's Stimme wurde immer leiser als hätte er Sorge, man würde an der Tür lauschen.
"Tzz", machte der Größere, "das ist Schwachsinn. Seit wann rennst du vor deinen Problemen weg, huh?!"
"Seitdem du kein Problem mehr sein sollst."
Nagumo schluckte.
"Was willst du damit sagen?"
"Ich will damit sagen, dass..ach, keine Ahnung." Suzuno sah zum ersten Mal planlos aus, schaute zur Decke und löste eine Hand, strich sich damit übers Gesicht.
"Wenn du findest, ich bin ein Problem, dann-"
"Nein, eben nicht." erwiderte er.
"Was ist es dann?" Nagumo's Augen fixierten sich nun auf ihn.
"Man, du nervst.." Suzuno seufzte und mit einer Handbewegung hob dieser das Kinn des Tulpenträgers an.
"Ich brauche dich. Verstanden?" unter dem schwachen Licht des Raumes wollte Nagumo meinen er würde Suzuno erneut erröten sehen.
"Wie du 'brauchst mich'? Als Traininspartner?"
"Gott, bist du echt so dumm wie du aussiehst..?"
"Ich verstehe ni-"
Und wieder kam das Gefühl eines Deja-vu's auf als sich nun Suzuno's warme Lippen mit den seinen versiegelten.
Als sie sich lösten verband die beiden ein dünner Speichelfaden.
Stille. Wieder sah keiner von beiden auch nur in die Richtung des anderen.
"Gaz-Suzuno.."
Der kleinere sah auf.
Nagumo grinste.
"Was gibt's da zu grinsen..?"
"Ich brauche dich auch."
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